65 Jahre KLE. Reden zum Jubiläumsfest - KA Steiermark ...
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der Auslosung des Sitznachbarn; täglich wurde die Küchenmannschaft<br />
gewechselt und auch die Packer für die Koffer auf dem Busdach, <strong>zum</strong>al ja<br />
damals die zahlreichen Straßenunterführungen Europas ein ständiges Ab-<br />
und Aufpacken notwendig machten […] 15 .<br />
Übernachtet wurde <strong>zum</strong>eist im Zelt oder überhaupt unter freiem Himmel,<br />
„unter dem Sternenzelt“. Spätestens seit damals, d. h. genauer seit<br />
dem Sommer 19<strong>65</strong>, als ich an der Spanien-Portugal-Marokko-Fahrt teilnahm,<br />
wurde auch mir die Metapher vom „Sternenzelt“ <strong>zum</strong> lebendigen<br />
Begriff, ja <strong>zum</strong> Erlebnis. Verpflegt hat man sich mit der mitgenommenen<br />
Gemeinschaftsküche, bestehend aus einem Propangaskocher und einem<br />
Satz einfacher Kochtöpfe und Menage-Teller. So waren viele unserer Mitglieder<br />
durch Jahrzehnte hindurch im Sommer unterwegs, vom Nordkap<br />
bis nach Marokko, von Frankreichs Kathedralen bis zu den Tempeln Griechenlands,<br />
von Deutschlands Domen bis zu den Moscheen in der Türkei<br />
und weiter bis in den Iran. Noch heute erzählen Gemeinschafter voller<br />
Begeisterung von den Erfahrungen und Erlebnissen dieser „Fahrten“, wie<br />
sie vom Ende der 40er (!) <strong>Jahre</strong> bis in die 80er <strong>Jahre</strong> des 20. Jahrhunderts<br />
hinein stattgefunden haben. Immer wieder erhalten wir Briefe und Karten,<br />
die das bezeugen. Ich zitiere aus einem Brief, der uns Anfang November<br />
erreichte:<br />
Die Zeiten, da wir in Europa unterwegs waren, markieren die schönen<br />
und erlebnisreichen Abschnitte [meines Lebens], als wir Land und Leute<br />
buchstäblich „erfahren“ durften und dies in froher, ja in fröhlicher und<br />
unbeschwerter Gemeinschaft, sicher geführt und geleitet durch kompetente,<br />
aus den eigenen Reihen stammende Reiseleiter und „Pfadfinder“.<br />
Singend haben wir unser mobiles Beisammen- und Unterwegssein aufgewertet,<br />
vervollkommnet und ihm eine besondere Note verliehen. […] Ich<br />
bin überaus dankbar, dass mir vor allem in jungen <strong>Jahre</strong>n dies in so reichem<br />
Maße geschenkt war und mein Leben nachhaltig bereichert hat 16 .<br />
Solch schöne Erinnerungen haben viele von uns und man braucht sie<br />
nicht zu verschweigen. Bekanntlich ist die Erinnerung das einzige Paradies,<br />
aus dem man nicht vertrieben werden kann 17 . Ein anderer Erinnerungspunkt<br />
unserer Gemeinschaft sind die <strong>Jahre</strong>stagungen mit ihren <strong>zum</strong>eist<br />
K. Schweighofer,<br />
M. Stern, M. Gunacker<br />
interessanten Referenten und Themen. Erst in Seckau, dann im Bildungshaus<br />
St. Martin bei Graz, später in Seggauberg und schließlich in Graz<br />
selbst. Diese Tagungen fanden <strong>zum</strong>eist am Ferienende statt, haben die pädagogischen<br />
Batterien aufgeladen und Kolleginnen und Kollegen mit neuem<br />
Mut und neuen Ideen für den schulischen Alltag versorgt 18 .<br />
Kirche und Glaube, Lehrer und Intellektuelle<br />
Und heute? Gelten noch Kapfhammers Ideen von einst? Gilt noch<br />
seine theoretische Grundlegung? Ich meine, ja. Nur das Umfeld hat sich<br />
geändert, hat sich gewaltig verändert. Gesellschaftlich, demographisch,<br />
ideologisch und auch pädagogisch. In der Zeitung nennt man die Kirche<br />
eine Parallelgesellschaft. Über 80.000 Mitglieder haben im Jahr 2010 die<br />
Kirche verlassen. Der Stellenwert von Glaube, Kirche und Religion in unserem<br />
Staat geht immer weiter zurück. Über dieses Thema etwa in meinem<br />
ehemaligen Lehrerkollegium in ein längeres Gespräch zu kommen, war fast<br />
unmöglich. Die Biologin verwies auf den Darwinismus, den die Kirche ablehne,<br />
der Physiker auf den Fall Galilei, die Kollegen von der Ger manistik<br />
auf die geringe Bedeutung, die religiöse Themen in der heutigen Literatur<br />
hätten, die Romanisten verwiesen auf die vorbildhafte französische<br />
„Laicité“, auf die totale Trennung von Kirche und Staat, die Sporterzieher<br />
auf die Leibfeindlichkeit der Kirche, die Kunsterzieher auf die Spannung<br />
zwischen moderner Kunst und Kirche u. s. w. Selbst die Kollegen vom Fach<br />
16 | Begegnungen 1/2011 <strong>65</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>KLE</strong>. <strong>Reden</strong> <strong>zum</strong> <strong>Jubiläumsfest</strong><br />
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