VSAO JOURNAL Nr. 2 - April 2018

Weitere Magazine

Info

PERSPEKTIVEN Wirkstoffklasse Schubtherapie für 5 – 7 Tage Prophylaxe für 3 – 12 Monate Bemerkungen Colchizin (nur perorale Gabe) Normalsituation Niereninsuffizienz Leberdysfunktion Komedikation: PGP/CYP3A4 Hemmer Tag 1:1 mg sofort, 1 Stunde später 0.5 mg; Tag 2 – 5: 0.5 mg 1-0-1 GFR > 60 ml/min: keine Dosisanpassung GFR 15 – 60 ml/min: Tag 1: 1 mg sofort; Tag 2 – 5: 0.5 mg 1-0-0 Hämodialyse: 1 mg sofort, 1 Stunde später 0.5 mg; Tag 2 – 5: 0.5 mg 1-0-0 Leberzirrhose Child A/B: Tag 1:1 mg sofort; Tag 2 – 5: 0.5 mg 1-0-0 starke PGP-/CYP3A4- Hemmer: Tag 1: 0.5 mg sofort; Tag 2 – 5: 0.25 mg 1-0-0 schwache PGP/CYP3A4- Hemmer: Tag 1:1 mg sofort; Tag 2 – 5: 0.25 – 0.5 mg 1-0-0 0.5 mg 1 – 2 x tgl. GFR > 60 ml/min: keine Dosisanpassung GFR 15 – 60 ml/min: 0.5 mg 1-0-0 Hämodialyse: 0.5 mg 1-0-0 Leberzirrhose Child A/B: 0.5 mg 1-0-0 starke PGP/CYP3A4- Hemmer: 0.25 mg 1-0-0 (oder 0.5 mg jeden 2. Tag) schwache PGP/CYP3A4- Hemmer: 0.5 mg 1-0-0 Bei Patienten mit Organdysfunktion unbedingt Komedikation beachten und Monitoring unerwünschter Wirkungen (gastrointestinal, hämatopoetisch, Myopathie, Neuropathie) Bei Patienten mit Child C Leberzirrhose gibt es keine Daten: kontraindiziert Steroide peroral 0.5 mg/kg/d Prednison 2.5 – 5 mg Prednison/d regelmässige BZ- und BD-Kontrollen intraartikuär intravenös 10 – 40 mg Triamcinolon je nach Grösse des Gelenkes z.B. Methylprednisolon 0.5 mg/kg/d bei Langzeittherapie unerwünschte Wirkungen wie Osteoporose und Nebennierenrindeninsuffizienz möglich NSAR Ibuprofen 2×800 mg/d Ibuprofen 600 mg/d Kontraindikation bei aktiven gastrointestinalenUlcera, Niereninsuffizienz, Herzinsuffizienz und Leberzirrhose oder Naproxen 2×500 mg/d Naproxen 500 mg /d COX 2-Hemmer (Beispiele) Celecoxib 2×200 mg/d Celecoxib 100 mg/d Interleukin-1-Blocker Anakinra, IL-1 Rezeptorantagonist 100 mg s. c. 1×tgl. für 7 Tage Canakinumab, IL-1 Antikörper, 150 mg s. c. Einmalgabe alle 3 Monate max. Rilonacept Fusionsprotein 160 mg s. c. 1×/ Woche für 1 Monat Reduzierte Dosierung für Prophylaxe z.B. Anakinra 1×/Woche Indiziert fallstherapierefraktäre Gicht oder KI für andere Medikamente In CH Wirkklasse nicht zugelassen für Gicht Tabelle 3. Antientzündliche Therapeutika. Folgend Beispiele von Therapieschemata, Anpassung an den individuellen Patienten und den Schweregrad des Schubes sollen vorgenommen werden, Medikamenteninteraktionen und Komorbiditäten müssen berücksichtigt werden 40 VSAO JOURNAL ASMAC Nr. 2 April 2018
PERSPEKTIVEN so zeigte Rilonacept bzgl. Schmerzreduktion keinen zusätzlichen Benefit zu Indomethacin im Rahmen der Schubtherapie. Schubprophylaxe Unter Einleitung der harnsäuresenkenden Therapie kommt es vermehrt zu Gichtschüben; um dies zu verhindern, wird gemäss den aktuellen Guidelines eine bis zu 12-monatige Schubprophylaxe empfohlen. Meist mit Colchizin [25] (0.5 – 1 mg/d), bei Komedikation mit interagierenden Arzneistoffen und/oder Organinsuffizienz mit Dosisreduktion (s. Tab. 3). In einer Studie mit Patienten, welche Allopurinol gestartet hatten, wurde der Effekt von Colchizin auf die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Schüben und auf die Schwere erneuter Schübe gegenüber Placebo untersucht. In dieser randomisierten, Placebo-kontrollierten Studie mit 43 Patienten traten in der Placebogruppe bei 77% und in der Colchizingruppe (0.6 mg/d) bei 33% der Patienten Schübe auf [25]. Alternativ wird auch eine Steroidprophylaxe in absteigender Dosierung (z.B. Prednision 10 mg/d, nach 2 Wochen auf 5 mg/d reduzieren) empfohlen. Neben anderen unerwünschten Nebenwirkungen wie im Abschnitt Schubtherapie beschrieben, ist bei längerer Gabe die Entwicklung einer Osteopenie oder Osteoporose wahrscheinlich. Hier sind bald nach Therapiestart die Durchführung einer Osteodensitometrie und eine Prophylaxe mit Calcium-/Vitamin D3-Präparaten indiziert. Die zusätzliche prophylaktische Verabreichung eines Bisphosphonats hängt von der vorgesehenen Dauer der Therapie und der Risikokonstellation des Patienten ab. Ferner muss auch an die Entwicklung einer Nebennierenrindeninsuffizienz gedacht werden. NSAR in absteigender Dosierung sind aufgrund des Nebenwirkungspotentials nur bei jüngeren gesunden Patienten zu erwägen, die Schubprophylaxe mit NSAR ist zudem ungenügend untersucht. Auch Interleukin-1 Blocker sind, in erster Linie bei Niereninsuffizienz und therapierefraktärer Gicht, eine Möglichkeit [26, 27] bei Beginn der harnsäuresenkenden Therapie Schübe zu verhindern. Harnsäuresenkung: start low, go slow [3] Die Harnsäure-Senkung geht oft mit Auslösung von Schüben einher [1]. Dieses Risiko kann durch eine parallele antientzündliche Therapie vermindert werden. Die Schubproprophylaxe sollte genügend lange, d. h. bis zum Erreichen von stabilen Serumwerten der Harnsäure, meist für 3 – 12 Monate beibehalten werden. Eine medikamentöse Senkung der Harnsäurewerte zusätzlich zur Lifestyle- Modifikation ist indiziert bei über zwei Attacken pro Jahr oder in speziellen Risikosituationen wie erosiver Arthritis, tophöser Gicht, schwerer Niereninsuffizienz oder Urat-Nephropathie. Der Ziel- Harnsäurewert beträgt 360 µmol/l; falls bereits Tophi vorhanden sind, werden sogar Harnsäure-Spiegel von unter 300 µmol/l [28] angestrebt. Die Harnsäure-Messungen sind jeweils im schubfreien Intervall vorzunehmen, im Schub können die Harnsäure-Werte im Serum erniedrigt sein. Durch Lifestyle-Massnahmen sind nur 10% des Harnsäurewertes zu senken, dies ist meist nicht genügend [29]. Zur medikamentösen Senkung existieren Präparate aus drei Wirkstoffklassen: Xanthin-Oxidasehemmer, Uricosurica und Uricase. Die Therapie der Wahl sind Xanthin- Oxidasehemmer, in erster Linie Allopurinol. Dieser Arzneistoff ist der einzig zugelassene Xanthin-Oxidasehemmer in der Schweiz. Uricosurica werden bei ungenügender Wirkung einer Monotherapie bei guter Nierenfunktion in Kombination mit Xanthin-Oxidasehemmern eingesetzt, in der Schweiz ist einzig der Wirkstoff Probenecid zugelassen. Uricase wird vor allem bei tophöser Gicht und schwergradiger Niereninsuffizienz eingesetzt, eine Kombinationstherapie ist hier nicht empfohlen. Es zeigt sich eine Tendenz, direkt im Schub oder gleich nach Abklingen des Schubes mit der Harnsäuresenkung zu beginnen. Ebenfalls wird seit neuerem regelhaft der Beginn einer Schubprophylaxe mit niedrig dosierten Entzündungshemmern empfohlen [3]. Dieser Paradigmenwechsel mag auf die veränderte Pa tientencharakteristik mit nun weit verbreiteter Nierenfunktionsstörung zurückzuführen sein, welche das Auftreten von Schüben fördert. Xanthin-Oxidasehemmer Derzeit sind 2 Präparate auf dem Markt: Allopurinol und Febuxostat, Febuxostat ist von der FDA und EMA zugelassen, jedoch nicht von Swissmedic. Weitere Wirkstoffe werden derzeit in Phase II Studien untersucht. Xanthin-Oxidasehemmer sind die erste Wahl bei der Harnsäuresenkung. Allopurinol Allopurinol wird hepatisch zu Oxypurinol metabolisiert, welches renal eliminiert wird. Bei Niereninsuffizienz kommt es deshalb zur Akkumulation von Oxypurinol. Allopurinol und Oxypurinol können verzögerte Hypersensitivitäts- Reaktionen auslösen. Bereits 2005 wurde in einer taiwanesischen Fallkontrollstudie die Assoziation von lebensbedrohlichen kutanen Hautreaktionen (SCAR) mit dem Allel HLA-B*5801 unter Allopurinol beschrieben. Bei 51 Patienten, die unter Allopurinol ein SCAR erlitten, verfügten 100% über das Allel HLA-B*5801 [30]. Vor Beginn von Allopurinol sollte gemäss den ACR-Guidelines von 2012 in Risikosituationen ein HLA-B*5801 Screening vorgenommen werden. Zu diesen Risikosituationen gehört generell die Behandlung von Patienten mit chinesischer (Han-Chinesen) oder thailändischer Abstammung. Des weiteren sollten auch Patienten koreanischer Abstammung, wenn sie gleichzeitig eine schwere Nierenfunktionsstörung aufweisen, gescreent werden [2]. Auch bei Patienten kaukasischer Abstammung mit schwerer Niereninsuffizienz kann ein HLA-B*5801 Screening erwogen werden. Allopurinol wird langsam eintitriert. Ein Beginn mit 100 mg/d ist empfohlen, bei schwerer Niereninsuffizienz 50 mg/d oder 100 mg alle zwei Tage. Eine erste Steigerung kann nach zwei bis vier Wochen erfolgen. Ein Monitoring mit Blutbild, Harnsäure-, Leber- und Nierenwerten sollte nach vier Wochen vorgenommen werden. Vor allem bei Patienten mit Niereninsuffizienz sind in den ersten 3 Monaten monatliche und dann 3-monatliche Kontrollen indiziert. Bei Auftreten eines Allopurinol-Hypersensitivitätssyndroms (Exanthem, enorale Läsionen, Hepatopathie, Eosinophilie, Lymphadenopathie, Fieber) muss Allopurinol gestoppt werden. Die harnsäuresenkende Therapie sollte auch bei Auftreten von Schüben und nach Erreichen des Zielwertes der Serumharnsäure weitergeführt werden. Nr. 2 April 2018 VSAO JOURNAL ASMAC 41
Seite 1 und 2: Nr. 2 April 2018 Verband Schweizeri
Seite 3 und 4: INHALT Titelbild: aebi, grafik & il
Seite 5 und 6: EDITORIAL Foto: Severin Novacki Cat
Seite 7 und 8: POLITIK GESUNDHEITSPOLITIK Mindestf
Seite 9: Take iT easy Die Praxissoftware der
Seite 12 und 13: WEITERBILDUNG / ARBEITSBEDINGUNGEN
Seite 14 und 15: Wir beraten Ärztinnen und Ärzte,
Seite 16 und 17: VSAO SEKTION BASEL Spitalfusion auc
Seite 18 und 19: VSAO SEKTION THURGAU Veränderungen
Seite 20 und 21: VSAO § Rechtsberatung Lorenza Pedr
Seite 22 und 23: VSAO -INSIDE Verband Schweizerische
Seite 24 und 25: FOKUS ▶ GLEICHGEWICHT Faszination
Seite 26 und 27: FOKUS ▶ GLEICHGEWICHT Schlafen au
Seite 28 und 29: FOKUS ▶ GLEICHGEWICHT Der seiltan
Seite 30 und 31: FOKUS ▶ GLEICHGEWICHT Balance der
Seite 32 und 33: FOKUS ▶ GLEICHGEWICHT Die Angst,
Seite 34 und 35: FOKUS ▶ GLEICHGEWICHT scher Unter
Seite 36 und 37: PERSPEKTIVEN ren des Druckes im unt
Seite 38 und 39: PERSPEKTIVEN Reine PGP-Hemmer • C
Seite 42 und 43: PERSPEKTIVEN Wirkstoff-Gruppe Dosie
Seite 44 und 45: PERSPEKTIVEN Zusammenfassung: Trotz
Seite 46 und 47: • Geriatrie/Depressionen • Trip
Seite 48 und 49: MEDISERVICE VSAO-ASMAC BRIEFKASTEN
Seite 50 und 51: Logo_Q-Publikation_D_2018_CMYK.pdf
Seite 52: LÜCKENLOSER SCHUTZ. MIT BELOHNUNG

VSAO JOURNAL Nr. 2 - April 2018

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

Template löschen?

Als Template speichern?