15.12.2012 Aufrufe

Berufspraxis und Berufsbild im Umbruch? Von Muriel Surdez - SAVIR

Berufspraxis und Berufsbild im Umbruch? Von Muriel Surdez - SAVIR

Berufspraxis und Berufsbild im Umbruch? Von Muriel Surdez - SAVIR

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die Feminisierung des Veterinärwesens in der Schweiz Prof. <strong>Muriel</strong> <strong>Surdez</strong><br />

Definition des Berufs, die ausschliesslich an männliche Attribute, insbesondere an physische<br />

Qualitäten <strong>und</strong> Körperkraft, geknüpft ist. Diese Neudefinition des Bildes <strong>und</strong> der Identität<br />

eines Berufs ist indessen keineswegs selbstverständlich, vor allem wenn die <strong>im</strong> Beruf<br />

etablierten Männer, die Berufsverbände, die Bildungsverantwortlichen, die Klienten, ja sogar<br />

die öffentliche Hand dazu tendieren, den „Vormarsch“ von Konkurrentinnen aufzuhalten oder<br />

zu begrenzen, indem sie deren Mängel hervorheben <strong>und</strong> ihre „Verschiedenheit“ negativ oder<br />

ironisch konnotieren. Feminisierung bezieht sich hier also auf einen Prozess der Öffnung von<br />

Berufen, die bisher von Frauen wenig ausgeübt wurden (Lapeyre, 2006), einen Prozess, der<br />

mit anderen Auswirkungen auch in durchschnittlich oder wenig qualifizierten Berufen<br />

stattfinden kann (vgl. etwa in Bezug auf den Beruf des Polizisten Pruvost, 2007). 5<br />

Soziologische Studien haben mehrere theoretische Perspektiven entwickelt, um die<br />

Modalitäten der Eingliederung von Frauen in einen männlichen Berufszweig zu analysieren<br />

(Aïcha et al., 2001). Sie werden hier erwähnt, weil sie für die Veterinärmedizin herangezogen<br />

werden.<br />

3.1 Feminisierung <strong>und</strong> Prestigeverlust<br />

Eine der zentralen Fragen besteht darin, ob Frauen, die in einen männlichen Berufszweig<br />

eintreten, einen Prestigeverlust erkennen lassen bzw. dazu beitragen (Cacouault-Bitaud,<br />

2001). Die folgenden Möglichkeiten müssen berücksichtigt werden:<br />

- Der Zuwachs des Frauenanteils ruft selten allein einen Prestigeverlust hervor: sei es,<br />

dass die Frauen schlechter bezahlt werden <strong>und</strong>/oder nicht Vollzeit arbeiten; sei es, dass der<br />

Beruf mit anderen Arbeitsfeldern konkurriert oder in der Phase des wachsenden Frauenanteils<br />

eine Verschlechterung der Berufsbedingungen erfährt; sei es, dass die interne<br />

Ausdifferenzierung des Berufs neue Hierarchien schafft (so zum Beispiel in der Zahnmedizin,<br />

wo die Frauen, die sich um die wenig angesehene Kinderzahnmedizin kümmerten, nachher<br />

von der Entwicklung der Orthodontie bei Kindern profitierten, vgl. Kuhlmann, 2003). Die<br />

Feminisierung kann auch dem ausdrücklichen Willen entsprechen, das Profil der<br />

Berufstätigen entsprechend den von den Frauen vorausgesetzten oder geforderten Qualitäten<br />

zu ändern (zum Beispiel Journalistinnen für die Alltagskolumnen <strong>und</strong> für Sozialpolitik oder<br />

5 Im Gegensatz dazu gibt es in der Berufswelt so genannte „weibliche“ Berufe, d. h. Berufe, die normalerweise<br />

<strong>und</strong> sogar mehrheitlich von Frauen ausgeübt werden, <strong>und</strong> zwar deshalb, weil man diesen die entsprechenden<br />

geschlechtsspezifischen Kompetenzen <strong>und</strong> Eignungen zuschreibt <strong>und</strong> sie eine untergeordnete, schlecht bezahlte<br />

<strong>und</strong> innerhalb der Hierarchie wenig qualifizierte Position besetzen (nämlich <strong>im</strong> Verkauf, <strong>im</strong> Kosmetikservice<br />

oder zum Beispiel als Krankenschwestern in der Medizin).<br />

10

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!