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E_1948_Zeitung_Nr.008

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II. Blatt<br />

BERN, 25. Februar <strong>1948</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />

II. Blatt<br />

BERN, 25. Februar <strong>1948</strong><br />

man eingerichtet ist. Bei einem teureren Wagen<br />

fällt die Zolldifferenz zwischen; der Einfuhr in Teilen<br />

oder in fertigem Zustand immerhin erheblich<br />

ins Gewicht, so dass Jaguar z. B. bei der Eröffnung<br />

deg Salons für die Verkäufe in Belgien eine Preissenkung<br />

im Ausmass von 20 % ankündigen konnte.<br />

U. S. A.<br />

Der Wunschzettel der Amerikaner<br />

(Von unserem New Yorker E. B.-Korr.)<br />

Gesamtansicht des Brüsseler Automobil-Salons, der jetzt Im Palais du Centenaire untergebracht ist. Die Weite der Halle<br />

kommt auch den einzelnen Ständen zustatten, die durchwegs sehr geräumig gehalten sind Dazu verleiht die geschmackvolle<br />

Aufmachung der ganzen Schau eine Atmosphäre gediegener Schönheit.<br />

Der 31. Brüsseler Automobilsalon<br />

Der Salon hat am 16. Februar in einer Atmosphäre<br />

der Zuversicht und des Optimismus seine Pforten geöffnet,<br />

was um 6O mehr erstaunen muss, als die wirtschaftlichen<br />

Probleme der Gegenwart die Automobilwirtschaft<br />

Belgiens in empfindlicher Weise<br />

erschüttern. Bekanntlich gingen hier die Preise für<br />

Personenwagen infolge der neuen Benelux-Zolltarife<br />

sprunghaft in die Höhe, so dass sich die Importeure<br />

ernsthaft mit dem Gedanken der Errichtung<br />

von Montagewerken befassen. Dies gilt vor<br />

allem für das Dollargebiet, da der Devisenschwund<br />

zu einer ziemlich massiven Reduktion der Importkontingente<br />

für die USA geführt hat.<br />

All diesen Restriktionen zum Trotz Hess sich<br />

das Publikum nicht davon abhalten, vom ersten<br />

Tage an dem Salon, dem ersten seit neun Jahren,<br />

in Massen die Ehre seines Besuches zu erweisen.<br />

Es stehen Rekordbesucherzahlen zu erwarten, denn<br />

während man vor dem Kriege auf höchstens 110 000<br />

zahlende Eintritte kam, 60 glaubt man für diesmal<br />

mindestens deren 200 000 voraussagen zu dürfen.<br />

Die Stände freilich, auf denen man die einzigen<br />

wirklichen Neuheiten zu erspähen hoffte — Tucker<br />

und f layboy —, waren leer und die allgemeine<br />

Enttäuschung darob nicht gering. Wenn man den<br />

vorliegenden Informationen Glauben schenken darf,<br />

so verfügt Tucker erst über fünf verschiedene<br />

Prototypen, die sich zur Zeit im Versuchsstadium<br />

befinden, weshalb ihr Konstrukteur davon abgesehen<br />

hat, einen davon in Brüssel zur Schau zu<br />

stellen, teils um die Versuche nicht zu unterbrechen,<br />

teils um das Publikum nicht irrezuführen. In<br />

weiten Kreisen hätte man es indessen begrüsst,<br />

wenn Tucker wenigstens mit einer Maquette, einer<br />

Nachbildung seines Wagens, auf den Plan getreten<br />

wäre, um die durch eine grosszügige Propaganda<br />

geweckte Neugierde des Publikums zu befriedigen.<br />

Jedenfalls hat der belgische Vertreter Tuckers<br />

alles getan, um ihn zur Beteiligung in Brüssel, zu<br />

bewegen. Alle Telegramme und Telefonate, mit<br />

denen er Tucker hoffte umstimmen zu können,<br />

vermochten indessen nicht, dessen Entscheid zu<br />

ändern. Für das Fernbleiben des Playboy, des<br />

neuen amerikanischen Kleinwagens, sollen übrigens<br />

ähnliche Motive ausschlaggebend gewesen sein.<br />

Sind also die mit Spannung erwarteten Neuheiten<br />

von jenseits des grossen Teiche ausgeblieben,<br />

so hat wenigstens England das Interesse am Salon<br />

dadurch auf Touren gehalten, dass es, in letzter<br />

Minute sozusagen, den Standard « Vanguard » entsandte,<br />

der vorab durch seine schönen Linien auffällt,<br />

wobei es sich bei näherem Betrachten sofort<br />

zeigt, dass diese Linienführung sich nicht etwa nur<br />

an amerikanische Vorbilder anlehnt, sondern dass<br />

die Erbauer neue Wege beschritten haben. (Dieser<br />

Wagen ist auf Seite 15 der vorliegenden Ausgabe<br />

ausführlich beschrieben.) — Endlich bilden auch<br />

die beiden neuen Modelle von Rover, denen der<br />

technische Leiter in der letzten «A.-R. > gewidmet<br />

war, Gegenstand starken Interesses.<br />

Hervorgehoben zu werden verdienen bei einer<br />

allgemeinen Würdigung des Brüsseler Salons auch<br />

die Leistungen der belgischen<br />

Karosseriebauer.<br />

Die <strong>1948</strong>er Linie, die sie geschaffen, unterscheidet<br />

sich deutlich von der italienischen und der Pariser<br />

Linie, ohne hinter ihnen zurückzubleiben. Vor<br />

allem sei hier Van den Plaas erwähnt, der mit 6ei-<br />

(Von unserem Belgien Korrespondenten)<br />

Zu behaupten, der Brüsseler Salon stehe im<br />

Zeichen einer Offensive der französischen Kleinnen<br />

Neuschöpfungen den Ton in dieser Abteilung<br />

angibt. Die fünf prächtigen Sport- und Tourenwagenkaro6serien,<br />

welche die Firma auf Jaguarund<br />

Riley-Chassis ausstellt, tragen durchwegs die<br />

persönliche Handschrift Jean van den Plaas, eines<br />

Enkels des Gründers,, der 20 Jahre lang in Paris<br />

für die dortigen Karossiers arbeitete. Etwas vom<br />

EindruckvolLsten, was van den Plaas- hier in<br />

Brüssel zeigt, ist ein stromlinienförmiger Innenlenker<br />

auf einem Healey-Chaesis. Zwar wurzelt<br />

die aerodynamische Gestaltung hier in<br />

technischen Ueberlegungen und Zielen, denn Jean<br />

van deniPlaas arbeitete während des ganzen "Krie-,<br />

ges im Flugzeugbau, aber gerade diese Art der<br />

Konzeption führt hier zu einer überraschenden-<br />

Schönheit der Linie. . / ><br />

Beachtung verdient bei van den Plaas auch ein<br />

Grand Sport Roadster auf Jaguar-Chassis und bei<br />

Vesters und Meyrlnck Delage- und Delahaye-<br />

Cabriolets von klassischer Eleganz. Bei Oblin lenkt<br />

ein Delahaye mit sehr weitgetriebener Plexiglasverwendung<br />

den Blick auf sich.<br />

Von einer 'ganz anderen Seite her ist «Consumer<br />

Research» durch die bedeutendste Verbraucherorganisation<br />

der USA, die «Consumers<br />

Union», angepackt worden. Diese greift wesentliche<br />

Punkte heraus, die der durchschnittliche Käufer<br />

aus Unkenntnis oder Gleichgültigkeit nicht beachtet,<br />

die aber von allergrößtem Wert für die Ermittlung<br />

der Unterhaltskosten und der Lebensund<br />

Kleinstwagen, die man 6eit dem Pariser Salon<br />

vom letzten Herbst kennt, ist keine Uebertreibung.<br />

Renault hat eine ganze Armee von Vorführungswagen<br />

seines 4-PS-Heckwagens mitgebracht, und<br />

der Stand von Dolo ist einer der wichtigsten der<br />

Ausstellung.<br />

Als Problem von typischer Aktualität erweist<br />

sich, wie die nie abreissenden Diskussionen zeigen,<br />

die Frage der Montage ausländischer Wagen in<br />

Belgien, über deren Zweckmässigkeit die Ansichten<br />

stark auseinandergehen. Allerdings liegt auch<br />

ein jeder Fall wieder andere. Der Rootes-Konzern<br />

beispielsweise hat sich entschlossen, seine Wagen<br />

fertig einzuführen, weil die 4500 belgischen Franken,<br />

die er beim Import eines Hillman in zerlegtem<br />

Zustand gewinnen könnte, bei der Einzelmontage<br />

— im Gegensatz zu der Montage in Grossserie,<br />

wie sie die Fabrik in England praktiziert —<br />

fast restlos wieder verloren ginge.<br />

Jaguar schlägt'den entgegengesetzten Weg ein.<br />

Da6 erklärt sich daraus, dass es im Jahr nur etwa<br />

7000 Wagen herausbringt, währenddem Rootes für<br />

eine monatliche Produktion von allein 3000 Hill-<br />

Die amerikanische Autoindustrie behauptet, die<br />

funktioneile und ästhetische Gestaltung des Autos<br />

werde vom Publikum bestimmt. Sollte diese Behauptung<br />

auch ehrlich gemeint sein, so trifft 6ie<br />

doch kaum zu Was dem Publikum angeboten wird<br />

das bestimmen in erster Linie die Werkingenieure<br />

manchmal auch der Zufall, wie bei einem neuen<br />

Luxusmodell, für Sessen Farbgebung das Abendkleid<br />

der Fabrikantengattin Modell stand. Die Erfassung<br />

und Wertung des Massengeschmacks ist<br />

der Autoindustrie ebenso wenig gelungen wie etwa<br />

der Filmindustrie.<br />

Zugegebenermassen hält es schwer, sich darüber<br />

zu informieren, was _das Publikum wirklich<br />

will. « Consumer Research », ein neuer Zweig der<br />

Betriebswissenschaft, wobei der Fabrikant der<br />

öffentlichen Meinung gewissermaßen den Puls<br />

fühlt, ist erst im Anfangsstadium seiner Entwicklung.<br />

Immerhin wird die Bedeutung von « Consumer<br />

Research » von nahezu allen Fabriken anerkannt.<br />

Ford hat es bis zu einer gewissen Systematisierung<br />

gebracht und nicht nur Zehntausende von<br />

Fragebogen an gegenwärtige und künftige Autokäufer<br />

verschickt, sondern auch alle Filialleiter<br />

angewiesen, die Bemerkungen, die das Publikum<br />

bei der Besichtigung neuer Modelle macht, aufzuschreiben<br />

und der Fabrikleitung einzusenden. Bei<br />

allem guten Willen ist aber auch Ford vorerst<br />

ün Elementaren •steckengeblieben. Sein Fragebogen<br />

diente vor allein dazu, dem Kaufsinteressenlen.<br />

klarzumachen, da6s er mehr zählen müsse,<br />

wenn er mehr haben wollte. Beispielsweise wurde<br />

eryauigefojdert, sich darüber zu äussern, ob ihm<br />

eifle'' airjömatis'che'. Kraftübertragung einen Aufpreis<br />

^von, 150 Dollar wert sei. Aehnliche Fragen<br />

'bezogen sich auf die Stärke des Motors, die Qualität,,<br />

der Polsterung, die Frage, ob zwei oder vier<br />

Türen bevorzugt würden u.dgl. mehr.<br />

Eine in ihrer Linienführung sehr ansprechende Van den Plaas-Karosserie auf einem 2V 2->-iter-Jaauar-Chassis.<br />

dauer,von Automobilen sind. Beispielsweise erwägt<br />

der Käufer beim Ankauf eines neuen Wagens kaum<br />

je die Frage, wieviel ihn die Reparatur eines eingebeulten<br />

Kotflügels kosten wird. Bei den mannigfachen<br />

Hebeln und Knöpfen beachtet er eher die<br />

ChTomveraerung als die funktionell ideale Lage.<br />

Mechanische Einzelheiten sind seiner Beurteilung<br />

in der Regel überhaupt entzogen.<br />

Durch Befragung von Tausenden von Fahrern<br />

und Technikern hat nun « Consumers Union » eine<br />

vorläufige Wunschliste zusammengestellt, die sich<br />

auf die folgenden elf Hauptpunkte konzentriert:<br />

1. Grosse der Pneus. Pneus sollten imstande<br />

sein, ausser der toten Last des Wagens<br />

mehrere Hundert Pfund Nutzlast zu tragen, ohne<br />

überlastet zu sein. Folgende Beispiele zeigen die<br />

Variationen zwischen « gut > und «schlecht»: Marke<br />

A: 730 Pfund Nutzlast; Marke B: 600 Pfund<br />

Nutzlast-, Marke C: nur 117 Pfund; Marke D: nur<br />

120 Pfund.<br />

2. Niedrige Reparaturkosten. 1947<br />

wurden in den USA etwa 6,8 Milliarden Dollar für<br />

Autoreparaturen ausgegeben, d. h. rund 185 Dollar<br />

für jeden einzelnen der 37 Millionen Personenund<br />

Lastwagen Ein erheblicher Teil dieser Summe<br />

entfällt auf wirtschaftlich nicht zu rechtfertigende<br />

Ausgaben für minderwertige Batterieri> verrostete<br />

Karosserien und Chassis, überflüssige Verzierungen<br />

und ungeschickt konstruierte Kotflügel. Ein<br />

Teil der Summe muss darauf verwendet werden,<br />

um die «metallenen Unterröcke» abzumontieren,<br />

hinter denen die beschädigten Teile verborgen<br />

sind. Die Arbeitskosten waren, nach « Consumers<br />

Union », am niedrigsten für den<br />

3. Sicht und Bequemlichkeit. Beide<br />

werden zu oft den Erfordernissen der von Detroit<br />

bevorzugten Linienführung geopfert. Die neuen<br />

Studebaker-Modelle gelten hier als vorbildlich,<br />

reichen aber nicht an die Lastwagenkonstruktionen<br />

heran, die heute (<strong>1948</strong>) die grösste Bequemlichkeit<br />

beim Sitzen und die beste Sicht nach vorne und<br />

hinten bieten.<br />

4. Gesamtlänge im Verhältnis zum<br />

Nutzraum. Eine unsinnige Mode verlangt eine<br />

exzessive, durch Breite und Tiefe der Sitze selten<br />

gerechtfertigte Wagenlänge, die die Manövrierfähigkeit<br />

im Verkehr beeinträchtigt und zu sonst<br />

vermeidbaren Karo6seriebeschädigungen führt. Die<br />

beste Note erhalten in dieser Beziehung die Kaiser-<br />

und Studebaker-Modelle.<br />

5. Verzicht auf überflüssigen Luxus.<br />

Hierher gehören teure Lacke, die immer wieder<br />

durch Wachs geschützt werden müssen, teure<br />

Kühlerhauben, die einen eigenen Chromschutz verlangen,<br />

teure Stossdämpfer, die nur « 6chön », aber<br />

nicht funktioneil notwendig sind, und teure Polsterstoffe,<br />

die Schutzüberzüge erfordern.<br />

6. Rostschutz. Durch das «undercoating»<br />

von Wagenunterseiten kann heute ein Rosten verhindert<br />

oder wenigstens verzögert werden. Wenn<br />

die Fabriken selbst zum «undercoating > übergingen,<br />

Hessen sich die Kosten dieses Verfahrens auf<br />

einen Bruchteil der bisherigen Kosten reduzieren..<br />

7. Starten mit kaltem Motor. Es steht<br />

längst fest, da6S kaum ein Faktor so viel zum vorzeitigen<br />

Verschleiss der Motoren beiträgt wie « kaltes<br />

Starten ». Die Ingenieure der Autowerke haben<br />

dieses Problem jedoch überhaupt noch nicht in<br />

Angriff genommen.<br />

8. Vielseitigkeit. Die Trennungslinien<br />

zwischen Personentransport- und Nutzwagen sollten<br />

nicht so scharf gezogen werden. Es sollte möglich<br />

sein, gewöhnliche Autos durch Entfernung der<br />

hinteren Sitze vorübergehend in Fahrzeuge zum<br />

Transport nichtsperriger Güter zu verwandeln, ohne<br />

dass sich der Käufer gleich einen der kostspieligeren<br />

« Station wagons » zulegen müsste.<br />

9. Grössere Auswahl zusätzlicher<br />

Einrichtungen. Jeder Käufer sollte die Wahl<br />

haben, ein und dasselbe Modell je nach Bedarf z. B.<br />

mit Vierganggetriebe, mit automatischer Kraftübertragung<br />

oder mit Spezialmotoren für bergiges<br />

Gelände usw. zu kaufen. Eine solche Auswahl<br />

wurde 1947 nur bei Buick, Crosley, Mercury und<br />

Plymouth geboten.<br />

10. Geringeres Gewicht. Fast jeder Wagen<br />

ist heute ein paar Hundert Pfund schwerer, als<br />

er zu sein brauchte. Das Publikum zahlt für das<br />

Metall und für den erhöhten Benzinverbrauch und<br />

erhält einen Motor, der sich infolge stärkerer Beanspruchung<br />

schneller abnutzt.<br />

11. Weniger Luxus — mehr gesunder<br />

Menschenverstand. Folgende Teile müssen<br />

verbessert und folgende Operationen vereinfacht<br />

werden: Anbringung von Hebeln, Schaltern<br />

und Knöpfen am Armaturenbrett, Neigung der<br />

Windschutzscheiben (um den Blendeffekt herabzusetzen),<br />

Kontrolle des Oelniveaus, Montieren der<br />

Schneeketten und — das Ein- und Aussteigen.<br />

Dieser Wunschzettel ist gewiss nicht zu anspruchsvoll.<br />

Wenn 6eine Erfüllung von logischen<br />

Erwägungen abhinge, dürfte das amerikanische Publikum,<br />

bald das ideale Auto haben. Leider gibt<br />

die Logik allein jedoch nicht den Ausschlag.

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