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Reiten im Gelände Auf dem Pferderücken quer durch Deutschland ...

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„Wie war das eigentlich ... Henning Daude?“<br />

Als der 13jährige Henning am<br />

Abend seiner Konfirmation sein<br />

Sparschwein schlachtet, sieht er<br />

sich am Ziel. Seit Jahren hatte er<br />

auf geduldigen Schulpferden trainiert,<br />

aber nun würde das Geld reichen<br />

für sein eigenes Pferd. Etwas<br />

anderes hatte er nie gewollt, nichts<br />

schien ihm beglückender. Nun sollte<br />

es etwas Flottes sein, erklärte<br />

er seinen ahnungslosen Eltern, die<br />

mit der Leidenschaft ihres Sohnes<br />

nicht viel anfangen konnten.<br />

Henning kaufte ein Englisches Vollblut<br />

direkt von der Rennbahn, der<br />

Name – so meint er heute – hätte<br />

ihn schon stutzig machen sollen<br />

– Amphora und was er bekam<br />

war flott! Sie blieb nicht lange in<br />

seinem Besitz, genau bis zu <strong>dem</strong><br />

Tag, als er sich mit ihr auf einem<br />

Feld überschlug und in einen Graben<br />

fiel. Erst nach<strong>dem</strong> der Bauer<br />

das Pferd wieder aufgerichtet hatte,<br />

konnte der halbwüchsige Henning<br />

mehr oder weniger unversehrt<br />

wieder hervorklettern. Es war noch<br />

mal gut gegangen, aber Amphora<br />

wurde abgeschafft. Die Eltern hegten<br />

die Hoffnung, dass der Junge<br />

nun von seinem Hobby geheilt sein<br />

würde und verboten ihm erstmal<br />

jeden neuen Kaufversuch, aber das<br />

Schicksal meinte es gut mit Henning.<br />

Eine Freundin musste aus seiner<br />

He<strong>im</strong>atstadt Göttingen wegziehen<br />

und überließ ihm ihren weißen<br />

Shagya-Araber namens Capricio<br />

und es sollte die Pferdeliebe seines<br />

Lebens werden, eine tiefe Freundschaft<br />

geprägt von tiefem Vertrauen<br />

und magischen Momenten.<br />

Sein Rufname „Chappy“ hatte einen<br />

eher weltlichen Hintergrund,<br />

verliehen von seiner Besitzerin in<br />

Momenten der Widerspenstigkeit,<br />

wenn sie ihm drohte genau als solches<br />

zu enden. Zum Glück kam er<br />

in Hennings Hände, aber der Name<br />

blieb und sie wurden ein glückliches<br />

„englisches Reitpaar“.<br />

Henning war schon früh sehr erfolgreich,<br />

wurde Deutscher Jugendreitmeister<br />

und wurde zunächst ein<br />

hervorragender Dressurreiter, auch<br />

beruflich qualifizierter er sich und<br />

schloss eine Ausbildung zum Pferdewirt<br />

Zucht und <strong>Reiten</strong> bei Familie<br />

Leckebusch ab.<br />

Vieles wäre wohl anders verlaufen,<br />

wenn er nicht den Heilungsprozess<br />

eines völlig verstörten Pferdes einer<br />

Freundin miterlebt hätte. Es<br />

war Peter Kreinberg, der auf seiner<br />

Ranch Goting Cliff das schier unmögliche<br />

geschafft hatte und Henning<br />

war fasziniert von seinen Methoden.<br />

Aus heutiger Sicht sei es<br />

für ihn wie der Einstieg in eine Droge<br />

gewesen. Er begann Pferde aus<br />

einem unbekannten Blickwinkel zu<br />

betrachten. Es versuchte Chappy<br />

nicht mehr ständig kontrolliert zu<br />

reiten, sondern ihm die Möglichkeiten<br />

zu geben, sich zu entscheiden:<br />

Er konnte nun wählen, ob er sich in<br />

einer Komfortzone harmonisch unter<br />

ihm bewegte oder es sich selbst<br />

schwer zu machen. Sein Pferd dabei<br />

langsam <strong>im</strong>mer besser zu verstehen,<br />

mit ihm zu wachsen, war<br />

eine neue D<strong>im</strong>ension. Peter Kreinberg<br />

hatte längst Hennings Talent<br />

erkannt und gab ihm eine Anstellung<br />

auf Goting Cliff in Wagenhoff.<br />

Bekannte Westernreiter wie Volker<br />

Laves oder Lyle Jackson unterstützen<br />

ihn in seiner Entwicklung.<br />

Unzählige Erfolge, Allround Champion<br />

Titel sowie Deutsche Meisterschaften<br />

waren das Ergebnis seiner<br />

konsequenten und ehrgeizigen<br />

Arbeit an sich und seinen Pferden.<br />

Henning wurde ins <strong>Deutschland</strong><br />

WESTERNREITER – Juni 2011<br />

Kader der NRHA berufen und nahm<br />

mit seinem Quarter Pines Advocate<br />

an den Europameisterschaften in<br />

Italien 2003 teil.<br />

Vor allem die Arbeit mit jungen<br />

Pferden fasziniert ihn <strong>im</strong>mer mehr,<br />

Rittigkeit, Durchlässigkeit, Gymnastizierung,<br />

das sind die Pfeiler<br />

seiner Arbeit.<br />

Es sind nun weniger die großen<br />

Turniererfolge, Meisterschaften, die<br />

ihn reizen. Als freier Trainer macht<br />

es ihm Freude, sein Wissen und seine<br />

Erfahrungen weiter zu geben.<br />

Glück für ihn ist, wenn er Reiter und<br />

Pferd den Weg aus einer verfahrenen<br />

Situation weisen kann, wenn er<br />

hilft Traumata zu überwinden, weil<br />

er Ängste ernst n<strong>im</strong>mt oder wenn<br />

eine seiner Schülerinnen wie Gesine<br />

Stege zum European Champion<br />

wird. Er hat nah miterlebt wie eine<br />

krebskranke junge Frau aus <strong>dem</strong><br />

täglichen glücklichen Umgang mit<br />

ihrem Pferd soviel Kraft geschöpft<br />

hat, dass kein Medikament besser<br />

hätte helfen können.<br />

Respekt und Geduld sind für ihn <strong>im</strong><br />

Umgang mit Pferden das höchste<br />

Gut. Wer in seinen Kursen ungeduldig<br />

oder ungerecht zu seinem Pferd<br />

wird, der lernt eine andere Seite<br />

von Henning kennen, die er selbst<br />

„unausstehlich“ nennt.<br />

Sein Chappy hat ihn 22 Jahre seines<br />

Lebens begleitet, mit fast 30<br />

Lebensjahren fiel der Sch<strong>im</strong>mel<br />

plötzlich auf der Weide tot um. Kein<br />

Pferd, so gibt Henning zu, hat trotz<br />

aller gemeinsamer nationaler Erfolge<br />

ihm je den Platz in seinem Herzen<br />

streitig machen können. Mit<br />

ihm hatte er diese berührenden<br />

Momente, wenn der Sch<strong>im</strong>mel frei<br />

neben <strong>im</strong> <strong>Gelände</strong> mitlief, wenn er<br />

ein anderes Pferd in Beritt hatte.<br />

Es war als sei da ein unsichtbares<br />

Band gewesen ...<br />

Henning Daude hat in fast allen Disziplinen<br />

fast alle Lektionen geritten<br />

und sportlich so viel erreicht. Wenn<br />

er sich heute etwas wünscht, dann<br />

endlich mal wieder Zeit zu haben,<br />

um mit seinem Pferd ans Meer zu<br />

fahren und einen langen Strandritt<br />

zu machen. An seiner Seite wie <strong>im</strong>mer<br />

seine Hündin, denn ohne beide<br />

– so sagt er – wäre er nicht komplett.<br />

Andrea Sahlmen<br />

ewu regio 43

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