28.05.2018 Aufrufe

syndicom magazin Nr. 5 - Recht auf Bildung. Für alle

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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Dossier<br />

«Alle sollten Anspruch <strong>auf</strong> fünf Tage<br />

Weiterbildung pro Jahr haben.»<br />

Laura Perret Ducommun, Zentralsekretärin<br />

beim SGB für <strong>Bildung</strong> und Jugend, verlangt die<br />

Einführung eines allgemeinen <strong>Bildung</strong>surlaubs.<br />

Text: Sylvie Fischer<br />

Wenn man in den Gesamtarbeitsverträgen nach dem<br />

Stichwort Weiterbildung sucht, stellt man fest: In vielen<br />

GAV ist nichts oder höchstens ein Weiterbildungstag<br />

vorgesehen. Wie denken Sie über diese Tatsache?<br />

Im Gesetz oder in den GAV muss der Anspruch <strong>auf</strong> fünf<br />

Tage <strong>Bildung</strong>surlaub pro Jahr verankert werden. Als<br />

Dachorganisation von 16 Gewerkschaften halten wir eine<br />

solche Massnahme für voll und ganz gerechtfertigt. Sie<br />

würde Vorstösse <strong>auf</strong>greifen, die vor einiger Zeit lanciert<br />

wurden, aber erfolglos blieben. Der Weiterbildung sollte<br />

heute eine grössere Bedeutung beigemessen werden, da<br />

man im Verl<strong>auf</strong> seines Arbeitslebens mehrmals den Beruf<br />

wechselt. Es gibt zwar GAV, in denen Weiterbildungstage<br />

oder -fonds vorgesehen sind. Wir wissen aber nicht,<br />

wie gross der Anteil der Angestellten ist, die davon profitieren.<br />

Zu diesem Thema sollte eine empirische Untersuchung<br />

durchgeführt werden. Meiner Meinung nach fehlt<br />

im heutigen System vor <strong>alle</strong>m die Finanzierung: Angestellte<br />

mit Familie haben keine Zeit für den Besuch einer<br />

Weiterbildung oder ganz einfach kein Geld dafür. Gemäss<br />

dem Weiterbildungsgesetz sind die Angestellten<br />

prioritär selbst für ihre Weiterbildung verantwortlich, die<br />

Arbeitgeber sollen diese begünstigen. Die Finanzierung<br />

und Unterstützung durch die Arbeitgeber hätte im Gesetz<br />

verbindlicher festgehalten werden müssen.<br />

Seit dem 1. Januar 2018 gibt es neue Bundesbeiträge für<br />

Weiterbildungen. Sie stellen fest, dass die Angestellten<br />

schlecht informiert sind über die vorhandenen Finanzierungsmöglichkeiten.<br />

Worum handelt es sich genau?<br />

Drei Möglichkeiten sind zu erwähnen: Seit diesem Jahr<br />

gibt es neu Bundesbeiträge für Kurse, die <strong>auf</strong> eine Berufsprüfung<br />

oder eine höhere Fachprüfung vorbereiten.<br />

Wer die entsprechende Prüfung absolviert, erhält unabhängig<br />

vom Prüfungserfolg 50 Prozent der Kurskosten<br />

zurückerstattet. Eine zweite Finanzierungsmöglichkeit<br />

richtet sich an Unternehmen oder Berufsverbände, die<br />

den Arbeitenden eine Grundbildung (Lesen, Schreiben,<br />

Mathematik, digitale <strong>Bildung</strong>) anbieten möchten. Seit<br />

Anfang dieses Jahres können Unternehmen Gesuche für<br />

die Finanzierung von 20 bis 40 Lektionen, die während<br />

der Arbeitszeit stattfinden, einreichen. Nicht zu vergessen<br />

sind die Berufsbildungsfonds der Kantone und Branchen,<br />

etwa der Baubranche. Gemäss Artikel 60 des<br />

Berufsbildungsgesetzes können diese Fonds von Weiterbildungswilligen<br />

beansprucht werden.<br />

Weiterbildung ist in ihrer heutigen Form oft ein Spiegel<br />

sozialer Ungleichheiten. Wer sie am meisten nötig<br />

hätte – gering qualifizierte Personen, Teilzeiterinnen<br />

oder solche, die nicht in der Schweiz ausgebildet<br />

wurden –, profitiert am wenigsten davon. Wie kann<br />

dieses Problem gelöst werden?<br />

Man könnte sicherstellen, dass <strong>alle</strong> Erwachsenen in der<br />

Schweiz über einen Abschluss <strong>auf</strong> der Sekundarstufe II<br />

verfügen, der für den Arbeitsmarkt mindestens benötigt<br />

wird. 95 % der jungen Erwachsenen besitzen einen solchen<br />

Abschluss, bis zu 600 000 Erwachsene aber nicht.<br />

<strong>Für</strong> Ausländerinnen und Ausländer, die in die Schweiz<br />

Weiterbildung dient<br />

den Einzelnen und gibt<br />

dem Unternehmen<br />

Konkurrenzvorteile.<br />

kommen, müssen Vorlehren geschaffen werden: Das<br />

neue Berufsbildungsgesetz/Weiterbildungsgesetz sieht<br />

vor, dass die Kantone Bundesbeiträge für solche Basiskurse<br />

erhalten, in denen die Kompetenzen für den Besuch<br />

einer Ausbildung und die Integration in den Arbeitsmarkt<br />

erworben werden können. Es wäre gut, wenn<br />

die regionalen Arbeitsvermittlungszentren ihre Praxis<br />

neu ausrichteten: Berufliche Wechsel für Erwerbslose<br />

sollen möglich sein, ohne dass wie heute zwingend<br />

Gründe wie eine Allergie <strong>auf</strong> bestimmte Substanzen oder<br />

das Verschwinden eines Berufs vorliegen müssen.<br />

Mit der Digitalisierung gehen Arbeitsplätze verloren.<br />

Braucht es nicht eine Reform der Berufsbildung?<br />

Die Studien zum Verlust von Arbeitsplätzen durch die<br />

Digitalisierung gelangen zu unterschiedlichen Schlüssen.<br />

Das geht von einer Einbusse von 47 % der Stellen in<br />

10 bis 20 Jahren in den USA (Frey, Osborne) und 54 % der<br />

Arbeitsplätze in Europa (Bruegel) bis hin zu einem Verlust<br />

von 12 % der Stellen in Deutschland (ZEW) oder nur<br />

9 % (OECD). Auf jeden Fall aber muss die Berufsbildung<br />

auch am Arbeitsplatz an die neuen technologischen<br />

Kompetenzen angepasst werden. Unternehmen, die über<br />

hoch qualifiziertes Personal verfügen, haben einen Wettbewerbsvorteil:<br />

Sie können den Produktionsprozess optimieren<br />

und Innovationen vornehmen. Gut ausgebildete<br />

Angestellte bleiben dem Unternehmen auch länger<br />

treu (manche Ausbildungen bedingen, dass man eine<br />

bestimmte Zeit im Unternehmen verbleibt oder die Kurskosten<br />

teilweise zurückbezahlt).<br />

Was ist weiter zu tun?<br />

Interessant wäre eine Bilanz der Kompetenzen, die für<br />

Arbeitnehmende ab 40 <strong>alle</strong> fünf Jahre erstellt würde.<br />

Und eine kostenlose Umschulung, wenn ein Beruf verschwindet.<br />

Allgemein sollten Mittelkürzungen im Bereich<br />

der Aus- und Weiterbildung, insbesondere <strong>auf</strong><br />

Ebene Kanton, vermieden werden.<br />

skbf-csre.ch/de/bildungsmonitoring/bildungsbericht-2014

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