E_1948_Zeitung_Nr.008
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IV. Blatt<br />
BERN, 25. Februar <strong>1948</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />
IV. Blatt<br />
BERN, 25. Februar <strong>1948</strong><br />
Querschnitt durch die französische Autoindustrie<br />
Gesamtanlage der Rennwagenwerkstätte Deutsch-Bonnet im Champigny bei Paris.<br />
Hinten links der Motorprüfstand, hinten rechts ein im Bau befindliches Chassis des Monoposto-Rennwagens. In der Mitte verschiedene Werkzeugmaschinen,<br />
Als der junge Automobilingenieur Deutsch im<br />
Jahre 1932 die Bekanntschaft des Mechanikers<br />
Bonnet, des Inhabers einer Garage und eines Reparaturateliers<br />
machte, ahnte keiner der beiden,<br />
dass sie 15 Jahre später im Städtchen Champagnysur-Marne,<br />
10 km vor den Toren von Paris, eine<br />
regelrechte Kleinfabrik für moderne Rennwagen<br />
betreiben würden.<br />
Heute nämlich ist dort, nach jahrelanger aufopferungsvoller<br />
Arbeit, neben der grossen Citroen-<br />
Garage der Firma Bonnet & Cie., eine helle Werkstätte<br />
mit Bureau und Zeichensaal für den Entwurf<br />
und den Bau der beiden Prototypen des DB-Wagens<br />
erstanden, über dessen erste Version, den<br />
« Biplace-Sport », die « A.-R, » bereits berichtet<br />
und der in vielen Wettbewerben des Jahres 1947<br />
seine Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt hat.<br />
Der handwerksmässig organisierte, auf der Zusammenarbeit<br />
zwischen den « Patrons » und einem<br />
kleinen Personal aufgebaute völlig elektrifizierte<br />
Betrieb wird im Laufe dieses Jahres unter normalen<br />
Umständen etwa zehn DB-Rennwagen herausbringen,<br />
und zwar neben dem Zweisitzer-1%-<br />
Liter-Sportwagen einen neuen, verbesserten 2-Liter-Monoposto-Rennwagentyp.<br />
Die betriebswirtschaftliche Grundlage von<br />
Deutsch & Bonnet wird durch die Fabrikation<br />
einer speziellen Zweivergaser - Ansaugleitung<br />
E. P. A. F. für den Citroen - Serienwagen gesichert.<br />
Denn da der Rennwagenbau — der seinerseits<br />
wieder von der Durcharbeitung und Ausprobierung<br />
der Prototypen und der Lieferung 6erienmässig<br />
herstellbarer Ersatz- und Bestandteile durch<br />
andere Werke abhängt — sich erst nach einiger<br />
Zeit bezahlt macht, muss der Betrieb sich mit anderen<br />
Mitteln laufende Einnahmen verschaffen.<br />
Die eigentliche Werkstätte nimmt sich mit<br />
IV*)<br />
Rennwagenbau auf handwerklicher Grundlage — Ein Besuch bei Deutsch-Bonnet<br />
(wbg.-Korre6pondenz)<br />
ihrem Flächeninhalt von 500 m* relativ bescheiden<br />
aus, ist indessen völlig neu erstellt und eingerichtet.<br />
Bei den Drehbänken, Fräs-, Polier- und Blechstanzmasch'nen<br />
handelt es sich um modernste Typen,<br />
die teilweise aus dem Ausland stammen.<br />
Besonders stolz sind die Betriebsinhaber auf ihre<br />
englische * Motorpfüfbank, die 6iej mit einei selbstkonstruierten<br />
Vorrichtung zur Neutralisierung der<br />
Auspuffgase versehen haben. Die Motoren — auch<br />
sie stellen eine eigene Konstruktion dar —' wer-'<br />
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den mit einer Dauer - Höchstdrehzahl bis zu<br />
5000 T/min geprüft. Natürlich erfolgt auch das<br />
Schneiden, Stanzen und Formen der Bleche für die<br />
Karosserie in der Werkstätte selbst. Sobald die<br />
Treibstoffzuteilung sich bessert, soll ein neuartiger<br />
Kühler auf einem der Sportwagen erprobt werden.<br />
Ein.ibeinahe tragisch zu nennendes Missgeschick<br />
will es, dass nach der fast 15jährigen Aufbauarbeit,<br />
die diese beiden dynamischen Automobiltechniker<br />
geleistet, die Vollendung ihres Lebenswerkes durch<br />
*) Siehe AR. Nr. 3, 5, 7/<strong>1948</strong>. Bonnet erklärt seinem belgischen Konzessionär den neuen DB-Sportzweisilzer.<br />
unnötige Schikanen in der Zuteilung von Treibstoff<br />
immer wieder verzögert wird. Besässen Deutsch<br />
und Bonnet nicht eine gehörige Portion von Idealismus,<br />
sie müssten über immer neu auftauchenden<br />
Schwierigkeiten Mut und Geduld verlieren.<br />
Allerdings finden die Patrons bei ihren Leuten<br />
— ausschliesslich Jungverheirateten Gesellen und<br />
Vorarbeitern, die ihr Werk lieben und ßich weder<br />
um die 40-Stunden-Woche noch um andere unzeitgerhässe<br />
sozialpolitische Forderungen kümmern<br />
— auf der ganzen Linie Unterstützung, .Was den<br />
Berichterstatter am ehrlichsten freute, war der<br />
Geist solider Arbeit und das technische Interesse,<br />
das aus allen Worten und Taten der Arbeiter<br />
6elbst sprach. Bonnet erzählte uns, dass die « Revue<br />
Automobile» (d. h. unsere französische Ausgabe.<br />
Die Red.) meist schon am Morgen, an dem<br />
sie in Champigny eintrifft, von seinem Schreibtisch<br />
verschwindet. Der Patron findet sie dann bei irgendeinem<br />
seiner Dreher oder Fräser wieder, der<br />
ihren Inhalt während einer Werkpause hungrig<br />
verschlingt. Eine Reihe technischer Verbesserungen<br />
an den DB-Wagen (z. B. ein sehr eigenartiger und<br />
praktischer Verschluss der Motorhaube) wurde<br />
von den Arbeitern ersonnen, die fast täglich mit<br />
irgendeinem neuen Verbesserungsvorschlag aufwarten.<br />
Mit einer solchen Equipe Rennwagen zu<br />
bauen, ist natürlich auch für den Betriebsleiter<br />
eine Freude. Hier in diesem Handwerksbetrieb findet<br />
man zweifellos mehr soziales Verständnis und<br />
mehr Sinn für Anpassung an den technischen Fortschritt<br />
als in manchem Grosswerk. wbg.<br />
Zur Preisgestaltung am französischen<br />
Automobilmarkt<br />
Keine Erhöhung der amtlichen Preise, aber Verteuerung<br />
durch Zollzuschläge<br />
{wbg.) Es wurde bereits an dieser Stelle (vgl.<br />
« A.-R. » Nr. 3) auf die eventuellen Rückwirkungen<br />
der Frankenabwertung auf die Verkaufspreise<br />
französischer Wagen im Ausland hingewiesen und<br />
festgestellt, da6s 'die Erhöhung der Gestehungskosten<br />
sehr wohl einen Teil des Effektes der Frankenabwertung<br />
ausgleichen könne.<br />
Heute erscheinen in der Presse bereits mehr<br />
oder weniger wehmütige Betrachtungen darüber,<br />
das6 am Brüsseler Salon die Preise für die kuranten<br />
französischen Wagen (einschliesslich des neuen<br />
4-PS-Renault) alle Rekorde schlugen und die preissenkende<br />
Wirkung der Abwertung längst überholt<br />
sei. Tatsächlich kommen diese Preise im Vergleich<br />
zu jenen des 1. Januar einer Steigerung gleich, die<br />
je nach der Kategorie und der Qualität des Fahrzeugs<br />
zwischen 20 und 60 % schwankt.<br />
An dieser Hausse — die nota bene die betreffenden<br />
französischen Wagen in Belgien zwar kaum<br />
wesentlich teurer gestaltet als englische Wagen<br />
entsprechender Stärke, die aber doch die Grenze<br />
des für die französische Industrie im internationalen<br />
Wettbewerb Tragbar« darstellen dürfte — sind<br />
durchaus nicht die französischen Werkleitungen<br />
und ihre « gesteigerten Gestehungskosten » schuld;<br />
in der Hauptsache wirkt im Verkehr mit Belgien,<br />
ausser den Transport- und Versicherungsspesen,<br />
der Schutzzoll auf dem Import fabrikneuer Wagen<br />
preisverteuernd. Auch dürfen die französischen<br />
Fabrikanten auf den Inlandpreis eine Gewinnmarge<br />
schlagen, die indessen nur einen kleinen<br />
Teil der obengenannten Prozentsätze ausmacht. Die<br />
Inlandspreise, wie sie am 1. Januar festgesetzt<br />
wurden, haben aber keinerlei Erhöhung erfahren<br />
und können, ohne einen entsprechenden Beschluss<br />
der französischen Regierung, von den Fabriken<br />
auch gar nicht eigenmächtig erhöht werden.<br />
Im Export von Frankreich nach der<br />
Schweiz liegen die Verhältnisse allerdings etwas<br />
anders. Die Schweiz kennt keine ausgesprochen<br />
prohibitiven Zollsätze und schützt höchstens<br />
ihre Lastwagenindustrie gegen die ausländische<br />
Konkurrenz. Für den Schweizer Markt wird die<br />
Preisgestaltung für französische Wagen also auf<br />
der Basis der bisherigen Preisfestsetzung, zum amtlichen<br />
Exportkurs umgerechnet, zweifellos keine<br />
nennenswerte Erhöhung der bisherigen Preise zeitigen.<br />
Das Karosserieblech wird geformt (links der neue DB-Monoposlo-Rennwagen Bearbeiten eines Zylinderkopfes in Rennausführung auf einer Fräsmaschine. Das Chassis für den 2-Sitier-Sportwaaen wird montiert.