08.02.2018 Aufrufe

Neujahrsempfang 2018 des Erzbischofs von Bamberg

Erzbischof Dr. Ludwig Schick hat im Januar in Bamberg zum Neujahrsempfang geladen. In dieser Broschüre sind die Reden des Tages dokumentiert. Darunter der Vortrag des stellvertretenden ZDF-Chefredakteurs Elmar Theveßen zur Frage, ob wir einen "Kampf der Kulturen" erleben.

Erzbischof Dr. Ludwig Schick hat im Januar in Bamberg zum Neujahrsempfang geladen. In dieser Broschüre sind die Reden des Tages dokumentiert. Darunter der Vortrag des stellvertretenden ZDF-Chefredakteurs Elmar Theveßen zur Frage, ob wir einen "Kampf der Kulturen" erleben.

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24 Elmar Theveßen<br />

Elmar Theveßen 25<br />

ich einen Schwerpunkt Extremismus gehabt. Ich habe über viele<br />

Jahre als Journalist darüber berichtet, über die Bad-Kleinen-Affäre,<br />

RAF, Sie erinnern sich vielleicht, über die PKK auf deutschen Straßen,<br />

über die Metro-Bombenanschläge Mitte der 90er-Jahre, verübt<br />

<strong>von</strong> der GIA, der algerischen Front, in Paris damals. Das heißt, über<br />

die Jahre sind viele Kontakte entstanden zu Sicherheitsbehörden im<br />

In- und im Ausland, auch teilweise in extremistische Kreise. Sodass<br />

ich immer versuche, nicht nur auf dem neuesten Stand zu bleiben,<br />

sondern auch Kontakte nutze, um dann, wenn etwas geschieht, die<br />

Dinge ein Stück weit einordnen zu können. Und genau das will ich<br />

heute tun. Sie haben einen großen Fehler gemacht, lieber Herr Erzbischof:<br />

Sie haben einem Fernsehjournalisten, der normalerweise<br />

nur 1.30 Minute zur Verfügung hat, mehr Zeit zur Verfügung gestellt.<br />

Aber ich will versuchen, Sie mitzunehmen auf eine Reise, die<br />

manchmal anstrengend ist, aber die wichtig ist und trotzdem auch<br />

zu etwas sehr Positivem führen kann.<br />

„Islamistischer Terror oder Kampf der Kulturen?“ heißt das Thema.<br />

Ich habe bewusst ein Fragezeichen dahinter gesetzt, weil ich<br />

es gleich vorweg beantworten will: Wir sind nicht in einem Kampf<br />

der Kulturen. Sondern es gibt zwei extremistische Strömungen –<br />

kleine Gruppen, verglichen mit der Mehrheit – zwei extremistische<br />

Strömungen, die uns alle glauben machen wollen, dass wir uns in<br />

diesem Kampf der Kulturen befinden. Je mehr wir, die Mehrheitsgesellschaft,<br />

das glauben, <strong>des</strong>to mehr ist es möglich, dass es wahr<br />

wird, dieser Kampf der Kulturen. Es sind Extremisten auf der islamistischen<br />

Seite, und es sind auch Rechtsextremisten auf der anderen<br />

Seite, die uns in diesen Kampf der Kulturen regelrecht hineintreiben<br />

wollen. Wenn wir es geschehen lassen, dann kann sich und wird sich<br />

da etwas aufschaukeln, <strong>von</strong> dem wir leider jetzt schon einige Anzeichen<br />

in unserer Gesellschaft sehen.<br />

Das ist für mich das schönste Bild <strong>des</strong> Jahres. Das ist die Demonstration<br />

der Menschen in Barcelona nach dem Anschlag im Sommer,<br />

Sie erinnern sich, auf den Ramblas, als ein Mann mit seinem Fahrzeug<br />

dort Menschen ermordet. Da sind Zehntausende, vielleicht<br />

Hunderttausende auf die Straße gegangen, um gemeinsam zu demonstrieren,<br />

egal welchen religiösen, ethnischen oder anderen Hintergrund<br />

sie hatten. Sie wollten damit zeigen: Wir lassen uns nicht<br />

spalten und uns nicht polarisieren durch diesen Terror.<br />

Aber wir müssen gegen diesen Terror auch vorgehen, indem wir uns<br />

intensiv damit beschäftigen, warum er geschieht, warum Menschen<br />

offenbar mitten in Europa bereit sind, andere Menschen zu töten<br />

mit beispielsweise Fahrzeugen auf dem Breitscheidplatz in Berlin<br />

beim Weihnachtsmarkt 2016 oder eben auch mit Bomben, mit<br />

Sprengstoffgürteln. Bis zu dem Zwölfjährigen, der in Ludwigshafen<br />

eine Bombe gebaut hat, um auf einem Weihnachtsmarkt im vorletzten<br />

Jahr einen Anschlag zu verüben, der auch einen Sprengstoffgürtel<br />

offenbar schon gebaut hatte.<br />

Das versteht man nur, wenn man sich intensiver beschäftigt mit<br />

diesen Tätern, warum die das machen. Sie alle haben vielleicht noch<br />

die Bilder im Kopf <strong>von</strong> Brüssel und Paris, als junge Leute auf den<br />

Straßen <strong>von</strong> Paris ermordet wurden im November

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