E_1934_Zeitung_Nr.040
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22 AUTOMOBIL-REVUE <strong>1934</strong> - N° 40<br />
wie die Nacht... Sie tanzen... Hört nur,<br />
Bruder Agustin ! Hört die Musik ! Das Volk<br />
feiert den Pfingstabend, den Abend der Liebe<br />
und. des Geistes. Sie sinken, ich höre die<br />
Worte... Oh, Bruder, es sind Worte aus einer<br />
meiner Comedias !»<br />
«Im ganzen Land spielt man heute Eure<br />
Stücke, Bruder Pedro ! Es muss ein grosses<br />
Glück sein, so vom Volk eediebt zu werden<br />
! »<br />
«Es war ein grosses Glück damals, Bruder,<br />
als ich, dreizehn Jahre alt, mein erstes<br />
Stück schrieb, den «Himmelswagen>... Seht,<br />
gleicht jene Wolke nicht einem Wagen des<br />
Himmels ?... Kommt nicht die Jugend zu mir,<br />
um mich abzuholen, um mich hinüberzukutschieren<br />
in das Land der ewigen Liebe ?...<br />
Und seht, Bruder, blickt nicht hinter Jener<br />
orangeroten Wolke der selige Isidorus hervor,<br />
zu dessen Seligsprechung ich, zwanzig<br />
Jahre alt, Verse schrieb, für die ich öffentlich<br />
ausgezeichnet wurde ? Die Jahre schritten<br />
hin, Bruder. Ich höre den Kriegsäärm um<br />
mich wie damals vor Mailand und in Flandern.<br />
Seht nur, Bruder, seht am Himmel die<br />
Schlacht!»<br />
Der alte Dichter sprach mit erhobener<br />
Stimme. Seine Wangen glühten, sein Atem<br />
ging hastig. Vergeblich mahnte ihn der junge<br />
Bruder, sich zu schonen. Calderon sch/ütteflte<br />
den Kopf.<br />
« Nein, Bruder Agustin, es ist mein Leben,<br />
mein reiches Leben* das an mir vorüberzieht,<br />
das oben am Himmel m Wollken und Farben<br />
noch einmal erglüht!... Und dann kam ich zu<br />
König Philipp dem Vierten. Friede sei seiner<br />
Asche ! Er gab mir das Ritterkleid des Ordens<br />
von San Jago. Und ich schrieb die<br />
Spiele für sein Buen Retiro. Oh. das waren<br />
Zeiten der Schönheit! Die Frauen gingen bei<br />
Mondschein im Park und die Gitarre klang...<br />
Aber Kriegslärm fuhr in dieses Paradies wie<br />
ein Blitz! Ich kämpfte bei den Truppen des<br />
Herzogs von Olivares für des Königs Namen.<br />
Seht, Bruder, die Truppen verziehen<br />
sich. Wieder bin ich nur Dichter und der<br />
König ehrt und belohnt mich mit Gold... Die<br />
Wolken werden blasser. Mein Leben wendete<br />
sich. Ich war 50 Jahre alt geworden.<br />
Wie ein Hauch waren fünf Jahrzehnte meines<br />
Daseins verweht... Ich wurde Priester.<br />
In der königlichen Gruftkapelle zu Toledo<br />
haiflten meine Schritte durch kalte Gänge.<br />
Ich wurde Ehrenkaplan tn Madrid und Haupt<br />
einer Kongregation». Weihrauch duftete um<br />
mein« Tage_ Seht das Kreuz am Himmel,<br />
Bruder! Philipp der Vierte starb. Karl der<br />
Zweite sieht in mir nur mehr den alten<br />
Mann! Er schiebt mich beiseite. Aber es<br />
krankt mich nicht, Broder! Mein Leben ging<br />
"Wetter. Dte Jahre rrnbeo mir ihre Spuren<br />
ins Gesteht. Ich lebte mrr mehr für Oott und<br />
ftr meftie Dichtkunst... Und wenn ich heute<br />
sterbe, sterbe ich allein...»<br />
Es war dunkel geworden. Leise verflakkerte<br />
das letzte Abendrot.<br />
c Ihr sollt nicht so viel sprechen, Bruder<br />
Pedro ! » flüsterte der junge Mönch.<br />
«Ich schweig«, Bruder Agustm. Ich danke<br />
Euch, dass Ihr mich anhörtet. Ich bin alt,<br />
ich schwatze wohl... Seht, der Reichtum<br />
meiner Erinnerungen quillt über!... Gott hat<br />
mich gesegnet Er kam xa mir in Vers und<br />
Reim. Er kam zu mir aus dem Lächeln eines<br />
Mädchens. Ich sah ein hohes Antlitz auf<br />
blanken Scbwerte leuchten. Ich erfasste<br />
ihn im Gebet. Nun zog er den Vorhang vom<br />
Himmel; Bruder, seht doch ! »<br />
Calderon richtete sich auf. Er stand gestreckt<br />
am offenen Fenster und wies mit<br />
starrer Hand gen Himmel. Lauter klang die<br />
Musik und man konnte die Worte hören, die<br />
gesungen wurden.'<br />
« Meine Verse, Bruder, meine Verse singen<br />
sie... Und überall im Lande Spanien<br />
spielt man jetzt, da der Abend reif geworden<br />
ist, meine Ffingstspiele. Hört Ihr nicht,<br />
Bruder ? Und seht Ihr nicht ? Dort am Himmel<br />
tanzen meine Gestalten ! Jetzt sehen sie<br />
mich. Sie winken mir zu, sie bilden Gruppen,<br />
sie vereinigen sich-. Nun schieben sie<br />
eine weite Treppe aus glitzerndem Silber<br />
Das Guckloch<br />
Wissenschaft, mit Regenschirmen bearbeitet-<br />
In Springfield (Ohio) sprach kürzlich Professor<br />
Caädwell vor einem grösseren Forum<br />
über die Frage: « Warum pendeln wir mit<br />
den Armen ? > CaWiwell wies zwingend<br />
nach, dass die Pendelbeweguogen der Arme,<br />
die der Mensch beim Gehen ausführt, nicht<br />
etwa eine notwendige und unentbehrliche<br />
Stabilisierung des Körpergleichgewichts hervorbringen,<br />
sondern atavistischen Ursprungs<br />
sind. Vor vielen hunderttausend Jahren, ehe<br />
sich die Ahnen des Menschen in der Höherentwicklung<br />
langsam vom Boden erhoben<br />
hätten, seien die Arme ebensolche «Bodengreifer<br />
», wie heute noch unsere Füsse, bei<br />
der Fortbewegung gewesen. Wenn wir also<br />
beim aufrechten Gang mit unsern Armen<br />
pendelten und schlenkerten, handle es sich<br />
um 1 eine atavistische Reflexbewegung, die<br />
uns an den Anfang einer Entwicklungsreihe<br />
mahne, welche der Mensch als das beherrschende<br />
Hirnwesen auf der Erde mittlerweile<br />
durchlaufen habe.<br />
Professor Caldwells Ausführungen wurden<br />
von einem Teil der Zuhörer bereits während<br />
des eigentlichen Vortrages durch Murren<br />
unterbrochen. In der Diskussion aber kam<br />
es dann zum offenen Skandal. Eine religiöse<br />
Sekte, die ihre 4nhänger in die Vorlesung<br />
delegiert hatte, bezichtigte den Redner der<br />
«Aufstachelung niedrigster, tierischer Instinkte<br />
». Der Mensch sei nie ein Vierfüssler<br />
gewesen und so wie er heute existiere, auch<br />
gleich von allem Anbeginn geschaffen worden.<br />
Caldwell versuchte nochmals vermittelnd<br />
einzugreifen, wurde aber von drei<br />
Frauen plötzlich unter lautem Gekreisch vom<br />
Podium gezogen und regelrecht mit Schirmen<br />
und blossen Fäusten verprügelt.<br />
Selbstverständlich wehren steh die Sprinrflelder<br />
Bürger nun dagegen m ihrer Gesamtheit<br />
als beschränkt und « eisenstirnlg» ztr<br />
gelten. In einem öffentlichen Protest wurde<br />
das hysterische Gebaren der betreffenden<br />
Sekte verurteilt.<br />
vom Himmel auf die Erde... Seht, doch Bruder<br />
Agustin, die Treppe kommt näher... Macht<br />
Platz, Bruder, die Treppe hat das Fenster<br />
erreicht. Engel mit weissen Gliedern kommen<br />
mir entgegen. Sie strecken mir die<br />
Hände entgegen. Oh, verzeiht, Bruder Agustin,<br />
dass ich Euch verlasse, verzeiht! Und<br />
tausend Dank für alles Gute, das Ihr dem<br />
alten Dichter gabt! »<br />
Er schwieg. Er sank zurück. Friede<br />
strahlte auf seinem Gesichte. Da drückte<br />
der junge Mönch dem toten Dichter die Augen<br />
zu, während überall im Lande Spanien<br />
die Dramen des Dichters gespielt wurden,<br />
der am Pfingstabend 1681 in den Himmel<br />
zog...<br />
Mord mit Hilfe der Kobra.<br />
Oberst Elliot von den englischen KoloniaHtruppen<br />
hielt kürzlich in London einen Vortrag<br />
über die Kriminalität in Indien. Dabei<br />
schilderte er ausführlich die Mittel, deren<br />
sich die Eingeborenen bedienen, wenn sie<br />
einen besonders missdiobigen Feind aus der<br />
Welt schaffen wollen. Dabei fällt der Kobra<br />
das Hauptgewicht zu. Es gibt da, wie Oberst<br />
EMiot erklärte, eine besondere, in allen Einzelherten<br />
feststehende, gut ausgearbeitete<br />
Technik, und es existieren Leute, die wirklich<br />
nur davon existieren, dass sie Kobraschlangen<br />
zum Ueberfaflen von Menschen<br />
abrichten. Sie halten ihre Kobras in hohlen<br />
Bambusstämmen und binden den Schwanz<br />
der Schlange mit einer langen Schnur kunstvoll<br />
an das eine Ende des Bambusstockes.<br />
Es genügt, diesen Bambusstock in die Nabe<br />
eines schlafenden Menschen zu legen und an<br />
dem Bindfaden zu ziehen, um dte kunstvolle<br />
Schleife zu lockern, und der Kobra die Möglichkeit<br />
zu geben, sich aus ihrem Versteck<br />
hinauszuschieben. Nachdem der triumphierende<br />
Pfiff ertönt, den die Kobra Jedesmal<br />
ausstösst, wenn sie jemand gebissen hat,<br />
zieht der eigentliche Mörder wieder am<br />
Bindfaden, zwingt die Schlange erneut in<br />
den Bambusstock zu verschwinden, zieht<br />
auch den Stock an sich heran und entfernt<br />
sich, als ob er mit der ganzen \ngelegenheit<br />
nichts zu tun hätte. Diese Methode zu morden<br />
ist sehr zuverlässig, 'da man den eingetretenen<br />
Tod stets einem Unglücksfall zuschreiben<br />
kann und ireendw'fhe Spuren<br />
des Mörders in der nächsten Nähe des Opfers<br />
nie entdeckt werden.<br />
Die Entdeckung einer 5000 Jahre alten Stadt<br />
in Persien.<br />
Der bekannte schwedische Archäologe Dr.<br />
Türe Arne hat in Persien Entdeckungen gemacht,<br />
die ein überraschendes Licht auf die<br />
Urheimat der Indoeuropäer werfen. Am Fusse<br />
des Elbrus-Gebirges im nordöstlichen Teile<br />
von Persien unweit des Kaspischen Sees hat<br />
Dr. Arne umfangreiche Ausgrabungen vorgenommen.<br />
In einem alten Hügel bei Schahtepe<br />
fand er zahlreiche und höchst interessante<br />
Ueberreste erner 5000 Jahre alten<br />
S^adt, die infolge einer Naturkatastrophe<br />
oder wegen Veränderungen des KHmas um<br />
das Jahr 2000 v. Chr. untergegangen ist. Die<br />
Bevölkerung dieser alten Stadt gehörte der<br />
Kupferzeit an. Die schwedische Exnedition<br />
hat schön gearbeitete Kupfersachen, Statuetten,<br />
Dolche, Becher. Lampen usw. aus Kupfer<br />
gefunden. Die Hauptmasse der Funde besteht<br />
aber aus kunstvoll mit bunten Farben<br />
bemalten Töpfereisachen. Dr. Arne hat auch<br />
40 Skelette nach Schweden gebracht. An der<br />
Rchädelform lässt sich feststellen, dass die<br />
Bewohner dieser Sfedlune zu der arischen<br />
•'- Rasse gehörten. Das alte Schah-tepe-Volk<br />
hat bH seinen re"