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WeltBlick 2/2018

Schwerpunktthema: Kuba. Nah bei den Menschen

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Eine<br />

Die Epoche der Revolutionäre<br />

neigt sich dem Ende zu.<br />

Zeitreise<br />

TEXT UND FOTOS: PATRICK R. SCHNABEL<br />

Wer durch Kuba reist, unternimmt eine Zeitreise.<br />

Nicht nur die amerikanischen Oldtimer und die russischen<br />

Ladas sind Überbleibsel, die dem Land<br />

einen romantischen Anstrich geben. Die Isolation<br />

der Insel hat es der Regierung über sechs Jahrzehnte<br />

möglich gemacht, sich auch heute noch mit der<br />

allergrößten Selbstverständlichkeit auf 1959 als das<br />

Normaljahr der kubanischen Gesellschaft zu beziehen.<br />

Die staatliche Propaganda, die seit dem letzten<br />

Jahr nicht mehr nur mit dem Pinsel auf alle verfügbaren<br />

Betonflächen gemalt wird, sondern – fast anachronistisch<br />

modern – auf Hochglanz-Billboards<br />

erstrahlt, suggeriert: »Revolution ist jetzt!«<br />

Dieser von außen merkwürdig anmutende Narrativ<br />

hatte so lange seine innere Plausibilität, wie<br />

tatsächlich die alten Recken der 1950er Jahre den<br />

Staat anführten. In ihren (fast) zeitlosen olivgrünen<br />

Uniformen der Revolutionäre versinnbildlichten sie<br />

über fast drei Generationen den Moment des Sieges<br />

über die Diktatur. Die Bevölkerung kannte nichts<br />

anderes. Wer gegen sie war, hatte das Land vor Jahrzehnten<br />

verlassen, wer sie damals unterstützt hatte,<br />

identifizierte sich mit ihrem Sieg. Wer – wie<br />

Díaz-Canel – unter 60 ist, wuchs mit dem Mythos<br />

des auf Dauer gestellten Siegesmomentes auf.<br />

Aber nun kommt einer dieser Spätgeborenen an<br />

die Macht; wenn auch auf Raten. Ihm ist es nicht<br />

möglich, seine Autorität aus einem Kampf abzuleiten,<br />

der vor seiner Geburt stattgefunden hat. So wird<br />

unwiederbringlich ein Kapitel geschlossen und ein<br />

neues aufgeschlagen, allen Beteuerungen der Linientreue<br />

zum Trotz. Autorität muss sich die neue<br />

Führung erst erarbeiten, und sie wird nicht mehr an<br />

1959, sondern an <strong>2018</strong>, 2019, 2020 … gemessen. Das<br />

Normaljahr hat auch für Kuba seine Magie verloren.<br />

Nun sind die Herausforderungen, die vor<br />

Díaz-Canel liegen, alles andere als gering. Die schon<br />

lange angekündigte Abschaffung der zwei parallelen<br />

Währungen steht aus. Kein Experte kann guten<br />

Gewissens Voraussagen darüber treffen, was mit<br />

Kuba. Nah bei den MENSCHEN<br />

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