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BLICKWECHSEL 2018

Journal für deutsche Kultur und Geschichte im östlichen Europa. Schwerpunkthema: »Zwischen Trauer und Triumph. Das Jahr 1918 und seine Folgen im östlichen Europa«

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26 MENSCHEN<br />

<strong>BLICKWECHSEL</strong><br />

DER GROSSE SPRUNG<br />

Dobrudschadeutsche in der Neuen Welt: Migration als Schicksal und Lebensentwurf<br />

Die dobrudschadeutschen Siedlungen entstanden aus einer<br />

Sekundärbewegung im Gefüge der deutschen Ostsiedlung:<br />

Schwarzmeerdeutsche aus dem Gouvernement Cherson<br />

und Bessarabiendeutsche entschlossen sich aufgrund der<br />

Prekarisierung ihrer Existenz zur Wanderung ins Osmanische<br />

Reich und gründeten ab der Mitte des 19. Jahrhunderts in<br />

insgesamt drei Wellen Siedlungen am Westufer des Schwarzen<br />

Meers, in der Dobrudscha. Da für viele aber auch hier<br />

ein sorgenfreieres Leben nicht möglich war, kam es bald<br />

wieder zu Abwanderungsbewegungen.<br />

Die Auswanderung in die beiden Amerikas begleitete<br />

die Dobrudschadeutschen während ihrer gesamten knapp<br />

hundert Jahre währenden Geschichte und war stets eng<br />

verbunden mit den Auswanderungsbewegungen der Bessarabien-<br />

und Schwarzmeerdeutschen. Paul Traeger, der<br />

während der deutschen Besatzungszeit im Ersten Weltkrieg<br />

die gründlichste ethnografische Aufnahme der Dobrudschadeutschen<br />

durchgeführt hat, gibt als Ursachen für die<br />

Abwanderung den Kinderreichtum und wirtschaftliche Missstände,<br />

vor allem aber die Rechtsunsicherheit an, die infolge<br />

der Machtübernahme in der Dobrudscha durch das junge<br />

rumänische Königtum entstanden war. Daneben nennt er<br />

auch konfessionelle Gründe, etwa für die Baptistengemeinden<br />

und die größtenteils nach Manitoba ziehenden Mennoniten,<br />

die sich nicht selten Repressionen ihrer evangelischen<br />

Glaubensbrüder ausgesetzt sahen. Eine erste Auswanderung<br />

nach Dakota ist für das Jahr 1882 aus der Siedlung Kataloi<br />

bezeugt. In den folgenden Jahren wurden die Dobrudschadeutschen<br />

von einer regelrechten Auswanderungswelle<br />

erfasst; manche Siedlungen gaben sie fast geschlossen auf.<br />

Nur wenige von ihnen wandten sich dabei zurück nach<br />

Deutschland – genauer: in die pommersche Heimat –, in den<br />

bulgarischen Teil der Dobrudscha oder zurück nach Russland,<br />

ihre unmittelbare Herkunftsstätte. Den Großteil zog<br />

es nach Übersee: nach Nord- und Süddakota, nach Kanada<br />

(Manitoba und Saskatchewan) und die Katholiken auch<br />

nach Argentinien.<br />

Vorwiegend politische Gründe hatten auch die Wanderungsbewegungen<br />

im Gefolge des Ersten Weltkrieges:<br />

Staatliche Willkür der rumänischen Siegermacht gegenüber<br />

Eine Behausung russlanddeutscher Präriesiedler in Kanada. Anstatt<br />

der hier sichtbaren Bauweise in Holz wurde oft die aus der Schwarzmeerregion<br />

importierte Bauweise in luftgetrockneten Lehmziegeln<br />

angewandt. Bild: Otto Boelitz: Das Grenz- und Auslanddeutschtum,<br />

München/Berlin 1926, Bildseite 21<br />

Das Haus der Deutschen Gesellschaft von Pennsylvania in Philadelphia<br />

steht exemplarisch für die Organisiertheit und den Wohlstand<br />

deutscher Siedler in den urbanen Zentren der Vereinigten Staaten<br />

um die vorletzte Jahrhundertwende. Bild: Otto Boelitz: a. a. O., Bildseite<br />

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