65 Jahre KLE. Reden zum Jubiläumsfest - KA Steiermark ...
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Hexameter, den meine Schüler in ihrem Lehrbuch4 lesen und dann lernen<br />
konnten:<br />
Némo sibí satis ést: eget ómnis amícus amíco.<br />
Niemand ist für sich allein genug. Es bedarf ein jeder (als) Freund eines<br />
Freundes.<br />
Abgewandelt für die Gemeinschaft könnte man gegebenenfalls amicus<br />
durch sodalis ersetzen und dann formulieren:<br />
Némo sibí satis ést: eget ómnis sodális sodále.<br />
Niemand ist für sich allein genug. Es bedarf ein jeder Gefährte eines [anderen]<br />
Gefährten.<br />
Sodalis heißt der Kamerad, der Gefährte, der befreundete und willkommene<br />
Teilnehmer am gemeinsamen Tun. Sodalis ist weniger als ein amicus,<br />
aber mehr als ein collega, der Kollege oder Amtsgenosse. Der Begriff Sodale<br />
oder Sodalin spielt übrigens auch heute noch in religiösen Kreisen eine<br />
Rolle. Man könnte das sprachliche Spiel mit der Ersatzprobe 5 noch weitertreiben<br />
und damit auf einen wichtigen Aspekt hinweisen, auf den einmal<br />
Pater Wolfgang Heiß im Zuge einer <strong>Jahre</strong>stagung aufmerksam gemacht hat:<br />
Zum Glauben braucht man Freunde […]. Auch wenn jeder seine Glaubensentscheidung<br />
ganz persönlich treffen und immer wieder erneuern<br />
muss, ohne Gemeinschaft und Gruppe ist es viel schwerer, das Christsein zu<br />
verwirklichen. Die Kirche ist ja die Gemeinschaft derer, die an Christus<br />
glauben und ihm nachfolgen. Allein ist es schwer, den Weg zu gehen – auch<br />
beim Bergsteigen gibt es eine „Seilschaft“. Wir brauchen uns gegenseitig.<br />
Jeder hat seine bestimmte Gnadengabe, die er für die anderen einsetzt.<br />
Überhaupt ist die Kirche das große Sakrament der Gemeinschaft. 6<br />
Legt man diese Gedanken auf den lateinischen Spruch um, so könnte<br />
man formulieren:<br />
Némo sibí satis ést, eget ómnis fidélis fidéle.<br />
Niemand ist für sich allein. Ein jeder Gläubige bedarf eines [anderen] Gläubigen.<br />
Die menschliche Erfahrung, die dahinter steckt, ist uralt, doch der<br />
Rhythmus, die Klangwirkung, die Kürze und die Prägnanz der Worte verschaffen<br />
dem lateinischen Vers zeitlose Gültigkeit.<br />
Frau Berta König Frau Elisabeth Pernkopf<br />
Idealistisches Programm für die Praxis – Christliches Unterfutter für die <strong>KLE</strong><br />
Kapfhammers große Leistung war, dass er solche und andere, <strong>zum</strong> Teil<br />
sehr idealistische Überlegungen in die Praxis des Lehrer- und Erzieherberufes<br />
übertragen hat. Dabei griff er auch Gedanken des Pädagogen Friedrich<br />
Schneider auf 7 . Dieser hatte Ende der 40er <strong>Jahre</strong> eine französische Untersuchung<br />
publik gemacht. Aus dieser ging ein Ranking der Un-Kollegialität in<br />
verschiedenen Berufen hervor. Demnach stünden Ärzte, Rechtsanwälte und<br />
Philologen, aber auch Lehrer und Erzieher an der gleichen vorderen Stelle.<br />
Nur Künstler und Wissenschaftler seien noch unkollegialer. Kapfhammer<br />
versucht, eine Begründung dafür zu geben. Es sei vor allem die Öffentlichkeit.<br />
Der Lehrer- und Erzieherberuf spiele sich immer vor aller Augen ab.<br />
Der Lehrer sei stets von anderen abhängig und stünde immer im Vergleich.<br />
Kapfhammer stellt dann die Frage, ob der Lehrer und Erzieher nicht einsam<br />
sei, herausgenommen aus der Gemeinschaft, ein Einzelner, der sich durch<br />
seine Autorität, durch das ständige Vorbild-sein-Müssen und dadurch, dass<br />
er immer der Ältere ist, isoliert. Die Gefahr sei jedenfalls gegeben, dass ein<br />
Lehrer <strong>zum</strong> „Sonderling und Menschenverächter wird.“ 8 Daher brauche<br />
gerade der Lehrer und Erzieher, der die Menschen kennt und sie nimmt, wie<br />
sie sind, die Gemeinschaft der Gleichgesinnten. „Sie gibt ihm die Kraft für<br />
12 | Begegnungen 1/2011 <strong>65</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>KLE</strong>. <strong>Reden</strong> <strong>zum</strong> <strong>Jubiläumsfest</strong><br />
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