WeltBlick 2/2018
Schwerpunktthema: Kuba. Nah bei den Menschen
Schwerpunktthema: Kuba. Nah bei den Menschen
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TeePause<br />
Sommermärchen<br />
Auf eine Tasse Tee mit dem Direktor<br />
Deutschland ist wieder im Fußball-Fieber. 2006, bei der WM im eigenen<br />
Lande, hatten Sie die Idee, ein interreligiöses Fußball-Spiel zu initiieren.<br />
ROLAND HERPICH: Es war gar nicht meine Idee. Der Pfarrer der anglikanischen<br />
Gemeinde in Berlin, Christopher Jage-Bowler, brachte sie mit nach<br />
Deutschland. Gemeinsam mit der britischen Botschaft und dem Ökumenischen<br />
Rat Berlin-Brandenburg übernahm der Kirchenkreis Wilmersdorf,<br />
dessen Superintendent ich damals war, die Organisation. Jeder, dem ich<br />
davon erzählte oder der davon hörte, lächelte und schüttelte zugleich<br />
den Kopf. Weil man nicht genau wusste: Ist es ein großer Spaß? Oder<br />
steht da ein Ziel dahinter? Ist es wirklich ernst gemeint?<br />
Das änderte sich mit dem Anpfiff.<br />
ROLAND HERPICH: Wir wurden auf dem Platz von vielen Fernseh-Teams<br />
erwartet und waren völlig verblüfft. Aber es klärte sich schnell auf: Es war<br />
das Jahr des Sommermärchens! Die Fernsehstationen waren alle schon für<br />
die Fußball-WM in Berlin und hatten über die britische Botschaft von<br />
unserem Spiel erfahren. Die Journalisten aus aller Welt, allen voran die<br />
angelsächsischen, fanden die Idee witzig und gut. Reuters und BBC<br />
berichteten, Al Jazeera sowie das japanische Fernsehen und auch im Internet<br />
konnte man die Meldung wochenlang lesen. Es hat einfach alles<br />
gepasst! Bei mir dachte ich: Ich habe mich ein Leben lang für meine Kirche<br />
engagiert und alles für die große Aufgabe gegeben, und wegen einer<br />
solchen Kleinigkeit, die ich mal so nebenbei organisiert habe, bekomme<br />
ich plötzlich einen Hauch von Weltruhm (lacht).<br />
2009 kam sogar Prinz Charles zum Spiel.<br />
ROLAND HERPICH: Er war vor seinem Berlin-Besuch<br />
gefragt worden, was ihn interessieren würde. Und das<br />
war das Fußballspiel Pfarrer gegen Imame! Er hat den<br />
Siegerpokal übergeben und ich hatte Gelegenheit,<br />
ein Gespräch mit ihm zu führen. Wir haben uns über<br />
diese Geste sehr gefreut.<br />
Das Spiel Pfarrer – Imame hat seitdem einen festen<br />
Platz im Kalender des interreligiösen Dialogs.<br />
ROLAND HERPICH: Wir wollten damals heraus aus dem geschlossenen<br />
Zirkel derer, die sowieso schon zum interreligiösen Dialog bereit waren.<br />
Bei allen interreligiösen oder interkulturellen Begegnungen hat man Spielregeln,<br />
von denen man nicht weiß, ob die anderen sie akzeptieren. Beim Fußball<br />
ist das leichter: Die Regeln stehen fest und werden von beiden Seiten<br />
akzeptiert. Man muss – was die Regeln angeht – keinen kulturellen Clash<br />
befürchten. Das ist das eine. Das zweite ist: Man macht etwas gemeinsam und<br />
das ist noch besser als miteinander reden. Und das dritte, das ist das Schöne<br />
am Fußball, es gibt keine oberflächlichen Win-Win-Illusionen. Nein, beim Fußball<br />
verliert eine der Mannschaften – und das ist gerade der Gewinn! Dass man<br />
gemeinsam darum ringen kann zu gewinnen und dass man manchmal verlieren<br />
muss. Das ist ehrlicher als vieles sonst im Leben. Letztlich sind aber doch<br />
beide Gewinner, weil sie für das nächste Mal neue Hoffnung haben.<br />
Auf eine Tasse Tee mit dem Direktor<br />
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