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E_1931_Zeitung_Nr.102

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Bern, Dienstag, 15, Dez, <strong>1931</strong> IV. Blatt der „Automobil-Revue"No. 102<br />

Der Arbeitslose<br />

Auch eine Weihnachtsskizze...<br />

Vor zwei Monaten hatte es ihn erreicht. Er<br />

klagte erst nicht einmal. Die Entlassung kam<br />

nicht so ungefähr. Mit verbindlichen Worten<br />

wurde ihm der Abschied gegeben. Es war<br />

ein föhnwarmer, feuchter Oktobertag, als er<br />

zum ersten Male sein bis jetzt genau geregeltes<br />

Leben unterbrach und länger als gewöhnlich<br />

zu Bette lag. Draussen rasselten schon<br />

seit Stunden die Strassenbahnen, als er sich<br />

endlich erhob. Eine angenehme Müdigkeit<br />

durchströmte ihn. Vorläufig war es noch sehr<br />

schön, einmal ohne Arbeit zu sein. Gewissenhaft<br />

machte er Toilette. Es schien ihm beinahe,<br />

als ob er Ferien geniesse. Nachmittags<br />

sass er im Kaffeehaus, abends ging er aus<br />

einem Gefühl innerer Spannung und Unruhe<br />

in ein Dancing, vielleicht würde es ihm gelingen,<br />

eine flüchtige Bekanntschaft zu<br />

machen. Er hatte jetzt ja Zeit.<br />

Die Tage schwanden dahin, und keine neue<br />

Arbeitsgelegenheit zeigte sich. November<br />

ging mit Nebeln und kalten Winden vorüber.<br />

Der Junggeselle fühlte mit geheimer Angst<br />

seine künstliche Widerstandsfähigkeit schwinden,<br />

die er gegen die drohende innere und<br />

äussere Not in eitler Selbsttäuschung errichtet<br />

hatte. Manchmal besah er mit gerunzelter<br />

Stirne seine speckig glänzenden Kleider. In<br />

den Ablauf seiner von keinen Sensationen des<br />

Herzens erschütterten Tage mischte sich ein<br />

immer stärker werdendes Gefühl der Unsicherheit.<br />

Der künstliche Halt seiner Ueberredungen<br />

sank immer mehr dahin. Um ihn<br />

begann die von bebender Unruhe erfüllte Zeit<br />

der Vorweihnachten. Er ging jetzt viel über<br />

Land. Die müden, erstorbenen Felder in ihrer<br />

Eintönigkeit befreiten ihn von seinen Grübeleien,<br />

von seiner Furcht, den Anschluss an<br />

das Leben zu verpassen.<br />

Er hatte sich bis zum Tage vor Weihnachten<br />

gegen den Gedanken gewehrt, dass am nächsten<br />

Tage Festtag sein sollte. Doch als das<br />

dumpfe Rauschen der Menge, die in unaufhörlicher<br />

Flut durch die Strassen quoll,<br />

immer deutlicher und lauter zu seinem Junggesellen-Zimmer<br />

emportönte, gab er dennoch<br />

dem unruhigen Ziehen seines Herzens nacli<br />

und betrat die weihnachtlich leuchtenden<br />

Strassen. Ohne Sinn und Ziel bummelte er<br />

dahin, vor interessanten Auslagen blieb er<br />

prüfend stehen und besah sich die lockenden<br />

Gegenstände völlig gedankenverloren. Der<br />

Licht, Schnee. Sonne...<br />

Leute um ihn achtete er sich kaum. Es sei,<br />

dass eine Frau seine Blicke forderte, um feige<br />

sofort wieder in Abwehr zurückzutauchen.<br />

Langsam sank der Abend über der Stadt Es<br />

begann aus dunklem Himmel zu schneien,<br />

schwach, kaum merkbar. Tausend Lichter<br />

flammten nun den Strassenzeilen entlang auf.<br />

Die Gesichter der Vorüberhastenden leuchteten<br />

von geheimer innerer Spannung.<br />

Die Hände in die Taschen vergraben, bummelte<br />

er dahin. Von Minute zu Minute wuchs<br />

in ihm eine seltsame Traurigkeit, eine Leere,<br />

die keinen festen Gedanken mehr erlaubte.<br />

Er merkte kaum, wohin er seine Schritte<br />

lenkte. Mit Gewalt versuchte er sich von der<br />

schrecklichen Lähmung zu befreien. Umsonst.<br />

Die Menschen, das Licht, der Abend wandelten<br />

in ihm seine letzte Ruhe zu peinigender<br />

Unzufriedenheit. Er wurde bitter und begann<br />

die lächelnden Gesichter der Vorüberhastenden<br />

zu hassen. Er lief als leeres Rad in dieser<br />

Maschinerie, er war ausgeschieden, erledigt<br />

Eine Rührung über sein verlorenes<br />

Leben wollte in ihm aufsteigen; zornig wehrte<br />

er sich gegen diese Schwächlichkeit Doch<br />

da, wie er fühlte, dass er schwach werden<br />

wollte und weich, erinnerte er sich plötzlich<br />

seiner Mutter. Er sah sie in ihrer äusseren,<br />

harten Enge, in der sie sich ihre innere Weite<br />

üesmefzens gewahrt hatte. Ein Strom dunkler,<br />

süssschmerzlicher Empfindungen berührte<br />

sein Herz. Er zitterte. Weihnachten der Jugend<br />

tauchte vor ihm auf, er sah seine Heimat<br />

wieder, er spürte die frühere Ganzheit seines<br />

unsicheren Lebens wieder. Wie gehetzt lief<br />

er dahin, der Menschen kaum achtend.<br />

Er kam in stillere Vorstadtviertel, in denen<br />

eine milde Dunkelheit herrschte. In den Häusern<br />

schien sich der Weihnachtsvorabend<br />

vorzubereiten. Manchmal sprühte ein Auto<br />

vorüber. — Fern rauschte der Fluss. Er lief,<br />

ganz den Gedanken an seine Jugend überlassen.<br />

Nach einiger Zeit fand er sich in einem<br />

grossen Kaffeehaus der Stadt wieder. Er bestellte<br />

starken Wein, der ihn angenehm müde<br />

machte. Die qäulende Trauer verlor sich und<br />

wich einer angenehmen Müdigkeit. Er trank<br />

viel und schnell. Dann machte er sich auf<br />

den Weg nach Hause, schloss sich in seinem<br />

Zimmer ein und legte sich zu Bette. Tiefer,<br />

traumloser Schlaf überkam ihn, der ihm über<br />

die schwersten Stunden des einsamen Abends<br />

hinweghalf.<br />

bo.<br />

Weihnachten der<br />

Ausgestossenen<br />

Von E. Malek.<br />

Es ist nahe an Mitternacht. In die Kathedrale<br />

St. Gudule treten zwei Menschen. Ein<br />

Mann und ein Kind. Beide blass und verhärmt,<br />

hungernd, frierend: die Not zeichnet<br />

ihre Opfer. Die Frau sitzt im Zuchthaus:<br />

Verbrechen gegen das keimende Leben. Ein<br />

Opfer weniger für den Moloch Hunger. Aber<br />

das Gesetz ist unerbittlich. Der Hausherr<br />

wirft die Armen auf die Strasse. Mit Verbrechergesindel<br />

will er nichts zu schaffen<br />

haben, Gesindel, das noch obendrein die<br />

Miete nicht bezahlen kann. Nun kommen sie<br />

in das Gotteshaus, aber nicht Glaube, nicht<br />

Vertrauen auf die Güte des Allmächtigen<br />

treibt sie hierher, sondern der eisige<br />

Dezemberwind, der ihre Glieder in den<br />

dünnen, abgerissenen Kleidern erstarren lässt.<br />

Hier ist es schön warm und der Hausherr<br />

ist weit, weit in den Sternen.<br />

Eine Gasse weiter unten trottet Lolotte<br />

vier Schritte auf und ab, und ärgert sich.<br />

Lolotte ist eine von denen... « Chienne de<br />

vie» murmelt sie ingrimmig, « vier Stunden<br />

in Wind und Kälte für einen einzigen Louis.<br />

Nun aber säumen Sie nicht länger<br />

mit Ihren Weihnachtseinkäufen, und vergessen Sie dabei nicht etwa die<br />

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MEMPHIS - 5.—<br />

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