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IN DIESEM HEFT - Kölner Anwaltverein e.V. - Deutscher Anwaltverein

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Die Ausschüsse und Arbeitskreise informieren<br />

Der Ausschuss RVG informiert<br />

1. Die Zeit ist reif – Erhöhung der Anwaltsvergütung<br />

Die Bundesrechtsanwaltskammer und der Deutsche <strong>Anwaltverein</strong> überreichten<br />

im Dezember 2010 einen gemeinsamen Vorschlagskatalog zur<br />

Erhöhung der Anwaltsvergütung an das Bundesjustizministerium. In einer<br />

ersten Reaktion zeigte sich die Justizministerin offen für die Anliegen der<br />

Anwaltschaft.<br />

Das Anpassungsvolumen soll 15 % betragen. Die Anpassung soll sich aus<br />

strukturellen Änderungen zum einen und der linearen Erhöhung der Gebühren<br />

zum anderen zusammensetzen. Die letzte strukturelle Änderung fand mit<br />

Inkrafttreten des RVG im Jahr 01.07.2004 statt. Es wurden alte Gebühren<br />

abgeschafft wie zum Beispiel die Beweisgebühr oder erhöht wie zum<br />

Beispiel die Geschäftsgebühr und Terminsgebühr. Neue Gebühren wurden<br />

eingeführt wie zum Beispiel die Grundgebühr. Die letzte lineare Erhöhung<br />

stammt aus dem Jahr 1994. Die Streitwerttabelle - mit den Gebühren zu<br />

1,0 gerechnet - blieb 16 Jahre unverändert. Bei einem Vergleich der Anwaltseinkünfte<br />

zu den Verbraucherpreisen zeigt sich in der Entwicklung<br />

der Jahre 1996 bis 2006 eine ganz erhebliche Diskrepanz. Das Institut für<br />

freie Berufe hat einen Anstieg der Verbraucherpreise aus dem Jahre 1996<br />

zu 100 Punkten auf 115,5 und ein Rückgang der Anwaltseinkünfte auf 92,7<br />

Punkte im Jahr 2006 festgestellt.<br />

Strukturelle Änderungen beziehen sich zum Beispiel auf die Klarstellung<br />

der Entstehung einer Einigungsgebühr bei Ratenzahlungsvergleichen. Eine<br />

zusätzliche 0,8 Verfahrensgebühr für die erste Instanz und eine 1,1 für die<br />

zweite Instanz soll für die Fälle der Streitverkündung eingeführt werden. Der<br />

Hauptbevollmächtigte mit einer 1,3 Verfahrensgebühr verdient gegenüber<br />

dem Terminsvertreter mit einer 0,65 Verfahrensgebühr und 1,2 Terminsgebühr<br />

deutlich weniger, obwohl auf ihm die Hauptlast des Prozesses liegt.<br />

Dem Hauptbevollmächtigten soll deshalb eine 0,5 Terminsgebühr zustehen.<br />

Die Terminsgebühr für Beweistermine soll mit Rücksicht auf den besonders<br />

hohen Aufwand um 0,3 für jede Teilnahme an einem Termin zur<br />

Durchführung der Beweisaufnahme erhöht werden. Mehrere Erhöhungen<br />

dürfen einen Gebührensatz von 2,0 nicht überschreiten. Die Befriedungsgebühr<br />

nach Nr. 4141 V RVG soll im Hinblick auf die einverständliche Erledigung<br />

des Strafverfahrens durch einen Strafbefehl oder Rücknahme der<br />

Privatklage erweitert werden. Außerdem bedarf es aufgrund der Rechtsprechung<br />

des BGH einer gesetzgeberischen Klarstellung, dass die Befriedungsgebühr<br />

als zusätzliche Gebühr unabhängig davon entsteht, dass bei<br />

Einstellung des Strafverfahrens eine Bußgeldsache nachfolgt. Schließlich<br />

wird die Erhöhung der Kilometerpauschale auf € 0,50 und die Abwesenheitsgelder<br />

auf € 30,00, € 50,00 und € 80,00 verlangt.<br />

Das Bundesjustizministerium arbeitet bereits an einem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz<br />

II unter Berücksichtigung der anwaltlichen Vorschläge.<br />

Allerdings wird dabei auf eine Kompensation für die zu erwartenden Mehrausgaben<br />

bei den Ländern über die Prozesskostenhilfe und Verfahrenskostenhilfe<br />

geachtet. Das Gesetz soll noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet<br />

werden.<br />

2. Nachfestsetzung restlicher Verfahrensgebühren bei Anrechnung in<br />

Altfällen zulässig – alte Kostenfestsetzungsanträge in den Kanzleien<br />

sollten überprüft werden<br />

Die Anrechnung der Geschäftsgebühr in Altfällen vor dem 05.08.2009<br />

führte nach der überholten Rechtsprechung des BGH grundsätzlich zu einer<br />

Verminderung der Verfahrensgebühr. Dieser Zustand wurde mit Geltung<br />

des § 15a RVG beendet. Danach ist die Anrechung nur noch in Ausnahmefällen<br />

zulässig. Dies gilt auch für die Altfälle. Der Nachfestsetzung der<br />

restlichen Verfahrensgebühr steht die rechtskräftige Kostenentscheidung<br />

nicht entgegen.<br />

Über den nicht beantragten Teil der Verfahrensgebühr ist nicht rechtskräftig<br />

entschieden worden. Das Gericht hat auf Antrag nur über die geltend<br />

gemachte Höhe der verminderten Verfahrensgebühr entschieden. Die Entscheidung<br />

enthält keinen Ausschluss zur Geltendmachung der bisher nicht<br />

beantragten vollen Verfahrensgebühr. Die Rechtskraft kann sich nur auf<br />

den beantragten Teilanspruch beziehen.<br />

BGH Beschluss v. 28.10.10 – VII ZB 15/10<br />

w w w.koelner.anwalt verein.de<br />

Praxishinweis<br />

Die Verjährung des Erstattungsanspruchs dürfte nach § 197 Nr. 3 BGB als<br />

rechtskräftig festgestellter Anspruch erst nach 30 Jahren eintreten. Sie<br />

beginnt mit der Kostengrundentscheidung des Urteils oder des gerichtlichen<br />

protokollierten oder des durch Beschluss festgestellten Vergleichs.<br />

Hat die Rechtsanwältin / der Rechtsanwalt nur die verminderte Verfahrensgebühr<br />

beantragt, kann sie / er die Nachfestsetzung der restlichen Verfahrensgebühr<br />

beantragen.<br />

Hat die Rechtsanwältin / der Rechtsanwalt im Rahmen der PKH/VKH nach<br />

§ 55 RVG die Festsetzung der verminderten Verfahrensgebühr beantragt,<br />

kann sie / er gegen den Festsetzungsbescheid Erinnerung einlegen § 56<br />

Abs. 1 RVG. Sie ist nicht fristgebunden. Eine Nachfestsetzung kann gegen<br />

die Staatskasse beantragt werden. Zu beachten ist hierbei der Ablauf der<br />

regelmäßigen Verjährungsfrist.<br />

3. Rechtsschutzversicherung bei Vertretung in eigener Sache<br />

Die Rechtsschutzversicherung hat nach § 5 (1) a) ARB 94 die Vergütung<br />

des für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwalts zu tragen. Soweit<br />

eine / ein rechtsschutzversicherter Rechtsanwältin / Rechtsanwalt sich<br />

selbst vertritt, wird der Kostenschutz regelmäßig abgelehnt.<br />

Nach Auffassung des BGH ist die ARB Klausel nicht eindeutig. Das geht zu<br />

Lasten der Rechtsschutzversicherer. Nach § 78 Abs. 4 ZPO ist die Selbstvertretung<br />

ausdrücklich zugelassen. Der Versicherer muss daher die Kosten<br />

der Rechtsanwältin / des Rechtsanwalts nach RVG erstatten. Der § 78<br />

Abs. 4 ZPO ist zunächst nur eine verbindliche Regelung im Prozessrechtsverhältnis.<br />

Sie ist jedoch nicht ohne Einfl uss auf die Auslegung des § 5 (1)<br />

a) ARB 94. Die Deckungszusage beinhaltet die Übernahme der Rechtsverfolgungskosten<br />

des Versicherten für eine ordnungsgemäße Vertretung<br />

durch eine Rechtsanwältin / einen Rechtsanwalt. Der / dem versicherten<br />

Rechtsanwältin / Rechtsanwalt steht es frei, eine Kollegin / einen Kollegen<br />

zu beauftragen oder die Selbstvertretung zu wählen. Außerdem erfolgt<br />

unstreitig eine Kostenerstattung nach § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO durch die unterliegende<br />

Partei auch für die Vergütung einer/s sich selbst vertretenden<br />

Rechtsanwältin / Rechtsanwalts.<br />

BGH Beschluss v. 10.11.10 – IV ZR 188/08<br />

Praxishinweis<br />

Soweit ersichtlich enthalten die ARB 2010 dazu keinen Risikoausschluss.<br />

4. Verfahrenswert für den Versorgungsausgleich<br />

In die Wertberechnung für den Versorgungsausgleich nach § 50 I FamGKG<br />

sind nicht nur die auszugleichenden Anrechte, sondern auch jedes verfahrensgegenständliche<br />

Anrecht einzubeziehen, auch wenn es im Ergebnis zu<br />

keinem Ausgleich oder einer Teilung kommt.<br />

Das FamG hat in seiner Entscheidung für je ein Anrecht der Eheleute eine<br />

Teilung vorgenommen. Über drei weitere Anrechte hat es festgestellt, dass<br />

ein Ausgleich nach § 18 II VersAusglG wegen Geringfügigkeit unterbleibt.<br />

Nach § 50 I FamGKG beträgt in Versorgungsausgleichssache im Scheidungsverbund<br />

der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10% des in drei Monaten<br />

erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Es kommt für den Verfahrenswert<br />

nicht auf die Berücksichtigung des einzelnen Anrechts in der<br />

gerichtlichen Entscheidung, sondern auf die sachliche Prüfung der von den<br />

Versorgungsträgern erteilten Auskünfte durch das Gericht und den Verfahrensbevollmächtigten<br />

des anderen Ehegatten.<br />

OLG Stuttgart Beschl. 16.11.2010 – 11 WF 153/10<br />

RA Dr. Ulrich Prutsch<br />

Vorstandsmitglied KAV

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