Berufspraxis und Berufsbild im Umbruch? Von Muriel Surdez - SAVIR
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Die Feminisierung des Veterinärwesens in der Schweiz Prof. <strong>Muriel</strong> <strong>Surdez</strong><br />
Mannes sehen. Im Gegensatz dazu steht eine Tierärztin mit einer <strong>im</strong> Ausland absolvierten<br />
Spezialisierung: Sie kämpfte darum, mit einer anderen Berufskollegin eine Praxis zu eröffnen,<br />
<strong>und</strong> legte grosses Gewicht auf ihre Karriere. Sie hat den Misserfolg ihrer Praxisgemeinschaft<br />
schlecht verkraftet <strong>und</strong> infolge eines Burnout <strong>und</strong> einer Depression ihre Berufstätigkeit<br />
zurzeit aufgegeben. Ausserdem können sich Lebenspartner, die nicht Tierärzte sind, aus den<br />
beruflichen <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>schaftlichen Beziehungen, die ihre Frauen über die Praxisgemeinschaft<br />
pflegen, ausgeschlossen fühlen. Allerdings ist diese Situation in ihrem Fall weniger<br />
wahrscheinlich als bei Tierarztfrauen, die selber nicht Tierärztinnen sind.<br />
Der Beruf des Lebenspartners, falls er nicht Veterinär ist, führt zu verschiedenen<br />
Arrangements, die eine Beziehung mehr oder weniger belasten <strong>und</strong> zu Brüchen mit dem<br />
Beruf führen können. Wenn der Beruf des Lebenspartners ebenfalls mit flexiblen<br />
Arbeitszeiten <strong>und</strong> mit einem höheren Status verb<strong>und</strong>en ist, kann ein gegenseitiges<br />
unausgesprochenes Einverständnis herrschen, jedenfalls bis zur Geburt des ersten Kindes. Die<br />
Situation kann aber auch mit einer Scheidung oder einem vorübergehenden oder endgültigen<br />
Berufsausstieg enden<br />
Auch das Einkommen des Lebenspartners ist ein Element, dass die Entscheidungen der<br />
Frauen beeinflusst: Ist es genügend hoch, wird der Berufsausstieg erleichtert, wie dies die<br />
unterschiedlichen Lebensläufe zweier befragter Tierärztinnen zeigen: Die erste Tierärztin hat<br />
einen Informatikingenieur als Lebenspartner, der in seinem Beruf sehr erfolgreich ist. Aus<br />
diesem Gr<strong>und</strong> steht sie nicht unter Druck, ihren Beruf unter Bedingungen, die ihr nicht<br />
gefallen, wiederaufzunehmen; vielleicht wird sie später von der finanziellen Situation der<br />
Familie profitieren <strong>und</strong> in ihre Vorliebe für Pferde investieren, ohne dass sie sich um die<br />
sofortige Rentabilität der Praxis sorgen muss. Die zweite Tierärztin ist mit einem<br />
Forstingenieur verheiratet <strong>und</strong> Mutter von vier Kindern. Aufgr<strong>und</strong> ihres bescheidenen<br />
Einkommens arbeitet sie weiter, obwohl sie gerne für eine Weile aufhören würde.<br />
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