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syndicom magazin Nr. 4 - Holen wir unsere Zeit zurück!

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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Gastautor<br />

Wie oft habe ich schon von flexiblen<br />

Arbeitszeiten reden gehört, das Wörtlein «Flexibilität»,<br />

wie oft drang es schon an mein Ohr. Und<br />

natürlich weiss ich, was «flexibel» bedeutet:<br />

biegsam, anpassungsfähig. Und warum muss<br />

etwas biegsam sein oder anpassungsfähig?<br />

Offensichtlich deshalb, weil es nötig ist. Ein Ast<br />

biegt sich im Wind und bricht nicht. Schön. Aber<br />

die Frage stellt sich doch: Wie steht es um die<br />

Flexibilität des Windes? Könnte nicht auch der<br />

Wind sich anpassen an den Ast und ein bisschen<br />

weniger heftig wehen oder seinen Luftstrom um<br />

den Ast herumbiegen, sodass der sich nicht<br />

biegen muss? Warum kann der Wind eigentlich<br />

nicht Rücksicht nehmen auf das Bedürfnis des<br />

Astes, nicht ständig flexibel zu sein? Warum<br />

bläst der einfach stur weiter, obwohl diese Flexibilität<br />

und ständige Anpassungsbereitschaft<br />

eine ziemlich anstrengende Angelegenheit sind?<br />

Und wie steht es in der Arbeitswelt? Wer biegt<br />

sich dort und wer bleibt stur? Ist es etwa das<br />

arme Ästlein der globalisierten Wirtschaft, das<br />

sich dem scharfen Wind beugen muss, der ihm<br />

von der Sturheit der Arbeitnehmenden entgegenschlägt?<br />

Wie ist es denn, wenn die Angestellten<br />

auf ihrem Feierabend oder freien Sonntag<br />

beharren und in ihrer Sturheit die Flexibilität<br />

partout nicht aufbringen wollen, sich jederzeit<br />

über ihr Handy zu beugen, um abzuchecken, ob<br />

der Vorgesetzte ihnen vielleicht jetzt gerade<br />

eine Mail geschrieben hat? Ist der Vorgesetzte<br />

dann etwa bereit, sich an die Sturheit seiner<br />

Angestellten anzupassen? Bringt er die nötige<br />

Flexibilität auf und wartet geduldig auf seine<br />

Antwort? Solange es als naturgegeben<br />

erscheint, wer im Kapitalismus die Ästlein sind<br />

und woher der Wind bläst, dem sie sich zu<br />

biegen haben, solange also die Rollen zwischen<br />

Sturen und Flexiblen so einseitig verteilt bleiben,<br />

erlaube ich mir meinerseits die Sturheit, das<br />

Wörtlein «Flexibilität» in die Ecke der ideologischen<br />

Kampfbegriffe zu stellen, mit denen eben<br />

dieser Kapitalismus seine Herrschaft behauptet.<br />

Vom Ästlein und<br />

dem scharfen Wind<br />

Gerhard Meister schreibt Theaterstücke,<br />

Hörspiele und Gedichte. Mit seinen Spoken<br />

Word­Texten steht er selber auf der<br />

Bühne. Unter anderem in der Formation<br />

Bern ist überall und als Duo meistertrauffer<br />

mit der Musikerin Anna Trauffer.<br />

Ende März hat sein neues Stück «Das<br />

grosse Herz des Wolodja Friedmann» am<br />

Schauspielhaus Zürich Premiere.<br />

gerhardmeister.ch<br />

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