E_1931_Zeitung_Nr.070
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tei. Es galt, dieselben richtig zu verteilen.<br />
Wir haben an dieser Stelle von jeher die Forderung<br />
aufgestellt, jeder Rappen, den die öffentliche<br />
Hand aus dem Automobilbetrieb bezieht,<br />
sollte wieder in die Strasse gesteckt<br />
werden. Bei den meisten Kantonen sehen wir<br />
diese Forderung heute mehr oder weniger<br />
erfüllt. Wäre der Bund mit dem Benzinzoll<br />
dem gleichen Beispiel gefolgt, so wären wir<br />
heute bereits einen erklecklichen Schritt weiter.<br />
Bundesgenossen entstanden dem Automobil<br />
bei der schweizerischen Hotellerie und dem<br />
Gastgewerbe, die die immense Bedeutung<br />
des modernen Verkehrsmittels frühzeitig erkannten,<br />
ferner in den Radfahrern, die eine<br />
gute Strasse ebenso sehr zu schätzen wissen<br />
wie wir und deren Missstimmung gegen das<br />
Motorfahrzeug mit der Beseitigung der Staubplage<br />
jede Ursache entzogen wurde. Technische<br />
Verbesserungen kamen dazu um die<br />
Strassen zu schonen. Die alten Kriegslastwagen<br />
sind heute so ziemlich aus dem Verkehr<br />
verschwunden, namentlich aber haben<br />
es die grossartigen Fortschritte in der Kautschukindustrie<br />
ermöglicht, die frühere Hartbereifung<br />
durchwegs durch Pneus zu ersetzen,<br />
eine der grössten Errungenschaften<br />
in der Sanierung des modernen Strassenverkehrs.<br />
Bei allen Strassenverbesserungen galt es<br />
vor allem, die Gelder nicht zu verzetteln. Von<br />
der «Automobil-Revue » ging seinerzeit die<br />
Initiative aus, die vorhandenen Mittel nicht<br />
wahllos in das gesamte Strassennetz zu<br />
stecken und doch nur Flickwerk zu leisten,<br />
sondern sich in jedem Kanton auf die wesentlichsten<br />
Transversalen zu konzentrieren und<br />
sich von Kanton zu Kanton über die Anschlussstrecken<br />
zu verständigen. Die Vereinigung<br />
Schweizerischer Strassenfachmänner<br />
hat diese Initiative in verständnisvoller<br />
Weise aufgegriffen. Heute verfügen wir bereits<br />
über ein leidlich modern ausgebautes<br />
Netz nationaler Strassen und werden jedenfalls<br />
nächste Woche in Genf ein selbständiges<br />
Wort mitreden können über das Problem der<br />
nächsthöheren Stufe im modernen Verkehrswesen:<br />
Internationale Durchgangsstrassen.<br />
Bekannt sind unsern Lesern die oberitalienische<br />
Auto Strada sowie das Projekt<br />
der Hafrabam. Projekte kleiner Teilstrecken<br />
als reine Auto - Strassen, wie<br />
Bern—Thun oder Basel—Zürich, haben bisher<br />
keine greifbaren Resultate gezeitigt.<br />
Wenn man im übrigen eine bereits von der<br />
A.I.A.C.R. ausgearbeitete Karte der europäischen<br />
Durchgangsstrassen genauer unter<br />
die Lupe nimmt, so bemerkt man, dass das<br />
Problem für die meisten Länder des Kontinents<br />
in der Hauptsache gelöst wird, dass<br />
in der Regel die Hauptstadt radialförmig die<br />
nationalen Hauptdurchgangslinien ausstrahlt.<br />
So steht beispielsweise Madrid im Knotenpunkt<br />
von vier Strassen; von Paris gehen<br />
sieben Hauptlinien aus, von Brüssel aus<br />
sechs, Berlin sechs, Prag fünf, Wien fünf.<br />
Dagegen liegt zum Beispiel München einfach<br />
an der Route Wien-Paris.<br />
Durch die Schweiz führt eine Route Berlin-<br />
Nürnberg über St. Gallen-Zürich-Bern-Lausanne-Genf<br />
nach Lyon, aber ohne direkten<br />
Hauptanschluss nach Marseille oder Bordeaux.<br />
Eine Nordwest-Südöstliche Transversale<br />
geht von Paris-Dijon-Lausanne-Brig<br />
ten gut. Sein Blick fiel auf die Stelle, an der<br />
die Vergitterung links in der Mauer befestigt<br />
war. Dann stieg er von der Leiter herab.<br />
Dr. Maurus und Frank sahen ihm erwartungsvoll<br />
entgegen.<br />
« Herr Maurus, Ihr Gegner hat tüchtige<br />
Leute. Dass das alles ein Mann macht, werde<br />
ich nie glauben... Und die Leute Ihres<br />
Gegners arbeiten vorsichtig und lassen sich<br />
Zeit. Es gibt eine Ueberraschung. Sie werden<br />
staunen. Herr Hörn, Sie haben sehr<br />
recht gehabt.»<br />
Er ging wieder zu der Vergitterung: hin.<br />
Plötzlich bewegte sich das ganze Gitter wie<br />
ein Fensterflügel. Friedstedt drehte sich<br />
herum, und sein Gesicht war gespannt vor<br />
Erregung.<br />
«Da zwei Scharniere », er zeigte nach der<br />
linken Seite des Fensters, «dort ein Haken<br />
und alle Verbindungen mit der Mauer durchsägt,<br />
das ist des Rätsels Lösung. Auf- und<br />
zuschliessbare Fenstergitter ! Sie dürften<br />
der erste sein, Herr Maurus, der diesen<br />
Luxus besitzt.»<br />
Maurus sowohl wie Frank waren heftig<br />
überrascht. So hatten sie sich die Sache<br />
nicht gedacht.<br />
< Der Mann, der solche Kunstwerke<br />
schafft, muss mit der Gegend ziemlich bekannt<br />
sein. Er hat wohl manche Nacht zu<br />
dieser Arbeit gebraucht. Haben Sie nie etwas<br />
Verdächtiges bemerkt ? » fragte der Beamte.<br />
< Nie! Wer wird denn die Vergitterungen<br />
kontrollieren ! » antwortete Maurus.<br />
« Na, dann für heute Schluss! Wir sind<br />
wieder ein bisschen weiter. Ich empfehle<br />
Ihnen, jetzt nicht gleich die Vergitterung<br />
nach Mailand; es fehlt aber auch nicht an<br />
einer Umfahrungslinie Mailand-Lyon-Paris.<br />
Luzern ist nach Osten mit Insbruck, durch<br />
den Gotthard mit Mailand angeschlossen.<br />
Basel erhält seine Auslandsanschlüsse via<br />
Strassburg. In . Richtung Paris vermissen<br />
wir die Verbindung über Beifort. Von<br />
Strassburg an fehlt der direkte Anschluss an<br />
Mainz-Frankfurt. Für die Schweiz dürfte das<br />
letzte Wort zu diesem Projekt einer europäischen<br />
Strassenkarte das letzte Wort jedenfalls<br />
noch nicht gesprochen sein.<br />
Besondere Beachtung verdienen die Vorschläge<br />
des Schweizerischen Autostrassenvereins<br />
über ein einheitliches Fernverkehrs-<br />
Strassennetz mitsamt den dazugehörigen Erstellungsvorschriften.<br />
Zwei grundsätzliche Einstellungen stehen<br />
sich im weitern gegenüber: Sollen die bisherigen<br />
dem allegmeinen Verkehr dienenden<br />
Strassen verwendet werden oder sollen besondere,<br />
ausschliesslich Autostrassen gebaut<br />
werden? Dabei ist allerdings unter «allgemeinem<br />
Verkehr» in der Hauptsache ebenfalls<br />
Automobilverkehr zu verstehen. Ein Unterschied<br />
liegt darin: Die bisherige Strasse,<br />
auch wenn sie modern ausgebaut ist, führt<br />
unmittelbar durch Städte, Dörfer, geht<br />
zwanglos in zahllose Abzweigungen über,<br />
wird von andern Fahrzeugen ä niveau gekreuzt;<br />
sie gestattet auf offener Strecke bei<br />
genügender Vorsicht und Fahrtechnik respektable<br />
Tempi, die aber bei jedem Hindernis<br />
und unfehlbar bei jeder Ansiedelung ganz gewaltig<br />
heruntergehen müssen. Sie gewährleistet<br />
den direkten Verkehr von Haus zu<br />
Haus, ein Anhalten und Wechseln der Route<br />
an jeder beliebigen Stelle. Die Strasse steht<br />
jedermann ohne weiteres und gratis zur Verfügung.<br />
Dagegen ist die reine Autostrasse wirklich<br />
eine Sache für sich, am ehesten einer Schienenbahn<br />
vergleichbar. Sie weicht grundsätzlich<br />
jedem Hindernis aus, überbrückt, unterführt,<br />
durchtunnelt es, meidet jede Ansiedelung<br />
oder verkehrt mit ihr nur in mittelbarer<br />
Verbindung. Jede seitliche Kreuzung ä niveau<br />
mit andern Vehikeln ist strikte vermieden.<br />
Die Strasse ist gegen jeden Zutritt von<br />
aussen strenge abgeschrankt; sie kann nur<br />
an eigens dazu vorgesehenen Stellen erreicht<br />
werden. Wegen ihrer ausserordentlichen Erstellungskosten<br />
wird ihre Benützung an eine<br />
bestimmte Taxe geknüpft sein. Ihre besondere<br />
Anlage, insbesondere die absolute Ausschaltung<br />
jeder seitlichen Behinderung gestattet<br />
ein hohes Durchschnittstempo.<br />
;s/<br />
Schlussbetrachtungen.<br />
Für die Schweiz als intimes Touristeriland,<br />
ihrer über das ganze Land verteilten HoteJlerie<br />
und der Bedeutung nicht nur einer<br />
überragenden Kapitale, sondern einer ganzen<br />
Reihe gleichwertiger Städte ist die Festlegung<br />
auf reine Autostrassen keine leichte<br />
Sache. Wahrscheinlich wird sich zwar in<br />
Genf zeigen, dass angesichts der heutigen<br />
Krise auch das Ausland einige Zurückhaltung<br />
gegenüber sehr kostspieligen Projekten an<br />
den Tag legen wird. Deutschland wird im<br />
gegenwärtigen Moment kaum ernstlich an die<br />
rasche Ausführung des Hafrabam-Pröjekt<br />
denken können. Wichtig ist für uns die Frage<br />
der Umfahrung. Unser Augenmerk wird sich<br />
darum hauptsächlich darauf richten, was die<br />
Franzosen und Italiener machen.<br />
reparieren zu lassen. Es könnte sein, dass<br />
der Verbrecher wiederkehrt. Wahrscheinlich<br />
ist es ja gerade nicht, da Soerner tot ist und<br />
die Pläne bereits weg sind.<br />
Maurus forderte Frank auf: «Kommen<br />
Sie noch ein wenig mit, Herr Hörn !»<br />
Dann ging er gedankenvoll voran.<br />
Als sie in Dr. Maurus Arbeitszimmer angekommen<br />
waren, bot der Hausherr seinem<br />
Gast einen Stuhl und eine seiner dicken Zigarren<br />
an.<br />
« Ich danke Ihnen, Herr Hörn. Ihre Beobachtung<br />
hat uns in dieser rätselhaften Sache<br />
wenigstens ein Stück weit vorwärts gebracht.<br />
Und nun zu Ihrer Sache ! Sie suchen<br />
einen Beruf! Nun ja, wie stets mit Ihren<br />
Kenntnissen in der Buchführung ? »<br />
«Ich hoffe, Ihren Ansprüchen, wenn Sie<br />
nicht sofort das Höchste verlangen, gerecht<br />
werden zu können.» antwortete Frank ohne<br />
Besinnen. Er hatte früher einmal Buchführung<br />
gelernt, als er noch daran gedacht hatte,<br />
Unterkommen im Kaufmannsfach zu finden.<br />
« Gut! Sie gefallen mir, und ich glaube,<br />
dass Sie sich rasch in diese neue Welt drernfinden<br />
werden. Ab nächste Woche arbeiten<br />
Sie bei uns.»<br />
Frank bedankte sich freudig.<br />
< Herr Maurus, Sie können sich wohl nicht<br />
vorstellen, wie sehr Sie mich zu Dank verpflichten.<br />
Ich hoffe, das Vertrauen, das Sie<br />
in mich setzen, in bester Weise rechtfertigen<br />
zu können.»<br />
Maurus wollte abwehren. Er hatte wirklich<br />
keine rechte Ahnung davon, welchen<br />
grossen Dienst er dem jungen Menschen erwiesen<br />
hatte.<br />
AUTOMOBIL-REVUE <strong>1931</strong> — N° 70<br />
Vielleicht werden sich auch die Bahninteressenten<br />
zum Wort melden: Zusammenarbeit<br />
Bahn—Auto. Wir haben bereits weiter<br />
oben die reine Autostrasse mit einer Art<br />
Schienenbahn verglichen. Wenn wir uns die<br />
Versuche in Deutschland mit dem Schienenzeppelin<br />
und in Frankreich mit Pneufahrzeugen<br />
auf Schienen vergegenwärtigen, so<br />
sind gemeinsame Grundgedanken in diesen<br />
verschiedenen Bestrebungen nicht von der<br />
Hand zu weisen. Und wenn wir uns fragen,<br />
wo wir eigentlich die neuen Tracen unterbringen<br />
sollen, so gelangen wir vielleicht einmal<br />
zu weiteren überraschenden Kombinationen<br />
mit der Bahn. 4»<br />
Zweck des Kongresses.<br />
Nachträglich wird uns noch gemeldet, der<br />
Kongress hätte in erster Linie orientierenden<br />
Charakter. Es sei beabsichtigt, vorerst die<br />
Referate der Repräsentanten der an der<br />
Konferenz vertretenen Staaten anzuhören,<br />
und hierauf deren Vorschläge durchzuarbeiten.<br />
Ein Plan, der wahrscheinlich von einem<br />
engeren Komitee festgelegt werden soll, hat<br />
über das weitere Vorgehen zu bestimmen.<br />
Einzelne Fragen würden dann an Spezialkommissionen<br />
gewiesen, die bis Ende dieses<br />
Jahres ihre Fachgebiete so vorzubereiten<br />
hätten, dass zu Anfang 1932 ein zweiter gut<br />
vorbereiteter Kongress stattfinden kann, der<br />
dann weiter über die gesamte Materie zu beraten<br />
und definitive Beschlüsse zu fassen<br />
hätte.<br />
Als Träger der Idee eines internationalen<br />
Autostrassen-Kongresses und als Initiant des<br />
Kongresses vom 31. August ist ausser Lucien<br />
Laine, einem bedeutenden Teppich-Industriellen,<br />
Albert Thomas, der Vertreter^ des Internationalen<br />
Arbeitsamtes in Genf, zu betrachten.<br />
Mit dem Sekretariat ist Mme Delbecq,<br />
eine französische Grossgrundbesitzerin betraut,<br />
als Administrator zeichnet Herr Goy in<br />
Genf und als technischer Berater amtet der<br />
schweizerische Strassenbaufachmann, Ing.<br />
Steiner in Bern.<br />
go.<br />
Beseitigung<br />
der deutschen Ausreisesteuer.<br />
ab Mittwoch den 26. August.<br />
Was wir schon lange erwartet haben und<br />
was nicht nur die Erwerbs- und Industriekreise<br />
der Nachbarländer von Deutschland,<br />
sondern auch die verkehrspolitisch aktiven<br />
Kreise in Deutschland selber seit Wochen<br />
vergeblich forderten, ist nun doch eingetroffen.<br />
Das 1 deutsche Reichskabinett beschloss<br />
in seiner Samstagsitzung die Notverordnung<br />
über die Ausreisestener von 100<br />
Mark mit Wirkung am 26. August aufzuheben.<br />
Alle Grenzübertritte, die am 26.<br />
August oder später erfolgen, sind der unrühmlich<br />
bewährten Gebühr enthoben.<br />
Reichsdeutsche, die die Ausreisesteuer für<br />
einen Grenzübertritt im Laufe dieser Woche<br />
bereits bezahlten, haben das Recht zur<br />
Rüchforderung der 100 Mark, sofern der<br />
Grenzii bertritt am nächsten Mittwoch oder<br />
später geschieht.<br />
Die 100 Mark-Notverordnung, die am 23.<br />
Juli in Kraft gesetzt v.urde, hat den deutschen<br />
Ausreiseverkehr die Geschäftsbeziehungen<br />
Deutschlands und den Erwerb der<br />
Fremdenindustrie in den Nachbarländern<br />
Deutschlands rund fünf Wochen in perfider<br />
Da öffnete sich die Tür und Dunker trat<br />
ein.<br />
« Wir bekommen Besuch, Herr Maurus! »<br />
Er trat vollends herein. Hinter ihm stand<br />
Evelin auf der Türschwelle. Sie eilte auf<br />
ihren Vater zu und küsste ihn auf die Wangen.<br />
« Aber Evelin ! » lachte er freudig.<br />
Sie sah erstaunt auf. Auch Frank hatte<br />
sich erhoben und machte eine leichte Verbeugung.<br />
Rasch stellte er sich, Dr. Maurus zuvorkommend,<br />
vor. Dieser machte ihn mit den<br />
Angekommenen bekannt.<br />
< Meine Tochter, unser Fahrer Dunker!<br />
Sie werden vielleicht schon von ihm gehört<br />
haben ? »<br />
« Gewiss, gewiss! Es ist mir eine grosse<br />
Ehre, den berühmten Fahrer persönlich kennen<br />
zu lernen. Doch gestatten Sie, dass ich<br />
nicht länger störe. Guten Tag ! »<br />
« Na, das sind ja schöne Geschichten, meine<br />
Lieben ! » seufzte er, als Hörn sich entfernt<br />
hatte.<br />
Evelin lachte.<br />
«Du scheinst nicht sehr gut gelaunt. Wer<br />
war übrigens dieser Hörn? » fragte sie, indem<br />
sie den Hut ablegte.<br />
«Wie ? — Ach so ! Nichts weiter von<br />
Bedeutung, ein neuer Angestellter. Büromensch<br />
— verkrachte Existenz ! Hat bisher<br />
in so 'nem windigen Lokal Klavier oderweiss<br />
der Teufel was gespielt.»<br />
« Wozu brauchen Sie denn in Ihren Büros<br />
einen verkrachten Klavierspieler ? » fragte<br />
Dunker verdutzt.<br />
«Ach was, er hat mir gefallen und er hat<br />
uns wichtige Aufschlüsse in der Mordaffäre<br />
gegeben...»<br />
Art gestört, üeber den effektiven Umfang<br />
der Schädigungen lässt sich heute kein abschliessendes<br />
Bild machen. Wir können<br />
bloss eine bündnerische Fremdenstatistik<br />
anführen, worin Erhebungen bis zum 8.<br />
August berücksichtigt sind. Nach dieser<br />
bündnerischen Statistik ist die laufende<br />
Sommersaison gegenüber der letztjähriger<br />
um rund 320 000 Logiernächte zurückgeblieben.<br />
Die Deutschen seien an diesem Ausfall<br />
mit mehr als 180 000 Logiernächten beteiligt.<br />
Man rechnet in Graubünden bis Ende<br />
Saison mit einem Gesamtmanko an Bruttoeinnahmen<br />
im Betrag von rund 15 bis 20<br />
Millionen Franken. Erfreulicherweise verzeichnete<br />
man in Graubünden eine bessere<br />
Frequenz durch die schweizerische Kundschaft<br />
und fand einen, wenn auch ungenügenden,<br />
Ausgleich durch vermehrten Fremdenzustrom<br />
aus England, Frankreich und<br />
Holland und anderen Ländern.<br />
Der Schaden, den die deutsche 100 Mark-<br />
Ausreisesteuer während der Sommersaison<br />
<strong>1931</strong> angerichtet hat, wird erst nach Ende<br />
September festzustellen sein. Wir verschliessen<br />
uns nicht der Einsicht, der Ausfall<br />
in der laufenden Sommersaison sei nui<br />
teilweise auf das Konto der deutschen Ausreisesteuer<br />
zu verbuchen. Die deutsche Ausreisesperre<br />
kam aber zum Beginn dei<br />
Hauptsaison hereingeschneit und stiftete<br />
neben dem, in Zahlen ausdrückbaren, noch<br />
ideellen Schaden, den aber hauptsächlich<br />
der deutsche Aussenhandel zu tragen, berufen<br />
sein wird.<br />
Die Interventionen des Bundesrates in<br />
Befolgung der Eingaben verschiedener, am<br />
Fremdenverkehr interessierter Verbände,<br />
schien auf den ersten Moment nichts eenützt<br />
zu haben. Die Schweiz wurde, wie<br />
mehrere andere Länder auch, mit Versprechungen<br />
abgefüttert, die wohl höchstens den<br />
Zweck hatten, das scheinbare Prestige jener<br />
Minister zu wahren, die für diese mehr<br />
tot- als notgeborene Verordnung verantwortlich<br />
zeichnen. Diese Ausreisesteuer war<br />
wohl die schlechteste aussehpolitische Waffe,<br />
die sich die deutsche Regierung während<br />
den vergangenen Wochen wirtschaftlicher<br />
Bedrängnis schmieden konnte.<br />
Missmut und Schaden sind die Spuren<br />
der deutschen Ausreisesteuer in den benachbarten<br />
Ländern Deutschlands. Verärgerung<br />
und Schwierigkeiten ist die Erbschaft der<br />
100 Mark-Verordnung im Innern Deutschlands.<br />
— Es war keine unbekannte Tatsache,<br />
dass mehr und mehr nur die<br />
schlechtgewitzigten Reisenden zum Bezahlen<br />
der Steuer angehalten werden konnten.<br />
Wer schlau war, trat in einen Touristikverein<br />
ein, bezahlte 10 Mark Vereinsgeld und<br />
ersparte sich 90 Mark an der Ausreisesteuer.<br />
Vom 21. Juli bis zum 8. August berappten<br />
an einer Berliner Passstelle insgesamt<br />
890 Personen die 100-Mark-Steuer, währenddem<br />
in der gleichen Zeit sich 5236 Personen<br />
sich von der Entrichtung der Steuer<br />
zu befreien wussten. Diese Zahlen beweisen<br />
schlagend die groteske Auswirkung der<br />
Notverordnung und wenn man dazu in Erwägung<br />
nimmt, dass auch die deutschen<br />
Kurgebiete weitere Ausfälle an Logiernächten<br />
zu verzeichnen hatten, so ist damit der<br />
verkehrsfeindliche Grundgehalt der Verordnung<br />
genügend charakterisiert.<br />
« Wie, in der Sache mit Soerner ? > unterbrach<br />
ihn Dunker.<br />
« Jawohl! Wissen Sie auch, dass wir Vergitterungen<br />
an unsern Bürofenstern haben,<br />
die man wie eine Tür auf- und zumachen<br />
kann ?«<br />
« Wie ? Was für Vergitterungen ? »<br />
« Ja, Dunker, lassen Sie sichs vom Hausmeister<br />
zeigen, wie die Leute Sinnisfaeres<br />
arbeiten. Uebrigens hat dieser Herr Hörn<br />
den Mörder beobachtet, wie er aus dem Fenster<br />
stieg.»<br />
« Aus welchem Fenster ? »<br />
« Dem mit der famosen Vergitterung! ><br />
«Das muss ich selber sehen. Aus Ihret<br />
Darstellung soll der Teufel klug werden!»<br />
rief Dunker hinauseilend.<br />
« Der arme Kerl! Ich habe Dunker noch<br />
nie so gesehen, wie in diesen Tagen », sagte<br />
Maurus, ihm nachblickend, «Soerner war<br />
sein Freund. ><br />
« Und mein — Bräutigam >, setzte Evelin<br />
dazu. «Bei euch geht es ja schön zu. Und<br />
Sinnisfaere hat die Erfindung Soerners. Da<br />
glaube ich gerne, dass Dunker sich aufregt.<br />
Mit dieser Erfindung siegt oder fällt er.»<br />
«Mir graut vor dem Rennen. Ich wollte,<br />
Soertier hätte die Sache nie erfunden ! »<br />
«Soerner und seine Erfindungen waren<br />
gut. Aber ihr alle miteinander taugt nichts,<br />
du Papa, Dunker und noch manch anderer,<br />
der im Werk was zu sagen hat. Das muss<br />
anders werden! Was ist zum Beispiel nur<br />
das wieder für eine Schlamperei, einen wilden<br />
Menschen, einen Kaschemmenmusikanten<br />
in die Büros einzustellen. Papa, du bist<br />
zuviel Mensch und zu wenig Rechner ! ><br />
(Fortsetzung im «Autler-Feieraiend».)