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E_1934_Zeitung_Nr.021

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Bern, Freitag, 16. März <strong>1934</strong> III. Blatt der „Automobil-Revue" No. 21<br />

Gottlieb Daimler<br />

Erfinder, musste auch Gottlieb Daimler erst<br />

hart um die Anerkennung seiner Erfindung<br />

ringen.<br />

Gottlieb Daimler und sein getreuer Freund<br />

Wilhelm Maybach wurden sogar eines Nachts,<br />

als sie in ihrer kleinen Cannstatter Versuchswerkstatt<br />

hinter verhängten Fenstern am<br />

ersten Automobilmotor der Welt arbeiteten,<br />

von der Polizei überrascht, weil man in ihrem<br />

geheimnisvollen Treiben Falschmünzerei vermutete!<br />

Zuerst galt das Auto als Unsinn,<br />

als Hexenwerk der Neuzeit. Erst als es vor<br />

allem auch von Frankreich aus propagiert<br />

wurde, da war es, um im Stile der damaligen<br />

Zeit zu sprechen, auf einmal «totchic»; nun<br />

gehörte es zum guten Ton, eine «Motorkutsche»<br />

zu haben. Das Auto war zunächst<br />

tatsächlich nichts anderes als eine der<br />

üblichen Pferdekutschen ohne Deichsel, in die<br />

der noch recht unförmige Motor eingebaut<br />

wurde. Erst um die Jahrhundertwende streifte<br />

es diese Aehnlichkeit mit dem Fuhrwerk ab<br />

und gewann allmählich ein eigenes Aussehen,<br />

um von da ab in rascher Entwicklung zum<br />

richtigen Motorfahrzeug zu werden.<br />

Heute können wir uns kaum noch vorstellen,<br />

was es zu jener Zeit bedeutete, «nur»<br />

den Automotor zu erfinden, also einen schnelllaufenden<br />

Verbrennungsmotor, der leicht<br />

genug war, um in ein Fahrzeug eingebaut<br />

werden zu können und doch auch stark<br />

genug, um es rascher als mit Pferden vorwärts<br />

zu bewegen.<br />

Schon um die Wende des 18. Jahrhunderts<br />

arbeiteten Ingenieure und Sportleute in Frankreich<br />

am selbstfahrenden Wagen. Alles hat<br />

man versucht; besonders Dampffahrzeuge<br />

wurden mit grosser Zuversicht gebaut; jedesmal<br />

wurde man aufs neue enttäuscht und<br />

kehrte wieder reumütig zum Hafermotor zurück.<br />

Noch als man durch die deutsche<br />

Erfindung des ortsfesten Gasmotors bereits<br />

einen motorischen Antrieb von offensicht-<br />

Zum 100, Geburtstag am 17. März <strong>1934</strong>.<br />

Amerika rühmte sich, freilich zur Zeit der<br />

jetzt auch dort entschwundenen «Prosperity»,<br />

dass drüben jeder Arbeiter sein eigenes Auto<br />

habe. In allen Weltteilen, selbst in den entferntesten<br />

Gebieten der Erde, fahren Gelbe,<br />

Schwarze und Rothäute mit der gleichen<br />

Selbstverständlichkeit im Omnibus oder Personenwagen,<br />

wie wir im alten Europa. Ueberall<br />

laufen Automobile, Motorräder und Lastwagen.<br />

Millionen von Arbeitern, Ingenieuren<br />

und Angestellten finden ihren Lebensunterhalt<br />

in der Motorfahrzeug- und Zubehörindustrie.<br />

Sie alle verdanken ihr Brot der<br />

geistigen Schöpferkraft und der handwerklichen<br />

Tüchtigkeit eines einzigen Mannes, des<br />

württembergischen Büchsenmachers und spä-<br />

lichem Wert besas's, mühte man sich mit dem<br />

teren Ingenieurs Gottlieb Daimler aus demDampfwagen ab und kam doch nicht weiter.<br />

kleinen Remstalstädtchen Schorndorf, dessen Erst Gottlieb Daimler fand die richtige<br />

Geburtstag sich am 17. März dieses Jahres Lösung! Er war gelernter Büchsenmacher,<br />

zum hundertsten Mal'jährt.<br />

also an sorgfältigste Arbeit gewöhnt. An der<br />

Das Auto und sein Motor, der erst den Polytechnischen Schule zu Stuttgart, der heutigen<br />

Technischen Hochschule, hatte er sich,<br />

«Selbstfahrer» ermöglichte, waren nicht —<br />

wie so häufig in der Geschichte grosse Erfindungen<br />

— Zufallsentdeckungen. Beide und und Ausland, theoretisches Wissen angeeig-<br />

nach weiterer praktischer Ausbildung im In-<br />

all die vielen konstruktiven Einzelheiten sind net. Zehn Jahre lang war er dann technischer<br />

vielmehr mühsam errungene Früchte einer Leiter der Deutz'scher Gasmotorenfabrik, der<br />

planvollen schöpferischen Arbeit, die sich mit er zu Weltruf verhalf. Dort kam er auf den<br />

handwerklicher Erfahrung paarte. In unendlich<br />

mühevoller Kleinarbeit mussste das schon motor in eine kleine, leichte Kraftquelle zu<br />

Gedanken, den ortsfesten, schweren Gas-<br />

Beginn der eigentlichen Erfindertätigkeit verwandeln und in die verschiedenartigsten<br />

Klar erkannte Ziel schrittweise erreicht werden.<br />

Als man endlich so weit war, begann So begann er 1882 in seiner Heimat, und<br />

Gefährte einzubauen.<br />

ein neuer, schwerer Kampf. Wie viele andere zwar in Cannstatt, eine kleine Versuchs-,<br />

F E U I L L E T O N 3.<br />

'^^•••••'^•^•••^••^••••^••^^^••••^•••i In dumpfer Oede schleppten sich die Tage,<br />

nin oiuino M/ahrhoit<br />

unc^ das einzige, das ihn aufrichtete, waren<br />

uie ewige wanrneiT. ihre Worte> die ihm immer wieder in den<br />

Roman von Oskar Sonnlechner. Ohren klangen: «Ich freue mich auf das<br />

(ll. Fortsetzung)<br />

nächste Mal.»<br />

«Vielleicht... vielleicht... heute in einer Als sie sich an dem verabredeten Tage<br />

Woche. Am besten um die gleiche Zeit wie trafen, Jul in lachender Fröhlichkeit, sie in<br />

heute.»<br />

ihrer ruhigen, beherrschten Aeusserlichkeit,<br />

«Geht es nicht früher, gnädige Frau? Et- da schmiedeten sie zuerst, auf seine Anrewas<br />

früher?» Sie schüttelte den Kopf, ohne gung, einen grossen Kriegsplan für ihre<br />

ihn anzusehen. «Es geht nicht. Leben Sie kommende Arbeit. Wie sie es nannte. Er<br />

wohl. Keinesfalls begleiten Sie mich nach lud sie ein, auf einer Bank in einer Park-<br />

werkstätte einzurichten. Schon nach einem<br />

Jahr hatte er dort die Lösung gefunden.<br />

Seine Erfindung der Glührohr Zündung ermöglichte<br />

es, den Motor viel rascher laufen zu<br />

lassen und ihn so bei kleineren Abmessungen<br />

leichter und leistungsfähiger zu gestalten.<br />

Dazu kamen natürlich auch noch verschiedene<br />

andere wichtige Dinge. Kurzum, dieser am<br />

16. Dezember 1883 durch ein Patent geschützte<br />

Motor war der erste Automobilmotor<br />

der Welt, wenn ihn Daimler auch zuerst<br />

in ein Fahrrad einbaute. Diese «Fahrmaschine»<br />

lief zum erstenmal am 10. November<br />

1885 durch die nächtlichen Strassen<br />

Cannstatts. Dann wurde derselbe Motor erfolgreich<br />

in ein Boot und 1886 in eine vierrädrige<br />

Kutsche eingebaut. Der Motor von<br />

nur VA Pferdestärken verlieh dem unförmigen<br />

Kutschwagen bereits eine Geschwindigkeit<br />

von 18 km/St. Das war für Daimler<br />

selbst, erst recht aber für die ahnungslosen<br />

Fussgänger eine geradezu phantastisch erscheinende<br />

Geschwindigkeit. Bald folgte der<br />

Bau einer Schienenmotorbahn und der Einbau<br />

in einen Eisenbahnwagen, der als erster<br />

Motortriebwagen der Welt wirklich gut lief.<br />

Die nachfolgenden marokkanischen Erlebnisse<br />

— es werden gelegentlich noch zwei weitere folgen<br />

— stammen au« der Feder eines Schweizers,<br />

der jahrelang im tiefsten Innern dieses Landes<br />

lebte. Der gleiche sympathische Mann, der hier<br />

von den ergötzlichsten Abenteuern erzählt, ist<br />

vielen Lesern bereits persönlich begegnet: heute<br />

fährt er als T. C. S.-Agent durch unser Land.<br />

Die Red.<br />

Nicht immer ist es ein besonderes Vergnügen,<br />

mit dem Auto den Kunden nachgehen<br />

zu müssen. Jedenfalls musste ich das<br />

während der Regenzeit in Marokko zur Ge>»<br />

nüge erfahren. Und das kam so.. •<br />

In- Kenitra, einer kleinen Stadt im nördlichen<br />

Marokko, stand ich im Dienst einer<br />

grossen Importfirma für Automobile und<br />

Traktoren. Ich hatte im Umkreis von 150 km<br />

die Farmer auf ihren oft weitabgelegenen<br />

Höfen zu besuchen. Im Sommer ist dies mehr<br />

oder weniger ein Vergnügen; während der<br />

Regenzeit aber sieht die Geschichte doch anders<br />

aus.<br />

Es war an einem Montagmorgen. Der sintflutartige<br />

Regen, welcher seit einer Woche<br />

den nördlichen Teil von Französisch-Marokko<br />

einweichte, hatte in der letzten Nacht aufgehört.<br />

Es war beinahe unmöglich, über Land<br />

zu fahren, da der Regen den Boden überall<br />

die Schatten des sinkenden Abends gespensterhaft<br />

durch das Zimmer krochen.<br />

Zuerst würden sie die Sehenswürdigkeiten<br />

des Stadtbildes zu Ende besichtigen. Darüber<br />

würde wohl der Winter vergehen, dem<br />

sie sich nicht zu sehr auszusetzen wage,<br />

denn sie sei das Klima nicht gewöhnt. Er<br />

möge bedenken, sie habe einen richtigen<br />

Schneewinter noch nie mitgemacht. Sie freue<br />

sich schon darauf. Wenn dann im Frühjahr<br />

das grosse Erwachen komme, sie hoffe, um<br />

diese Zeit noch .hier zu sein, dann wolle sie<br />

hinaus in die grünenden Auen und Wälder,<br />

die die Stadt wie ein Kranz umschliessen.<br />

Hause, ich bin nicht so unselbständig. Aber anläge Platz zu nehmen, um alles mit ihr Aber Berge besteigen? Sie lachte. Vielleicht<br />

zum Abschied bin ich Ihnen grossen Dank zu besprechen. Da sassen sie nun undeinen oder den anderen Hügel vor den Toren<br />

der Stadt, mehr sicherlich nicht... sie<br />

schuldig und sage Ihnen, ich freue mich auf schwätzten und schwätzten, und als die<br />

das nächste Mal.» Sie hob den Kopf und sah Stunde des Abschiednehmens schlug, da schüttelte den Kopf.<br />

ihm durch die halbgeschlossenen Lider in merkten sie lachend, dass sie die Zeit verdie<br />

Augen.<br />

bummelt und nichts gesehen hatten. Aber chen. Zum Schlüsse musste er sie noch in<br />

So hatten sie alles für die Zukunft bespro-<br />

«Auf Wiedersehen!» Und verschwand in sie waren sich einig, dass ihnen nichts dader<br />

Menge<br />

vonlief. Sie hatten sich so in den Eifer hin- ihr so am Herzen lagen.<br />

ihren musikalischen Wünschen beraten, die<br />

Wie betäubt folgten ihr seine suchenden eingeredet. Aber er bestand darauf, dass sie Auch musste er ihr versprechen, ihr einen<br />

Blicke. Wie geistesabwesend stolperte er das Versäumte schon morgen nachholen, Klavierlehrer zu versorgen. Als Lehrmeister<br />

seines Weges, unbewusst rannte er einen al- nicht erst vielleicht in einer Woche. Dann brauche er nichts zu verstehen, das sei ihr<br />

Noch weiter sah Daimler voraus; er baute<br />

eine Motorfeuerspritze, die auf dem Deutschen<br />

Feuerwehrtag in Hannover im Jahre<br />

1888 ungeheures Aufsehen erregte.<br />

Trotz allem ging aber die Sache geschäftlich<br />

nicht vorwärts. Nur die Franzosen erkannten<br />

den Wert dieser Erfindungen und<br />

erwarben die Bauerlaubnis. Mit der Gründung<br />

der Daimler-Motoren-Gesellschaft im<br />

Jahre 1890 kam dann zu dem Erfinder und<br />

Techniker der Kaufmann und damit allmählich<br />

auch der geschäftliche Erfolg. Als bald<br />

darauf, beim ersten internationalen Strassenrennen<br />

von Paris nach Rouen, der sechspferdige<br />

Daimler-Wagen alle anderen Strassenfahrzeuge<br />

ganz überlegen besiegte, war<br />

endlich das Eis gebrochen. Von da ab begann<br />

der unerhörte Siegeszug des Automobils. Die<br />

Daimler- und später die Mercedes-Werke erlebten<br />

als älteste Automobilfabrik der Welt<br />

einen gewaltigen Aufschwung. Daimler schuf<br />

mit seiner genialen Erfindung die Grundlage<br />

zu einer riesigen Weltindustrie in allen Erdteilen.<br />

Der Name des grossen Konstrukteurs<br />

bleibt für immer mit dem Automobil verbunden.<br />

aufgeweicht hatte und die tiefgelegenen<br />

Pisten *) unter Wasser standen.<br />

Ich hatte meinen alten Wagen gerade in<br />

der Kur, denn die letzten Wochen hatten ihn<br />

sehr stark mitgenommen. Er sah wahrhaft<br />

jämmerlich aus und trug von der Windschutzscheibe<br />

bis an die Räder einen gleichmässigen<br />

«Besenwurf» auf sich. Ja, meine Kutsche, die<br />

ohnehin an Altersschwäche litt, war durch<br />

die jahrelange, harte Beanspruchung derart<br />

mitgenommen, dass sie jetzt in diesem Zustand<br />

nur noch wie ein Wrack aussah. Die<br />

Kotflügel waren überall verbeult und eingedrückt,<br />

die Motorhaube konnte nur noch<br />

mit einem Lederriemen festgehalten werden,<br />

die zwei Vorderräder waren von einem<br />

markenfremden Genossen gepumpt, dieStossstangen<br />

hatten die Form eines Fragezeichens<br />

— armer Wagen! Das einzige Gute daran<br />

war der 12-PS-Motor, welcher mich, dank<br />

seiner guten Pflege, bis dahin durch dick und<br />

Menschen ausfindig gemacht, Meisterschule<br />

am Konservatorium. Einen Kerl, der die längsten<br />

Haare und den kürzesten Verstand<br />

hatte, dem der Hunger aus den Augen sah.<br />

Aber spielen konnte er. Er selbst hatte ihn<br />

geprüft. Mondscheinsonate. Fabelhaft! Butterfly,<br />

Kirschenbaumszene. Noch fabelhafter!<br />

Mozart, Phantasie in A-Dur. Am fabelhaftesten<br />

!<br />

Begeistert nahmen Enid van der Witte<br />

und Jul ihre Wanderungen auf. Sie begannen<br />

einmal, in der Woche, aber sehr bald wurden<br />

die Zwischenräume kürzer, bald trafen sie<br />

sich an zwei Tagen der Woche, dann an drei<br />

Tagen, und gar bald gab es kaum einen<br />

Tag, an dem sie sich nicht zu finden wussten.<br />

Die ersten Winterstürme jagten durch<br />

die Strassen und trieben die letzten, verwelkten<br />

Blätter im Wirbeltanz vor sich her.<br />

Und eines Morgens erwachte die Stadt im<br />

weissen Winterkleide. Gerade an diesem<br />

Tage hatten sie sich nicht verabredet. Da<br />

rief sie ihn freudig schon des Morgens an...<br />

er müsse ihr heute zu ihrem ersten Winterspaziergang<br />

Gesellschaft leisten... ausnahmsweise<br />

dürfe er sie vom Hause abho-<br />

Nebensache. Sie wisse, sie werde es nie zu<br />

ten Herrn an, hörte mit halbem Ohr etwas einigten sie sich auf übermorgen,<br />

etwas bringen. Aber ihre lieben Hauskonzerte<br />

wolle sie fortsetzen.<br />

Mit einem glücklichen Lächeln eilte sie<br />

len...<br />

von jungen Leuten, die einen anständigen Zu Hause angekommen, legte sich Jul der<br />

Rock tragen und Manieren wie Hausknechte Länge nach nieder und Hess alles, was er<br />

Und tags darauf hatte er einen jungen ihm schon im Vorgarten entgegen. Sie stapf-<br />

haben, aber für den Augenblick war er für mit ihr besprochen, im Geiste an sich vor-<br />

Beieidieuneen nicht empfänglich.<br />

übergehen. Und so lag er und träumte, bis<br />

Auto-Erlebnisse in Marokko<br />

I. Die Fahrt ins Nasse.<br />

) Ein Kamelpfad, der von Autos benutzt und<br />

nie unterhalten wird.<br />

Ver Stumpen und Zigarren raucht, schützt schweizerische Handarbeit

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