E_1931_Zeitung_Nr.028
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Herr Butgereit betrachtete die Büchse<br />
ernsthaft und stumm. Dann drehte er wieder,<br />
drehte und riss den Blechzipfel mitsamt dem<br />
Schlüssel ab.<br />
Frau Butgereit grinste.<br />
Herr Butgereit warf ihr .einen furchtbaren<br />
Blick zu. Am ganzen Leibe bebend ging er<br />
in die Küche und holte einen Büchsenöffner.<br />
Er stiess und rammte das Werkzeug in den<br />
Leib der Büchse. Auf seiner Nase standen<br />
Schweisstropfen; er band den Kragen ab.<br />
Plötzlich schleuderte er die Sardinenbüchse,<br />
den Schlüssel und den Büchsenöffner in eine<br />
Zimmerecke und setzte sich stark röchelnd<br />
auf seinen Stuhl, um ein Radieschen zu essen.<br />
Frau Butgereit grinste.<br />
Herr Butgereit aber rannte in die Küche<br />
und holte Hammer und Brechstange. Er war<br />
ganz weiss im Gesicht. «Ich will mich gar<br />
nicht mehr aufregen,» sagte er, «ich will ganz<br />
ruhig bleiben, ganz ruhig, das ist das beste!»<br />
Und dann ging Herr Butgereit in die Zimmerecke<br />
und hob die Oelsardinenbüchse auf.<br />
Ganz ruhig — beinahe rücksichtsvoll. Er<br />
legte die Büchse behutsam auf den Tisch,<br />
setzte den Meissef an, hob den Hammer.<br />
Der Meissel rutschte ab, die Kaffeekanne<br />
fiel um, Herr Butgereit verbrühte sich.<br />
Herr Butgereit sah aus wie ein Tiger. «Ich<br />
will ganz ruhig bleiben,» murmelte er, «immer<br />
ganz ruhig bleiben — ganz ruhig .'»<br />
Um bequemer arbeiten zu können, legte er<br />
nun die Büchse auf den Fussboden, setzte<br />
den Meissel an und schwang den Hammer.<br />
«Au! — der Daumen!» Herr Butgereit sprang<br />
wie eine angeschossene Katze im Zimmer<br />
umher.<br />
Frau Butgereit grinste.<br />
Herr Butgereit aber nahm die Kohlenschaufel,<br />
stürzte vor und schlug mit furchtbaren<br />
Streichen auf die Sardinenbüchse ein.<br />
Frau Butgereit aber grinste.<br />
Im Türrahmen erschien das Mädchen Anna<br />
und sagte: « Huijeh? » Dieser unschuldige<br />
Laut des Erstaunens brachte Herrn Butgereit<br />
zum Platzen. Er schleuderte die Kohlenschaufel<br />
gegen das arme Mädchen und sprang<br />
dann heulend und mit beiden Beinen zugleich<br />
auf die Oelsardinenbüchse, um sie zu vernichten,<br />
zu zertrampeln, um sie zu Brei zu<br />
stampfen. Er sprang immer wieder drauf los.<br />
Er sprang meterhoch. Er war ein rasender<br />
Amokspringer. Frau Butgereit goss ihm einen<br />
Eimer Wasser über den Kopf. Das war<br />
der letzte Akt. Der Kranke ergriff den Eimer,<br />
die Sardinenbüchse, das Dienstmädchen<br />
Anna wie auch Frau Butgereit und warf alles<br />
durch das geöffnete Fenster auf die Strasse.<br />
Er wurde in ein Sanatorium gebracht. Er befindet<br />
sich noch dort. Er hat eine fixe Idee.<br />
Er will eine Oelsardinenbüchse konstruieren,<br />
die sich wirklich öffnen lässt.<br />
Menschen in der<br />
Früh lingssonn e<br />
Um Mittag, wenige Minuten schon nachdem<br />
es vom Münster geläutet hat. beginnt<br />
sich die lange Promenade zu beleben. Aus<br />
den kleinen Seitenstrassen nähern sich Arbeiter<br />
und Angestellte, Frauen und Männer.<br />
Die meisten tragen ein kleines Paket, eine<br />
<strong>Zeitung</strong>, ein Buch unter dem Arm und kommen<br />
mit einem müden Schritt gegangen.<br />
Wenn sie aus dem Schatten der kleinen<br />
Nebenstrassen in das blendende Licht der<br />
Frühlingssonne treton, die über die Plattform<br />
ihre köstliche Wärme strahlt, bleiben<br />
sie einen Augenblick stehen und blinzeln<br />
halb ungläubig. Die Helle breitet sich auf<br />
ihren frühalten, staubigen, verwaschenen<br />
Gesichtern aus, dar Körper reckt sich unwillkürlich<br />
in der verjüngenden Luft dieser<br />
Wärme. Dann gehen sie langsam an den<br />
besetzten Bänken vorbei und setzen sich auf<br />
ein Mäuerchen, eine Bank oder lehnen sich<br />
schweigend an einen kleinen Zaun.<br />
Während einer Stunde herrscht Schweigen.<br />
Man hört nichts als das leise Knirschen<br />
des Sandes unter den Sohlen der Vorübergehenden,<br />
oft ein paar kurze Worte,<br />
den Lärm der S.tadt, die weit entfernt zu liegen<br />
scheint. Auf allen Bänken sitzen sie<br />
nun, hingegeben dem Wunder der ersten<br />
starken Frühlingssonne, wunschlos glücklich.<br />
Die Wärme spielt in ihrem Blut und<br />
treibt es wohlig durch die Adern. Sie<br />
schliessen die Augen und sehen die rote,<br />
AUTOMOBIL-REVUE <strong>1931</strong> - N° 28<br />
Die Sonne spielt auf bleichen Alltagsgesichtern,<br />
auf den Antlitzen junger Burschen<br />
und Mädchen, Studenten, alter Männer,<br />
Arbeitern. Bauern, die in die Stadt kamen,<br />
junger Frauen mit ihren Kindern. Dicht<br />
nebeneinandergedrängt, sitzen sie auf den<br />
Bänken, im weichen Halbschlaf lehnen sie<br />
aneinander und schenken sich das Glück<br />
ihres traumlosen Schlummers. Manchmal<br />
macht sich ein kleiner, schwacher Wind<br />
auf, der über die Halden gekrochen kommt,<br />
um die Gesichter leise zu umspülen; dann<br />
glaubt man. sie lächeln zu sehen wie in<br />
einer guten Erinnerung an eine kühlende<br />
Hand.<br />
Junge Burschen liegen über die Mauer<br />
gelehnt und lesen in einer <strong>Zeitung</strong>, einem<br />
Buch. Die Wärme der Sonne schläfert sie<br />
langsam ein, das Blatt entsinkt den Händen,<br />
sie stützen den Kopf auf und verharren<br />
unbeweglich, geschlossenen Auges. Ein<br />
glühende Wand der Augendeckel. Der Kör- i /Mädchen sitzt auf einer Bank mit fremden<br />
per, der noch vor einer Stunde im Bureau, Männern. Die Augen sind geschlossen, der<br />
in der Fabrik sich mühsam der Zucht der Kopf schwankt leise in der Betäubung des<br />
Gewohnheit unterordnete, scheint auseinan- .Schlummers, und endlich liegt er dicht hinderzufallen.<br />
Die Finger sind ausgespreizt? 4 gepresst am Holz der Bank, in einer Neials<br />
wollten sie bis in die winzigste Pore^ gung zu dem jungen Manne hin, der still<br />
hinein Sonne empfangen, der Leib tjsucM?-heben ihr sitzt. Er brauchte nur den eieine<br />
wohltuende gebogene Haltung, die nen Arm auf die Lehne zu legen, um das<br />
Beine sind gestreckt und müde., H ,»£>blasse junge Dine treu hüten zu können.<br />
Osterfahrt<br />
Andere, junge Paare, halten sich die Hände<br />
und ruhen.<br />
Alle schlafen in der köstlichen Betäubung<br />
dieser ersten Sonne. Sie weckt in ihnen<br />
eine schwache, bohrende Lebenssehnsucht.<br />
Sie bemühen sich, ohne klar zu wissen, um<br />
ein besseres neues Leben. Ihr Traum gilt<br />
den kommenden schönen Tagen. Ueber<br />
Ostern gleiten sie in den vollen Frühling, in<br />
den Sommer hinein, und die Tage scheinen<br />
ihnen voll Verheissung. Sie spüren das<br />
wohlige Bauschen des warmen Blutes in<br />
ihrem wintermüden Körper; in dem ersten<br />
Erlösungstaumel glauben sie an alles Glück<br />
des Lebens. Sie wissen in dieser Stunde<br />
nichts mehr von Einsamkeit, von harten<br />
Chefs und Geldnot, von Arbeitslosigkeit und<br />
verlassenen lieben Menschen. Die erste<br />
junge Frühlingssonne, die aus blauem Himmel<br />
blendet, weckt in ihnen Sehnsucht nach<br />
gutem, zweifelsfreiem Leben.<br />
Der Stundenschlag der nahen Kirche fällt<br />
in das Schweigen des Sonnentages. Nach<br />
wenigen Minuten sind nur noch wenige<br />
alte Leute zu sehen, die auf den Bänken<br />
ruhen und mit geschlossenen Augen still<br />
verharren.<br />
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