Christkatholisch 2017-01

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10 Spiritualität Christkatholisch 1/2017 Nur einmal besucht Paul Cézanne (1839–1906) den Lac d’Annecy im Departement Haute-Savoie. Es ist im Jahr 1896 als er diesen vom Wasser klarer Bergflüsse gespeisten See sieht. Cézanne, der lange Zeit vom Kulturbetrieb seiner Zeit regelrecht missachtet wurde, malt den See in der ihm eigenen Art. Er wollte in seinen Gemälden Dinge und Empfindungen wirklich werden lassen. So eröffnet Paul Cézanne in seinem Bild «Lac d’Annecy», das sich heute im Courtauld Institute of Art in London befindet, einen Blick auf die «wirkliche» Wirklichkeit. Einen Einblick in die Wirklichkeit, wie sie sich ihm erschliesst. Cézanne eröffnet eine weite Szene: Wasser, Ufer, Bäume, Berge. Einige wenige Gebäude erinnern an Menschen. Nur der Himmel fehlt. Die Berge und die Äste eines überhängenden Baumes verstellen den Blick nach oben. Mag der direkte Blick auf den Himmel auch nicht möglich sein, das himmlische Blau zeigt sich überall. Berghänge, Dächer, Blätter, Wasser – alles trägt die Farbe des Himmels. So wäre die Welt der Ort, wo der Himmel zu finden ist? Die Welt birgt den Himmel in sich. Es ist nicht Anspruch der christlichen Frömmigkeit, stets nach oben zu schauen. Der Glanz – das Blau – des göttlichen Geheimnisses ruht schon auf allem. Wie Gott sich der Welt zeigt, davon zu erzählen wird die biblische Tradition nicht müde. Mose, Elija, Maria, Jesus – immer wieder zeigt sich die göttliche Botschaft den besonders Begabten in unaussprechlichen Bildern. Paul Cézanne sieht das im Blau des Himmels in allen Dingen. Er findet Gott in allem. Der schlesische Dichter Johannes Scheffler (1624–1677) hat die Gegenwart des Himmels im Menschen bereits in der Barockzeit beschrieben: «Halt an, wo läufst du hin? Der Himmel ist in dir. Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für.» Führen wir Cézanne und Scheffler zusammen, ergibt sich eine einfache spirituelle Übung: So auf die Welt und die Menschen schauen, dass sich der Glanz, den Gott in uns und in unsere Welt legt, liebevoll und demütig erahnen lässt.
Christkatholisch 1/2017 Spiritualität 11 Wo ist der Himmel?
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