E_1933_Zeitung_Nr.020
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N° 20 - <strong>1933</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />
Internationale Erdölwirtschaft.<br />
Der vor kurzem die politischen Wogen<br />
zwischen Grossbritannien und Persien noch<br />
aufpeitschende englisch-persische Oelkonflikt<br />
scheint vorläufig in Minne beigelegt worden<br />
zu sein. Die beiden Interessenten sind übereingekommen,<br />
das Verfahren vor dem Völkerbundsrat<br />
bis zur Mai-Tagung und, sofern inzwischen<br />
die beidseitigen Verhandlungen noch<br />
nicht weiter gediehen wären, noch darüber<br />
hinaus anzusetzen. Inzwischen sind zwischen<br />
Grossbritannien und Persien .Besprechungen<br />
über eine neue Konzession aufgenommen worden,<br />
deren Ziel bekanntlich auf grössere<br />
finanzielle Entschädigungen zugunsten Persiens<br />
seitens der Anglo-Persian-Oil Comp.<br />
hinauslaufen. Formell halten sowohl die Briten<br />
wie auch die Perser ihre Rechtsstandpunkte<br />
aufrecht, denn es wäre sehr gewagt,<br />
öffentlich eine andere Ansicht vertreten zu<br />
wollen, nachdem man während Wochen in<br />
der internationalen Presse glaubhaft zu<br />
machen versuchte, dass sich jeder der Beteiligten<br />
nur auf wohlerworbene Rechte stütze<br />
und unter allen Umständen auf diesen beharren<br />
werde. Wie aus den hinter den Kulissen<br />
geführten Verhandlungen hervorgeht,<br />
ist anzunehmen, dass der ganze Konflikt recht<br />
bald vergessen sein wird, so dass sich mancher<br />
Leser wundern muss, warum seinerzeit<br />
so grosser Lärm geschlagen wurde.<br />
Nachdem das abgelaufene Jahr eine Reihe<br />
wichtiger internationaler Petroleum-Konferenzen<br />
gebracht hat, gehen die diesbezüglichen<br />
Besprechungen auch im laufenden Jahre weiter.<br />
Ing. Kessler (Royal Dutch) ist unlängst<br />
in New York eingetroffen, um mit dem Vizepräsidenten<br />
des Hauptkonkurrenten des britisch-niederländischen<br />
Oelkonzerns, von der<br />
Standard Oil Comp. of New Jersey, zu ver-<br />
. suchen, die noch zu lösenden Probleme einen<br />
Schritt weiter zu bringen. Anlässlich dieser<br />
Reise hat Kessler erklärt, dass mit den Russen<br />
keine weiteren Verhandlungen in Aussicht<br />
genommen seien (solche wurden bekanntlich<br />
letztes Jahr erstmals in New York und an<br />
der zweiten Pariser Oelkonferenz geführt).<br />
Im Zusammenhang damit teilte der Vertreter<br />
des Royal Dutch-Konzerns mit, dass Sowjetrussland<br />
im abgelaufenen Jahre die im Fünfjahresplan<br />
vorgesehene Quote nicht erreicht<br />
habe und dass aller Wahrscheinlichkeit nach<br />
.auch im laufenden Jahre die russische Erdölproduktion<br />
sich unter der Vorjahreshöhe bewegen<br />
werde.<br />
Es ist zum Teil in der Schweiz noch wenig<br />
bekannt, dass unweit unseres rohstoffarmen<br />
Landes ausgiebige Erdöllager ausgebeutet<br />
werden. Im Elsass, wo Kali und. Erdöl zu<br />
den ersten Naturschätzen dieses in der internationalen<br />
Politik so heiss umkämpften Landes<br />
gehören, förderten die Pechelbronner Oelbergwerke<br />
im abgelaufenen Jahre nicht weniger<br />
als 74 221 Tonnen Rohöl zutage gegen<br />
73 266 Tonnen im Vorjahre (1913: 39328 Tonnen).<br />
In Berücksichtigung des französischen<br />
Rohölverbrauches von jährlich 4 MilL Tonnen,<br />
ergibt sich wohl ein bescheidener Anteil der<br />
elsässischen Förderquantitäten, wobei jedoch<br />
darauf zu verweisen ist, dass Frankreich vor<br />
dem Kriege überhaupt keine Erdölvorkommen<br />
im eigenen Lande zur. Verfügung hatte.<br />
Zwecks wissenschaftlicher Ausbeute der Erdöllager<br />
im Elsass hat aber Frankreich an der<br />
Universität von Strassburg eine Petroleumabteilung<br />
errichtet, die der Ausbildung inund<br />
ausländischer Petroleum-Ingenieure dient.<br />
Die in Strassburg theoretisch wie praktisch<br />
erworbenen Kenntnisse werden speziell im<br />
Mossulgebiet verwendet<br />
Der Schrumpfungsprozess der Minerälölwirtschaft<br />
zeigt deutlich die tiefen Krisenwirkungen<br />
in allen Ländern der Welt. Trotz<br />
zunehmender Verwendung des Oels in der<br />
Verkehrswirtschaft und in der Heizungsindustrie<br />
geht der Bedarf stetig zurück. Daneben<br />
üben aber auch verbrauchshemmende<br />
Abgaben wie Zölle, etc. eine nicht zu unterschätzende<br />
Bremswirkung auf den Absatz;<br />
aus. Die Heranziehung der Brennstoffe als<br />
direkte oder Indirekte Steuerquelle hat auch<br />
im abgelaufenen Jahre nicht unbedeutende<br />
Fortschritte zu verzeichnen. Beim Petroleum<br />
erkennt man den strukturell bedingten Verbrauchsrückgang,<br />
während bei den Schmierölen<br />
die verringerte industrielle Tätigkeit in<br />
Verbindung mit den-im Automobilverkehr zu<br />
beobachtenden Einschränkungen sich auswirken.<br />
Dank der besondern Wirtschaftlichkeit<br />
des Dieselmotorantriebes, vermochte sich<br />
lediglich der Gasölverbrauch verhältnismässig<br />
zu halten.<br />
Nach mazedonischen Pressemeldungen sollen<br />
unlängst in der Gegend von Korina<br />
(Griechenland) umfangreiche Petroleumauellen<br />
entdeckt worden sein. Man hört vielfach<br />
die Ansicht vertreten, dass diese griechischen<br />
Quellen zu den ergiebigsten des ganzen<br />
Balkangebietes zu zählen seien. Bereits im<br />
Monat März soll mit der Grossausbeutung<br />
begonnen werden, wobei allerdings die Frage<br />
der Produktionskosten und die noch bedeutendere<br />
der gegenwärtigen Rohölüberproduktion<br />
ebenfalls ein Wort mitzusprechen haben<br />
dürfte.<br />
Untersucht man die Rangordnung der von<br />
den einzelnen Staaten als Treibstoffe verwendeten<br />
Ersatzmitteln von Motorbenzin (Benzol<br />
und Alkohol), so steht Deutschland, bei einem<br />
Benzolkonsum von 2,3 Mill. Barrels (1 Barrel<br />
= 226,79 kg), für 1931 an der Spitze. Es folgen<br />
Grossbritannien mit 0,91, Frankreich mit<br />
0,39, Belgien mit 0,14 und die Tschechoslowakei<br />
mit 0,05 Mill. Barrels. Auch hinsichtlich<br />
der Spritverwendung als Motortreibstoff steht<br />
Deutschland (aus agrarpolitischen Gründen)<br />
mit 425 000 Barrels vor Frankreich (168 00),<br />
Ungarn (75 000), Schweden (48 000) und<br />
Tschechoslowakei (34 000).<br />
Auf Qrund sowjetrussischer Angaben wurden<br />
im Jahre <strong>1933</strong> 6,01 Mill. Tonnen Naphthaprodukte<br />
Im Werte von 105,3 Mill. Rubel<br />
gegenüber 5,22 Mill. resp. 115,8 Mill. Rubel<br />
exportiert. Während der Export mengenmässig<br />
urr rund 15 Prozent zunahm, verzeichnet<br />
er wertmässig eine Abnahme um<br />
9 Prozent oder um 10,4 Mill. Rubel, was im<br />
Zusammenhang mit der allgemeinen Preisbaisse<br />
auf den Welterdölmärkten steht.<br />
Als Hauptabnehmer russischer Erdölprodukte<br />
kamen in Frage:<br />
1032<br />
(in Tonnen)<br />
Itatien 1 039 519<br />
Frankreich 967 224<br />
Grossbritannien 597 682<br />
Deutschland 532 039<br />
Japan 368 024<br />
Für das Jahr <strong>1933</strong> ist in Sowjetrussland<br />
eine Rohölproduktion von 24,4 Mill. Tonnen<br />
festgesetzt worden; gegenüber der ersten<br />
Fassung des zweiten Fünfjahresplanes bedeutet<br />
dies ein scharfes Zurückdrosseln der<br />
ursprünglichen Produktionsziffern, denen eine<br />
Förderquantität von 36 Mill. Tonnen zugrunde<br />
gelegt wurde. In Verbindung mit der rückläufigen<br />
Bewegung der russischen Rohölprodaktion<br />
seit dem ersten Quartal 1932, speziell<br />
im Hauptölgebiet Baku, musste die Sowjetregierung<br />
ihre Erdölpolitik einer grundlegenden<br />
Revision unterziehen. Diese Umstellung<br />
wird nicht ohne Rückwirkung auf die russischen<br />
Expansionspläne gegenüber dem Weltuerdölmarkt<br />
bleiben. Im abgelaufenen Jahre<br />
stellte sich die russische Erdölproduktion auf<br />
,22,2 gegenüber 22,3 Mill. Tonnen im Vorjahre,<br />
gegenüber der im Wirtschaftsplan vorgesehenen<br />
Förderquantität von 27,4 Millionen<br />
Tonnen. , Wy.<br />
Die amerikanische Automobilproduktion bezifferte<br />
sich im Monat Dezember 1932 auf<br />
109,542 Fahrzeuge. Sie ist damit gegenüber<br />
dem Monat November, in welchem 61,760<br />
Automobile fertiggestellt wurden, um 78,3 %<br />
im Vorsprung. Verglichen mit dem letzten<br />
Monat des Jahres 1931 ist allerdings immer<br />
noch ein Manko zu verzeichnen, da damals<br />
rund 124,000 Automobile hergestellt wurden.<br />
Von der eingangs erwähnten Monatsproduktion<br />
entfallen 107,403 Einheiten auf die amerikanischen<br />
und 2139 Fahrzeuge auf die kanadischen<br />
Werke. Von der gesamten amerikanischen<br />
Produktion waren 87.760 Personenwagen<br />
und 61,782 Lastwagen.<br />
Ueber die Gesamtergebnisse der amerikanischen<br />
Automobilindustrie im abgelaufenen<br />
Jahre wurde bereits in Nr. 7 der «,A.-R.»<br />
berichtet.. Wie sich aus den endgültigen Zahlen<br />
des amerikanischen Handelsdepartements<br />
ergibt, erfahren die damals genannten Zahlen<br />
noch eine kleine Korrektur, indem<br />
1,186,259 Personenwagen und 247.247 Lastwagen,<br />
total 1,43 Mül. Fahrzeuge hergestellt<br />
wurden. Das Ergebnis steht um 42 % hinter<br />
den Zahlen für 1931. Beachtenswert sind<br />
noch die Angaben über die Verteilung der<br />
Produktion auf die einzelnen Preisklassen,<br />
welche folgendes Bild ergeben:<br />
Bis 500 Dollar<br />
501 bis 750 Dollar<br />
751 bis 1000 Dollar<br />
1001 bis 1500 Dollar<br />
1501 bis 2000 Dollar<br />
2000 und mehr Dollar<br />
794 238 W'ajsn<br />
260 968<br />
74 542<br />
86 601<br />
8 699<br />
11211<br />
Total 1186 259 Wagen.<br />
Der Produktionsrückgang ging mehrheitlich<br />
auf Kosten der Wagen von über 750<br />
Dollar. Hier blieben die Fabrikationsergebnisse<br />
in den einzelnen Gruppen zwischen 53<br />
und 74 % hinter den Ergebnissen des Vorjahres<br />
zurück, während die beiden untersten<br />
Preisklassen nur um 37 resp. 40 % geringere<br />
Resultate zeitigten. Die Bevorzugung von<br />
billigeren Wagen ist demnach keine auf Europa<br />
beschränkte Erscheinung und ist vor<br />
allem in der fiskalischen Belastung des Motorfahrzeugwesens<br />
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