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1 - Eulenfisch - Bistum Limburg

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Das Kloster – ein Klassiker<br />

des Gottesoptimismus<br />

Von Michael Hochschild<br />

Haben Sie es gemerkt? In Frankreich ist die Welt untergegangen –<br />

die katholische. Nur die Klöster haben überlebt. Sind Klöster als<br />

Klassiker einfach krisenfester als der Rest der Kirche? Und worin<br />

besteht wohl ihr Genie, ohne das kein Klassiker auskommt?<br />

Klöster haben kein Erfolgsrezept, weil Gott ihre<br />

Glücksformel ist<br />

Das Schöne an jeder Krise ist, dass wir nachdenken<br />

müssen. Darüber, was wir brauchen und darüber, was<br />

uns die Dinge wert sind. Beispiel Deutschland 2012:<br />

Will man hier immer noch so gerne wie Gott in Frankreich<br />

leben, muss man, wenn man es ernst meinte und<br />

nachgedacht hat, fürderhin Maß nehmen am Kloster.<br />

Und sich einige Fragen stellen: Woher rührt die Stärke<br />

des Klosters, dass es der Kirchenkrise in Frankreich<br />

erfolgreich die Stirn bieten kann? Was ist das Geheimnis<br />

seines Erfolges? Liegt es darin, dass hier fleißiger<br />

gebetet und mehr gearbeitet wird? Das könnte man<br />

verstehen. Wer will als Vollblutkatholik schon nur als<br />

sonntäglicher Teilzeitgläubiger leben? Noch dazu dem<br />

Staat und der Gesellschaft dabei auf der Tasche liegen.<br />

Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Wer sich<br />

in den Klöstern auskennt, weiß, dass sich dort nicht<br />

nur die Frommen tummeln, sondern immer mehr Menschen<br />

zur Erholung fahren, Bildungs- und Selbsterfahrungskurse<br />

belegen, von der Kunst und dem Kulturprogramm<br />

profitieren wollen. Die einen fahren ins Kloster<br />

nach Citeaux, um Exerzitien zu machen, die anderen,<br />

um sich mit dem berühmten Käse zu versorgen. Jeder<br />

hat seine Gründe – und die Mönche haben wiederum<br />

Baumann<br />

Werner Foto:<br />

Wie man die Ausnahme mit Leidenschaft lebt<br />

©<br />

» Die einen fahren ins Kloster nach Citeaux, um Exerziti- Dass man sich jedoch nicht täusche: In Klöstern wird<br />

die Ausnahme mit Leidenschaft gelebt. Keine Spur von<br />

en zu machen, die anderen, um sich mit dem berühmten<br />

lauwarmem Leben. Was später Rhythmus ist, ja zum Marienstatt<br />

Käse zu versorgen. «<br />

Lebensstil gehört, muss erst einmal eingeübt werden: bei<br />

frühes Aufstehen, häufiges Beten, oft allein zu sein,<br />

ihre eigenen. Sie tun das eine, ohne das andere zu las- mit der Zelle wenig Privatsphäre zu kennen, kaum<br />

sen. Ora et labora – vor allem viel UND. Weil auch die Geld für sich zu haben. Karriere und Lebenslust – das Weißdorn<br />

Mönche inzwischen immer weniger werden, führt das sieht heute anders aus. Kein Beinbruch fürs Kloster. Im<br />

bisweilen zu einer regelrechten Kunst, sich zu Tode zu Gegenteil. Denn es geht um ein anderes Leben an einem<br />

leben, sich also beim Spagat zwischen mehreren not- ganz anderen Ort. Mithin heute ein Grund für Ausstei-Blühender<br />

6<br />

EULENFISCH _ Thema<br />

wendigen Arbeiten zu verausgaben. Das scheint ihnen<br />

aber (noch) nicht besonders schmerzlich. Auch das<br />

kann man verstehen. Sie leben als Himmelsstürmer<br />

stets auf der Suche nach Gott, wollen vorher nicht ruhen,<br />

bis sie ganz bei ihm sind. Was macht da ein bisschen<br />

weniger Schlaf – und viel Arbeit? 1<br />

Theologisch kommt schnell die Rede von der christlichen<br />

Radikalität auf, um die Eigenart und damit das<br />

Besondere des Klosters zu visieren. Soziologisch feiert<br />

man mit dem Kloster die letzte Utopie der Moderne.<br />

Das sollen also seine Erfolgsrezepte sein? Irgendwie<br />

stimmt das zwar, es ist aber auch ein wenig falsch.<br />

Denn kommt der monastische Erfolg nicht gerade daher,<br />

dass er keine Rolle spielt, dass es um etwas ganz<br />

anders geht? Wer Erfolg hat, ist noch nicht weit genug<br />

gegangen, hat Gott noch nicht gefunden – so könnte<br />

ein Mönch wohl antworten. Denn der Abstand zum Unendlichen<br />

bleibt immer unendlich, egal wie viel Weg<br />

man zu ihm gut macht. So etwas schafft Gelassenheit,<br />

selbst wenn die Arbeiten sich auftürmen. Vermutlich<br />

ist es deshalb gerade dieses mentale Aroma der Gelassenheit,<br />

das Klöster zu Oasen macht, während die<br />

spirituelle Versteppung um sie herum immer mehr Terrain<br />

der Kirche stiehlt.<br />

EULENFISCH _ Thema<br />

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