16.12.2012 Aufrufe

Verein der Freunde, Förderer und Ehemaligen - Förderverein ...

Verein der Freunde, Förderer und Ehemaligen - Förderverein ...

Verein der Freunde, Förderer und Ehemaligen - Förderverein ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

„Es ist 20 vor 9 am Morgen. Ich bin eben meine fünf Stockwerke<br />

runtergerannt, frohen Mutes, einen neuen Tag in Angriff zu nehmen.<br />

Ich biege nach rechts ab auf die Stefanikova-Straße. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Straßenseite hat sich wie immer ein kleiner Pulk Omis vor einem<br />

Laden für Haushaltszubehör versammelt. Stets viel zu früh. Aber das<br />

hat wohl seine Gründe. Wahrscheinlich ist <strong>der</strong> Laden so gefragt, dass<br />

man Warteschlangenzeiten mit einrechnen muss. O<strong>der</strong> wollen sie<br />

sich einfach nur über den neuesten Tratsch austauschen <strong>und</strong><br />

besprechen, welches Küchensieb denn heute von Nöten wäre? Hier<br />

huscht also (aller-!) spätestens das erste Lächeln des Tages über mein<br />

Gesicht... <strong>und</strong> ich renn weiter, um die Tram zu kriegen. Auch hier<br />

habe ich fast immer das Gefühl, als käme sie konsequent zu früh. So<br />

um circa zwanzig Sek<strong>und</strong>en. Warum muss ich immer laufen, damit<br />

sie mir nicht wegfährt? Es scheint schon fast ein physikalisches<br />

Gesetz zu sein. Na ja, kann ich nichts an<strong>der</strong>es tun, als zu laufen o<strong>der</strong><br />

auf die nächste zu warten. Meistens entscheide ich mich für ersteres.<br />

In <strong>der</strong> Tram zücke ich mein Buch. Meine erste 'Dosis' Lesen am Tag.<br />

An <strong>der</strong> Haltestelle Slingrovo Namesti steige ich aus. Ein sanfte<br />

Malz-Brise, die mir nicht selten aus Richtung <strong>der</strong> 'StaroBrno'-<br />

Bierbrauerei entgegenweht, steigt mir wie<strong>der</strong> in die Nase. Auf dem<br />

kurzen Fußweg zu Frau B. treffe ich auf eine meiner zwei Extra-<br />

Omis. Die beiden sind ganz zart, haben lange weiße<br />

zusammengetüterte Haare <strong>und</strong> jeweils ein liebenswertes faltiges<br />

Gesicht mit lustigen Augen. Lange Zeit hielt ich sie für ein <strong>und</strong><br />

dieselbe Person. Jeden Morgen gegen neun machen sie sich mit ihre<br />

Wägelchen auf den Weg zum Einkauf. Nur habe ich sie nie<br />

zusammen gesehen. Habe mich höchstens mal gewun<strong>der</strong>t, warum die<br />

Frau am einen Tag da <strong>und</strong> am an<strong>der</strong>en Tag dort zu wohnen scheint.<br />

Doch habe ich in solchen Fall eher an mir anstatt an '<strong>der</strong> Frau'<br />

gezweifelt. Wann mir letztendlich das Licht aufging, weiß ich nicht<br />

mehr. Ich habe aber bis heute nicht raus, wer nun wer ist <strong>und</strong> wo<br />

wohnt.<br />

Schon bin ich in <strong>der</strong> Stube von Frau B., frage sie, wie es ihr heute<br />

geht, <strong>und</strong> sie antwortet wie fast immer „ausgezeichnet“<br />

(„Vybome!“). Nun geht alles seinen altbewährten Gang: Frühstück<br />

mit small-talk <strong>und</strong> 10 R<strong>und</strong>en im Flur gehen, damit sie in Form<br />

bleibt. Dann bringe ich sie zur Toilette. Bis sie fertig ist, lese ich in<br />

ihrer Zeitung. Auf <strong>der</strong> Titelseite die Schlagzeile, dass in irgendeiner<br />

Sportart eine tschechische Goldmedaille gewonnen wurde.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!