E_1933_Zeitung_Nr.068
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— <strong>1933</strong> AUTOMOBIL-REVUE 19<br />
EDEEU?<br />
Noch wird sie in den unteren Schulklassen<br />
nicht gelehrt. Das kommt demnächst.<br />
Alle Umwälzungen und Wandlungen unseres<br />
geschwindmarschstürmendten Lebens und<br />
viele Erfahrungen der letzten Jahre legen es<br />
dringend nahe und unsere lernbegierigen<br />
Schuljungen können nicht früh genug erfahren,<br />
wie man mit Frauen umzugehen hat.<br />
Aber da zu befürchten steht, dass Don<br />
Juan, der Einzige, der Authentisches darüber<br />
weiss, für eine Kathederstellung nicht zu gewinnen<br />
ist, wird das neue Lehrfach wieder<br />
in die Hände der Gelehrten gelegt werden<br />
und sie werden aus der Frauenkunde eine<br />
Zweigwissenschaft der Histologie machen,<br />
Arthur Kahane.<br />
L<br />
der Gewebelehre, wobei unter Geweben<br />
nicht einmal die zarten Gebilde der Toilettekunst<br />
zu verstehen sind, mit denen Frauen<br />
ihre noch zarteren Gebilde bedecken oder<br />
unbedeckt lassen.<br />
Wer von den unhistologischen Geweben<br />
der Frauenkleidung viel versteht, versteht<br />
viel vom Gewebe der Frauenseele.<br />
Und doch möchte ich mich auf die Damenschneider<br />
allein nicht verlassen. Die Damenschneider<br />
wissen viel sehr viel von der<br />
Frauenseele, aber doch nicht alles. So einfach<br />
liegt die Sache nicht, dass sie nur von<br />
einer Seite zu packen wäre.<br />
Darum ist auch der Frauenkenntnis Don<br />
Juans nicht ganz zu trauen. Er kennt sie ja<br />
auch nur von einer Seite, und zwar von seiner.<br />
Vielleicht ist es gerade Don Juan, der<br />
am wenigsten von ihnen weiss. und vielleicht<br />
besteht sein ganzer Don Juanismus grade<br />
darin, dass er darauf verzichtet, mehr von<br />
ihnen zu wissen. Wer weiss. ob er nicht,<br />
wüsste er mehr von ihnen', sofort aufhörte,<br />
Don Juan zu sein ? Da doch Bewusstsein<br />
Feige aus uns.allen macht. Der raffinierteste<br />
Frauenfäller ist doch im Grunde der ihnen<br />
am meisten Verfallene.<br />
Am wenigsten wissen die Aphoristen von<br />
der Frau. Wenn einer sein Thema mit dem<br />
geflügelten Satze : « Die Frauen sind... > beginnt,<br />
kann man ihm ruhig ins Wort fallen :<br />
«Im Gegenteil. Die Frauen sind gerade das<br />
Gegenteil», und man hat immer Recht. Was<br />
immer man von den Frauen sagt, ist richtig,<br />
aber das Gegenteil ist immer noch richtiger.<br />
Es scheint, wir wissen so wenig von den<br />
Frauen, dass wir, um überhaupt etwas von<br />
ihnen sagen zu können, vom Manne sprechen<br />
müssen. Und doch sprechen wir von<br />
nichts lieber als von den Frauen. Es ist so<br />
männlich.<br />
Oder ist die Frau nur in ihrer Wirkung<br />
auf den Mann und nur aus ihrer Wirkung<br />
auf den Mann zu erkennen ? Die früheren<br />
waren stolz darauf, die heutigen lehnen es<br />
ab. Aber wenn wir sie aus ihrer Wirkungslosigkeit<br />
auf den Mann zu erkennen versuchen,<br />
wäre es auch den heutigen nicht recht.<br />
Das Leben des Mannes besteht aus einem<br />
PARKPLATZ b. BAHNHOF<br />
Die feinsten<br />
den Gaumen<br />
A bendk leider<br />
aus Baumwolle<br />
Die Baumwollstoffe sind heuer von einer<br />
derartigen Pracht, dass kaum ein führender<br />
Salon eine Kollektion herausbringt,<br />
die nicht mindestens ein halbes<br />
Dutzend fabelhafter Modelle aus diesem<br />
Material enthielte. Da sind vor allem Musseline<br />
aller Art, Organdi, der im Grunde<br />
nichts anderes ist als besonders präpariertes<br />
Baumwollmaterial, und Pique, der in<br />
seiner zartesten neuen Ausführung hinter<br />
dem feinsten matten Seidenrips um nichts<br />
zurücksteht.<br />
Jedes dieser Modehäuser setzt sich auf<br />
seine Art mit den Baumwollstoffen auseinander.<br />
Der Pariser Heim beispielsweise<br />
kombiniert weissen Pique mit schwarzem<br />
Tüll und erzielt unerhört raffinierte Efr<br />
fekte zum Unterschied von anderen, die<br />
auf Einfarbigkeit und Pastellfarben nicht<br />
verzichten wollen und mit ihren Kreationen<br />
allzusehr an Brautjungfern und jugendliche<br />
Debütantinnen erinnern. Worth<br />
bringt ein Modell aus weissem Musselin<br />
mit breiten, handgestickten Ballonärmelchen,<br />
höchst einfach, mit einem Eock, der<br />
von den Knien abwärts breiter wird, und<br />
einem tiefen, dreieckigen Ausschnitt. Ein<br />
mit hellroter Faille abgefüttertes Musselincape<br />
ist am Halse mit zwei Strassknöpfen<br />
geschlossen.<br />
Ausseror deutlicher Beliebtheit erfreut<br />
sich in Paris der sog. Erbsmusselin, ein<br />
guter, alter Freund, aus dem bei uns Kinderkleidchen<br />
und Vorhänge fürs Kinderzimmer<br />
gearbeitet werden. Vorläufig hat<br />
noch niemand die frische Lieblichkeit dieses<br />
Materials durch Kombination mit andern<br />
Stoffen verletzt, doch ist es selbstverständlich,<br />
dass Kleider aus diesem Gewebe<br />
nur für die ganz Jungen geeignet<br />
sind. Schiaparelli erreicht eine sehr pikante<br />
Note, indem sie weisse Musselinkleider<br />
mit Taffetblenden in verschiedenen<br />
Farben ansetzt.<br />
Die Londoner Haute-couture gefällt sich<br />
in dunklen Tönen für Organdi und verwendet<br />
mit grossem Erfolg Grau, Schwarz<br />
und Dunkelviolett für Toiletten aus Organdi.<br />
Norman Hartnell führt ein dunkelviolettes<br />
Organdikleid vor, dessen ganz<br />
kurze, aus kleinen Volants gearbeitete<br />
Aermelchen durch ein Armband aus Parmaveilchen<br />
abgeschlossen sind.<br />
Kragen und Glatteile aus weissem Pique,<br />
durch handgearbeitete Ajouren zu<br />
komplizierten Mustern, zusammengestellt,<br />
sind eine entzückende Ergänzung schwarzer<br />
Organditoiletten.<br />
Abendmäntel aus weissem Pique, sehr<br />
breit, mit Eiesenärmeln, werden mit kornblumenblauem,<br />
hellgrünem oder korallenrotem<br />
Taffet gefüttert und sehen, wenn<br />
auch etwas kühn und herausfordernd, sehr<br />
schön aus.<br />
Musselin und Pique" werden übrigens<br />
sehr häufig zur Herstellung von Blüten<br />
verwendet, mit denen die Abendtoiletten<br />
geschmückt werden. Meist ausserordentlich<br />
schick und phantastisch gearbeitete<br />
Eiesenblüten, deren Blätterwald kaskaan<br />
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Konferenzen etc.<br />
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EP/Jft<br />
Etwas, in dem er sein eigentliches Leben<br />
sieht, und einem andern Etwas, das sein<br />
wirkliches Leben ist. Das eigentliche konzediert<br />
sie ihm mit einem unsichtbar skeptischen<br />
Lächeln, das wirkliche nimmt sie m<br />
ihre kleinen aber souveränen Hände.<br />
Käme der Mann je zu seinem eigentlichen<br />
Leben, wenn die Frau nicht die Wirklichkeiten<br />
des Lebens verstünde ? Denen sie,<br />
scheinbar abhängiger, in Wirklichkeit nur<br />
souveräner gegenübersteht.<br />
Allen kleinen Hemmungen und Widerständen<br />
des Lebens ist die Frau besser gewachsen<br />
als der Mann. Ist sie darum kleiner,<br />
kleinlicher ? Sie ist nur klüger und kennt<br />
ihre Waffen besser. Sie ist im Grunde kriegerischer,<br />
der Mann friedfertiger.. Sie parzelliert'sich<br />
das Leben, um besser, damit fertig<br />
zu werden.<br />
Wenn's aber darauf ankommt, mit der<br />
Wirklichkeit des Lebens wirklich fertig zu<br />
werden, als Totalität fertig zu werden, ist<br />
wieder der Mann der Geschicktere. Mann<br />
und Frau sind so verschieden von einander,<br />
dass immer eins das ist, was- das andere eben<br />
nicht ist, und eins das hat, was dem andern<br />
fehlt. Undl das ist gut so und wird wohl auch<br />
so bleiben, trotz allen Umwälzungen und<br />
Wandlungen unserer schnellebigen Zeit.<br />
Die Frau lebt unprogrammatisch, von Fall<br />
zu Fall (honni soit qui mal y pense !) und ihr<br />
Leben besteht aus Augenblicken, denen sie<br />
sich hingibt. Das hat sie vor dem Mann voraus.<br />
Der Mann hat vor der Frau voraus, dass<br />
er in jedem Augenblicke zugleich in seinem<br />
Ganzen lebt. Darum ist ihm der Augenblick<br />
ein Ganzes, während zum Augenblick der<br />
Frau auch ein Vorher und ein Nachher gehört,<br />
das sie auch in der grössten Hingegebenheit<br />
nicht vergisst.<br />
Jeder Augenblick des Mannes bestätigt<br />
sein Ganzes, jeder Augenblick der Frau dementiert<br />
den vorhergehenden.<br />
Und doch hat das Ganze des Mannes die<br />
Mannigfaltigkeit der grossen Welt und das<br />
Ganze der Frau die Geschlossenheit einer<br />
kleinen Welt.<br />
Was immer man von der Frau zu wissen<br />
glaubt, wird zum Paradox. "<br />
Liegt das daran, dass nur der Mann in Paradoxen<br />
denkt, oder daran, dass die Frau<br />
nur in Paradoxen lebt.<br />
Der Mann denkt so logisch, dass er den<br />
Widerspruch zweier entgegengesetzter<br />
Wahrheiten als ein Paradox empfindet, das<br />
er auflösen muss. Die Frau denkt so real,<br />
dass sie zwei entgegengesetzte Wahrheiten<br />
als ein Nebeneinander von Gegebenheiten<br />
hinnimmt, ohne ihren Widerspruch zu empfinden.<br />
Der Mann denkt um des Denkens willen,<br />
die Frau einem Resultat zuliebe.<br />
Der Mann erlebt die Welt und dfe Frau,<br />
erlebt die Welt mit der Frau, neben der<br />
sind gute Kunden!<br />
Frau, gegen die Frau.; die Frau erlebt die<br />
Welt durch den Mann.<br />
Wenn der Mann die Frau erlebt fängt er<br />
an, die Welt zu erleben, wenn die Frau den<br />
Mann erlebt, braucht sie die Welt nicht mehr<br />
zu erleben.<br />
Ist es wahr, dass der Mann polygam, die<br />
Frau monogam sei? Wahr ist. dass auch die<br />
Frau nur den einen Mann in allen Männern<br />
liebt.<br />
"Wie fesselt man einen Mann? Durch die<br />
Freiheit. Wie fesselt man eine Frau? Durch<br />
die Gebundenheit. Wie entfesselt man eine<br />
Frau? Durch die Gebundenheit.<br />
Der Mann wirbt, die Frau wählt.<br />
Die Frau wählt, aber ohne Wahl.<br />
Es ist nichts leichter, als einen Mann zu<br />
fangen, ob er will oder nicht. Es ist die Herzenshöflichkeit<br />
der Frau, im Manne den Glauben<br />
zu erwecken, dass ihre ganze Kunst dazu<br />
notwendig war, ihn zu fangen.<br />
Die Frau braucht nicht erst gefangen zu<br />
werden, sie will. Es ist die Herzensklughett<br />
der Frau, den Mann bei dem Glauben zu lassen,<br />
dass seine ganze Kunst dazu notwendig<br />
war, sie zu fangen.<br />
Den meisten Männern schwebt, da sie<br />
doch Idealisten sind, ein bestimmter Frauentypus<br />
als Ideal vor, aber wenn sie lieben,<br />
wird es dann doch immer eine andere. Seinen<br />
Typus braucht man nicht zu lieben, man<br />
hat ihn doch ohnehin. Und er verspricht den<br />
Reiz der Ueberraschung nicht, der bei der<br />
Liebe des Mannes nie ganz fehlen darf.<br />
Die Frauen sind auch darin viel weniger<br />
idealistisch und viel unprogrammatischer.<br />
Sie lieben einen Mann, weil er ihr Typ ist<br />
oder weil er ihr Typ nicht ist.<br />
Der Mann bläst Fanfare, die Frau Cha-'<br />
made. Es fragt sich nur, wer der wirkliche<br />
Sieger ist.<br />
Für den Mann ist (eingestandener) Zweck,<br />
was für die Frau nur Mittel zum Zweck und<br />
Symbol der Uebergabe ist. Aber schliesslich<br />
lässt man sich (uneingestanden) auch ein angenehmes<br />
Mittel nicht ungern gefallen.<br />
Die Zeiten ändern sich und wir mit ihnen,<br />
was in der Bilanz einer Liebe zunächst als<br />
positiver Faktor anzusetzen ist. Später<br />
wird's leider manchmal anders.<br />
Es gehört zu den Paradoxien des Geschlechtsphänomens,<br />
dass viele Eigenschaften,<br />
die als weiblich gelten, untrügliche<br />
Kennzeichen der echten Männlichkeit sind:<br />
Takt, Rücksicht, Zartgefühl, Schamhaftigkeit,<br />
Diskretion. Während die sogenannten männlichen<br />
Eigenschaften des Tatmenschen: dem<br />
Leben Gewachsensein, Wirklichkeitssinn,<br />
Energie, Zielbewusstsein, Zähigkeit, Errechnung<br />
der Gegebenheiten, sich Abfinden mit<br />
Notwendigkeiten, Anpassung an die Zeit,<br />
Sinn für das Erreichbare das schwache Geschlecht<br />
zieren. So ist die Frau auch in der<br />
Liebe eine Führernatur : nur dass sie es versteht,<br />
zu führen und dabei den Schein zu<br />
wahren, als ob sie sich führen Hesse. •<br />
Wer ist der Naivere? Der intellektuelle<br />
Mann oder die raffinierte Frau ?<br />
Im Grunde sind sie es nämlich Beide : der<br />
Mann, der immer etwas vom guten Jungen<br />
behält, der sich führen lässt. und die Frau,<br />
die noch im äussersten Raffinement dem Leben<br />
und der Liebe mit einer unvoreingenommenen<br />
Unbefangenheit gegenübersteht.<br />
(Schluss folgt.)<br />
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