1 - Eulenfisch - Bistum Limburg
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Vita activa &<br />
vita contemplativa<br />
Monastische Lebensformen im Spiegel von Spielfilmen<br />
Von Franz Günther Weyrich<br />
Ein Kloster als Schauplatz eines Spielfilms? Mönche und Ordensschwestern<br />
als Hauptfiguren einer Filmerzählung? Es sind wahrscheinlich<br />
nicht viele Filme, die einem hier einfallen: „Der Name<br />
der Rose“ sicherlich und in jüngster Zeit möglicherweise „Von<br />
Menschen und Göttern“ oder aber „Die große Stille“.<br />
Ein (erster) Blick in die Filmgeschichte zeigt, dass<br />
Thema und Motive zwar keine wirkliche Breitenwirkung<br />
erzielt haben, aber nicht so randständig sind, wie<br />
man vermuten würde. Da gibt es zunächst einmal die<br />
reinen Biopics: biographisch angelegte Filme, die die<br />
Lebensgeschichte einer historischen Person, etwa die<br />
eines Ordensgründers, darstellen wollen, wenngleich<br />
hier oft weniger die Auseinandersetzung mit klösterlichem<br />
Leben im Fokus der Darstellung steht als der<br />
individuelle Weg des Protagonisten und die Zeitumstände.<br />
Darüber hinaus sind es zahlreiche Schmonzetten<br />
und höchstens noch medien- oder sozialhistorisch<br />
interessante „erbauliche Filme“, die bis hinein in die<br />
60er Jahre das Bild bestimmen; als „religiöse Gartenlaube“<br />
etwa bezeichnet der katholische Filmdienst Julio<br />
Buchs Film „Scheideweg einer Nonne“ aus dem Jahr<br />
1967. Daneben wird die Motivik dann ab den 60er bis<br />
in die 70er Jahre vor allem im Sex-and-crime-Genre<br />
ausgebeutet. Wenig bleibt aus diesen Jahrzehnten, was<br />
aus heutiger Perspektive wirklich sehenswert wäre.<br />
Die wenigen künstlerisch bedeutenden Filme – Luis<br />
Bunuels „Viridiana“ oder Rivettes „Die Nonne“ nach<br />
dem Roman von Diderot – nehmen eine dezidiert kritische<br />
Perspektive ein, die, aus dem Abstand mehrerer<br />
Jahrzehnte betrachtet, doch sehr ihrer Entstehungszeit<br />
verhaftet sind und zu den aktuellen Diskussionen<br />
nur wenig beitragen können.<br />
Zwei Filme der 1980er Jahre<br />
In den 80er Jahren kommen wieder historische und<br />
zeitgenössische Figuren in den Blick. Die Bandbreite<br />
der Filme lässt sich an zwei französischen Filmen aus<br />
dieser Dekade deutlich machen: „Thérèse“ von Alain<br />
Cavalier aus dem Jahr 1986 nimmt sich der Person<br />
Thérèse Martins (1873-97) an, der 1925 heiliggesprochenen<br />
Theresia von Lisieux, die als 15-jährige in den<br />
Karmel von Lisieux eintritt und dort mit nur 25 Jahren<br />
stirbt. Charakteristisch für Cavaliers Film ist seine<br />
Formstrenge: Er verzichtet völlig auf Originalschauplätze<br />
und weitgehend auf Dekors und konzentriert<br />
sich ganz auf die Bilder der Personen, Gesten, Blicke<br />
und Arrangements. Das macht ihn zu einem nicht leicht<br />
zugänglichen Film, gerade für heutige Medienkonsumenten.<br />
Problematischer in unserem Zusammenhang<br />
ist aber eher, dass – dies stellt schon der „filmdienst“ in<br />
seiner Kritik deutlich heraus – der Film bei aller historischen<br />
Authentizität durch den teilweisen „Ausfall der<br />
für Theresia von Lisieux zentralen religiösen Komponente<br />
ein halbiertes, zumindest reduziertes Bild“ 1 hinterlässt.<br />
Das gemeinsame Gebet etwa als zentrales Element<br />
der Gemeinschaft fehlt völlig in Cavaliers Film.<br />
Einen ganz anderen Weg geht Louis Malle in seinem<br />
nur ein Jahr später entstandenen Film „Auf Wiedersehen<br />
Kinder“. Schauplatz der Geschichte ist kein<br />
Kloster, sondern ein von Patres geführtes Internat. Im<br />
Mittelpunkt stehen die Begegnung und Freundschaft<br />
zweier Internatsschüler in der Zeit der französischen<br />
Okkupation im Jahr 1944. Der elfjährige Julien Quentin<br />
lernt nach einem Weihnachtsaufenthalt bei seinen Eltern<br />
den neuen Schüler Bonnet kennen und entdeckt<br />
bald, dass es sich um einen jüdischen Jungen handelt,<br />
der von den Patres – wie viele andere Schüler auch –<br />
im Internat versteckt wird und damit vor der Verfolgung<br />
und Ermordung durch die Nationalsozialisten<br />
bewahrt werden soll. Wiewohl in Louis Malles weitgehend<br />
autobiographischem Film vor allem die beiden<br />
„Glaubensfrage“ (USA 2008) © Cinetext Bildarchiv<br />
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