65 Jahre KLE. Reden zum Jubiläumsfest - KA Steiermark ...
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U. Paulweber,<br />
A. Seewald,<br />
P. Novak,<br />
B. Hupfer<br />
schaft Katholischer Erzieher“ entstand, war die Lage ganz anders. Da gab<br />
es den Begriff der „Parallelgesellschaft“ noch gar nicht. Die Bevölkerung in<br />
Österreich war fast ausschließlich katholisch oder gehörte einem anderen<br />
christlichen Glaubensbekenntnis an. Im Jahr 1945, nach Ende des 2. Weltkrieges<br />
und in den <strong>Jahre</strong>n danach stand die katholische Kirche in Österreich<br />
gut da. Die Verfolgung durch den Nationalsozialismus hatte ihr Ende gefunden,<br />
die Enteignung der materiellen Güter war rückgängig gemacht, die<br />
NS-Ideologie wenigstens offiziell für obsolet erklärt worden und das<br />
ideologische Vakuum konnte sich wieder mit christlichem Glauben füllen. In<br />
dieser Situation gründete Franz M. Kapfhammer (1904 – 1989) gemeinsam<br />
mit Regens Josef Schneiber (1908 – 1964) unsere Gemeinschaft 1 . Er<br />
griff damals und später auf Überlegungen und Theorien früherer Zeiten<br />
zurück. In einem Vortrag von 1954 berief er sich z. B. auf den Soziologen<br />
Ferdinand Tönnies. Dieser hatte schon 1887 in seiner Schrift „Ge meinschaft<br />
und Gesellschaft“ eine klare Trennlinie zwischen den Begriffen gezogen. Der<br />
Gesellschaft ordnete er alles Zweckhafte und Rationale, das Organi sierte in<br />
unseren sozialen Bildungen zu, hingegen alles Naturgewachsene, organische<br />
und emotionale Bildungen wie Ehe, Familie und Freundschaft wies<br />
er der Gemeinschaft zu. Fußend auf diesen und anderen Überlegungen<br />
spann Kapfhammer den Faden weiter, fand in der Gemeinschaft das<br />
E. Dirnböck,<br />
U. Brantner<br />
ge meinsame Leben und Erleben und kommt schließlich zu einem Appell<br />
und zu folgender Definition der Erziehergemeinschaft: Wir wollen eine<br />
Arbeits- und Lebensgemeinschaft über alle Zwecke und Parteiungen hinweg<br />
und trotz der Vielfalt der menschlichen und beruflichen Beziehungen<br />
aufbauen! Eine Gemeinschaft, in der jeder etwas von sich hergibt, dazugibt<br />
und nicht bloß etwas erhalten will; nicht Angst hat, sich zu verlieren,<br />
sondern die Hoffnung, durch den anderen zu gewinnen; wo jeder sich als<br />
Glied fühlt in einem großen Leibe. 2<br />
Den Gedanken überhöht er mit einem Zitat aus Romano Guardini. Dieser<br />
hatte schon in den frühen 30er <strong>Jahre</strong>n geschrieben, dass „der Mensch<br />
kein Eingesperrter sei im zugemauerten Selbst, sondern daß da Tore offen<br />
stehen und Wege führen von einem <strong>zum</strong> anderen. Daß man den anderen<br />
verstehen könne, wie er ist; daß man ihn anreden könne und von ihm angeredet<br />
werde; daß es Wort gebe und Ant-Wort.“ 3<br />
Gedanke der Gemeinschaft – Vorbilder in Antike und Mittelalter<br />
Im Grunde genommen sind diese Gedanken nicht neu, ja nicht einmal<br />
unbedingt christlich. Schon in der Antike, etwa bei Epikur, bei Cicero und<br />
dann vor allem beim Stoiker Mark Aurel hören wir vom Wert solcher Gemeinschaften.<br />
Aus dem Mittelalter stammt der schöne lateinische Vers, ein<br />
10 | Begegnungen 1/2011 <strong>65</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>KLE</strong>. <strong>Reden</strong> <strong>zum</strong> <strong>Jubiläumsfest</strong><br />
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