DER BIEBRICHER, Nr. 318, Mai 2018

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DANIEL RETTIG Den Lebensabend in Gemeinschaft und mit vielen Anregungen und Angeboten verbringen Das Katharinenstift heute Man findet ihn immer noch im Internet in einer Liste namens „Weltfußball“: Walter Zeitler, ehemaliger Bundesligaspieler beim 1. FC Nürnberg. Der charmante alte Herr, stets korrekt mit Jackett unterwegs, wohnt seit einigen Jahren im Katharinenstift und plaudert gerne über seine Karriere als Fußballprofi, deren Höhepunkt in den fünfziger und sechziger Jahren war. Auch beim SV Wiesbaden hat Zeitler gespielt. Er lebte bis 2014, nach dem Ende der Fußballkarriere als Verwaltungsangestellter tätig, in einer Wohnung in Biebrich, dann zog er hier ein, wie viele Biebricher es tun. „Hier ist jetzt mein Zuhause“, sagt er. „Es ist hier sehr angenehm. Mir wird vieles geboten. Und ich kann tun und lassen, was ich will.“ Auch Rosemarie Sodini ist schon sehr lange Bewohnerin des Katharinenstifts. Die 78-Jährige zog schon vor mehr als einem Jahrzehnt in ihr schönes, helles Zimmer, das mit bunten Bildern dekoriert ist. Manche davon hat sie hier selbst gemalt. Auch viele Bücher stehen in ihrem Regal. „Ich lese unheimlich gerne Krimis, kann mir gar nicht spannend genug sein“, sagt die Biebricherin, die froh ist, in ihrem Geburtsort auch ihren Lebensabend verbringen zu können. Rosemarie Sodini war beim Deutschen Filminstitut tätig und hat vor vielen Jahren das „Archivkino Caligari“ mitbegründet. Im Katharinenstift schätzt sie die persönliche Freiheit, die den Bewohnern ermöglicht wird: „Ich schlafe morgens gerne lang“, sagt Sodini. „Das ist hier überhaupt kein Problem. Ich genieße es, nicht mehr früh aufstehen zu müssen.“ Die Biebricherin engagiert sich auch im Heimbeirat. „Hier sind alle ansprechbar, wenn mal was ist. Das weiß ich zu schätzen.“ Bewohner des Katharinenstifts bei einem Ausflug mit der Fahrradrikscha, die von Einrichtungsleiterin Anna Eisold gesteuert wird. Das zum Evangelischen Verein für Innere Mission gehörende Katharinenstift ist in Biebrich seit 125 Jahren eine feste Größe. In über 100 Zimmern können ältere Menschen ihren Lebensabend in Gemeinschaft und mit vielen Anregungen verbringen, verfügen aber auch über die nötige Privatsphäre. Abwechslungsreiche Angebote und die schöne Lage zwischen der Geschäftigkeit des Ortskerns und der Ruhe des Schlossparks sind besondere Merkmale des Katharinenstifts, das sich auch als „geriatrisches Zentrum“ profiliert: Hier gibt es direkt vor Ort Partner wie das Alzheimer-Tageszentrum, die Beratung der Alzheimer-Gesellschaft, die geriatrische Tagesklinik der Asklepiosklinik und eine Das „Haus Friedheim“ auf dem weitläufigen Gelände des Katharinenstifts zwischen Rathausstraße und Schlosspark. Praxis für Physio-, Ergotherapie und Logopädie. Die Bewohner können von viel Fachkompetenz mit kurzen Wegen profitieren. Doch das Katharinenstift positioniert sich auch seit etwa zehn Jahren als spezialisiertes Zentrum für Menschen mit Demenz, gerade weil hier so viel Fachwissen vor Ort zur Verfügung steht. „Da wir zwei Gebäude mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen haben, kam sehr schnell der Gedanke auf, die Versorgung von Menschen mit Demenz in einem Stufenkonzept abzubilden“, erklärt Einrichtungsleiterin Anna Eisold. In vier Stufen kann den Bedürfnissen in unterschiedlichen Stadien der Demenz Rechnung getragen werden: Bei beginnender Demenz mit ambulanter Betreuung im Tageszentrum, im „Haus Friedheim“ werden noch mobile Erkrankte in einem Wohngruppenmodell betreut. Etwa zehn Bewohner leben auf einer Etage mit großer Wohnküche zusammen. In den Wohnbereichen „Schlosspark“ und „Gibb“ - vieles ist hier nach Biebricher Begriffen benannt - leben körperlich stärker beeinträchtigte dementiell Erkrankte. Und zehn Plätze für besonders Pflegebedürftige bietet der Wohnbereich „Mosburg“. Er gilt als „High Care-Einheit“: Speziell ausgebildetes Pflegepersonal kann hier den Bedürf- OLIVER HEBEL 26 DER BIEBRICHER / MAI 2018
nissen der Erkrankten über alle Sinneskanäle gerecht werden. Therapeutische Konzepte wie „Basale Stimulation“ und „Integrative Validation“, die sich an den besonderen Möglichkeiten der Kommunikation mit Demenzkranken orientieren, werden hier angewendet und die Mitarbeiter darin speziell geschult. Auch Musiktherapie und andere Verfahren haben ihren Platz. Und auch zukunftsweisende Technik wird im Katharinenstift erprobt und erforscht: „In einem Forschungsprojekt über Robotik in der Pflege konnten wir bereits erste Erfahrungen sammeln“, berichtet Anna Eisold. Darüber hinaus haben auch die dauerhaft bettlägerigen Bewohner eine Möglichkeit, Gemeinschaft zu erfahren: Durch einen großzügigen Wohn- und Essbereich können sie auch in ihrem Bett im gemeinsamen Bereich dabei sein - oder die Düfte und Farben des hauseigenen Kräutergartens genießen. Es gibt aber auch einen Bereich, in dem Menschen ohne dementielle Erkrankung leben: „Auf unserem Wohnbereich „Rettbergsaue“ leben 24 Menschen, die keine Demenz haben“, sagt Eisold. „Man muss allerdings auch sagen, dass sich die Abgrenzung nicht immer klar ziehen lässt. Wir besuchen jedoch meist die Menschen, bevor sie bei uns einziehen, zu Hause, in der Reha oder in der Klinik, um abschätzen zu können, ob der jeweilige Wohnbereich passend für sie sein kann. Ich denke, dass das auch ein Alleinstellungsmerkmal für das Katharinenstift ist. Wir lernen den Menschen so im Vorfeld eines Einzuges bei uns kennen und können entsprechende Fragen klären“. Zu den allgemeinen Angeboten informiert Anna Eisold: „Neben den Festen und Aktivitäten wie der traditionellen Fastnachtssitzung des Vereins ‚Sprudel‘ und Sommer- oder Adventsfesten leben wir natürlich als kirchlicher Träger auch die christlichen Feste und Rituale in unserer Einrichtung. Zudem bieten wir unseren Bewohnern ein breites Spektrum an wöchentlichen Angeboten, zu denen sie durch unsere Mitarbeiter motiviert und auch gebracht werden: Zweimal wöchentlich Gymnastik, Yoga, Singgruppe, Theatertherapie, Yoga, Kunstpädagogik unter dem Namen ‚Farbzeit‘, einen Chor und zur Zeit auch ein Nähprojekt. Daneben haben wir noch aufsuchende Angebote wie die Musiktherapie durch Karola Hartmann und die Clownsbesuche durch die Auch Musiktherapie mit Klangschalen wird für die Bewohnerinnen und Bewohner des Katharinenstifts angeboten. ‚Clowns Madams und Buben‘.“ Zum Jubiläumsjahr sind einige besondere Veranstaltungen geplant: Natürlich ein Festakt, aber auch kleinere Aktionen wie eine Ausstellung. „Im Rahmen des Jubiläumsjahres werden wir gemeinsam mit der ‚Fotoblende 48‘, einem Verein von Hobbyfotografen, ein Projekt und eine Ausstellung initiieren. Unter dem Motto „Biebrich - unsere Heimat“ werden die Fotografen Motive aus Biebrich aufnehmen, die wir dann auch in den jeweiligen Wohnbereichen aufhängen möchten“, freut sich Anna Eisold schon jetzt. Ein Wermutstropfen ist die Fachkräftesituation - wie bei allen Pflegeeinrichtungen: „Wir blicken besonders der zunehmenden Schwierigkeit in der Gewinnung und Bindung qualifizierter Pflegefachkräfte mit Sorge entgegen. Verbunden mit hohen gesetzlichen und gesellschaftlichen Erwartungen, sowie unseren eigenen Qualitätsansprüchen wird das sicherlich ein äußerst kniffliges Unterfangen. Zudem stellt für uns die praktische Umsetzung der Generalistischen Pflegeausbildung eine besondere Herausforderung dar“, so die Einrichtungsleiterin. (art) LISA FARKAS Öffentliche Veranstaltungen während der Festwochen im Katharinenstift: 9. Juni, 15.30 Uhr, offizielle Eröffnung der Festwochen durch EVIM Vorstand Pfarrer Matthias Loyal und Oberbürgermeister Sven Gerich, anschließend Biebrichs größte Kaffeetafel mit Luftballonaktion und Konzert der Swing Company Wiesbaden 12. Juni, 16 Uhr, Vernissage der „Fotoblende 48“ unter dem Motto „Biebrich - Unsere Heimat“ 14. Juni, 19 Uhr, Bildervortrag über Biebrich und Wiesbaden von und mit dem Historiker Peter-Michael Glöckler 21. Juni, 15.30 Uhr, Acapella-Konzert der „Männer WG“ der Diltheyschule im Innenhof 24. Juni, 11 Uhr, Openair-Abschlussgottesdienst mit Pfarrer Matthias Loyal Weitere Informationen unter Telefon (0611) 6937112. DER BIEBRICHER / MAI 2018 27
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