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VSAO JOURNAL Nr. 2 - April 2018

Gleichgewicht - Gastroenterologie/Nephrologie Streit um Fallzahlen

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Gastroenterologie/Nephrologie
Streit um Fallzahlen

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FOKUS ▶ GLEICHGEWICHT<br />

Die Angst, auf den Stuhl zu steigen<br />

Wer nicht ohne ausgeprägte Furcht und starke körperliche Reaktionen eine Brücke überqueren<br />

oder eine Aussichtsplattform betreten kann, leidet unter Höhenangst. Die Akrophobie gehört als<br />

eigenständiges Krankheitsbild zu den spezifischen Angststörungen und ist für die Betroffenen<br />

sehr belastend. In der Therapie wird gezielt die Angst vor der Angst abgebaut. Die Erfolgsaussichten<br />

sind vielversprechend.<br />

Christine Bratschi, Psychologin und Psychotherapeutin, Praxis Kronenmatt, Binningen;<br />

Charles Benoy, Leitender Psychologe und Psychotherapeut, Zentrum für Spezielle Psychotherapie ZSP,<br />

Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel UPKBS<br />

Die Höhenangst als anerkanntes und eigenständiges<br />

Krankheitsbild ist in der<br />

wissenschaftlichen Literatur bereits seit<br />

den 60er Jahren bekannt. Hier muss jedoch<br />

in der Begriffsbestimmung unterschieden<br />

werden. Nicht jede Angst vor der<br />

Höhe ist nämlich in ihrem Ausmass als<br />

pathologisch bzw. krankhaft, belastend<br />

oder beeinträchtigend für den Betroffenen<br />

zu klassifizieren. Die Höhenangst als alltagssprachlicher<br />

Begriff muss deshalb<br />

vom Höhenschwindel unterschieden werden.<br />

Der Höhenschwindel ist gewissermassen<br />

ein Normalphänomen. Befindet<br />

sich eine Person in grösserer Höhe, tritt<br />

subjektiv das Gefühl einer Instabilität der<br />

Körperhaltung auf, welches mit der Angst<br />

vor einem (Ab)Sturz sowie anderen vegetativen<br />

Angstsymptomen wie z.B.<br />

Schweissausbrüchen oder Schwindelempfindungen<br />

einhergehen kann. Dies ist ein<br />

angeborenes Phänomen, das schon bei<br />

Kleinkindern beobachtet werden kann<br />

und eine normale Warnfunktion des Körpers<br />

darstellt. Die Angst vor dem Kontrollverlust<br />

spielt dabei eine wesentliche Rolle;<br />

Gedanken wie «ich könnte hinfallen/<br />

runterfallen» oder «ich könnte die Kontrolle<br />

über mich verlieren und hinunterspringen»<br />

sind ebenfalls als normal zu<br />

Behandlung an der UPK<br />

Die Verhaltenstherapie-Ambulanz (VTA) der Universitären<br />

Psychiatrischen Kliniken (UPK) in Basel behandeln<br />

zusätzlich zu anderem psychischen Leiden ebenfalls<br />

störungsspezifisch und leitlinienkonform Höhenängste<br />

in einem ambulanten und niederschwelligen Setting. Ist<br />

eine ambulante Behandlung von Angststörungen aufgrund<br />

unterschiedlicher Aspekte nicht ausreichend (Benoy<br />

& Schumann, 2015), bietet die UPK Basel ebenfalls<br />

ein umfänglicheres stationäres Behandlungskonzept für<br />

Angststörungen auf der Abteilung Verhaltenstherapie<br />

stationär (VTS) an.<br />

bewerten, sofern sie z.B. durch einen kleinen<br />

Schritt zurück korrigiert werden können.<br />

Nimmt die Angst vor der Höhe oder<br />

dem möglichen Sturz jedoch einen übertriebenen<br />

Stellenwert ein und Betroffene<br />

entwickeln eine sogenannte Angst vor der<br />

Angst, spricht man von Höhenangst.<br />

Spezifische Phobie<br />

Die Höhenangst als eigenständiges Krankheitsbild<br />

wird fachspezifisch auch als<br />

Akrophobie bezeichnet und ist in der internationalen<br />

statistischen Klassifikation<br />

der Krankheiten (ICD-10) unter den spezifischen<br />

(isolierten) Phobien subsumiert.<br />

Diese beschreiben das Erleben einer ausgeprägten<br />

Angstreaktion bei Anwesenheit<br />

oder der blossen Erwartung einer spezifischen<br />

Situation (in diesem Fall Höhensituationen),<br />

weswegen die Situation entweder<br />

vermieden oder nur unter anhaltender,<br />

sehr starker Angst ertragen wird. Betroffene<br />

erkennen zwar, dass die Angst<br />

übertrieben und in ihrem Ausmass unvernünftig<br />

ist, vermeiden dennoch die angstauslösenden<br />

Situationen, was zu erheblichem<br />

Leiden und/oder Beeinträchtigungen<br />

im beruflichen und/oder sozialen<br />

Umfeld führt. Typische angstauslösende<br />

Situationen bei Höhenangst sind z.B. der<br />

Aufenthalt auf einer Leiter, einer Brücke,<br />

einem Turm, einem Hochhaus, einem<br />

Balkon, einem verglasten Aufzug oder an<br />

einem steilen Abhang. Zu unterscheiden<br />

ist zwischen Menschen, welche nur Höhenangst<br />

im Freien erleben, und Menschen,<br />

die ebenfalls im Inneren, also zusätzlich<br />

z.B. hinter Glasscheiben ausgeprägte<br />

Angstreaktionen erleben. Bereitet<br />

bereits das Besteigen eines Stuhles oder<br />

das Überqueren einer Brücke Probleme,<br />

oder schränkt die Höhenangst auf andere<br />

Art die eigene Bewegungsfreiheit im Alltag<br />

ein, so handelt es sich nicht mehr um einen<br />

normalen Höhenschwindel, sondern<br />

man spricht von einer tatsächlichen Höhenangst<br />

bzw. Akrophobie.<br />

32 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 2 <strong>April</strong> <strong>2018</strong>

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