E_1929_Zeitung_Nr.105
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Automobil-Revue<br />
'W.1OT.<br />
II. Blatt<br />
BERN, 10. Dezember <strong>1929</strong><br />
N°105<br />
II. Blatt<br />
BERN, 10. Dezember <strong>1929</strong><br />
Kombinierte Karosserie für<br />
Lasten- und Personentransport<br />
Zehn Minuten Technik<br />
Die Vertreter des Handwerker- und Gewerbestandes<br />
sowie die Inhaber von Spezial-<br />
und Lebensmittelgeschäften stellen nach<br />
den statistischen Erhebungen ein beträchtliches<br />
Kontingent an Automobilbesitzern,<br />
findet doch das moderne Fahrzeug eine recht<br />
vielseitige Verwendung in ihrem Geschäftsbetriebe.<br />
Gerade wegen der Beanspruchung<br />
des Wagens für ihre berufliche Tätigkeit findet<br />
sich der Interessent bei der Anschaffung<br />
eines Wagens in einem gewissen Dilemma,<br />
weiss er doch nicht, soll er sich für einen Lieferungswagen<br />
oder ein ausgesprochenes Personenautomobil<br />
entscheiden, da weder das<br />
eine noch das andere ganz seinen Wünschen<br />
und Bedürfnissen gerecht werden kann. Der<br />
Personenwagen eignet sich in seiner üblichen<br />
Form nicht besonders für den Transport<br />
von Waren oder Werkzeug und zudem<br />
leidet das Wageninnere ganz beträchtlich<br />
unter dieser Beanspruchung, während ein<br />
Lieferungsauto dem Besitzer für seine persönlichen<br />
Zwecke und diejenigen der Familie<br />
recht wenig dient<br />
Die Lösung des Problems hat die Karossiers<br />
und auch die Autofabriken schon verschiedentlich<br />
'beschäftigt und als bisheriges<br />
Resultat der Bestrebungen, eine Kombination<br />
zwischen Personen- und Lieferungsfahrzeug<br />
zu finden, einige Spezialformen von Karosserien<br />
auf den Markt gebracht, die aber nie<br />
ganz zu befriedigen vermochten. Wir denken<br />
da besonders an den Oberbau mit abnehmbarem<br />
Hinterteil, der durch eine Brücke für<br />
den Lastentransport ersetzt werden kann,<br />
wobei der Führersitz unverändert bleibt.<br />
Oder dann behilft man sich bei offenen Wagen<br />
mit einem Gestell, das einfach die hinteren<br />
Sitze überdeckt und als Lastbrücke<br />
dient. Eine interessantere Lösung machten<br />
sich einige amerikanische Autofabriken zunutze,<br />
bei welcher eine Türe in die hintere<br />
Wandung des Oberbaues eingelassen ist und<br />
die hinteren Sitzpolster entfernt werden können,<br />
so dass der Raum im Rücken des Fahrers<br />
für den Warentransport ausgenützt werden<br />
kann.<br />
Rechts: Aeusserlicli.ist die kombinierte<br />
Karosserie bei geschlossenem Hinterteil<br />
von einem gewöhnlichen Personenwagen<br />
mit Koffer kaum zu unterscheiden.<br />
Links: Die-kombinierte Karosserie in<br />
Verwendung für den Lastentransport.<br />
Auch die schweizerischen- Fachkreise' sind<br />
nicht müssig geblieben und haben sich nach<br />
einem geeigneten Aufbau der Karosserie umgesehen,<br />
der eine vorteilhafte und bequeme<br />
Benützung des Wagens für geschäftliche und'<br />
persönliche Zwecke gestattet. Es ist nun gelungen,<br />
eine Anordnung zu finden, welche<br />
ebenso einfach wie wirkungsvoll ist, das<br />
Aeussere des als Personenwagen karossierten<br />
Autos keineswegs beeinträchtigt und<br />
ebensowenig erkennen lässt.dass das Fahrzeug<br />
überhaupt noch zu anderen Zwecken<br />
verwendet wird. Die Neuerung ist bereits im<br />
In- und Ausland zum Patent angemeldet und<br />
es. sind schon Lizenzverhandlungen mit verschiedenen<br />
massgebenden Karosseriefirmen<br />
im Gange.<br />
Die beiden beigefügten Illustrationen vermögen<br />
viel besser als ausführliche Erklärungen<br />
das Wesen dieser kombinierten Karosserie<br />
darzulegen. Der Hauptvorteil liegt<br />
darin, dass das Wagenäussere scheinbar<br />
vollständig unverändert ist, indem die Oeffnung<br />
für den Laderaum durch den sich sehr<br />
elegant ausnehmenden Koffer maskiert ist.<br />
Die hintere Wand des Wagens ist durchbro-<br />
ohen und die Oeffnung von einem soliden<br />
Rahmen eingefasst, an welchem das Koffergehäuse<br />
befestigt ist. Boden und Seiten-<br />
Wände des Koffers sind fest, dagegen ist der<br />
Deckel und die- Rückwand aufklappbar, wobei<br />
letztere als Verlängerung der Ladefläche<br />
dient und auf zwei schwenkbaren Armen<br />
ruht, die ihrerseits an zwei festen, in der<br />
Verlängerung des Chassisrahmens angemachten<br />
Trägern montiert sind. In geschlossenem<br />
Zustande dient das Gehäuse wie gewöhnlich<br />
als Schutz und Aufbewahrungsraum<br />
für zwei Koffern. Das Rückwandpolster<br />
sowie die hinteren Sitze sind auf einfache<br />
Weise demontabel und es wird ein<br />
Bretterbuden in den freien Raum eingelegt,<br />
auf welchem die zu transportierenden Waren<br />
oder Werkzeuge etc. deponiert werden.<br />
Die Brücke ist so dimensioniert, dass Kofferrahmen<br />
und Rückwand der Vordersitze<br />
eine solide Verstrebung bilden, die eine Bewegung<br />
oder ein Geräusch der Ladebrücke<br />
ausschliessen. Ist die Rücklehne und das<br />
Sitzpolster eingesetzt, so ist die Oeffnung<br />
gegen den Kofferraum gänzlich verdeckt und<br />
das Wageninnere unterscheidet sich überhaupt<br />
keineswegs mehr von der üblichen<br />
Inneneinrichtung einer Limousine.<br />
Der zur Verfügung stehende Laderaum ist<br />
natürlich, je nach der Grosse des Wagens,<br />
variabel. Bei einem Vierplätzer mittlerer<br />
Grosse erreicht die Brücke schon eine Länge<br />
von 2,20 m, so dass bequem und sicher Material,<br />
Werkzeug, Klappleitern etc. verstaut<br />
werden können. Der als Modell dienende<br />
Wagen ist bereits auch von der zürcherischen<br />
Motorfahrzeugkontrolle abgenommen<br />
worden. Diese recht geschickte Vereinigung<br />
von Personenauto und Lieferumgswagen wird<br />
sicher manchem Geschäftsinhaber oder Gewerbetreibenden<br />
die Anschaffung und die<br />
Wahl des Wagens erleichtern, und es ist besonders<br />
erfreulich, dass die Lösung sowie<br />
die Ausführung des Patentes schweizerischer<br />
Provenienz sind. Es sei nur der Vollständigkeit<br />
halber erwähnt, dass natürlich<br />
auch Personenautos, die sich bereits im Verkehr<br />
befinden, auf diese Neuerung umgearbeitet<br />
werden können. z.<br />
• • •<br />
Ein sehr billiger Occasionswagen von undefinierbarem<br />
Alter eignet sich nicht für<br />
einen Anfänger.<br />
Wenn du den Wagen nicht zu Hause unterbringen<br />
kannst, so garagiere ihn wenigstens<br />
in der Nähe deiner Wohnstätte. Lange Gänge<br />
zum und vom Unterbringungsort zurück "vernichten<br />
die halbe Freude am Autofahren.<br />
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