E_1938_Zeitung_Nr.042
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N««2<br />
III. Blatt<br />
BERN, 24. Mai <strong>1938</strong><br />
Automobil-Revue<br />
42<br />
III. Blatt<br />
BERN, 24. Mai <strong>1938</strong><br />
Man muss einmal den «Betrieb» auf den Rad-schlägwegen der schönen Rheinstadt beobachtet haben, ein «schlankes> Tempo an, so dass auch für den<br />
der Radler atif dem Radweg von selbst<br />
um so recht zu ermessen, welchen gewichtigen Eiligen kein dringender Grund besteht, sich nach<br />
Faktor der Ordnung und Sicherheit sie im Strassenyerkehr<br />
bedeuten. Um zwölf Uhr und zu den lich legt jedem Einzelnen schon das Bewusstsein<br />
vorn durchzuzwängen. Auf der andern Seite frei-<br />
übrigen Geschäftszeiten entfalten sich wahrhaft eine gewisse Geschwindigkeit nahe, dass er mit<br />
prachtvolle Bilder geordneten und ruhigen Strassenverkehrs.<br />
Da kommen sie daher, die Hunderte, an Rad folgenden Hintermännern dön Weg ver-<br />
allzu gemütlichem Dahinpedalen den ihm fast Rad<br />
ja Tausende von Radfahrern; in schmaler Einerkolonne<br />
dicht aufgereiht, huschen sie lautlos über Nicht nur dass es einen gewissen Corpsgeist,<br />
legen würde.<br />
die Strassenkreuzungen hinweg; mit kaum bemerkbarn<br />
Verzögrungen und Beschleunigungen fü-<br />
ein Gefühl gegenseitiger Solidarität fördert, wenn<br />
gen sich die von allen Seiten Herzukommenden<br />
reibungslos in das laufende Band,<br />
um auf dem nächsten Platze ohne Zögern wieder<br />
abzuschwenken und jenseits ihren neuen<br />
Streifen zu gewinnen. Schaut man aber ihrem Zuge<br />
nach, so scheint es beinahe, als seien sie wie<br />
durch Zauber von der Strasse verschwunden:<br />
leer und breit liegt die Fahrbahn da, dieweil die<br />
Radler im Schatten der Bäume entlanggleiten, als<br />
g<br />
Basels Radwege<br />
ehörten sie überhaupt nicht zum Strassenverkehr.<br />
ie Autos aber und die vielen Lastwagen rollen<br />
ungestört dahin, so unglaublich scheint ihr Verkenrsraum<br />
erweitert durch die einfache Tatsache,<br />
dass die Radfahrer von ihm verschwunden sind.<br />
Und wie ordentlich wickelt sich etwa schon der<br />
Verkehr an Kreuzungen<br />
ob! Das unselige Kurvenschneiden der Radler ist<br />
gänzlich verschwunden. Von ihrem schmalen Ver-<br />
Kehrsbande bis zur Trottoirecke geführt und auf<br />
die Benützung der dortigen Abfahrtsrampe angewiesen,<br />
sind sie schlechthin ausserstande, in weitem<br />
Bogen schon früh nach links auf die Fahrbahn<br />
hinauszuschwenken, um die Seitenstrasse zu gewinnen,<br />
und wenn sie umgekehrt von einer radweglosen<br />
Strasse herankommen, steuern sie schon<br />
vor der Kreuzung notgedrungen hart rechts auf<br />
die kleine Auffahrt zu. So bleibt die ganze Kreuzungsmitte<br />
von Radlem völlig frei.<br />
Der Radweg jedoch befreit nicht nur den allgemeinen<br />
Fahrverkehr von den tausend Störungen<br />
und Gefährdungen durch den Radfahrer; er bewahrt<br />
auch diesen selbst in seinem eigenen Vorteil<br />
vor den mannigfachen Verlockungen zu lässigem<br />
und disziplinwidrigem Verhalten, wie sie die<br />
breite Strasse auf ihn ausübt. Ueber diese Schutzwirkung<br />
hinaus ergibt sich aber auch eine geradezu<br />
erstaunliche Verflüssigung des Radfahrverkehrs.<br />
Von all den Hindernissen und Gefahren befreit, die<br />
ihn auf der allgemeinen Fahrbahn bedrängen.<br />
die Radfahrer als Gleichberechtigte unter sich<br />
sind, es fallen auch die mannigfachen Anlässe zu<br />
Gefühlen der Unterlegenheit etwa gegenüber dem<br />
Auto dahin, die der gemischte Verkehrsbetrieb auf<br />
gemeinsamer Fahrbann mit sich bringt und die ja<br />
den Radler nur dazu anreizt, sich erst recht mit<br />
einem gewissen Nachdruck durchzusetzen. So aber<br />
wird er in seinem eigenen Bewegungsbereich und<br />
im Gefühl seiner Würde als Besitzer einer eigenen<br />
Verkehrsbahn ersichtlich manierlicher — selbst<br />
gegen den Provinzonkel, der ahnungslos auf dem<br />
bequemen Radweg dahinschlendert, um sich den<br />
Strassenverkehr zu besehen!<br />
Es hat schon etwas auf sich: von Basels Pionierarbeit<br />
geht eine kräftige Aufforderung an die<br />
übrigen Städte und Kantone aus: mach's nachl<br />
Und so von ungefähr kommt es wohl auch nicht,<br />
dass diese propagandistische Wirkung des guten<br />
Beispiels gerade in der nächsten Nachbarschaft<br />
der Rheinstadt prächtige Früchte gezeitigt hat.<br />
Wenn wir in diesem Zusammenhange die «Wiedervereinigung»<br />
kühnlich vorwegnehmen und auch<br />
die «Landschaft» zu Basel zählen dürfen, so wollen<br />
wir hier gleich auch den Radwegen des Kantons<br />
Baselland einen Kranz winden. Welch prachtvolle<br />
Anlage ist doch etwa jene mächtig breite<br />
Strasse nach Reinach hinaus mit ihrem breiten Doppelpfad<br />
für Fussgänger und Radfahrer auf der<br />
einen Seite und dem besonderen Radweg auf der<br />
andern, der dort so elegant den Haltestellen der<br />
elektrischen Vorortsbahn ausweicht und sich so<br />
sorglich in die Senken der vielen Seitenwege<br />
schmiegt! ' H.W. Th.<br />
Kampf gegen « Speeder »<br />
in Amerika.<br />
Der Schnellfahrer als böser Feind.<br />
Die Kansas City hat bei einem Preisausschreiben<br />
folgendem Slogan als Warnung an die Adresse<br />
der Herren Schnellfahrer den ersten Preis zuerkannt:<br />
Even A Speeder Can't Do 30 Days in Less Than<br />
A Month. Slow Down!<br />
Zu deutsch:. Selbst ein Speeder kann 30 Tage in<br />
nicht weniger als einem Monat bewältigen. Fahr<br />
langsam!<br />
Mit allen Mitteln, ernsten und heiteren, suchen<br />
die für den amerikanischen Verkehr verantwortlichen<br />
Behörden die Sicherheit der Strassen zu erhöhen.<br />
Die Schilder mit dem oben wiedergegebenen<br />
Spruch haben in Kansas City das Lachen der Speeder<br />
hervorgerufen und sie wirklich zum Langsam-<br />
fahren veranlasst, wie die günstige Unfallziffer der<br />
Stadt zeigt. Für nichts ist ja der Autofahrer empfänglicher<br />
als für Humor — und auch in Amerika<br />
kennt man das vortreffliche Zürcher Schlagwort:<br />
«In Zürich wird selten gehupt, dafür aber vorsichtig<br />
gefahren! > sehr gut.<br />
Uebrigens herrscht unter den amerikanischen<br />
Städten ein ständiger ehrgeiziger Wettbewerb, der<br />
sich um die Kernfraze dreht: Wer hat die relativ<br />
geringsten Verkehrs-Unfallziffern aufzuweisen? Namentlich<br />
das Jahr 1937 mit seinen 40.000 Verkehrsopfern,<br />
hat die Energie der Behörden aufs äusserste<br />
angespornt. In einer feierlichen Zeremonie erfolgt<br />
die Ueberreichung der Preise an die Gemeinden,<br />
welche in diesem Kampf am erfolgreichsten abgeschnitten<br />
haben. Einem der Gewinner in dieser<br />
Konkurrenz, der Stadt Memphis, ist es gelungen,<br />
ihre tödlichen Verkehrunfälle im Laufe eines Jahres<br />
um 32 Prozent zu vermindern. Andere Städte brachten<br />
es auf einen Rückgang um nahezu 50 Prozent.<br />
In ihr Programm haben sie folgende Punkte aufgenommen:<br />
Genaue Untersuchung jedes einzelnen<br />
Unfalls, um die Ursachen abzuklären; Verbesserung<br />
notorisch verkehrsunfallgefährlicher Steljen; Anbringen<br />
wirksamer Zeichen; vernünftjge Erziehung<br />
des fahrenden und gehenden Publikums; strenge,<br />
höfliche und unparteiliche Anwendung der polizeilichen<br />
Vorschriften. In Befolgung dieser Richtlinien<br />
hat die Stadt Memphis 100 Untersuchungen über<br />
Strassenkreuzungen durchführen lassen, die möglicherweise<br />
Gefahren in sich bergen. Und der Erfolg?<br />
Dass eine Anzahl davon umgebaut wurde.<br />
Fast wie ein menschliches Hirn f<br />
In Hannover wurde am Schnittpunkt von fünf<br />
Strassen eine Signalanlage dem Verkehr übergeben,<br />
die zu den raffiniertesten ihrer Art gehört. Sobald<br />
ein Fahrzeug die Gummischwelle überfährt,<br />
leuchtet das grüne Licht auf. Nähert sich ein Fahrzeug<br />
aus einer Querstrasse, so wird es durch den<br />
Schwellenkontakt im Schaltkasten «vorangemeldet>.<br />
Im Augenblick nun, da in der zuerst freigegebenen<br />
Richtung eine Lücke im Verkehrsstrom entsteht,<br />
erfolgt die Freigabe der vorangemeldeten Richtung.<br />
Auf diese Art gelingt eine automatische Regelung<br />
de® Verkehrs nach Massgabe der tatsächlichen Bedürfnisse.<br />
Um die Fussgänger bei Hochbetrieb in<br />
einer Richtung nicht übermässig lang warten zu<br />
lassen, wird durch eine besondere Apparatur der<br />
Verkehr nach einer bestimmten Zeit auf die Querrichtung<br />
freigegeben.<br />
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