Dorfstraße 27 25826 St. Peter-Ording Telefon 04863-30 21 Das
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50<br />
BUCHTIPPS<br />
Ein-Blick ins dörfliche Eiderstedt<br />
Die Norddeutschen und besonders die Eiderstedter tragen nun<br />
mal nicht ihr Herz auf der Zunge; wer etwas von ihrem Leben<br />
erfahren will, muss schon ins Vertrauen gezogen werden, und<br />
das kann unter Umständen Jahre dauern. Eine Hilfe zum Ver-<br />
Hinter dem<br />
Namen verbirgt<br />
sich eine<br />
Frau, Katharine<br />
Fedders,<br />
Tochter eines<br />
Gastwirts in<br />
Koldenbüttel,<br />
die kurz nach<br />
der Wende<br />
zum 20. Jahrhundertmehrere<br />
Romane<br />
veröffentlichte. Damals war es nicht üblich,<br />
dass Frauen Bücher publizierten, und deshalb<br />
musste Katharine Fedders ein Pseudonym<br />
wählen. Die Autorin beobachtete das<br />
alltägliche Leben um sie herum genau, und<br />
verarbeitete das Verhalten der Dorfbewohner<br />
und ihre typischen Eigenschaften in<br />
ihrem autobiografisch geprägten Roman.<br />
<strong>Das</strong> geht nicht ohne den deftigen Humor ab,<br />
wie er auf der Halbinsel gepflegt wird. Etwa<br />
die Geschichte vom Armen, der seinem<br />
Leben ein Ende setzen will, doch der <strong>St</strong>rick<br />
reißt und er überlebt. Der Leiter des Armenhauses<br />
lässt ihn daraufhin neben der Kirchhofmauer<br />
eine Grube ausheben: „Auf den<br />
Kirchhof kommen doch solche nicht, die<br />
sich selbst von der Welt bringen.” - „Ohne<br />
Pastor?” – „Ohne Gott und ohne Pastor”,<br />
sagte der Armenvater und ging. Der verhinderte<br />
Selbstmörder aber grub eilig das Grab<br />
zu und ist nicht wieder lebensmüde geworden.<br />
Auch der Alkoholismus, schon damals<br />
ein Problem in vielen Familien, kommt zur<br />
Sprache: Als nun gar eines Tages der von<br />
Natur aus gutmütige Mann sich in der Trunkenheit<br />
so weit vergaß, seine junge Frau zu<br />
schlagen, da sah sie ein, dass alles<br />
umsonst sei. Katharina Fedders beschreibt<br />
auch die weiteren „Sünden” im Dorf, vom<br />
Ehebruch bis zur Brandstiftung zum Zweck<br />
des Versicherungsbetrugs. <strong>Das</strong> blieb nicht<br />
ohne Folgen, denn ihre Personenbeschreibung<br />
war so exakt, dass sich manche der<br />
Dorfbewohner trotz völlig anderer Namen<br />
wieder erkannten. Soweit die Koldenbüttler<br />
damals der Auflage des Romans habhaft<br />
werden konnten, kauften sie die Bücher auf<br />
und vernichteten sie. <strong>Das</strong> half aber nichts,<br />
denn einige Zeitungen druckten den Roman<br />
etwas „entschärft” in Fortsetzungen. „Kihrwedder“<br />
ist auch in der heutigen Zeit eine<br />
empfehlenswerte Lektüre. <strong>Das</strong> Buch wurde<br />
1994 wieder aufgelegt (Erstausgabe 1906)<br />
und ist im Internet-Buchhandel erhältlich.<br />
Die Öffentlichen Leihbüchereien auf Eiderstedt<br />
halten diesen historischen „Schlüsselroman“<br />
ebenfalls bereit. Winfried Schmidt<br />
ständnis der Menschen auf der Halbinsel gibt ein Roman, der<br />
zwar schon vor gut 100 Jahren das erste Mal erschien, aber sehr<br />
viel über die Art der Eiderstedter aussagt, und das bleibt auch<br />
heute noch aktuell: „Kihrwedder“, Autor K. v. d. Eider.<br />
Öffnungszeiten: täglich von 11.00 - 19.00 Uhr Eintritt: Kinder 5 €, Erwachsene 3 €<br />
Lollipop · Am Deich 7 · 25840 Friedrichstadt · Mobil: 0163 – 5469351<br />
Medizin mit Menschlichkeit<br />
Seit Politiker dem Gesundheitssystem<br />
immer neue Regelwerke zur Kostensenkung<br />
verordnen, äußern immer mehr Patienten<br />
und Ärzte den Eindruck, dass die betreffenden<br />
<strong>St</strong>rategien ungute Nebenwirkungen<br />
haben. Die Fixierung auf Kontrolle und konstruierte<br />
Qualitätsnormen verschlinge mehr<br />
Ressourcen, als dass sie Freiräume schaffe,<br />
meint der Mediziner Dr. Martin Gattermann.<br />
Seit 18 Jahren ist er niedergelassener<br />
Arzt in <strong>St</strong>. <strong>Peter</strong>-<strong>Ording</strong> und hat nun vor<br />
dem Hintergrund der täglichen Praxis eine<br />
gründliche Entgegnung auf die derzeitige<br />
Entwicklung verfasst. Mit dem Buch „Medizin<br />
mit Menschlichkeit“ reagiert er u.a. auf<br />
Äußerungen des SPD-Gesundheitspolitikers<br />
Prof. Dr. Karl Lauterbuch, der in seinem<br />
Buch „Der Zweiklassenstaat“ die Ärzteschaft<br />
für die Misere des Gesundheitssystems<br />
verantwortlich macht. Dr. Gattermann<br />
korrigiert diese Sicht und zeigt Perspektiven,<br />
wie die Mangelsituation konstruktiv, im<br />
Sinne von Patienten und Ärzten bereinigt<br />
werden kann. sam<br />
Martin Gattermann, „Medizin mit Menschlichkeit“,<br />
Verlag infolab GmbH Erlangen, 199<br />
Seiten, 10 Euro. ISBN 978-3-9803953-3-5<br />
Foto: Winfried Schmidt