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Doppelt bestraft - Zahnärztekammer Niedersachsen

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Die Kinderzahnheilkunde in der Bundesrepublik<br />

wurde in den letzten<br />

Jahren aufgrund des rasanten Kariesrückganges<br />

verwöhnt. Dies ist einer<br />

der Gründe dafür, dass sich die Bedingungen<br />

und die Anforderungen<br />

an die Zahnheilkunde verändert haben.<br />

Zieht man aktuelle kariesepidemiologische<br />

Studien in unterschiedlichen<br />

Regionen Deutschlands heran,<br />

so wird deutlich, dass die Erwartungen<br />

der WHO bezüglich des Kariesbefalls<br />

in Industrieländern bereits<br />

erheblich unterschritten wurden [5,<br />

. Dr. Norbert Krämer<br />

18]. In einer repräsentativen Studie<br />

der DAJ (Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege)<br />

konnte der Rückgang der Karies für die Bundesrepublik<br />

dargelegt (Tab. 1) und auch begründet werden [16]:<br />

16<br />

Kariesdiagnostik:<br />

DURCH ERFOLGREICHE PROPHYLAXE IMMER DIFFIZILER?<br />

PD Dr. Norbert Krämer, Erlangen<br />

6-7Jährige 9Jährige 12Jährige<br />

(DMF-T) (DMF-T) (DMF-T)<br />

DAJ 94/95 2,89 0,98 2,44<br />

DAJ 1997 2,39 0,59 1,75<br />

DAJ 2000 2,21 0,45 1,21<br />

b. 1: Mittlere DMF-T bzw. dmf-t-Werte bei 6- bis 12jährigen in den Jahren<br />

94 bis 2000 (aus „Epidemiologische Begleituntersuchungen zur Gruppenophylaxe<br />

2000“ im Auftrag der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendhnpflege<br />

nach Pieper [16]).<br />

1. Als eine wichtige Ursache für den Kariesrückgang wird<br />

die breite Verfügbarkeit von Fluoriden gesehen. Hierbei<br />

wird vor allem die zunehmende Verbreitung der Salzfluoridierung<br />

und die konsequente Anwendung der Tablettenfluoridierung<br />

positiv herausgestellt.<br />

2. Die häusliche Prophylaxe hat aufgrund der intensiven<br />

Aufklärungsarbeit insbesondere in der Gruppenprophylaxe<br />

deutlich zugenommen.<br />

3. Unterstützt wird der positive Effekt durch die bundesweit<br />

zunehmende Anwendung der prophylaktischen Fissurenversiegelung.<br />

Seit der Aufnahme der Fissurenversiegelung<br />

in das Individualprophylaxeprogramm findet sich<br />

vor allem an Molaren weniger Fissurenkaries.<br />

ZAHNÄRZTLICHE<br />

NACHRICHTEN<br />

NIEDERSACHSEN 11/03<br />

Allerdings wird auch betont, dass dies nur die eine Seite der<br />

Medaille sei. Denn Pieper weist in seinem Gutachten auf<br />

einige negative Tendenzen hin [16]:<br />

1. Es wird beklagt, dass die finanziellen Mittel, die für die<br />

Fluoridierung in der Gruppenprophylaxe zur Verfügung<br />

gestellt werden, eher als zu gering bezeichnet werden. So<br />

sind beispielsweise die Mittel, die neuerdings für die zusätzliche<br />

prophylaktische Betreuung der 12 -16jährigen<br />

zur Verfügung gestellt werden, sehr knapp kalkuliert [2].<br />

2. Von der positiven Entwicklung der letzten Jahre profitierten<br />

nicht alle Kinder in gleicher Weise. Je nach Region,<br />

sozialer Struktur der Untersuchten<br />

oder Art der Bildungseinrichtung<br />

wurde deutlich, dass etwa 80% der<br />

Karies auf ca. 30% der Kinder fällt<br />

[5]. Beispielsweise konnte gezeigt<br />

werden, dass Kinder von Einwanderern<br />

eher der sog. Kariesrisikogruppe<br />

zugeordnet werden müssen [10].<br />

Eine solche Schieflage der Kariesverteilung<br />

scheint jedoch auch<br />

durchaus typisch für Regionen mit<br />

intensiven Prophylaxeprogrammen<br />

zu sein [4]. Man muss jedoch davon<br />

ausgehen, dass sich dieser Trend<br />

deutlich verstärken wird. So wurde<br />

bereits im letzten Jahr anlässlich des<br />

Weltkindertages darauf hingewiesen,<br />

dass die Kinderarmut in der Bundesrepublik<br />

zwischen 1994 und 2000<br />

um 50 % zugenommen habe [24].<br />

Abb. 1: Lichtmikroskopische Darstellung<br />

einer Fissurenkaries unter<br />

einem scheinbar intakten Schmelz<br />

(40fache Vergrößerung). Allerdings<br />

fällt die opake kariös bedingte Veränderung<br />

im Schmelz auf. Der Pfeil<br />

kennzeichnet die unterminierende<br />

Ausbreitung der Dentinkaries („hidden<br />

caries“).<br />

Abb. 2: Je nach dem Ausmaß der Destruktion an der Zahnhartsubstanz<br />

wird die Therapieentscheidung (Prophylaxe, Füllung, Inlay, Teilkrone oder<br />

Überkronung) getroffen. Aus der Kariesdiagnostik ist bis dato erst eine<br />

Empfehlung zu erwarten, wenn bereits ein Schaden (kariöse Veränderung)<br />

erkannt wurde. Der Zeitraum, bis eine kariöse Veränderung am Schmelz<br />

überhaupt sichtbar wird, verstreicht häufig ungenutzt (blaue Kreis).

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