E_1933_Zeitung_Nr.044
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N°44<br />
- <strong>1933</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />
SEKTION AARGAU. Fahrt an den Bodensee.<br />
Trotz drohendem Himmel hatte sich am 6. Mai eine<br />
unternehmungslustige Gesellschaft in Baden eingefunden<br />
zur Bluestfahrt in den Thurgau. Das<br />
Sekretariat hatte eine Anzahl Routen zusammengestellt,<br />
und jeder konnte wählen, was ihm am besten<br />
behagte, aber treffen wollte man sich in Winterthur<br />
zu einem kurzen Halt. Von dort ging's an<br />
den Untersee, wozu die meisten die lohnende Route<br />
von Frauenfeld über den Seerücken nach Ermatingen<br />
wählten. Wo man durchfuhr, Regen fiel überall<br />
und reichlich, aber um so leuchtender hoben<br />
sich die in schönster Blüte stehenden Obstbäume<br />
vom saftigen Grün der Wiesen und Wälder ab. Im<br />
«Adler» zu Ermatingen stand ein heimeliger Saal<br />
zu unserem Empfang bereit, und bald wurde gegessen,<br />
gelacht und geschwatzt. Unterbrechungen<br />
gab's nur, damit Ehrenpräsident und Präsident sich<br />
ihre abweichenden Ansichten über Reklamationsrecht<br />
der Mitglieder und Pflichten des Vorstandes<br />
mitteilen konnten, Ansichten, die wie Tennisbälle<br />
sicher, aber fröhlich über die Tische flogen. Im<br />
gleichen Haus hielt zufällig die Sektion Thurgau<br />
ihre Generalversammlung ab und durfte dabei auch<br />
Herrn Bundesrat Häberlin begrüssen. Das ihm gebrachte<br />
Ständchen erfreute auch uns. Als weitere<br />
Ueberraschung sahen wir dann plötzlich in nächster<br />
Nähe den silberglänzenden Zeppelin mit hell<br />
erleuchteter Gondel seine nächtliche Amerikareise<br />
antreten. — Die Sektion Thurgau hatte uns durch<br />
Aufstellung ihrer grün-weissen Fanions' willkommen<br />
geheissen, und nachher wurden wir noch<br />
durch ihren Präsidenten in liebenswürdiger Weise<br />
negrüsst. — Am Sonntag lockte die Sonne zu neuen<br />
Taten. Eine kleine Gruppe mit höheren Zielen zog<br />
nach Appenzell, die Hauptmacht aber fuhr mit einem<br />
Motorboot am malerischen Schloss Gottlieben<br />
vorbei nach Konstanz und nach kurzem Aufenthalt<br />
über den inzwischen stürmisch gewordenen Untersee<br />
nach Ermatingen zurück. Dann hinauf zur Besichtigung<br />
des reizenden Schlosses Arenenberg, wo<br />
Napoleon III. einst eine Zuflucht gefunden und<br />
eeine kunstsinnige Mutter Königin Hortense ihre<br />
letzten Stunden verbracht hatte. — Inzwischen war<br />
man ordentlich hungrig geworden, also rasch zum<br />
Mittagessen nach Stein und dann, zufrieden mit<br />
'dem guten Verlauf der Reise, wieder heim. Braucht<br />
man zum Reisen Sonnenschein? Bei Regen kann<br />
man grad so fröhlich seinl<br />
—i—<br />
A.CS.<br />
SEKTION BERN. Generalversammlung. Nachdem<br />
Generalversammlungen mit einem umfang» Plateau mit entsprechender Widmung.<br />
reichen geschäftlichen Teil sich ganz allgemein<br />
nicht einer besonderen Popularität erfreuen und<br />
fast die ganze Eidgenossenschaft sich angesicht«<br />
des prächtigen Wetters bereits am Samstag schon<br />
in eine grosse Festhütte zu verwandeln begann, um<br />
all die vielen Veranstaltungen aufnehmen zu können,<br />
wäre es eigentlich nicht verwunderlich gewesen,<br />
wenn der Vorstand ganz allein in Thun getagt<br />
hätte. So weit geht nun freilich die Festfreude der<br />
Berner A. C.isten nicht, und selbst der Ländermatch,<br />
welcher Abertausende von Auswärtigen nach der<br />
Bundesstadt brachte, vermochte nicht eine stattliche<br />
Gruppe von Mitgliedern davon abzuhalten, dem<br />
A. C. S. ihr Interesse zu bekunden. Die Behandlung<br />
der Geschäftsliste, welche keine ausserordentlichen<br />
Traktanden aufwies und in Beachtung der<br />
seinerzeit an der a.-o. Generalversammlung gefassten<br />
Beschlüsse eigentlich noch in deren Schatten<br />
stand, zeitigte deshalb weder hohe Wellen der Bewegung<br />
noch eine entsprechende Brandung in der<br />
Diskussion. Man wäre versucht gewesen zu glauben,<br />
die Diskussions- und Redelust habe mit der<br />
denkwürdigen Sitzung im Dezember ihren vollständigen<br />
Abschluss gefunden, wenn sich nicht aus den<br />
Abstimmungsergebnissen über die einzelnen Geschäfte<br />
und der diskussionslosen Genehmigung der<br />
einzelnen Traktanden eine vollkommene Uebereinstimmung<br />
der Versammlung mit der Geschäftsführung<br />
des Vorstandes ergeben hätte.<br />
So wurde die Sitzung zu einem eindrücklichen<br />
Vertrauensvotum für den Sektionsvorstand und vorab<br />
auch dessen Präsidenten, eine Uebereinstimmung<br />
zwischen Mitgliedschaft und Clubleitung, welche die<br />
beste Gewähr für eine weitere erfolgreiche Entwicklung<br />
der Sektion bietet<br />
Protokoll und Jahresbericht fanden<br />
stillschweigende Zustimmung. Dem vielseitigen und<br />
recht sorgfältig abgefassten Bericht des Präsidenten<br />
war zu entnehmen, dass die Sektion Ende des<br />
Jahres 860 Mitglieder zählte und damit einen den<br />
Zeiten entsprechenden bescheideneren Zuwachs registrieren<br />
konnte.<br />
Im abgelaufenen Jahre wurde auch die erste<br />
Ortsgruppe in Langenthai gegründet, der bereits<br />
mehr als ein halbes Hundert Mitglieder angehören<br />
und die eine rege regionale Tätigkeit entfaltet<br />
hat. Die verschiedenen Institutionen, so das<br />
Sekretariat, die Rechteauskunftstelle und das Touristikbureau<br />
sind fortlaufend stark beansprucht<br />
worden. Die Einführung des neuen Gesetzes<br />
brachte hauptsächlich dem Rechtsberater, Dr. von<br />
StÜTler, eine wahre Arbeitsfluß Das Sekretariat<br />
ißt nach Rücktritt von Herrn Direktor 0. R. Wagner<br />
gemäss den Beschlüssen der a. o. Generalversammlung<br />
in eine vollamtliche Institution umgewandelt<br />
worden, welche Sekretariat, Touristikbureau<br />
und Kasse vereinigt und von einem BerufssekTetär<br />
samt Personal verwialtet wird, die auf<br />
1. FebruaT <strong>1933</strong> ihre Tätigkeit aufgenommen haben.<br />
Herr Oberst Marbach würdigt in überzeugenden<br />
Worten die Verdienste des scheidenden Sekretärs,<br />
der volle 25 Jahre seinen Posten ehrenamtlich<br />
zum Wohle der Sektion versehen hat. Als<br />
äueseres Zeichen der Dankbarkeit überreicht deT<br />
Präsident Herrn Wagner ein prachtvolles silbernes<br />
In bunter<br />
Reihenfolge ziehen nochmals all die mit Erfolg<br />
durchgeführten Veranstaltungen sportlicher, touristischer<br />
und geselliger Art an unserem geistigen<br />
Auge vorüber und zeugen von der vielseitigen Clubtätigkeit<br />
Ahschliessend orientiert der Bericht auch<br />
über die für den grossen Preis bereits geleisteten<br />
Vorarbeiten und bleibt nur zu hoffen, dass diese<br />
Veranstaltung, welche sowohl der Stadt Bern wie<br />
der Sektion zum Vorteil gereichen müssen; im nächtten<br />
Jahr auch tatsächlich zur Durchführung gelangen<br />
wird.<br />
Ebenso erfreuliche Kunde vermittelt der Kassier,<br />
dessen JahTesrechnung trotz einer<br />
aueserordentlichen Rückstellung von mehreren tausend<br />
Franken für die kommenden Bedürfnisse des<br />
Sekretariates, mit einem zufriedenstellenden Aktivsaldo<br />
abschliesst. Die Rechnung wird gemäss Anträgen<br />
der Revisoren einstimmig verabschiedet.<br />
Das Sport- und Touristikprogramm<br />
ist wiederum recht vielseitig Die ersten Anlässe,<br />
so die Gymkhana, sind bereits bei grösster Beteiligung<br />
absolviert worden und stehen noch folgende<br />
Veranstaltungen bevor:<br />
3.-5. Juni: Pfingstfahrt in den Neuenburger und<br />
Waadtländer Jura;<br />
18. Juni: Alpenrosenfahrt und Aelplerchilbi auf Alp<br />
Schweinsberg;<br />
Juli: Grimselfahrt;<br />
August: Picknickfahrt in ein Strandbad;<br />
September: Ballondistanzfahrt;<br />
November: Tanzabend,<br />
Dezember: Soiree Choucroute als Herrenabend.<br />
Dazu kommt noch die traditionelle Ausfahrt des<br />
Asyles Gottesgnad, sowie die Beteiligung der Sektion<br />
am Automobiltag der kommenden Berner Lichtwoche.<br />
Durch Ausfall des für den August vorgesehenen<br />
Rundstreckenrennens hat die Sektion in<br />
dieser Saison ausser der Ballonverfolgung keine<br />
sportliche Veranstaltung grösseren Stiles mehr auf<br />
dem Programm. Dagegen werden die Vorarbeiten<br />
für den Grossen Preis zielbewusst weitergeführt<br />
und besteht berechtigte Aussicht, dass die Sektion<br />
nächstes Jahr dieses Rennen wird ausschreiben<br />
können, das später zu einer internationalen Konkurrenz<br />
ausgebaut werden soll.<br />
•Obwohl wir im Zeichen des Abbaues leben, so<br />
erachtete es die Versammlung angesichts der vielseitigen<br />
Aufgaben, welche dem neuen Sekretariat<br />
harren, als gegeben, den Jahresbeitrag auf<br />
Fr. 40.— zu belassen, wobei der Vorsitzende der<br />
bestimmten Erwartung Ausdruck gibt, dass in den<br />
nächsten Jahren eine Reduktion des Beitrages eintreten<br />
könne. Um aber den neu eintretenden Mitgliedern<br />
entgegenkommen zu können, wird beschlossen,<br />
die Eintrittsgebühr um die Hälfte, auf<br />
Fr. 10.—, zu reduzieren und gleichzeitig das erste<br />
Clubzeichen gratis zu verabfolgen. Gemäss Antrag<br />
aus der Versammlung treten diese Vergünstigungen<br />
bereits auf 1. Juni in Kraft.<br />
Es erfolgt darauf die Proklamation von 12 Veteranen,<br />
von denen einige das Ehrenzeichen persönlich<br />
vom Vorsitzenden in Empfang nehmen können.<br />
Unter Varia teilt Herr Oberst Marbach in bezug auf<br />
die Miete der neuen Sekretariatsräumlichkeiten mit,<br />
dass verschiedene zum Teil langfristige Verträge<br />
mit Untermietern zustande kamen, so dass die<br />
Rechnung künftig für diesen Posten kaum stärker<br />
Die nächste Nummer<br />
beansprucht werden muss, als bisher. Abschliessend<br />
äussert der Präsident seine Befriedigung über<br />
das Zustandekommen der Motion im Grossen Rat betreffend*<br />
der vierteljährlichen Bezahlung der Automobilsteuer<br />
(siehe Bericht unseres parlamentarischen<br />
Mitarbeiters an anderer Stelle), und gibt der<br />
bestimmten Hoffnung Ausdruck, dass dieses langjährige<br />
Postulat der Motorfahrzeugbesitzer bald<br />
seine Verwirklichung finde.<br />
Mit seinem Schlusswort leitet der Vorsitzende<br />
zum unterhaltenden Teil über, der im Beau-Rivage<br />
mit einem gemeinsamen Nachtessen eröffnet wurde.<br />
Die Unterhaltungskommission hatte sich ein flottes<br />
Orchester, sangeskundige Jodler von Thun, sowie<br />
eine vielversprechende, junge Tänzerin verschrieben,<br />
welche mit ihren Darbietungen den Abend verschönern<br />
halfen. Nach einer humorvollen Ansprache<br />
des Präsidenten, in welcher er vor allem liebenserscheint<br />
des Auffahrts-Tages wegen erst am<br />
Freitag Nachmittag.<br />
würdige Worte für den Kranz eleganter Damen<br />
fand, begrüsste Herr Dir. Schmid, als Vertreter der<br />
Thuner Stadtbehörden, die Tafelrunde. Man entnahm<br />
seinen Ausführungen mit Befriedigung, welches<br />
Verständnis die dortigen Behörden dem Motorfahrzeug<br />
entgegenbringen und welch erfreuliches<br />
Interesse der Sache des Clubs gilt. Erst in vorgerückter<br />
Stunde lichteten sich die Reihen und noch<br />
knge folgten frohe Paare der unermüdlichen Aufforderung<br />
des Saxophons zum. Tanze, bis auch die<br />
letzten sich zur Heimfahrt in der wundervollen<br />
Maiennacht entschlossen.<br />
Ausfahrt Asyl Gottesgnad bei IHigen. Einen bösen<br />
Strich durch die Rechnung machten die Eisheiligen<br />
der nach Auvernier vorgesehenen traditionellen<br />
Ausfahrt vom 13. Mai mit den Pfleglingen<br />
der Anstalt Gottesgnad bei Ittigen. Im Momente,<br />
da über 35 Wagen für den Transport der etwa 120<br />
Insassen sichergestellt waren, entschloss sich die<br />
Anstaltsleitung, wegen anhaltender kalter Witterung<br />
die Fahrt abzusagen. Dieselbe ist auf unbestimmte<br />
Zeit verschoben; die freundlichen Wagenbesitzer<br />
haben sich jetzt schon bereit erklärt, ihre Automobile<br />
zu einem späteren Zeitpunkt wieder zur Verfügung<br />
zu stellen, was sowohl vom Asyl wie vom<br />
Sektionsvorstand mit besonderer Anerkennung vermerkt<br />
wurde.<br />
SEKTION LUZERN. Die Bluestfahrt. Es war<br />
eine ungewöhnlich grosse Anzahl unserer Automobilistengemeinde,<br />
die sich vergangenen Samstag<br />
um 2 Uhr vor dem Bahnhof Luzern versammelte.<br />
Eine Bluestfahrt ins Seethal, verbunden mit einer<br />
Besichtigung der Brauerei der Herren Gebr. Wyss<br />
in. Hochdorf stund auf der Einladung unseres Sektions-Vorstandes,<br />
Nicht eingeladen waren hingegen<br />
die Regenwolken, die dräuend um den Pilatus<br />
herum strichen.<br />
In-langer Kolonne ging es gegen Rothenburg,<br />
Münster zu, wo uns auch die ersten Regenschauer<br />
überraschten. Herrlich waren j«doch auch gerade<br />
in dieser Gegend die weissen und rötlichen Blüten<br />
der Apfel- und Birnbäume, die mit dem saftigen<br />
Grün des nassen Grases wunderbar kontrastierten.<br />
Weiter ging die Fahrt an den einzigartigen Gestaden<br />
des Hallwyler- und Baldeggersees entlang, In<br />
animieTtester Stimmung versammelten sich in<br />
Hochdorf sämtliche Teilnehmer im Hofe der Brauerei,<br />
wo wir in herzlichster Weise von Herrn Oberst<br />
Wyss begrüsst und vorerst in das Sudhaus geführt<br />
wurden. In leicht verständlicher Weise führte uns<br />
hieT Herr Oberst Wyss in die Entstehungsgeschichte<br />
dieser modernen Brauerei ein. Nach den einführenden<br />
Erklärungen begann der Rundgang durch<br />
die Brauerei. Schon im Sudhaus erregten die blitzblankgescheuerten<br />
Kupferkessel berechtigte Aufmerksamkeit,<br />
die modern-sachliche Innenarchitektur<br />
machte auf alle einen imposanten Eindruck. Es<br />
folrte nun ein eineinhalbstündigeT Rundgang. Peinlichste<br />
Sauberkeit herrschte im Betrieb. Wir konnten<br />
den technischen Betrieb einer Brauerei bis ins<br />
Detail kennen lernen; dann wurden wir im Aufzug<br />
in die oberste Etage befördert. In luftiger Höhe,<br />
mit einem unvergleichlichen Blick auf die Alpen-<br />
•> (Fortsetzung Seite 11)<br />
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