rik Juli 2018
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Rolle und Geschichte einzufinden?<br />
Oh ja, Greg und ich haben natürlich<br />
im Vorfeld der Dreharbeiten lange<br />
Gespräche geführt. Ich war wahnsinnig<br />
dankbar dafür, wie sehr er sich mir<br />
geöffnet hat. Klar, es ist inzwischen<br />
zwanzig und mehr Jahre her, dass er<br />
sich gegenüber seiner Familie geoutet<br />
hat. Aber diese ganzen Erinnerungen<br />
und Emotionen sind trotzdem ja auch<br />
heute noch unglaublich intim. Das ist<br />
nichts, was man jedem dahergelaufenen<br />
Fremden erzählt. Mich hat das<br />
jedenfalls sehr berührt, was er mit mir<br />
geteilt hat. Und geholfen für den Film<br />
hat es mir sowieso ganz viel, denn<br />
Gregs Erfahrungen waren denen von<br />
Simon ja nicht unähnlich. Auch er war in<br />
der Highschool noch ungeoutet und ist<br />
erst im College zusehends offener mit<br />
seiner Homosexualität umgegangen.<br />
Ein paar Kritiker werfen „Love, Simon“<br />
vor, er zeige eine utopische<br />
Idylle und blende Themen wie<br />
Mobbing oder homophobe Gewalt<br />
zu sehr aus. Was antworten Sie<br />
darauf?<br />
Sicherlich zeigt unser Film eine leicht<br />
idealisierte Realität. Vermutlich läuft bei<br />
vielen Highschool-Kids das Comingout<br />
nicht ganz so glatt ab, wie es bei<br />
Simon letztlich der Fall ist. Aber „Love,<br />
Simon“ sollte eben auch dezidiert<br />
kein Problemfilm sein, sondern wir<br />
wollten eine Geschichte erzählen, die<br />
Mut macht und ein positives Beispiel<br />
setzt. Uns war es wichtig, Optimismus<br />
und Hoffnung zu verbreiten, statt<br />
die Ängste von den Kids zu<br />
schüren, denen beim Gedanken<br />
ans Coming-out<br />
ohnehin mulmig wird.<br />
Gerade weil im Kino<br />
homosexuelle Figuren<br />
sonst eher tragische<br />
Schicksale haben.<br />
Apropos Comingout:<br />
Haben Sie<br />
den Eindruck, dass<br />
junge Schauspieler<br />
heutzutage mehr<br />
denn je gezwungen<br />
sind, Ihre sexuelle<br />
Identität öffentlich zu<br />
machen?<br />
Ich glaube nicht, dass man als Schauspieler<br />
dazu gezwungen sein sollte,<br />
seine sexuelle Identität öffentlich zu<br />
machen. Schon weil es doch für eine<br />
Rolle das Beste ist, wenn das Publikum<br />
so wenig wie möglich über die Privatperson<br />
des Schauspielers weiß – schließlich<br />
spielt sie für die Geschichte eines Films<br />
keine Rolle. Gleichzeitig haben heutzutage<br />
alle Menschen, nicht nur Schauspieler,<br />
anscheinend das Bedürfnis, über<br />
soziale Netzwerke der Welt mitzuteilen,<br />
wer sie sind. Aber seine Identität nicht<br />
nur zur Schau zu stellen, sondern wirklich<br />
zu offenbaren, ist trotzdem immer<br />
noch eine unglaublich persönliche<br />
Angelegenheit. Deswegen würde ich es<br />
schlimm finden, wenn sich jemand dazu<br />
genötigt fühlen würde.<br />
Einige Ihrer Kollegen sind unglaublich<br />
präsent in diversen sozialen<br />
Netzwerken. Sie selbst dagegen<br />
nutzen Twitter kaum noch und<br />
auch Instagram eher unregelmäßig.<br />
Warum eigentlich?<br />
Früher war ich deutlich aktiver in<br />
Sachen Social Media. Aber als damals<br />
„Jurassic World“ in die Kinos kam und<br />
plötzlich die Aufmerksamkeit für meine<br />
Person deutlich größer wurde, machte<br />
mich das irgendwie nervös. In der Öffentlichkeit<br />
zu stehen und online Persönliches<br />
zu teilen, das verunsicherte<br />
mich, also habe ich mich zurückgezogen.<br />
Und irgendwie ist es größtenteils<br />
dabei geblieben, einfach weil ich auch<br />
nicht will, dass soziale Medien eine zu<br />
große Präsenz in meinem Leben haben.<br />
Was es immerhin ab und zu online<br />
von Ihnen zu entdecken gibt, sind<br />
klare politische Statements ...<br />
Ja, in Zeiten wie diesen kann man nicht<br />
unpolitisch sein. Eigentlich habe ich<br />
nicht das Bedürfnis, private Aussagen<br />
in die Welt hinauszuposaunen. Aber<br />
bei allem, was in unserem Land gerade<br />
vorgeht, darf man nicht schweigen. Ich<br />
hoffe, dass wir nach der nächsten Wahl<br />
vielleicht wieder besseren Zeiten entgegenblicken,<br />
und dann halte ich auch<br />
wieder den Mund. Doch bis es so weit<br />
ist, kommt das eben nicht infrage ...<br />
*Interview: Jonathan Fink<br />
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