E_1934_Zeitung_Nr.040
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14 AUTOMOBIL-REVUE 1984 — N» 40<br />
wieder unsern bienenumsummten stilleren<br />
Bäumen zu.<br />
An den Wiesenrändern sitzen Kinder —<br />
und meine drei sind auch dabei —, flechten<br />
aus den hohlen Stengeln des Löwenzahns<br />
Ketten und es werden die leichtesten, lieblichsten<br />
Ketten, mit denen jemals ihre Hände<br />
gefesselt sein* werden. In den Wäldern stekken<br />
die Nadelbäume ihre grünen Lichter auf,<br />
an den abgeholzten Hängen blüht die Erdbeere<br />
— und damit das Leben nicht gar zu<br />
schön sei, stehen die bösen Brennesseln daneben<br />
und versprechen im Sommer die roten<br />
Früchte zu schützen. Schlehdornduft weht<br />
auf und verrät in betäubender Süsse verhaltene<br />
Lust. Ungeduld greift nach unserm Herzen,<br />
das Jahr hebt uns hoch und trägt uns<br />
mit sich hoch oben auf seinen kräftigen<br />
Armen. Schon suchen wir Erdbeeren, wir<br />
finden so viele, dass sie abends vor dem Einschlafen<br />
uns immer wieder vor den Augen<br />
vorbeirollen, rotes Kügelchen um rotes Kügelchen,<br />
wie sie uns aus dem Grün entgegengeleuchtet<br />
haben. Wir steigen auf den Kirschbaum,<br />
essen die dunklen, festen Herzkirschen<br />
und schnippen zwischen den blauen Fingern<br />
die Kerne davon. Wir kosten die säuerlichen<br />
Weichsein — vergesst mir nur die gute,<br />
dunkle Erde da unten nicht, die alte, die<br />
treue, die uns dies alles geschenkt hat.<br />
Schon reifen die ersten Sommeräpfel.<br />
Noch ohne Festigkeit, noch ein wenig wässerig,<br />
als hätten sie nur den brennenden Durst<br />
in den heissen Tagen zu stillen, die Rosen<br />
entfalten sich, der Jasmin erwartet den Abend<br />
und die erste Nachtigall lässt dich nicht<br />
schlafen. Aber des Morgens wartet schon der<br />
Wegwart deiner mit treuen, blauen Augen<br />
und wenn du mittags den gleichen Weg zurückgehst,<br />
sind all die Blüten schon verwelkt<br />
und verschwunden. Aus den Wäldern steigt,<br />
wenn der Wind weht, der Rauch, die Wolken<br />
der Samen ziehen über sie hin und hoch oben<br />
im Gebirg beginnt mit leuchtenden Primeln<br />
und weissen Narzissen ein zweiter Frühling.<br />
Du kannst Sommer und Frühling mischen, du<br />
kannst noch einen Hauch des Winters dazutun,<br />
wenn du aus dem Sommer in den Frühling<br />
wanderst und am Rande des Winters<br />
Rast hältst, du darfst so erkennen, dass immer<br />
alles zugleich ist, dass nichts vergeht,<br />
dass es nur eine Wanderschaft, ein Weiterziehen<br />
ist.<br />
Wir wollen noch nicht vom Herbst und<br />
vom Winter reden; denn unser aller Frühling<br />
in diesen Zeiten war sturmbewegt, zu vielen<br />
von uns haben die Bienen nicht kommen können,<br />
wir warten noch, wir wissen, dass sie<br />
kommen müssen.<br />
Wir waren alle ein wenig blind in diesen<br />
Jahren, verstockt und trotzig, grollend gegen<br />
das Schicksal, wir haben es nicht gewagt,<br />
die Erde so schön zu finden wie sie es wirklich<br />
ist. Hinter all dem Rauch und Blech der<br />
Zeit aber wartet sie noch immer auf uns, sie<br />
hat uns, ihre klügsten und auch dümmsten<br />
Kinder, nicht vergessen.<br />
Denkt nur, ein Kirschzweig klopft an mein<br />
Fenster. Und in der Nacht, da wir schlafen,<br />
kommt der Mond und leuchtet in die Blüten.<br />
Die Welt ruht nicht, sie wächst, sie blüht, sie<br />
will geerntet sein. Und wenn sie uns so die<br />
Jahre abschmeichelt, eines um das andere<br />
und uns für jedes immer mehr silberne Fäden<br />
durch das Haar zieht, gib hin deine Jahre,<br />
gib sie hin, deine Kinder wachsen im Schlaf<br />
und träumen in der Nacht wie du geträumt Schneckenhäusern und rora Rtrfe des Knkhast<br />
von Veilchen und Erdbeeren, von leeren kuks in den grünüberhauchten Wäldern.<br />
D'P/xngschtfahrt<br />
Baseldytschl Plauderei von Th. Baerwart.<br />
In der zwanglosen Folie der Beiträge in veraehiedenen<br />
Lande*dialekten bringen wir heute<br />
ein« Skizze in Basler Dialekt Die Red.<br />
Der Missi Veegeli isch absolut kai Automobilverehrer<br />
gsi, und 's het sy Liebi derfir<br />
nit vergreesseret, wo ain um der ander vo<br />
syne Spezel efange-n-e sone verfluechte Kare<br />
kauft het und är syni Spaziergang allewyl<br />
ainsamer het miese mache; aber der<br />
greescht Schlag isch fir en gsi, wo am e<br />
scheene Dag au der Haiggi, sy liebschte Frind,<br />
koh isch und em verzellt het, er haig jetz<br />
au e «Wage». Bis dohi sin die baide Familie,<br />
's Missi's und 's Haiggi's, an jedem ainigermasse-n-aständige<br />
Sunntig mitenander iber<br />
Land, uff stille-n-unbigangene Fuesswäg, und<br />
hän als uff irged ere-n-ussichtsryche Heechi<br />
e Piggnigg veranstaltet. Dorum het die Nohricht<br />
vom e-n-Automobilkauf dur der Haiggi<br />
der Missi haillos nidergschmätteret. Wo der<br />
Haiggi gseh het, wie der Missi der Lampe het<br />
lo hange, het er en gly treeschtet und em versproche,<br />
si welle-n-eppenemol e Fährtli<br />
zämme mache. Baidi Familie gienge zwor<br />
nit in sy Vierplätzer; hingege fir d'Eltere<br />
läng er und d'Kinder kenne jo usnahmswys<br />
emol ellai mitenander spaziere goh. Koschte<br />
dieg's nyt ass d'Helfti vom Bänzin. D'Pfingschte<br />
syg jetz grad vor der Dire, und do<br />
ass dryssig<br />
welle si am Pfingschtsunntig emol e Fahrt<br />
iber d' Caquerelte und Les Rangiers mache.<br />
Der Missi und sv Frau sin hoch erfrait gsi.<br />
Der Missi het numme no gfroggt, was der<br />
Lyter Bänzin koschte dieg und wievyl ass<br />
es bruuch fir so-n-e Fahrt, wil er Angscht<br />
gha het, 's kam emänd dyrer ass e-n-Ysebahnbillet<br />
Glovelier retour. D'Uskunft het en<br />
bifridiget, und si hän abgmacht, der Haiggi<br />
kam am Sunntig demorge-n-am Achti go si<br />
abhole.<br />
Am Sunntig demorge-n-exaggt am Achti<br />
isch vor em Missi sym Huus e haillose Grach<br />
losgange. Der Missi het usegluegt. Vor der<br />
Huusdire-n-isch e Wägeli gstande, wo im<br />
umgikehrte Verheltnis ze syner Gressi kesslet<br />
und pfuust het, eppe wie-n-e-n-usgwaxeni<br />
Dampfspritzi, so dass 's ganz Huus zitteret<br />
het. D' Frau Missi isch nadyrlig au an's<br />
Fähsch'ter kö renne, und wo si die" Schmätterbänne<br />
gseh het, het si zem Missi gsaitj<br />
in so-n-e Saukare brach me si nit mit vier<br />
Ross. Der Missi het gmaint, me derf nit eso<br />
sy, 's syg au wie by de Mentsche, me kenn<br />
nit allewyl noh-n-em Issere-n-urdaile, het<br />
aber doch im Haiggi abegruefe, er soll doch<br />
ainschtwyle der Modor abstelle, me heer jo<br />
sy aige Wort nit. Das syg nit eso aifach, isch<br />
im Haiggi sy Antwort unde-n-uffe koh, er<br />
haig fascht e Stund bruucht, bis er gloffe<br />
syg, und jetz syg er froh, ass er lauf, s' Missi's<br />
hän gueti Myne zem beese Spil gmacht<br />
und sin abe. Die ganzi Nochberschaft het ze<br />
alle Fänschter use grinst, und der Missi, won-er<br />
dunde der Wage-n-us der Neechi gseh<br />
het, het donlos gfroggt, was da koschtet haig<br />
und was es fir e Marge syg. Der Haiggi isch<br />
usgstige gsi und het, während sy Frau im<br />
Ehepaar Missi us eme hindere Sitz gnädig<br />
d'Hand anegstreggt het, im Missi syni Froge<br />
biantwortet:<br />
«Da Wage-n-isch e-n-Occasion gsi. Er het<br />
mi numme fimfhundert Frangge koschtet.<br />
Was es fir e Marge-n-isch, das käme nimme<br />
feschtstelle. Er het nämlig der ganz Grieg<br />
mitgmacht und isch dreimol läbensgfehrlig<br />
verwundet worde. Zerscht isch's e Limousine<br />
gsi, dernoh isch er zem e Liferigswage-n-umbaut<br />
worde, und my Vorgänger het derno e<br />
Tourewage drus gmacht. Usser em Modor<br />
isch wohrschynlig kai Atom meh vom urspringliche<br />
Fuehrwärg dra. Scheen isch er<br />
nit, my Wage; aber das isch Näbesach. 's<br />
Wichtigscht bym Automobil isch wie bym<br />
Mentsch 's Harz, der Modor, und der Modor<br />
vo mym Wage-n-isch e Juwel. Mit däm han-i<br />
der Hauestai scho ohni Ibersetzig gnoh.»<br />
Was hän der Missi und sy Frau welle<br />
mache? D'Hauptsach isch ene-n-efange gsi,<br />
ass si der Nochberschaft us de-n-Auge koh<br />
sin. Der Missi het numme no gmaint:<br />
«Aber gäll, Haiggi, nit mehr ass dryssig<br />
Kilometer?»<br />
«'s war mer wohrhaftig e Kunscht», het<br />
der Haiggi by sich im Stille dänggt, «mehr<br />
Kilometer z'mache», het im<br />
Missi zuegniggt und isch hinder d'Styrig<br />
gsässe. Der Missi het näbe-n-an ihm und sy<br />
Frau näbe der Frau vom Haiggi Platz gnoh.<br />
E paar Hand- und e paar Baigriff, und si sin<br />
loszitteret.<br />
's isch prächtig Wätter gsi, numme-n-e<br />
bitzeli schwiel, wo si's d'Minchestainerstross<br />
durus ghaue hän. Der Haiggi het im Missi<br />
d'Yrichtig vo sym Wage-n-erglärt, het em<br />
d'Hand- und d'Fuessbrämsi, der Vergaser,<br />
der Gschwindigkaitsmässer und derigi Sache<br />
zaigt. Aber der Missi het numme mit halbem<br />
Ohr zueglost. Trotzdäm er uff der Landstross<br />
niemerts Bikannter gseh het, het er<br />
sich gschämmt wie-n-e Hund, wil d'Automobilischte,<br />
d'Velozipedischte-n-und d'Fuessgänger<br />
glacht hän, wenn si näbe dure sin,<br />
und wo-n-er aine gheert het briele «lueg<br />
bygott da Rolls Royce», het er sy Huet diefer<br />
ins Gsicht zöge. '<br />
In Dälschbärg hän si ghalte, fir z'nynl<br />
z'näh und Landkarte z'studiere; denn 's isch<br />
'•^erseht Mol gsi, äss der Haiggi iber d'Cacfuerelle<br />
isch. Und dernoh sin si wider los:<br />
Richtig Courfaivre-Bassecour. Wo d' Styglg<br />
der Afang gmacht het, het der Haiggi wellen-e-n-Arang<br />
näh, fir im Missi z' zaige, wieri-er<br />
ohni Ibersetzig uffe kam. Aber d' «Occasion»<br />
isch uff aimol nimme vorwärts koh und<br />
het numme no grumplet.<br />
«I muess doch d'lbersetzig yschalte», het<br />
der Haiggi brummlet, «'s isch allwäg ai Kerze<br />
nyt meh. Mer haue's derno derfir äne-n-abe<br />
suuber und glatt.»<br />
Er het uff e Hebel druggt, und under em<br />
Missi het's afoh glepfe-n-und schittle, ass er<br />
gmaint het, er hogg uff eme Vulkan, 's isch<br />
aber dasmol gligglig vorwärts gange. Der<br />
Missi het d' Ussicht bschaut, d'Fraue hän vo<br />
de Punggtroller gschwätzt und der Haiggi<br />
het gsunge:<br />
Aas Tag wird Nacht<br />
Von Heinrich Zlllich.<br />
Der gross* Pan liegt faul im Grase<br />
Und will mit nackten warmen Händen<br />
Das Blatt des Tags in das des Abends wenden,<br />
Das Tal hält eng wie eine Vase,<br />
Die blaue Lult, die mählich sich verdichtet,<br />
Indessen Mücken am die Bäume springen<br />
Und irgendwo die Lerchen singen,<br />
Die Nacht im Laub ihr Lager richtet:<br />
Da geht die Ruhe hin auf leisen Sohlen<br />
Und breitet ihren Mantel um die Felder —<br />
Die Wege schweigen schon — und alle Wälder<br />
Stehn still und schwarz — ganz sternbefohlen.<br />
«0 Maienzeit! O Liebestraum!»<br />
Mit der Zyt sin si gligglig uff d" Caquerelle<br />
koh und hän dert zerscht e bitzli d' Bai<br />
gstreggt und 's Midagässe bstellt 's isch<br />
haillos gmietlig worde. Der Missi und sy Frau<br />
hän der Abligg vom Haiggi sym Kare vollständig<br />
vergässe gha. Me het bschlosse, eppenemol<br />
esone Fährtli z' mache, und der<br />
Haiggi und der Missi hän in der Bigaischterig<br />
gheerig birschtet. Wo si derno aber hän<br />
welle-n-uff Les Rangiers wyterfahre, het sich<br />
der Himmel iberzoge gha und us em Weschten-isch's<br />
kohleschwarz koh.<br />
«'s macht nyt»' het der Haiggi gsalt,<br />
«abeszue goht's wie-n-e g'eelte Blitz, 's längt<br />
is sogar no, fir 's Wehrmännerdänggmol<br />
az'luege. En voiture!»<br />
Und richtig, 's het grad no glängt Der<br />
Haiggi isch zwaimol um's Dänggmol umegfahre,<br />
und si hätte-n-au no im Gwitter kenne<br />
vertlaufe, wenn's numme-n-uff d'Zyt akoh<br />
war. Der Haiggi het sogar scho afoh singe:<br />
«O Maienzeit! 0 Liebestraum!»<br />
Aber kuum sin si eppe zwai Kilometer<br />
wyter gsi, het 's Auto afoh hopse-n-und der .<br />
Haiggi isch blaich worde-n-und het gstehnt:<br />
«E Plattfuess!»<br />
Der Missi het nit rächt gwisst, was das '<br />
isch. Der Haiggi aber het's numme zue guet<br />
gwisst. Er isch usgstige-n-und het im Missi<br />
gwungge, er soll em ko hälfe. Die erschte<br />
grosse Tropfe sin gfalle. E Blitz und e Donner!<br />
Die baide Fraue sin fascht druff gange<br />
vor Angscht. E Dach fir iber der Wage het<br />
der Haiggi nit gha, Schirm au niemerts, und<br />
jetz het's afoh abeprassle wie verruggt.<br />
Zerscht hän der Haiggi und der Missi 's<br />
Reserverad abgschruubt, was si in guet ere<br />
halbe Stund zwäg brocht hän, und dernoh<br />
hän si mit der Windi welle der Wage lipfe,<br />
was ene-n-in ere wytere Viertelstund, nohdäm<br />
ene der Wage-n-eppe zwanzig Mol abe^<br />
grutscht isch, ebefalls grote-n-isch. 's Rad<br />
mit em kabutte Pneu hän si au no abbrocht;<br />
aber 's nei hän si um 's Verworge nit kenne<br />
montiere. Zwai Stund lang hän si gschueschteret,<br />
und derzue het's blitzt und donneret<br />
und gschittet. D'Fraue sin vom Punggtroller<br />
zem Hyle-n-ibergange. Vo alle vier het kalns<br />
meh e troggene Fade-n-an sich gha. Zletscht<br />
hän si die ganzi «Occasion» miese zruggloh<br />
und z' Fuess uff Dälschbärg abe miese walze.<br />
Dert het der Haiggi in ere Garage der Ufftrag<br />
gäh, si solle-n-em da Saukare hole-nund<br />
haimschigge.<br />
Uff der Haimfahrt mit em letschte Zug<br />
het der Missi als erschte der Humor wider<br />
gfunde. Er het im Haiggi e Schupf gäh und<br />
het gsunge:<br />
«O Maienzeit! 0 Liebestraum!»<br />
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