„... was im tiefsten Grunde wurzelt.“ Kirchenkritik und Frömmigkeit bei Wilhelm Busch EEB FORUM 01 2010/2011 JAHRBUCH 30 Jutta Salzmann und Paul Hell Lebensstil und Zukunft 1 Themenschwerpunkte: Klima,Tourismus ARBEITSHILFE 15 für die evangelische erwachsenenbildung niedersachsen gestalten wir seit 2003 unterschiedliche kommunikationsmedien wie flyer, arbeitshilfen, broschüren und jahrbücher, die über veranstaltungen, projekte und die geleistete arbeit der größten bildungseinrichtung der konföderation evangelischer kirchen in niedersachsen berichten. 74
Abb.1: Wilhelm Busch, „Selbstkarikaturen“, um 1863, Bleistift und Aquarell (Wilhelm-Busch-Museum Hannover) 24 V. l. n. r.: Abb. 2: Wilhelm Busch, „Pause infolge eines musikalischen Rülpsers“, um 1865, Bleistift (Verbleib unbekannt); Abb. 3: Wilhelm Busch, aus: „Der Affe und der Schusterjunge“, 1864 (Druck); Abb. 4: Wilhelm Busch, aus: „Die feindlichen Nachbarn“, 1867 (Druck) Abb. 5: Wilhelm Busch, aus: „Krischan mit der Piepe“, 1864 (Druck) Abb. 6: Wilhelm Busch, 1861 (Foto: Ernst Hanfstaengl, München) 25 Des Dichters Traum illustriert die anthropologische und ästhetische Beschaffenheit des Humors. Das entspricht weitgehend der Bestimmung des Humors in Jean Pauls „Vorschule der Ästhetik“. Hier wird der Humor mit dem aus Lessings Fabeln bekannten sagenhaften Vogel Merops verglichen, der mit dem Kopf nach unten gerichtet zum Himmel emporfliegt – das Irdische, Endliche fest im Blick, aber ins freie Geistige strebend. 22 Vergleichbar schwebt Eduard, als körperloser Punkt zu einer rein geistigen Existenz konzentriert, über die Welt und summiert ihre gebrechliche Natur oder die Natur ihrer Gebrechen. Buschs außerordentliche Erfolge beim Publikum sind nicht nur einer eher seichten Popularität zu verdanken, sondern natürlich auch seiner technischen Brillanz in beiden Künsten und nicht zuletzt den Themen und Motiven seiner Bildergeschichten. Es ist schwer zu entscheiden, ob dabei nicht doch der Onkel-Nolte-Effekt mitgewirkt hat: Wir vergnügen uns an der Darstellung von Bosheit, Neid, Eifer- und Zanksucht, an Trink- und Rachsucht, an Bigotterie, Schadenfreude: an allen menschlichen Schwächen – kurz: an der mit Schopenhauers Augen betrachteten menschlichen Natur, behalten demgegenüber aber vielleicht doch zu sehr eine reservatio mentalis: „Gott sei Dank! Ich bin nicht so!“ Eine solche Einstellung verfehlte den Humor völlig, weil man sich selbst exkulpieren, ausschließlich den heilen, hellen, aufstrebenden Mächten zuzählen würde. Humoristisch dagegen wäre die Selbsterkenntnis: Letztlich habe ich, haben wir alle unseren Teil von diesen Schwächen. Begegne deshalb deinem Nächsten mit Nachsicht und Verständnis. Das liefe auf Schopenhauers Mitleid hinaus. 23 Wenn wir Wilhelm Busch und sein Werk im Kontext seiner Zeit anschauen, dürfen wir einem ganz und gar nicht humoristischen Aspekt nicht ausweichen. Man hat ihm Antisemitismus vorgeworfen. Uwe Johnson spricht in den „Jahrestagen“ sogar vom „großen deutschen Antisemiten Wilhelm Busch“. 24 Kurz die Hose, lang der Rock, Krumm die Nase und der Stock, Augen schwarz und Seele grau, Hut nach hinten, Miene schlau – So ist Schmulchen Schiefelbeiner. (Schöner ist doch unsereiner!) Das wirkt abstoßend. Aber man muss genau hinschauen: Die Ge - schich ten von Plisch und Plum werden von einer kommentierenden Figur begleitet, von Schlich, dessen Refrain die Kapitel abschließt: „Ist fatal – bemerkte Schlich/Hehe! Aber nicht für mich“. Der einge klammerte Abb. 18 Abb. 19 Vers bezieht sich offensichtlich auf Schlich, diesen Vetter Onkel Noltes. Der Text zum Bild soll also als Figurenrede gelesen werden. Dem steht allerdings die Suggestivkraft der Zeichnung entgegen, die durch den perspektivisch zu verstehenden Text nicht aufgehoben wird. Vergleichbar sind die irritierenden Verse im ersten Kapitel der „frommen Helene“ als Satire dem „frommen Sänger“ in den Mund gelegt, der sich über das sittenlose Treiben in der Stadt (Frankfurt) entrüstet, weshalb Helenchen aufs Land zu den Schafen geschickt wird. Ferner gibt es in „Eduards Traum“ die Stelle, wo das Geschäft des „Israeliten“ in „Blüte steht“. Busch bemüht alle Klischees zur Charakterisierung des Typus, von der „getreulich überlieferten Nase“ bis zum kalkulierten Profitstreben. „Dass man sich“, heißt es weiter, „durch dergleichen bürgerliche Tugenden nicht viel beliebter macht als Ratten und Mäuse, ist allerdings selbstverständlich. Übrigens befand ich mich in diesem Augenblicke grade über dem Hause eines antisemitischen Bauunternehmers“. 25 Inwieweit folgt Busch in diesen Stellen lediglich seiner allgemeinen Absicht, zeitgenössische Typen, gesellschaft - liche Charaktere zu zeichnen, wie etwa auch den Lehrer oder den Jesuiten, den Engländer, den Künstler, das Ehepaar, die Verliebten usw.? Zeichnet er den Israeliten hässlicher als sein übriges bürgerliches oder geistliches (katholisches) Personal? Abb. 20 Pater Luzi aber schleichet Heimlich lauschend um das Haus. Ein pechschwarzes Ei der Rache Brütet seine Seele aus. Weiß er um das Problem und fügt deshalb hinzu, sein Punkt-Ich Eduard befinde sich im Dunstkreis eines „antisemitischen Bauunternehmers“? – wodurch er wieder eine perspektivgebende Figur zwischen sich als Autor und die Darstellung schiebt. Busch hatte gute jüdische Freunde, etwa den schon erwähnten Dirigenten Levi oder den Schriftsteller Paul Lindau. 26 Was ist an einer solchen Schilderung der persönlichen Einstellung zuzurechnen, was dem Thema einer kritisch-satirischen Zeitchronik? Wieweit urteilen wir darüber im Lichte unserer geschicht - lichen Erfahrung, wieweit dürfen wir historische Gegebenheiten aktualisieren? Außer Zweifel steht: Klischeehafte Typisierungen verstärken in der Rezeption die bereits vorhandenen Vorurteile. Im Falle des Jesuiten Filucius hat sich das zeitgenössische Thema des Kirchenkampfes geschichtlich erledigt, im Falle antise- mitischer Klischees aber nicht. Wenn es denn ein Antisemitismus-Problem bei Busch gibt, ist es auch eines lachende Pessimist, Köln 2007). WEISSWEILER greift stärker in den sozialgeschichtlichen und politischen Kontext aus, bietet auch tiefenpsychologische Aspekte, während SCHURY ein stärkeres seiner Rezeptionsgeschichte, nicht nur eines des Autors. Gewicht auf die Interpretation der Texte und Bildergeschichten legt. UEDING stellt auf der Grundlage eines psychoanalytischen Ansatzes Aber es gilt natürlich auch: Ohne den Autor gäbe es dieses Problem mit ihm für uns erst gar nicht. Vergleichbaches Panorama des Jahrhunderts. Person und Werk Buschs in ein sehr breites literatur- und kunstästhetis- 4 FRIEDRICH BOHNE (Hg.) : Wilhelm Busch. Gesamtausgabe in vier res ist etwa bei Wilhelm Raabe oder Gustav Freytag zu Bänden, Wiesbaden o.J., Bd.4, S.181. finden. In Raabes Erzählung „Holunderblüte“ werden die 5 vgl. dazu z.B. die Äußerung im Brief an Otto Bassermann: „Der Philosoph (Schopenhauer, H.K.) hat allerdings vielfach recht, wie andere, die vor ihm dasselbe gesagt; recht im Bezirk dieser Welt. Aber, Prager Juden in ihrem Ghetto so geschildert, wie sie gelebt haben: schmutzig, scheu, misstrauisch. Sind das wie man herauskommt, ist das wichtige Problem.“ (2. Januar 1884), in: Wilhelm Busch. Sämtliche Briefe. Kommentierte Ausgabe in <strong>zwei</strong> Bänden, hg. von der Wilhelm-Busch-Gesellschaft (kommentiert von Anzeichen eines Antisemitismus bei Raabe, wie man gemeint hat – sicher nicht. Bei Freytag ist der Fall viel krasser: Sein Roman „Soll und Haben“ strotz von antisemi- FRIEDRICH BOHNE u.a.), Hannover 1982, S. 245; ähnlich auch in „Von mir über mich“ (1894), Gesamtausgabe (Anm. 4), Bd. 4, S. 210. 6 Voltaire schreibt mit „Candide oder der Optimismus“ (1759) eine Satire tischen Klischees, ist auch so rezipiert worden; er selbst auf Leibnizens Glauben an diese Welt als die beste aller möglichen Welten. Er wird damit zu einer Quelle des Schopenhauerschen Pessimismus. Die zeitgenössische Gegenposition vertritt Rousseau mit „Emil hatte aber gute jüdische Freunde. Dieser Versuch einer Einführung in Busch und sein oder über die Erziehung“, 1762). 7 Vgl. dazu etwa den Brief vom 25. Februar 1865 an Caspar Braun mit Werk sollte aber nicht mit einem so trüben Ausblick enden. Am Schluss von „Eduards Traum“, als das Punkt- beobachtet (Briefe,Bd. 1, S. 32ff.). der Schilderung von Jungenstreichen, die Busch in Wiedensahl 8 Vgl. dazu z. B. den Brief vom 11. Februar 1875 an Maria Anderson: „Ist Ich seinen Traum zu Ende erzählt hat, nimmt der Rahmen der Erzählung den Kommentar der Zuhörer auf. leidet, weil es lebt, und leben will es. Der Wille muss sich wohl erst nicht alles, was lebt, mit gleicher Schuld behaftet? Was lebt, das leidet; gründlich die Hörner abstoßen, bis endlich mal der große Rückschlag „Mit der größten Nachsicht hatten wir zugehört. […] kommt und Ruhe wird.“ (Briefe, Bd. 1, S. 130). Wir waren auch sonst nicht so befriedigt, wie es wohl 9 So GERT UEDING (Anm. 1), S. 632 . 10 Busch wehrt sich gegen die Unterstellung, er verunglimpfe mit dieser wünschenswert. Wir hatten doch manche Dinge vernommen, die dem Ohre eines feinen Jahrhunderts recht Sau wird dem jungen Antonius zugeschrieben, welcher als Beschützer Formulierung die religiösen Gefühle der Katholiken. „Das Attribut der der Haustiere hier und da verehrt wird. Wer etwas Anstößiges darin schmerzlich sind. Wozu so was? Und dann ferner. Warum gleich lumpig einhergehen und es jedermann mer- ist“. Brief vom 12. August 1870 an Moritz Schauenburg; Briefe Bd. 1, findet, mag sich erinnern, dass der Ochse das Attribut des Hlg. Lucas S. 57) . – Bei Buschs sonstigem Engagement im Kirchenkampf („Pater ken lassen, dass die Bilanzen ein Defizit aufweisen? Würde es nicht vielmehr schicklich und vorteilhaft sein, sich 11 Gesamtausgabe (Anm. 4) Bd. 2,S. 523. Filucius“) wirkt das nicht sehr überzeugend. 12 Drei letzte von 5 Strophen, Gesamtausgabe (Anm.4) Bd.4, S. 331. fein und patent zu machen, wie es der ‚Kredit‘ des Hauses erfordert, dem als Teilhaber anzugehören wir sämt- 14 Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung, drittes Buch, 13 Brief an Hermann Levi vom 13. Dezember 1880, Briefe Bd. 1, S. 214f. lich die Ehre haben?“ 27 Kap. 37 (Zur Ästhetik der Dichtkunst), in: Sämtliche Werke, hg. von WOLFGANG FREIHERR VON LÖHNEYSEN, Darmstadt 1968, Bd.2, Aus den rhetorischen Fragen klingt wieder das Argument gegen Onkel Noltes Heuchelei. Die Wahrheit zu S.556 . 15 PETER SPRENGEL weist auf eine bisher kaum beachtete Rezeption der Bildergeschichten Buschs hin. Arno Holz und Johannes Schlaf publizieren 1892 eine Bildergeschichte „Der geschundene Pegasus“ (Text sagen, heißt das, geht nicht ohne Nestbeschmutzungen von Holz, Bilder von Schlaf) unter ausdrücklicher Bezugnahme auf ab. Sind also jene befremdlichen Stellen, im Sinne einer Busch. In: PETER SPRENGEL: Geschichte der deutschsprachigen „Kritik des Herzens“, nicht im Soll, sondern sogar im Haben zu verbuchen? Die Sache selbst wäre scheußlich, Literatur 1870–1900. München 1998, S. 237f. 16 Schopenhauer (Anm.14), Bd. 1, drittes Buch, Welt als Vorstellung, unabhängig vom Satz des Grundes, S. 353. aber das ehrliche Bekenntnis dazu gliche moralisch das 17 Gesamtausgabe (Anm. 4), Bd. 4,S. 178f. 18 Ebd., S. 179; auf die vielfältigen literarischen Zitate und Kryptozitate in faktische Defizit aus? Das hört sich so an. „Nur wer ein „Eduards Traum“ geht SCHURY (Anm. 3) ein, S. 291ff. Herz hat, kann so recht fühlen und sagen, und zwar von 19 Ebd., S.178. 20 Brief vom 23. Februar 1889 an Lenbach (Briefe 1,S. 312f.). Herzen, dass er nichts taugt“, das sind die ersten Worte Eduards nach seinem Erwachen. Unsere Natur ist „vergeistigen“) aus Jean Pauls Aufsatz könnte man die spezifische 21 In einer freien Übertragung der Schlüsselbegriffe („verkörpern“, Wirkung der Bildergeschichten erläutern. (Jean Paul: Über die natürliche Magie der Einbildungskraft, in: Jean Paul, Werke in zwölf Bänden, schwach, erkennt das Herz für sich und alle, die eines haben. Schopenhauer macht eine Philosophie daraus. hg. von NORBERT MILLER, München 1975, Bd. 7, S. 196ff. ). 22 Jean Paul: Vorschule der Ästhetik, § 33, in: Werke (Anm. 21), Bd. 9, Der <strong>zwei</strong>felnde Protestant Busch legt darin auch ein Sündenbekenntnis ab. 23 In Briefen an Maria Anderson setzt Busch sein Verständnis Schopen- S. 129. hauers auseinander und bekennt sich zum „Mitleid“ (29. Mai 1875; Noltes bigotte Maxime ist zu verwerfen. Das Böse, 11. Juni 1875; 18. Juni 1875), in: Briefe Bd. 1, S. 144f. unsere Natur, kann nicht unterdrückt werden, wir müssen sie bekennen, sie zeigen. Das tut Wilhelm Busch in 24 Uwe Johnson: Jahrestage. Aus dem Leben von Gesine Cresspahl, Frankfurt/Main 1970, Bd. 1, S. 233; ähnlich auch PETER SPRENGEL (Anm.15, S.240). Eine differenzierte Darstellung des Problems schon seinen Bildergeschichten, öffentlich für sich und alle, die bei JOSEPH KRAUS: Wilhelm Busch in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbeck 1970, S. 87ff. Neuerdings auch bei WEISSein Herz haben. Darin liegt aber etwas Gutes. So gilt für WEILER, S. 188f. und SCHURY, S. 293ff (Anm. 3). Busch nicht der Onkel, sondern Erich Kästner: „Es gibt 25 Gesamtausgabe (Anm. 4), Bd. 4, S. 177f. 26 Ein „großer deutscher Antisemit“ (Johnson) war dagegen Richard Wagner, der sich sträubte, den Juden Hermann Levi wegen seines Judentums „Parsival“ dirigieren zu lassen. Im Gegensatz dazu hat Busch zu keiner Zeit sich negativ über Levis Judentum geäußert, im Gegenteil, in sehr herzlichem Ton mit ihm verkehrt, was auch auf seine Beziehung zu Paul Lindau zutrifft. Vgl. HANS MAYER: Wagner in Bayreuth, Stuttgart 1 Nach: GERT UEDING (Hg.): Wilhelm Busch. Ausgewählte Werke, und Zürich 1976, S. 12. Stuttgart 2007, S. 627. 27 Gesamtausgabe (Anm. 4), Bd. 4,S. 201. 2 Tagebuch vom 26. Juni 1852. 28 Erich Kästner: Gesammelte Schriften für Erwachsene, Bd. 1, Gedichte, 3 GERT UEDING: Wilhelm Busch. Das 19. Jahrhundert en miniature. Zürich 1969, S. 324. Frankfurt/Main und Leipzig 2007 (erweiterte und revidierte Neuausgabe des gleichen Titels, Frankfurt/Main 1977). Die Jubiläumsjahre 2007 und 2008 haben eine Fülle von Publikationen und Ausstellungen hervorgebracht. Neben UEDING sind besonders die umfangreichen Biographien von GUDRUN SCHURY (Ich wollt, ich wär’ ein Eskimo. Das Leben des Wilhelm Busch, Berlin 2007, 2. Aufl.2008) und von EVA WEISSWEILER zu erwähnen (Wilhelm Busch. Der nichts Gutes,/außer: Man tut es.“ 28 23 22 Vier Jahre MALIBU ® -Eltern-Baby-Kurse mit der EEB Niedersachsen Wilhelm Busch: erotisch, komisch, gnadenlos Hans Joachim Neyer Rückblick und Ausblick Christine Roch derer Weise die Möglichkeit, Familien anzusprechen und einzuladen. Danach beginnt der Balanceakt zwischen Familie und Beruf. Hier liegt auch einer der Gründe dafür, dass die klassische Eltern-Kind-Gruppenarbeit in den Kirchengemeinden kontinuierlich zurückgeht. Auf diesem Hintergrund wurde MALIBU ® entwickelt, speziell für den Einsatz in Kirchengemeinden und kirchlichen Kindertagesstätten. Mehr als 1.200 Familien haben bislang die Gelegenheit genutzt, mit einem Eltern-Baby-Kurs MALIBU ® der EEB Niedersachsen liebevoll und kompetent begleitet ins Familienleben zu starten! Die Bilanz des vierjährigen Projekts MALIBU ® heißt: Miteinander den Anfang liebevoll und MALIBU ® auf einen Blick MALIBU ® kann sich sehen lassen. individuell begleiten und unterstützen! Viele Kirchengemeinden schätzen es, mit diesem Die Eltern-Baby-Kurse MALIBU ® sind ein qualifiziertes Angebot der EEB junge Familien vor Ort ansprechen zu Bildungsangebot der EEB: können. Eltern und Kinder erfahren durch die Treffen wirksame Unterstützung im Familienalltag. und die Babys erhalten Anregungen für ihre Entwicklung. Eltern werden in ihrer Erziehungskompetenz gestärkt, 2008 wurde der Kurs erstmals angeboten, zunächst Die Kurse in den Kirchengemeinden laden dazu ein, den in Springe und Nordhorn. Seitdem ist die Zahl der Standorte auf 43 in ganz Niedersachsen angestiegen. Bis Ende von Kindern zu entdecken und Fragen der Wertevermittlung positiv prägenden Einfluss des Glaubens in der Erziehung 2011 rechnet die EEB mit 225 abgeschlossenen Kursen. zu bedenken. 103 Kursleiterinnen hat die EEB für diese Aufgabe ausgebildet und zertifiziert. Minuten (inklusive einer Familienaktion) und einen Eltern- MALIBU ® Kurse umfassen jeweils zehn Treffen à 90 Das Projekt wurde ermöglicht durch Finanzmittel, die abend. Sie finden als freie und zeitlich befristete Angebote die Ev.-luth. Landeskirche Hannovers und die EEB Niedersachsen für diesen Zweck zur Verfügung stellten. Gut gen und sorgt für die Organisation der Kurse. auf Honorarbasis statt. Die EEB qualifiziert die Kursleitun- angelegte Mittel mit nachhaltiger Wirkung, denn MALIBU ® wird auch nach Ende der Projektlaufzeit im Dezember 2011 Was haben Kirchengemeinden von MALIBU ® ? weiter für Familien in Niedersachsen da sein. Die Kirchengemeinde unterstützt mit MALIBU ® Eltern und Paten bei der Einlösung des Taufversprechens. Das Wichtigste zum Projekt in Kürze: Die Kinder finden von Anfang an ihren Platz in der Kirchengemeinde. „Familien stärken, und zwar von Anfang an!“ Das war das Ziel, als das Projekt MALIBU ® vor vier Jahren MALIBU ® erleichtert Neuzugezogenen und kirchlich startete. Das erste Lebensjahr des Kindes ist ein besonderes Zeitfenster. Die Kirchengemeinden haben hier in beson- ohne zu Distanzierten eine Annäherung an das Gemeindeleben, vereinnahmen. Die Kirche erreicht in den Kursen junge Erwachsene Weichen gestellt, damit der Eltern-Baby Kurs MALIBU ® zwischen 20 und 40 in einer Lebenssituation, in der neu zukunftsfähig ist. Leider ist das nicht ohne eine Änderung über Werte und Orientierung nachgedacht wird. der finanziellen Rahmenbedingungen möglich. Ziel ist eine MALIBU ® stabilisiert Familien mit Kindern und unterstützt kostendeckende Finanzierung der Kurse, sie würde bei eine wertorientierte, religiöse Erziehung. Teilnehmerbeiträgen von 60 Euro erreicht werden. Bei den Personalkosten muss ebenfalls gespart werden. Die Projektstelle entfällt, d. h. die Koordination, Wei- Was ist das Besondere im Eltern-Baby-Kurs MALIBU ® ? Die Kurse werden von einer qualifizierten und zertifizierten terentwicklung und Beratung in Sachen MALIBU ® müssen Fachkraft begleitet. in Zukunft von anderen EEB Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern übernommen werden. Die Eltern stehen dabei im Mittelpunkt. Sie haben Zeit zum Durchatmen und können neue Energie tanken. Es ist auch Zeit für Fragen nach Werten und nach Orientierung: Ein herzliches Dankeschön zum Schluss! „Was möchte ich meinem Kind mit auf den Weg geben? Ich möchte schließen mit einem herzlichen Dank an alle, Wie kann das, was mir wichtig ist, im Alltag gelingen?“ die MALIBU ® auf vielfältige Weise gefördert und vorangebracht haben: Die Babys bekommen im Verlauf der Treffen altersgemäße Angebote. Einfühlsam wird darauf geachtet, ob sie Den Leiterinnen der Fortbildungskurse und allen MALIdafür bereit sind. Zum Beispiel: BU ® Kursleiterinnen, die mit Kompetenz, Herz und Lieder und sanfte Bewegungsspiele, unermüdlichem Engagement MALIBU ® an so vielen Babymassage zum Genießen und Beruhigen, Orten aufgebaut und zum Erfolg geführt haben. Materialien und Dinge, die mit allen Sinnen erkundet Den Mitarbeitenden in den regionalen EEB Geschäftsstellen und der Landesgeschäftsstelle, die oft „Pionier- werden können, Anregungen für Bewegung und die ersten sozialen arbeit“ leisten mussten, um MALIBU ® voranzubringen, Kontakte. und jetzt die Wege für eine Fortführung von MALIBU ® geebnet haben. 2009 wurde das christlich-werteorientierte Profil Allen Spenderinnen und Spendern, die MALIBU ® erst von MALIBU ® ausgezeichnet ermöglicht haben. Der Eltern-Baby-Kurs MALIBU ® der EEB Niedersachsen Dem Deutschen Roten Kreuz, das MALIBU ® im Auftrag wurde vom bundesweiten Projekt „Wertebildung in Familien“ ausgewählt und als Beispiel guter Praxis für werteori- und Jugend im Rahmen des Projekts „Wertebildung in des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen entierte Erziehung <strong>zwei</strong> Jahre lang vom Bundesministerium Familien“ ausgezeichnet und gefördert hat. für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert (vgl. Der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers und der ehemaligen Landesbischöfin Frau Dr. Margot Käßmann, die die Jahrbuch 28). Die damit verbundene öffentliche Aufmerksamkeit trug Schirmherrschaft für das Projekt inne hatte. dazu bei, MALIBU ® bekannt zu machen. Die Auszeichnung war und ist gleichzeitig eine Bestätigung für die hohe Qualität und das christlich-wertorientierte Profil dieses Kursan- EEB Landesgeschäftsstelle, Tel. 0511/1241-413 Weitere Informationen über: gebots für junge Familien. EEB.Niedersachsen@evlka.de; www.eeb-niedersachsen.de Stichwort „Familien stärken“ Die Zukunft: Vom Projekt MALIBU ® zum nachhaltigen Kursangebot für Familien! Das Projekt MALIBU ® endet im Dezember 2011, die Projektmittel sind ausgeschöpft. Um die Fortsetzung der erfolgreichen Arbeit zu ermöglichen, wurden in der EEB Niedersachsen bereits jetzt die Als Hans Ries nach zehnjähriger Forschungsarbeit im Jahr 2002 die dreibändige historisch-kritische Gesamtausgabe aller Bildergeschichten von Wilhelm Busch 1 vorgelegt hatte, war die Grundlage gegeben, in <strong>zwei</strong> umfangreichen Ausstellungen im Wilhelm-Busch-Museum Hannover/Deutsches Museum für Karikatur und kritische Grafik das Gesamtwerk des Künstlers neu zu akzentuieren. Die erste, Herzenspein und Nasenschmerz 2 , präsentierte Werke aus beiden Sammlungen des Museums: der Sammlung Wilhelm Busch und der Sammlung Karikatur und kritische Grafik. Äußerer Anlass des <strong>zwei</strong>ten, Pessimist mit Schmetterling 3 genannten Ausstellungsprojekts war der 175. Geburtstag des „größten deutschen Humoristen“. Unter dem Motto Soviel Busch wie nie wurden knapp 400 Ölbilder und Zeichnungen nach der Natur vorgestellt, welche die Entwicklung des Wiedensahlers vom unsicheren Akademieschüler zum hochexpressiven Landschaftsmaler zeigten, der bereits Ende des 19. Jahrhunderts Aspekte der modernen Kunst des frühen 20. Jahrhunderts vorwegnahm. Ein <strong>zwei</strong>ter, Avantgardist aus Wiedensahl titulierter Teil zeigte weitere Aspekte der Modernität seiner Werke: den Einfluss der Bilderge schichten auf den amerikanischen Presse-Comic mit den Max und Moritz genannten deutschsprachigen Katzenjammer Kids und deren Bedeutung für den frühen Zeichentrickfilm Walt Disneys. Darüber hinaus wurden exemplarisch märchenhaft-surrealistisch anmutende Bilder der wenig bekannten Prosaerzählung Eduards Traum von 1891 in drei poetischen Raumbildern inszeniert. In der nun vorzustellenden dritten Ausstellung Wilhelm Busch: erotisch, komisch, gnadenlos 4 steht zunächst das Interesse an der Person des Künstlers selbst im Vordergrund: Inwieweit ist Busch persönlich in seinen Bildergeschichten, seiner Prosa und seinen Gedichten wiedererkennbar? Und wo liegen die Quellen seiner reichen Fantasie? Wilhelm Busch als Moritz Das Recht zu rauchen und Bier zu trinken habe er sich bei der Revolution 1848 erkämpft: „… <strong>zwei</strong> Märzerrungenschaften, deren erste mutig bewahrt, deren <strong>zwei</strong>te durch die Reaktion des Alters jetzt merklich verkümmert ist“, schreibtder 54-jährige Busch 1886 in dem autobiografischen Text Was mich betrifft 5 . Besonders in der Zeit seiner zehnjährigen Zugehörigkeit zur Künstlergemeinschaft Jung-München (1855–1865) karikiert er sich als Raucher und Trinker mit typischer Moritz-Tolle (Abb. 1, 2). Zahlreiche Figuren seiner Bildergeschichten aus jener Zeit sind mit dieser charakteristischen Frisur versehen – wie etwa der Schusterbube in Der Affe und der Schusterjunge (Abb. 3), der Maler in Die feindlichen Nach- barn (Abb. 4) oder Krischan aus Krischan mit der Piepe (Abb. 5). Schon in der ersten Strophe seiner im November 1859 in den Fliegenden Blättern erschienenen Lieder eines Lumpen 6 bekennt er: Als ich ein kleiner Bube war, Da war ich schon ein Lump; Zigarren raucht’ ich heimlich schon, Trank auch schon Bier auf Pump. Rauchen und Trinken war ein Ritual der Jung-Münchener, das bereits Zeitgenossen monierten: „Die jungen Maler saufen sich dumm im Bier, und ihr Gesichtskreis wird nicht weiter als der Umfang ihres Krügels“ 7 (Abb. 6). Welche Rolle die Liebe in diesem Zusammenhang spielte, ist nicht bezeugt. Buschs Erfahrungen scheinen eher negativ: Ihr Aug’ war blau, ihr Mund war roth, Blondlockig war ihr Haar; – Mir that’s in tiefster Seele weh, Daß solch ein Lump ich war. Im VIII. Kapitel der Lumpenlieder stellt sich Busch als Liebhaber in Käfergestalt dar, dem beim Tanzen ein Missgeschick passiert, das die Geliebte von der Tanzfläche in die Arme eines Nebenbuhlers treibt. Der ungeschickte „Mistkäfer“ Busch ertränkt darauf seinen Liebesfrust im Alkohol: Ich sitz’ und trinke aus Verdruß Und Ärger manchen Humpen. – Die Lieb’, die mich solid gemacht, Die macht mich nun zum Lumpen. In der Mitte der 1860er Jahre entstandenen Bildergeschichte Schnurrdiburr oder Die Bienen taucht in einer kleinen Nebenrolle ebenfalls ein Mistkäfer auf, dessen Körperfülle und Moritz-Tolle selbstironische Züge des Autors vermitteln. Der Käfer zählt zu den Säufern, die zur Liebe nicht taugen, 8 wohl aber zum alkoholbe schwing - ten Tänzchen mit den Servierfräulein Minchen und Trinchen (Abb. 7, 8). 12 13 75