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Neujahrsempfang 2018 des Erzbischofs von Bamberg

Erzbischof Dr. Ludwig Schick hat im Januar in Bamberg zum Neujahrsempfang geladen. In dieser Broschüre sind die Reden des Tages dokumentiert. Darunter der Vortrag des stellvertretenden ZDF-Chefredakteurs Elmar Theveßen zur Frage, ob wir einen "Kampf der Kulturen" erleben.

Erzbischof Dr. Ludwig Schick hat im Januar in Bamberg zum Neujahrsempfang geladen. In dieser Broschüre sind die Reden des Tages dokumentiert. Darunter der Vortrag des stellvertretenden ZDF-Chefredakteurs Elmar Theveßen zur Frage, ob wir einen "Kampf der Kulturen" erleben.

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30 Elmar Theveßen<br />

Elmar Theveßen 31<br />

es eine Wahl, die Regierung hat gewechselt, und die neue Regierung<br />

Zapatero hat die spanischen Truppen aus dem Irak abgezogen. Das<br />

ist der leuchtende Beweis dafür, dass die Theorie richtig ist: Der<br />

Zweck heiligt die Mittel. Man darf und muss auch Anschläge im<br />

Westen verüben, wenn es diesem Zwecke dient.<br />

Das zweite Problem: Wer definiert denn eigentlich, wo und wie<br />

Muslime ihre Ehre, ihr Land, ihre Macht verlieren? Ist das Kopftuchverbot<br />

in einem europäischen Land schon Verlust der Ehre? Dann<br />

würde das schon ausreichen, um Gewalt, um Krieg, um Terror zu<br />

rechtfertigen.<br />

Diese Ideologie, die ich gerade beschrieben habe, die braucht etwas,<br />

damit sie überhaupt Wirkung entfalten kann. Die braucht einen<br />

fruchtbaren Boden. Deshalb ist es so wichtig, sich auch mit den<br />

Ursachen, mit den Motivationen junger Leute zu beschäftigen, warum<br />

sie bereit sind, da mitzumachen. Das kann man ganz gut an<br />

einem Beispiel erklären aus dem Jahr 2003. Da sind<br />

wir nach Marokko gefahren. Im Mai<br />

2003 gab es Anschläge auf jüdische und spanische Einrichtungen<br />

in Casablanca. Die Täter kamen aus den Slums <strong>von</strong> Casablanca. Dort<br />

sind wir hingefahren. Wir haben uns mit Freunden und Bekannten<br />

der Täter getroffen, und wir haben auch mit Experten geredet. Sie<br />

wissen vielleicht, dass in vielen dieser Länder der Anteil der jungen<br />

Leute extrem hoch ist: 65 Prozent sind unter 30 Jahre alt. Viele leben<br />

unter solchen Umständen auch heute noch, wie wir sie damals<br />

2003 da gesehen haben, in den Slums. Das heißt, sie haben wenig<br />

Perspektive auf eine gute Ausbildung, auf einen Arbeitsplatz, sie<br />

haben wenig Chancen in der marokkanischen Gesellschaft, und sie<br />

haben keine Beteiligung an der politischen Willensbildung in diesen<br />

Ländern, weil in vielen dieser Länder nach wie vor autokratische<br />

Regime beherrschen, die jeden, der anders denkt, der anderes will,<br />

gerne mal als Extremisten oder Terroristen ins Gefängnis sperren.<br />

Vor diesem Hintergrund ist ein Hassprediger in die Slums <strong>von</strong> Casablanca<br />

gegangen und hat gesagt: „Hey, ihr habt keine Perspektive,<br />

ihr habt keine Zukunft, euer Land verrät euch. Ihr seid Opfer. Ihr<br />

müsst euch dagegen wehren. Und ihr könnt es nur tun, wenn ihr<br />

bereit seid, Gewalt anzuwenden und euer Leben auch dafür zu opfern,<br />

weil ihr nichts zu verlieren habt.“<br />

Dieser Hassprediger hat auch gesagt: „Ihr könnt auch<br />

nur erfolgreich sein, wenn ihr euch<br />

gleichzeitig gegen jene

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