65 Jahre KLE. Reden zum Jubiläumsfest - KA Steiermark ...
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die kulturelle Funktion der Kirche behält man sie bei. Wer für diese wunderbare<br />
Kultur, die hier entstanden ist, ein Herz hat, wird einen Beitrag<br />
dafür leisten. […] Ein berühmter Theologe hat einmal gesagt, dass man<br />
aus der Kirche ja gar nicht austreten kann. Mit der Taufe ist man mit diesem<br />
Geheimnis verbunden. 27<br />
Beide waren übrigens Lehrer in Graz, Bernd Schilcher an der Universität,<br />
Alfred Kolleritsch am Akademischen Gymnasium, wo er mein Kollege war.<br />
Das für mich überraschendste Beispiel tatsächlicher oder augenscheinlicher<br />
Kirchennähe aus jüngster Zeit ist der schon erwähnte Peter<br />
Handke (Jgg. 1942). Er ist zwar kein Lehrer und auch nicht in der <strong>Steiermark</strong><br />
lebend, aber einer der bedeutendsten deutschsprachigen Autoren der<br />
Gegenwart. Seine literarische Laufbahn hat er in Graz begonnen. Eben<br />
dieser Handke gab im November 2010 Ulrich Greiner ein Interview im Zeit-<br />
Magazin 28 , im Dezember folgte ein ähnliches in der Kleinen Zeitung29 . In<br />
beiden Gesprächen werden auch religiöse Fragen angeschnitten. Handke<br />
wörtlich:<br />
„Es gibt keinen Besuch in der Heimat, ohne dass ich in die Stiftskirche<br />
von Griffen gehe. […] Ich gehe gern in die heilige Messe. In leeren<br />
Kirchen, da kommt man sich so wie ein Besichtiger vor.“ 30 – „Wenn<br />
ich an der heiligen Messe teilnehme, ist das für mich ein Reinigungsmoment<br />
sondergleichen. Wenn ich die Worte der Heiligen Schrift höre, die<br />
Lesung, die Apostelgeschichte, die Evangelien, die Wandlung miterlebe,<br />
die Kommunion und den Segen am Schluss „Gehet hin in Frieden!“,<br />
dann denke ich, dass ich an den Gottesdienst glaube. Ich weiß nicht, ob<br />
ich an Gott glaube, aber an den Gottesdienst glaube ich. Die Eucharistie<br />
ist für mich spannender, die Tränen, die Freude, die man dabei empfindet,<br />
sind wahrhaftiger als die offizielle Religion. Ich weiß, ich habe,<br />
wenn ich das sage, eine Schattenlinie übersprungen, aber dazu stehe<br />
ich.“ [u. s. w.] 31<br />
Ich will weder Schilchers Kircheneintritt näher kommentieren noch<br />
Kolleritschs Auffassung von der Kirchensteuer noch Handkes Religiosität. Es<br />
liegt mir auch fern, irgendjemanden für den Katholizismus vereinnahmen zu<br />
wollen. Doch stelle ich diese bemerkenswerten Äußerungen in den Raum,<br />
Regens Dr. W. Krautwaschl<br />
und U. Paulweber<br />
da sie so gar nicht <strong>zum</strong> herrschenden Zeitgeist passen. Ich lade Sie ein,<br />
darüber nachzudenken, sich damit zu beschäftigen und die zitierten Texte<br />
zu lesen. Unser Bischof nennt übrigens Handkes Werk (ausgenommen seine<br />
frühen Schriften) mit Recht ein bedeutendes Beispiel der Transzendenz in<br />
der Literatur. Zur Stützung religiöser Überzeugung könne aber Handke nur<br />
insofern in Anspruch genommen werden, als er zeige, dass ohne nochmaliges<br />
religiöses Transzendieren seiner immanenten Transzendenz nur noch<br />
die Kunst als Möglichkeit zur Sinngebung gegen bloße Zerstreuung, gegen<br />
Totalitarismus oder Krankheit übrig bleibt 32 .<br />
Unsere Gemeinschaft heute<br />
Und unsere Gemeinschaft? Sie ist in die <strong>Jahre</strong> gekommen, aber sie<br />
lebt, auch wenn es schwierig geworden ist, heute für eine Teilorganisation<br />
der <strong>KA</strong> zu werben, <strong>zum</strong>al im städtischen Bereich. Dazu kommt, dass die<br />
großen Persönlichkeiten weithin fehlen. Vielleicht auch deshalb, weil die<br />
Menschen heute viel kritischer geworden sind. Kapfhammer jedenfalls war<br />
die große Gründerpersönlichkeit unserer <strong>KLE</strong> 33 . Ich habe ihn seit meiner<br />
Kindheit persönlich gekannt 34 . Nur wenige Menschen haben mich so im<br />
Leben beeindruckt wie er, obgleich er mehr als 40 Jahr älter war als ich.<br />
20 | Begegnungen 1/2011 <strong>65</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>KLE</strong>. <strong>Reden</strong> <strong>zum</strong> <strong>Jubiläumsfest</strong><br />
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