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E_1931_Zeitung_Nr.064

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ffQ64 — <strong>1931</strong> ÄTJTOMÜBIL-REVUE 3<br />

Sportnachrichten<br />

Die internationalen Alpenfahrer unterwegs<br />

Die erste Etappe.<br />

Innsbruck, 31. Juli.<br />

Morgens 5 Uhr Start! Da heisst es sich<br />

tüchtig sputen. Doch als wir, in der Meinung,<br />

die Ersten auf dem Platze zu sein, etwa 20<br />

Minuten vor der festgesetzten Zeit in der Kaserne<br />

an der Dachauerstrasse eintreffen, sind<br />

Komitierte und Fahrer fast vollzählig schon<br />

versammelt. Gepäck wird umhergeschleppt,<br />

noch rasch eine Tasse «Schwarzen» gestürzt<br />

und reisefertig wartet man auf das<br />

Signa! zum Aufbruch. Punkt 5 Uhr wird der<br />

Wagen Nr. 1, ein tschechischer «Walter-<br />

Super », auf den Weg geschickt und an einminütigem<br />

Abstand folgen die übrigen 61<br />

Konkurrenten. Die Internationalität der Fahrt<br />

äst nicht nur durch die beteiligten Wagenmarken,<br />

sondern auch durch die gemeldeten<br />

Fahrer bestens gewährleistet. Die 20 Mann<br />

starke Gruppe der Deutschen steht an der<br />

Spitzen. Ihr folgen 13 Engländer, 12 Tschechoslowaken,<br />

7 Oesterreicher, 2 Italiener, 2<br />

Franzosen, je zwei Belgier und Holländer sowie<br />

ein Schweizer und ein Ungar. Wie bereits<br />

gemeldet, haben sich vier Damen zur<br />

Teilnahme entschlossen und sich durch die<br />

Aussichten auf Strapazen nicht abhalten lassen.<br />

Gemeldet waren vorerst nur drei Damen.<br />

DeT deutsche Polizeimajor Gutknecht<br />

wurde aber dienstlich an der Teilnahme verhindert<br />

und als Ersatz trat Frl. Graumüller<br />

für ihn ein, womit das vierblättrige Kleeblatt<br />

komplett war.<br />

Die Ausfahrt ans Mönchen, die den Ortsfremden<br />

etwas Kopfzerbrechen zu geben<br />

schien, wurde zu einer Spazierfahrt, dank der<br />

vorzüglichen Organisation durch den dortigen<br />

Club und die Polizei. An allen Strassenkreuzungen<br />

waren, bis aufs Land hinaus, Winkerposten<br />

in Tätigkeit und die Polizei sorgte<br />

für freien Durchgang und Verkehrspriorität<br />

der Alpenfahrer. Auch der ganzen Strecke<br />

entlang war die Landespolizei aufgeboten, die<br />

ihre Verkehrsleitung immer mit verbindlichem<br />

Gruss quittierte. Ueberhaupt erfreuten sich<br />

die Fahrer des grössten Interesses und herzlicher<br />

Sympathie von Seiten der Anwohner<br />

an den vielen Ortschaften, welche berührt<br />

wurden und durch zahlreiche Sportinteressenten,<br />

welche irgendwo auf der Strecke Aufstellung<br />

genommen hatten. Freundliches Zuwinken,<br />

gute Wünsche für die lange Reise<br />

konte man auf der Durchfahrt überall •entgegennehmen,<br />

und frohen Gesichtern begegnete<br />

man überall. Als eine griesgrämige alte<br />

Jungfer sich Sei einem Polizisten über ein<br />

bisschen Staubwirbeln glaubte beklagen zu<br />

sollen, meinte der verständige Funktionär<br />

beschwichtigend: «Des müssens heite freili<br />

in Kauf nehma!»<br />

Die Etappe wurde 'durchwegs in forschem,<br />

aber nicht übersetztem Tempo in Angriff genommen,<br />

und wenn die heutige Erfahrung<br />

schon als Prophezeiung gewertet werden<br />

darf, dann kann man sich zuversichtlich darauf<br />

verlassen, dass die Veranstaltung im<br />

Sinne der Organisatoren als wirkliche Tourenfahrt<br />

ihre Durchführung findet. Die Zollformalitäten<br />

an der deutsch-österreichischen<br />

Grenze in Griesen waren auf ein Minimum<br />

beschränkt und in kürzester Zeit erledigt.<br />

«Bitte sehr», hiess es da, «linke Türe deutscher<br />

Zoll, dann Zimmer rechts für Oesterreich>,<br />

und kaum hatte man sein Carnet<br />

vorgelegt, war's auch schon erledigt.<br />

Zwei Hochstrassen, der Flexenpass (1784<br />

Meter) und der Arlbergpass (1802 Meter)<br />

waren zu überwinden. An und für sich im<br />

(Von unserm b.-Berichterstatter.)<br />

Programm einer Alpenfahrt keine übersetzte<br />

Forderung, wenn freilich dazwischen Höhendifferenzen<br />

von über 500 m auf kurze Distanz<br />

zu überwinden waren. Es wird den<br />

Teilnehmern eben löffelweise und vorsichtig<br />

eingegeben, wie es sich bei fürsorglicher Behandlung<br />

gehört. Die zweite Etappe wird<br />

dann mit dem Brennerpass, dem Jaufenpass,<br />

dem Stilfserjoch, dem höchsten Pass, dem<br />

Umbrail, dem Ofen-Fluela- und Albulapass<br />

das Pensum schon ganz gewaltig steigern, so<br />

dass nach der Ankunft in St. Moritz .«der<br />

Bedarf gedeckt > sein dürfte!<br />

Unterwegs machten wir mit unserem Bugati-Achtzylinder,<br />

der sich vorzüglich hielt,<br />

einige Male kurzen Aufenthalt, um die Kolonne<br />

der Fahrer an uns vorüberziehen zu<br />

lassen. Es war bemerkenswert, zu sehen, wie<br />

die Teams immer fest zusammenhielten und<br />

fast durchwegs geschlossen unsere privatimen<br />

Beobachtungsposten passierten. Ueberraschend<br />

war auch das schneidige Tempo, mit<br />

welchem sich die Wagen der kleinsten<br />

Gruppe ins Zeug legten und die Anstiege<br />

sauber hinter sich brachten. Einzig der Engländer<br />

R. Sullivan auf M. G. Midget musste<br />

wegen schwierigerem Defekt der Zündspule<br />

über eine Stunde anhalten. Es gelang ihm<br />

aber trotz fieberhafter Anstrengung nicht,<br />

die Maschine wieder einwandfrei in Gang zu<br />

bringen, und so musste er sich schon vor<br />

Passierung der offiziellen Kontrolle zur Aufgabe<br />

entschliessen. Den Engländern hat die<br />

erste Etappe überhaupt am meisten zugesetzt,<br />

indem, wie aus der Liste der Tagesergebnisse<br />

zu entnehmen äst, zwei weitere Insulaner penalisiert<br />

wurden. Ob es sich nur um einen<br />

reinen Zufall bei dieser Konzentration der<br />

Abzüge im englischen Lager handelt, werden<br />

die Ergebnisse der folgenden Tage lehren.<br />

Madame Martin konnte auf der kontrollierten<br />

Bergstrecke den Durchschnitt nicht<br />

einhalten, da eine Störung in der Brennstoffzufuhrleitung<br />

die Maschine behinderte, und<br />

R. Porter, der einen M. G. Midget pilotiert,<br />

fiel Magnetstörungen zum Opfer, so dass er<br />

nicht fahrplanmässig in Innsbruck einrücken<br />

konnte. Wegen zu frühem Eintreffen am Ziel<br />

holte sich A. Faure auf Hotchkiss einen<br />

Strafpunkt, während alle übrigen 58 Fahrer<br />

strafpunktfrei in Innsbruck wohlbehalten anlangten.<br />

A propos offizielle Kontrolle! Sie wurde<br />

bei Kilometer 203 an der Arlbergroute eingeschaltet.<br />

Da sie bekannt war, hatten die Teilnehmer<br />

Gelegenheit, ihre bis dahin benötigte<br />

Zeit sorgfältig auszurechnen, eventuelle Differenzen<br />

nach oben oder unten noch rechtzeitig<br />

auszugleichen und so passierte die<br />

überwältigende Mehrzahl der Fahrer diesen<br />

kritischen Punkt mit mathematischer Pünktlichkeit.<br />

Ueberhaupt hat der erste Tag wenig<br />

Aenderungen in die «taktische Lage» gebracht,<br />

indem die Wagen, mit wenigen Ausnahmen,<br />

immer in der vom StaTt her festgelegten<br />

Reihenfolge passierten und auch so<br />

am Ziel einliefen. Vor und nach Zirl, der<br />

letzten Ortschaft vor dem Etappenort, sammelten<br />

sich nach 1 Uhr mittags da und dort<br />

Gruppen von Teilnehmern an, die ihren überflüssigen<br />

Zeitgewinn «absitzen •» mussten<br />

und so kurz vor dem Ziel kein anderes<br />

Korrektiv mehr, als einen Halt einschieben<br />

konnten.<br />

Dass die Journafisfen vom Fach" auch gleichzeitig<br />

tüchtige und berechnete Fahrer sind,<br />

gedenken die beiden Vertreter der rnassgebenden<br />

englischen Fächzeitschriften, die<br />

Herren Symons vom « Motor > und Bradley<br />

vom « Autocar > zu beweisen, indem sie die<br />

Berichterstattung mit der aktiven Bestreitung<br />

der Alpenfahrt verbunden haben und in der<br />

ersten Etappe tadellos abschnitten. Wir von<br />

der Feder sind natürlich mit den beiden geschätzten<br />

Kollegen «solidarisch» und wünschen<br />

ihnen zur Ehre der Zunft das Beste.<br />

Interessant war auch der Betrieb im geschlossenen<br />

Parkplatz. Das Reglement sieht<br />

vor, dass sich die Wageninsassen nur fünf<br />

Minuten mit Abladen der persönlichen Effekten<br />

befassen dürfen. Jede Zeitübertretung<br />

wurde mit Strafpunkten geahndet. Andere<br />

Manipulationen, als das Oeffnen und Schliessen<br />

von Koffern etc., also Reparaturen oder<br />

Austausch von Pneus, Bereitstellung von<br />

Brennstoff dürfen keinesfalls ausgeführt werden.<br />

Welche Gewandtheit im Abladen diese<br />

Bestimmung erreicht hat! Mit militärischem<br />

Drill hätte man die Wagenmannschaften<br />

kaum weitergebracht und im Handkehrum ist<br />

das Wageninnere oder Kofferbehälter ausgeräumt.<br />

Um 3 Uhr nachmittags fehlten nur noch<br />

zwei Fahrer am Ziel, obwohl nach Zeittabelle<br />

der Letztankommende noch nach 5 Uhr<br />

abends hätte strafpunktfrei einfahren können.<br />

Die morgige Etappe wird derartigen<br />

Ueberfluss an Zeit schon zum Verschwinden<br />

bringen!<br />

Die Resultate der Etappe sind folgende*<br />

Gruppe III:<br />

tf. V. D. Sullivan auf M. G. Midget (Sfarl-Nr. 87)<br />

ausgeschieden.<br />

R. C. Porter auf RIley (Start-Nr. 63), 18 Strafpunkte.<br />

Gruppe u:<br />

Mme K. Martin auf Hlllman-Wizard (Start-Nr. 31).<br />

26 Strafpunkte.<br />

Gruppe h<br />

A. Faure-Durff auf Hotchkiss (Start-Nr. 14), '1<br />

Strafpunkt.<br />

Uebrige 58 Fahrer sfrafpunktfreL<br />

Fahrtechnisches<br />

zur ersten Etappe.<br />

(Von unserem ma.-BerichterstatterJ<br />

Von verschiedener, teils mehr, teils weniger<br />

an der Fahrt beteiligter Seite wurde am<br />

ersten Etappenziel die Weite der aufgestellten<br />

Gesehwindigkeits-Margen kritisiert. Anlass<br />

dazu gab der Umstand, dass nahezu alle<br />

Fahrer mit der oberen zulässigen Durchschnittsgeschwindigkeit<br />

das Ziel erreichten,<br />

andere aber ungestraft noch rund 1# Stunden<br />

später eintreffen konnten, wenn sie sich<br />

an die untere zulässige Geschwindigkeitsgrenz*e<br />

hielten. Dieser grosse Spielraum<br />

wollte vielfach nicht einleuchten, schien manchem<br />

überreichlich bemessen.<br />

Die Kritiker fühlten sich in ihrem Standpunkt<br />

noch dadurch gestärkt, dass ein grosser<br />

Teil der Konkurrenten bis kurz vor das<br />

Ziel sogar den oberen Geschwindigkeitsdurchschnitt<br />

noch hatten überbieten können<br />

und vor Innsbruck noch einen Extrahalt einschalten<br />

mussten, um nicht zu früh anzukommen.<br />

Zweifellos lag das nicht im Sinn des Reglementes<br />

und, anscheinend wenigstens, hat<br />

es in seiner aufgestellten Form nicht ganz<br />

genügt.<br />

Bei näherer Betrachtung erhält aber die<br />

Sache doch ein etwas anderes Gesicht. Man<br />

darf nicht übersehen, dass wir uns erst am<br />

Anfang der Fahrt befinden. Die Eile, die die<br />

meisten Konkurrenten an den Tag legten und<br />

die hohen Durchschnitte, die sie so herausfuhren,<br />

sind unter diesem Gesichtspunkt<br />

leicht zu verstehen. Mancher Fahrer beteiligt<br />

sich an der Alpenfahrt zum erstenmal. Er<br />

weiss nicht genau, welche Tempi auf dem so<br />

wechselvollen Terrain den erforderlichen<br />

Durchschnitt ergeben, er kennt vielleicht das<br />

Terrain selbst nur zum geringsten Teil und<br />

will sich aus beiden Gründen zur Sicherheit<br />

eine genügende Zeitreserve beschaffen. Die<br />

Plan der Schlussetappe.<br />

Sechste Etappe: Mittwoch, 5. August<br />

Genf-Bern. 356,4 km.<br />

Genf im. im.<br />

Moillesulaz (schweizerisches und<br />

französisches Zollamt)<br />

Annemasse 7,6 7,8<br />

Etrembieres 1,9 9,5<br />

Reignier 6,8 16,3<br />

La Röche 9,6 25,9<br />

Bonneville 7,4 33,3<br />

Cluses 14,5 47,8<br />

Col de Chätillon 6,3 54,1<br />

Taninges 3,8 57,9<br />

Col des Gels 11.5 69,4<br />

Thonon 34.9 104,3<br />

Evian - 9,8 114,1<br />

Taverole 19,2 133,3<br />

Abondanca 10 143,3<br />

m ETAPPE fönen<br />

Astaaz 356.4-ün.<br />

OfdeKoryma<br />

Thonon - F><br />

JM<br />

ta Töfir-ITe-TfemB<br />

BERN<br />

Münsingen<br />

Thun<br />

Chatel (französisches Zollamt) ~—

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