E_1938_Zeitung_Nr.042
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BEB«, Dliostag, 24. Mal <strong>1938</strong><br />
Automobil-Revue - W. Blatt, Kr. 42<br />
Unser Nationalpark<br />
II Fuorn, Sommer 1937.<br />
Mein lieber Draufgänger,<br />
Nein — was Du eben jetzt, beim Lesen<br />
dieser seltsamen Ortsbezeichnung gedacht,<br />
trifft nicht zu. Weder fahre ich, wie schon<br />
so oft, kreuz und quer durch die Dolomiten,<br />
noch habe ich mich nach Spanien verirrt.<br />
Doch ich will in Anbetracht der herrlichen<br />
Umgebung nicht bösartig sein und Dir das<br />
Raten erleichtern : II Fuorn befindet sich<br />
innerhalb der rotweissen Grenzpfähle ! Nun<br />
brummst Du wahrscheinlich etwas wie « nie<br />
gehört» und « verrückte Idee » vor Dich hin,<br />
doch beruhige Dich : Ich litt weder an einem<br />
Hitzschlag, noch war es eine Eingebung des<br />
beginnenden bequemeren Alters oder gar<br />
die Sehnsucht nach den Zerstreuungen eines<br />
mondänen Kurortes, welche die Wahl meines<br />
diesjährigen Ferienortes bestimmten. Wonach<br />
ich dürstete, war, frei zu sein von den<br />
Verpflichtungen der Stadt, Herr meiner Zeit<br />
und endlich wieder fähig, mich auf mich<br />
selbst zu besinnen. Doch ich will Dich nicht<br />
länger auf die Folter spannen : II Fuorn liegt<br />
inmitten unseres, d. h. des schweizerischen<br />
Nationalparkes. Als wir letztes Jahr von<br />
unserer lOtägigen Berg- und Talfahrt den<br />
Heimweg durch die Dolomiten fanden, fiel<br />
mir zwischen Ofenpasshöhe und Zernez ein<br />
prachtvoll gelegenes Berggasthaus aul II<br />
Fuorn, erklärte meine Begleiterin, und schon<br />
waren wir vorbeigeflitzt. Noch während des<br />
Talwärtsfahrens verdichtete sich der Wunsch<br />
zur Ueberzeugung: Hierher kehre ich zurück<br />
! Und richtig: Am ersten Ferientag<br />
schon sind wir nach abwechslungsreicher<br />
Fahrt über Grimsel-Furka-Oberalp-Albula<br />
denn auch wirklich mitten im Nationalpark<br />
gelandet. Meine Frau als richtiges Stadtkind<br />
— Du kennst sie ja — erlebt hier eigentlich<br />
zum erstenmal die Natur in ihrer ganzen<br />
Wildheit, deren unverblümtes Werden und<br />
Vergehen. Der Laubfrosch aber —• es ist<br />
noch immer derselbe grüne Zweiplätzer —<br />
feiert ganz hinten in der Hotelgarage; denn<br />
während der nächsten 14 Tage sollen Entdeckungsfahrten<br />
ausschliesslich auf Schusters<br />
Rappen gemacht werden. Doch gewiss<br />
— ich kannte genau wie Du und so viele<br />
andere unsern Nationalpark längst, heisst<br />
das, wenn man ein Gebiet vom Postauto aus<br />
tatsächlich kennen lernen kann, oder wenn<br />
verschiedene Hetzjagden nach Meran und<br />
Bozen zu solcher Kenntnis führen können.<br />
Heute weiss ich, dass derartige Fahrten<br />
nicht den richtigen Eindruck von dieser<br />
grandiosen Gegend zu vermitteln vermögen.<br />
Hier will jeder Weg entdeckt, jeder Gipfel<br />
erstiegen sein. Hier muss man Zeit haben. —<br />
Ferien machen nach älter Väter Sitte bildet<br />
die Voraussetzung für ein wirkliches Erleben<br />
dieser einzigartigen Landschaft. Und so<br />
ziehen wir denn Tag für Tag aus, erst erforschten<br />
wir die nähere Umgebung, dann<br />
gings weiter, höher hinauf. Wir waren im<br />
Scarltal, wir sind durchs Val del Gallo ins<br />
italienische Grenzgebiet oder nach Livigno gewandert<br />
— immer dem tosenden Spöl entlang,<br />
dessen Du Dich aus den Tagen der<br />
Grenzbesetzung bestimmt noch entsinnst.<br />
Ueber die Alp Murter stiegen wir ab zur<br />
Blockhütte im Val Cluoza und über die<br />
Fuorela Val Sassa erreichten wir nach einer<br />
unvergesslichen Wanderung Scanfs. Die beiteete<br />
Kartensikizze erzählt Dir kürzer als<br />
Val dell' Aqua von der Alp la Schera aus. Ke bewaldeten Hänge werden im Talböden durch den<br />
Spölbach begrenzt.<br />
es mir in Worten möglich, wo überall wir ihr Gesicht erinnerst, als es zum erstenmal<br />
herumgeklettert. Ob Du wohl noch jener klettern hiess ? Wir beide jedenfalls haben<br />
Traversierung gedenkst, die gleichsam die in diesen Tagen öfters herzlich gelacht, wenn<br />
Bergtaufe meiner Frau wurde und Dich an wir daran zurückdachten. Forts. S. 3.<br />
Di« Kamera im<br />
Kleiner Wegwttser für Photoamateure.<br />
ebirge<br />
Blick von der Alp Martär auf den Uebergang vom Val Gluoza (im Vordergrund) über die Fuorela,<br />
Val Sassa ins Val Müschauns und Trupchum nach Scanfs. Links im Bilde ist das Val del Diavel sichtbar.<br />
Der auffallende Qualitätsunterschied, den<br />
man an Liebhaberbildern aus dem Tiefland<br />
und dem Gebirge bemerken kann, rechtfertigt<br />
vielleicht den Versuch, auf gedrängtem Raum<br />
einige Hinweise und Winke für das Photographieren<br />
im Hochgebirge zu geben. Es scheint<br />
nämlich, dass der spezifische, durch Motive<br />
und Lichtverhältnisse bedingte Unterschied<br />
zwischen der Tieflands- auf der einen und der<br />
Hochgebirgsphotographie auf der anderen<br />
Seite selbst erfahrenen Photographen immer<br />
wieder Schwierigkeiten macht. Und tatsächlich<br />
stösst man schon bei der<br />
Wahl der Kamera<br />
auf Probleme, die sich im Tiefland nicht stellen.<br />
Ist es nämlich bei der hohen Entwicklung<br />
der Kamerakonstruktion im Tiefland eigentlich<br />
möglich, mit jedem Apparat von einiger Qualität,<br />
sei es eine Kinofilm-Kleinkamera oder eine<br />
grosse Laufbodenkamera für Platten und Filmpack,<br />
brauchbare Resultate zu haben, empfiehlt<br />
sich beim Photographieren im Gftbirge doch<br />
schon aus Transportgründen einiges Nachdenken,<br />
welchem Apparat man den Vorzug<br />
gibt. Ohne dass hier bestimmten Marken der<br />
Vorzug gegeben werden soll, sei darum prinzipiell<br />
festgestellt, dass sich Formate über<br />
6x9 nicht sehr eignen, falls man nicht für längere<br />
Zeit irgendwo in einer Hütte oder in einem<br />
Hotel lebt und sich ausschliesslich der Bilderjagd<br />
widmen will. Denn in diesem Falle, der<br />
ja auch denkbar ist, kann man unbedenklich<br />
nach wie vor der Plattenkamera im Format<br />
9x12 den Vorzug geben, falls es sich nicht<br />
um < Schnappschüsse » handelt, wie die Kamerajagd<br />
auf das Wild sie zum Beispiel erfordert.<br />
Normalerweise wird es sich also empfehlen,<br />
mit der Kleinkamera ins Gebirge zu gehen,<br />
und zwar mit der Rollfilmkamera. Ob man<br />
dabei einen Apparat der Typen Leica, Ikonta<br />
oder Rolleiflex wählen soll, ist freilich nicht so<br />
leicht zu beantworten. Denn den unbestreitbaren<br />
Vorzügen der Kinofilmphotographie<br />
stehen auch Nachteile gegenüber, die vorläufig<br />
noch auf Kosten der Vergrösserungsfähigkeit<br />
gehen. Ist es doch nun einmal so,<br />
dass der Vergrösserungsfähigkeit von. Kinofilmbildern<br />
immer Grenzen gesetzt sind, wenn man<br />
auf hoch- und höchstempfindlichen Filmen<br />
arbeitet, und dass gerade die Photographie<br />
im Hochgebirge gut empfindliches Mcterial<br />
erfordert, da die Lichtverhältnisse so stark<br />
schwanken, dass man besonders in den photographisch<br />
so sehr interessanten Morgen- und<br />
Abenddämmerungsstunden für Momentaufnahmen<br />
hochempfindliches, also grobkörniges<br />
Aufnahmematerial schwer entbehren kann.<br />
Wenn wir darum empfehlen wollen, nicht<br />
unter Formate von 4 ] /2 X 6 oder höchstens<br />
4 x 4 zu gehen, geschieht das nicht, um die<br />
Unverwendbarkeit der Kinofilmkamera im Gebirge<br />
zu behaupten, sondern um dem Amateur<br />
den sichersten Weg zu guten Resultaten zu<br />
zeigen. Es ist dabei unseres Erachtens immer<br />
noch vorteilhafter, eine mit Sucheroptik ausgestattete<br />
Kamera vom Typ der Rolleiflex zu<br />
verwenden, als eine Klappkamera wie die<br />
sonst auch sehr handlichen 4V2 X 6 oder<br />
6x6 Ikonta-Typen. Denn abgesehen von der<br />
in einer Bereitschaftstasche besonders grossen<br />
Schussbereitschaft der Rolleiflex-Typen haben<br />
diese Apparate auch noch eine auffallende<br />
Stabilität und Widerstandskraft gegen äussere<br />
Verletzungen und den doppelten Vorzug der