Heft 2 - 2002 (PDF-Datei) - Förderverein Gymnasium Schönberg ...
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<strong>Förderverein</strong><br />
Ernst Barlach <strong>Gymnasium</strong><br />
<strong>Schönberg</strong> e.V.<br />
*<br />
Berichte und Mitteilungen<br />
<strong>2002</strong><br />
<strong>Heft</strong> 2
Titel<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Autor/Quelle<br />
Protokoll der<br />
Mitgliederversammlung vom 22.<br />
Juni <strong>2002</strong><br />
Petra Haase 1 1<br />
Geschäftsbericht des<br />
Vorsitzenden<br />
Joachim Raban 3<br />
Kassenbericht 2001 Astrid Kessler 4<br />
Bericht des Schulleiters Gero Birnbaum 4<br />
Runde Geburtstage Vorstand 6<br />
Zur Geschichte der Grundschule<br />
am Oberteich in <strong>Schönberg</strong><br />
Heidemarie<br />
Frimodig<br />
7<br />
Der Fall „Toll/Raban“ Klaus-Peter Hoepke 12<br />
Derzeitiger Vorstand<br />
Vorsitzender Dr.<br />
Raban<br />
Joachim<br />
Stellvertretender<br />
Vorsitzender<br />
Gero Birnbaum<br />
Schatzmeisterin Astrid Kessler<br />
Schriftführerin Petra Haase<br />
Beisitzer Annette Behr<br />
Bankverbindung<br />
Kontonummer des Vereins: 1200012174 bei der Sparkasse<br />
Mecklenburg-Nordwest, Bankleitzahl 140 510 00<br />
Laut Beschluss der Mitgliederversammlung vom 23. Juni 2001<br />
beträgt der Mitgliedsbeitrag ab dem Jahr <strong>2002</strong> 15,00 €
Protokoll der Mitgliederversammlung<br />
vom 22. Juni <strong>2002</strong><br />
Beginn................................: 10.15Uhr<br />
Ort......................................: Ernst-Barlach-<strong>Gymnasium</strong> <strong>Schönberg</strong><br />
Anwesende Mitglieder.......: 14 Mitglieder<br />
Anwesenden vom Vorstand: Dr. Raban, Herr Birnbaum, Frau<br />
Kessler,<br />
Frau Haase<br />
Abwesend...........................: Frau Behr<br />
1. Begrüßung durch den Vorsitzenden Dr. Raban<br />
Annahme der Tagesordnung<br />
Dr. Raban übermittelt Grüße der Mitglieder Kriesel, Retelsdorf,<br />
Meese und Kruppa<br />
Die Anwesenden gedenken der Toten: Heinz Eggert und Ulrich<br />
Marung.<br />
2. Das Protokoll der Sitzung vom 23. 6. 01 wird genehmigt<br />
(einstimmig)<br />
3.l. Dr. Raban hält den Geschäftsbericht (siehe Anlage). Er wird<br />
ohne Aussprache angenommen.<br />
3.2. Frau Kessler hält den Kassenbericht<br />
Anfangsbestand 2001:.....5042.18 DM<br />
Beiträge und Spenden:....6354.00 DM<br />
Ausgaben:.......................4985.98 DM<br />
Endbestand:....................6410.20DM das entspricht 3277.48<br />
Euro.<br />
Das Geld wurde hauptsächlich für die Gestaltung der<br />
Namensgebungsfeier ausgegeben (Sänger Wolfgang Rieck,<br />
Spielmobil, Beschallungsanlage, Tombola, Kugelschreiber).<br />
Auch für Prämierungen im Rahmen von "Jugend forscht" wurden<br />
Präsente gekauft. Die Auszeichnung des besten Abiturienten<br />
entfiel, weil es keinen Abiturjahrgang gab. Zum Kassenbericht<br />
gab es keine Aussprache.<br />
3.3. Revisionsbericht<br />
Herr Brieger bestätigt, dass alle Abrechnungen in Ordnung sind<br />
und dankt Frau Kessler.<br />
4. Die Schatzmeisterin wird einstimmig entlastet.<br />
5. Der Vorstand wird einstimmig entlastet.<br />
6. Frau Zaharzewski wird einstimmig zum zweiten Kassenprüfer<br />
gewählt.<br />
7. Frau Kessler legt den Haushaltsvoranschlag <strong>2002</strong> vor.<br />
In diesem Jahr wurde bereits Geld für die<br />
Videodokumentation
der Namensgebung, Präsentation eines Chansonnachmittags,<br />
Projekttage und Prämierungen ausgegeben. Im Rahmen der<br />
Aktion „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" wurde die<br />
Aufführung des Films „Oi warning" unterstützt. Weiterhin ist<br />
Geld für Prämierungen vorgesehen. Ansonsten werden Projekte<br />
auf Antrag gefördert, wie etwa eine Jugendbegegnung in Polen.<br />
Die Vorschläge wurden einstimmig angenommen.<br />
8. Bericht des Schulleiters Herrn Birnbaum<br />
Während im ganzen Land die Schülerzahlen rückläufig sind, ist<br />
im Emst-Barlach-<strong>Gymnasium</strong> das Gegenteil der Fall. Am 15.<br />
August werden 75 Schüler in drei fünfte Klassen eingeschult. Die<br />
Dreizügigkeit ist auch in den kommenden Jahren dank des<br />
Zuzuges von Familien in die grenznahen Gemeinden nicht<br />
gefährdet. Aus Herrnburg kommen 32 neue Schüler, aus der<br />
Stadt <strong>Schönberg</strong> nur acht.<br />
Dringend notwendig ist die weitere Sanierung des<br />
Schulgebäudes, mit dem rechten Flügel wurde bereits vor den<br />
Ferien begonnen. Die Decken werden saniert, die Elektrik wird<br />
erneuert, die Fenster überholt. Alles in Absprache mit dem<br />
Denkmalschutz, denn es darf am äußeren Bild nichts verändert<br />
werden. Ein positives Signal gab es in Sachen Turnhallenneubau<br />
vom Landrat. Bei einer Begehung habe er sich von den<br />
untragbaren Zuständen überzeugt. <strong>Schönberg</strong> stehe ganz oben<br />
auf der Prioritätenliste.<br />
Im Januar wurde der Schule der Titel "Schule ohne Rassismus -<br />
Schule mit Courage" verliehen als erste Schule in Mecklenburg-<br />
Vorpommern. Im Vorfeld hatten Schüler mehrere<br />
Veranstaltungen durchgeführt. Die Initiative ging von Schülern<br />
aus.<br />
In diesem Jahr sind 34 Abiturienten zu den Prüfungen angetreten,<br />
einer hat das Abitur nicht bestanden. Das beste Abi-Zeugnis hat<br />
einen Durchschnitt von 1,2, sechs Schüler haben einen<br />
Durchschnitt unter 2,0. Dies seien sehr gute Ergebnisse.<br />
In der kommenden Woche kommt eine Gruppe von spanischen<br />
Schülern nach <strong>Schönberg</strong>. <strong>Schönberg</strong>er Schüler werden auch<br />
nach Spanien fahren. Es sollen stabile Beziehungen zu dieser<br />
spanischen Schule aufgebaut werden. Auch die Beziehungen<br />
nach Trapani in Italien werden weiter aufrecht erhalten. Die<br />
jährlichen Fahrten der neunten Klassen nach London finden auch<br />
weiterhin statt.<br />
Das <strong>Gymnasium</strong> bewirbt sich um den Titel "Europaschule". Die<br />
Bedingungen werden erfüllt, da an der Schule Englisch,<br />
Russisch, Französisch und Spanisch angeboten werden.<br />
Auf die Frage nach Werbekampagnen für den <strong>Förderverein</strong><br />
erklärt
der Schulleiter, dass auf allen Elternversammlungen und<br />
Absolvententreffen für den Verein geworben wird, die Resonanz<br />
aber sehr gering ist. Auch auf den Ehemaligentreffen (50 Jahre<br />
Abi) werde nachdrücklich auf den Verein hingewiesen.<br />
9. Anträge<br />
Der Vorstand Schlägt vor, dem <strong>Förderverein</strong> einen kürzeren<br />
Namen zu geben und ihn in <strong>Förderverein</strong> Barlach <strong>Gymnasium</strong><br />
<strong>Schönberg</strong> e.V. umzubenennen. Nach kurzer Diskussion<br />
beschließt die Mitgliederversammlung einstimmig den Namen<br />
"<strong>Förderverein</strong> Ernst Barlach <strong>Gymnasium</strong> <strong>Schönberg</strong> e.V. ".<br />
10. Anregungen und Wünsche<br />
Dr. Raban informiert darüber, dass die Siemenstafel inzwischen<br />
in der Grundschule am Oberteich angebracht wurde.<br />
Petra Haase entwirft eine Artikel, der im "Amtsblatt" erscheinen<br />
soll und den <strong>Förderverein</strong> vorstellt.<br />
Die Versammlung wird um 11.25 Uhr beendet<br />
Petra Haase Dr. Raban<br />
(Schriftführerin) (Vorsitzender)<br />
Geschäftsbericht des Vorsitzenden<br />
Der Verein hatte laut Vorstandssitzungen am 16. Mai 2001 121<br />
Mitglieder.<br />
Durch die Eintritte von Frau Andrea Lembcke und Frau Sigrid<br />
Reuter und den Austritt von Herrn Werner Bollmann hatte der<br />
Verein zur Zeit der Mitgliederversammlung am 22. Juni <strong>2002</strong><br />
122 Mitglieder.<br />
Gekündigt zum Ende des laufenden Geschäftjahr haben Frau<br />
und Herr Conradi und Frau Trübe.<br />
Im Jahre 2001 fanden im September und im Oktober und im<br />
Jahre <strong>2002</strong> im Februar und April Je eine Vorstandssitzung statt.<br />
Auch in diesem Jahr gab der Verein zwei <strong>Heft</strong>e heraus.<br />
In Ihrem Kassenbericht weist Frau Kessler Ausgaben, Einnahmen<br />
und die Förderungen des Vereins aus.<br />
Da Frau Haase versetzt wurde, musste sie Ihren Posten als<br />
Schriftführerin niederlegen. Frau Lüdtke wird sie bis zu Ihrer<br />
Wahl kommissarisch vertreten.<br />
Dr. Raban
Kassenbericht 2001<br />
Astrid Kessler<br />
(Schatzmeisterin)<br />
Anfangsbestand..................................................5.042,18 DM<br />
Einnahmen..........................................................6.354,00 DM<br />
Ausgaben............................................................4.985,98 DM<br />
Endbestand.........................................................6.410,20 DM<br />
Einnahmen<br />
Beiträge und Spenden........................................5.494,00 DM<br />
Sonstige Spenden, Nichtmitglieder........ ...........580,00 DM<br />
Durchlaufende Posten........................................300,00 DM<br />
6.354,00 DM<br />
Ausgaben<br />
Förderung............................................................4.078,48 DM<br />
Auslagen für Mitgliederhefte..................................580,00 DM<br />
Durchlaufende Posten..............................................300,00 DM<br />
Gebühren.....................................................................27,50 DM<br />
4.985,98 DM<br />
Förderung<br />
Littera et cetera, Preisträger Jugend forscht.......................79,80 DM<br />
Web Visitenkarte................................................................23,28 DM<br />
Namengebung des <strong>Gymnasium</strong>s am 18. Mai 2001.......3.975,40 DM<br />
4.078,48 DM<br />
Bericht des Schulleiters<br />
Von Gero Birnbaum<br />
Mit dem abgelaufenen Schuljahr verließ Herr Löffelmann als<br />
Lehrer für Sport, Biologie und Chemie unser Kollegium, um in<br />
Augsburg eine neue Arbeitsstelle aufzunehmen.<br />
Durch eine zusätzliche 10. Klasse entstand neue<br />
Unterrichtsbedarf. Frau Kathi Ganswig (Bio/Ch) und Herr Dirk<br />
Riedel (Sport, Ge, Informatik) nahmen aus diesem Grund ihre<br />
Tätigkeit mit Beginn des Schuljahres <strong>2002</strong>/03 auf.<br />
Zum 15. August <strong>2002</strong> begannen 604 Schüler ein neues<br />
Schuljahr. 74 davon wurden in die 5. Klassen neu eingeschult.<br />
Damit konnte entgegen einem landesweiten Trend die<br />
Schülerzahl stabil gehalten werden. Dies ist in erster Linie auf
den verstärkten Wohnungsbau in Herrnburg, Selmsdorf und<br />
Schlagsdorf zurückzuführen.<br />
In den 5. Klassen läuft ein Schulversuch für den bilingualen<br />
Unterricht. Dies bedeutet, dass durch 2 Englischlehrer (Herr<br />
Mialkas, Frau Burckhardt) Schülergruppen einen zusätzlichen<br />
Englischunterricht von 1 Wochenstunde erhalten. Hier werden<br />
die sprachlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der<br />
Sportunterricht dieser Gruppen ab der 7. Klasse dann nur unter<br />
Verwendung der englischen Sprache als<br />
Kommunikationsmittel zwischen Lehrer und Schüler bzw.<br />
unter den Schülern abläuft.<br />
Ab der 7. Klasse haben die Schüler seit diesem Schuljahr die<br />
Möglichkeit, aus den Fremdsprachen Französisch, Spanisch<br />
und Russisch eine auszuwählen.<br />
Für die Klasse 7 hat sich die wöchentliche Unterrichtszeit um 3<br />
Stunden erhöht. Das ist eine zusätzliche Belastung, da hier<br />
bereits einmal wöchentlich 8 Unterrichtsstunden im Plan sind.<br />
Diese Klassenstufe wird dann aber 2008 als erste nach einer<br />
achtjährigen Schulzeit am <strong>Gymnasium</strong> das Abitur ablegen.<br />
Im 2. Halbjahr 2001/02 bzw. in den ersten Unterrichtswochen<br />
des neuen Schuljahres gab es eine Reihe von Aktivitäten, die<br />
die Lernarbeit sinnvoll ergänzten bzw. einen nicht<br />
unwesentlichen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung der<br />
Schüler leisteten. So wurde vom 27.05. bis 31.05.02 eine<br />
Projektwoche durchgeführt, bei der die Schüler in 35 Gruppen<br />
zu den verschiedensten Themen arbeiteten. Ein Teil der<br />
Schüler war in Polen, in Dresden, in Berlin und in Orten der<br />
näheren Umgebung aktiv. Mit einer Präsentation und einem<br />
Schulfest am 31.05.02 fand die Woche einen gelungenen<br />
Abschluss.<br />
<strong>2002</strong> legten erstmals nach 13 Schuljahren 34 Schüler das<br />
Abitur ab (Namensliste auf 3. Umschlagseite). Dabei gelang<br />
Anne Mecklenburg mit einem Durchschnitt von 1,2 ein bisher<br />
noch nicht erreichtes Ergebnis an unserer Einrichtung. Bei der<br />
feierlichen Zeugnisübergabe erhielt sie dafür traditionell ein<br />
Sachgeschenk des <strong>Förderverein</strong>s.<br />
Frau Reuter organisierte im Rahmen des EU-Programms<br />
„Jugend für Europa“ einen Schüleraustausch mit einem<br />
<strong>Gymnasium</strong> in Caspe (Spanien). Die spanische Gruppe<br />
besuchte uns im Juni, und der Gegenbesuch erfolgte vom<br />
07.09. – 14.09.02 (Sonderbericht im nächsten <strong>Heft</strong>!).<br />
Im August fuhren die Klassen 10 c und 9 b im Rahmen einer<br />
Sprachreise nach London.<br />
Die Baumaßnahmen, die auch in diesen Sommerferien<br />
fortgeführt wurden, umfassten den rechten Flügel des
Gebäudes über 3 Etagen. Im Ergebnis entstand ein Zeichensaal<br />
mit modernster Ausstattung. In weiteren 8 Unterrichtsräumen<br />
wurden die Fußböden, die Elektroanlage und die Fenster neu<br />
gestaltet. In den Fluren erfolgte eine Neuausstattung mit<br />
Parkett. Außerdem wurde eine weitere Toilette im Haupthaus<br />
eingerichtet, so dass die Außentoiletten nur noch in den großen<br />
Pausen benutzt werden müssen. Im nächsten Sommer wird die<br />
Sanierung im Treppenhaus bzw. im Außengelände fortgeführt.<br />
Mitteilungen des Vorstandes<br />
Runde Geburtstage<br />
Der Vorstand des Vereins der Freunde, Förderer und<br />
Ehemaligen des Ernst-Barlach-<strong>Gymnasium</strong>s zu <strong>Schönberg</strong><br />
übermittelt seinen Mitgliedern, deren runde Geburtstage<br />
zwischen dem 1. April <strong>2002</strong> und dem 1. November <strong>2002</strong> liegen,<br />
die herzlichsten Grüße und wünscht ihnen weiterhin alles Gute,<br />
vor allem Gesundheit. Mit seinen Wünschen verbindet der<br />
Vorstand seien Dank für die langjährige Treue zum Verein und<br />
hofft, dass sie ihm auch weiterhin verbunden bleiben.<br />
Er gratuliert:<br />
Gisela Blasberg, geb. Kusch, zum 70.<br />
Geburtstag<br />
Dr. Klaus-Peter Hoepke zum 70. Geburtstag<br />
Günter Kröpelin zum 65. Geburtstag<br />
Johannes Ladendorf zum 80. Geburtstag<br />
Heidi Müller, geb. Sieber, zum 65. Geburtstag<br />
Fritz Paulsen zum 80. Geburtstag<br />
OStR Erwin Pohl zum 70. Geburtstag<br />
Ingrid Tretow, geb. Dettmann, zum 70.<br />
Geburtstag<br />
Elisabeth Trübe, geb. Maaß, zum 70.<br />
Geburtstag<br />
Der Vorstand dankt nochmals allen Spendern für ihre zum Teil<br />
großzügigen Beiträge.
Zur Geschichte der Grundschule am Oberteich<br />
in <strong>Schönberg</strong> (Meckl.) 1825-2000<br />
Von Heidemarie Frimodig<br />
Fortsetzung aus: Berichte und Mitteilungen <strong>2002</strong>, <strong>Heft</strong> 1<br />
Auf den nahen Schlächtereien blöken die Kälber Tag und<br />
Nacht, und zur Abwechslung schreit ein abgestochenes<br />
Schwein; der Schmied hämmert dazwischen und die Pferde<br />
wiehern ihr Scherflein dazu. Das Gerassel der fortwährend<br />
vorbeifahrenden Wagen, das Toben der Knechte, wenn sie in<br />
der engen Gasse aneinander geraten, vollendet das Ganze.<br />
Zuweilen läßt sich auch Musik hören, ein Hochzeitspaar mit<br />
seinen jubelnden Gästen, öfter zusammentreffend mit drei oder<br />
vier solcher Gelagen, läßt sich zur Kirche blasen. Jede<br />
Gesellschaft ihre eigene schlechte Musik, und jedes Konzert<br />
sucht das andere mit schmetternden Tönen zu überschreien.„<br />
Der früher genehmigte Bauplatz neben dem Amtshofe sei<br />
dagegen durchaus geeignet. Er sei auch nicht zu weit von dem<br />
Mittelpunkt der Stadt entfernt, da <strong>Schönberg</strong> zu klein sei, als<br />
daß überall von weiten Wegen die Rede sein könne „Übrigens<br />
ist mit Grund zu vermuten, daß <strong>Schönberg</strong> sich vielleicht schon<br />
in 50 oder 60 Jahren nach der Seite gegen Lübeck hin so weit<br />
ausdehnen wird, als es sich jetzt südlich von der Kirche<br />
erstreckt, wo sich keine Bauplätze mehr finden...„ Die<br />
Regierung gab infolge dieses Berichtes den Gedanken einer<br />
Veränderung der Baustelle nun mehr auf und verfügte die<br />
Fortsetzung des bereits angefangenen Baues; soweit die<br />
Auszüge aus der Ringelingschen Arbeit.<br />
Lohmeiers beeindruckende Schilderung hatte also ihre<br />
Wirkung nicht verfehlt. Wenn es nun auch keine höhere<br />
Lehranstalt war, so hatten sich Schulverhältnisse vor allem für<br />
die Rektorschule entscheidend verbessert als der Neubau dann<br />
im Oktober 1826 bezogen wurde. Der Lehrplan der neuen<br />
Schule, die jetzt Bürgerschule genannt wurde, beinhaltete
Religion, deutsche Sprache, Denkübungen und Lesen<br />
Rechtschreiben, Rechnen, Geografie, Naturgeschichte,<br />
(Schön)-Schreiben, Zeichnen, Gesang; in der ersten Klasse,<br />
damals die Oberstufe, auch Geschichte und Geometrie<br />
Privatunterricht konnte in Französisch und Latein erteilt<br />
werden. Und das alles leisteten zwei Lehrer! Die Aufnahme in<br />
die Bürgerschule erfolgte mit Beginn des 10. Lebensjahres;<br />
vorher wurde die Küsterschule, die ursprünglich auf dem Platz<br />
der heutigen August-Bebel-Str. 2 lag und nun in das Haus der<br />
freigewordenen Rektorschule zog, besucht. Die allgemeine<br />
Schulpflicht wurde erst 1871 mit der Reichsverfassung<br />
eingeführt, und so blieben vorher viele Kinder vor allem der<br />
Stadtarmut noch ohne jeden Unterricht.<br />
Erst 1846 wurde diele, in den Räumen der Bürgerschule<br />
eingerichtet. So wiederhol lang ersehnte höhere Schule, die<br />
Realschuten sich nicht nur die Klagen über unzureichenden<br />
Schulverhältnisse in der Stadtgeschichte <strong>Schönberg</strong>s, sondern<br />
auch die Tatsache, daß aus den vergleichsweise qualitativ<br />
besseren Schulgebäuden der Stadt die höheren Schulen<br />
wurden, während die Volksschulen in den weniger guten<br />
Häusern verblieben. Das war 1846 so wie auch 1991, als aus<br />
der 1928/29 errichteten Bürgerschule am Goetheplatz<br />
wiederum das Progymnasium wurde.<br />
Mit der Verdrängung der Bürgerschule aus dem Lohmeier-Bau<br />
erfolgte die Trennung der Schüler in eine Knaben- und eine<br />
Mädchenschule. Erstere wurde in dem zwar jüngeren, aber<br />
weitaus schlichteren Schulhaus in der Lübecker Straße 1<br />
eingerichtet, die andere in der überbauten Rektor, dann<br />
Küsterschule am Kirchplatz untergebracht. Die Küsterstelle, in<br />
der ein Lehrer Sechs- bis Vierzehnjährige in einer Klasse<br />
unterrichtete, denn nicht alle Zehnjährigen wechselten in die<br />
Bürgerschule, sie bestand noch bis 1858.<br />
Die Realschule erlangte im Laufe ihres Bestehens einen<br />
ausgezeichneten Ruf, so dass sie nicht nur von Schülern aus<br />
dem ehemaligen Fürstentum Ratzeburg, sondern auch von
solchen aus dem „Ausland“ sprich Mecklenburg-Schwerin oder<br />
Schleswig-Holstein, besucht wurde. Die Lehrer - deren Anzahl<br />
war inzwischen erheblich gestiegen - hatten längst Wohnungen<br />
in der Stadt oder im „Amtsgebiet“, das war die Lübecker<br />
Straße, die nicht zur Stadt <strong>Schönberg</strong> gehörte! Nur der Direktor<br />
hatte noch bis 1895 seine Dienstwohnung im Schulhaus. Für<br />
ihn wurde dann das Direktorenwohnhaus, das zuletzt als<br />
Schulküche genutzt wurde, im ehemals bischöflichen<br />
Obstgarten errichtet.<br />
1891 war die Realschule von der Reichsschulkommission als<br />
vollberechtigtes Realprogymnasium anerkannt worden, was<br />
auch das Verdienst des langjährigen Direktors Prof. W.<br />
Ringeling war. Es führte allerdings nicht zum Reifezeugnis; die<br />
Abschlussprüfung berechtigte aber zum Besuch der Prima<br />
eines Realgymnasiums. Ab Ostern 1915 durften auch erstmals<br />
Mädchen die höhere Schule in <strong>Schönberg</strong> besuchen .<br />
Im Jahre 1932 drohte die Schließung der Schule, da die<br />
Schülerzahl nach dem Einrichten einer höheren Schule in<br />
Grevesmühlen auf nur neunzig gesunken war. Sie verlor ab<br />
Ostern 1952 den Status einer staatlichen Anstalt, blieb aber<br />
als staatlich anerkannte Privatschule erhalten. Das war vor<br />
allem dem Engagement des Direktor Prof. Oldörp und des am<br />
15. 11. 1931 gegründeten Realschulvereins zu danken, die es<br />
erreichten, daß der Staat der Schule das Gebäude überließ. Der<br />
Verein hoffte, die jährlich benötigten 20 bis 30000 Mark an<br />
Kosten tragen zu können. Ein Jahr später schon wurde auf<br />
einen Antrag der NSDAP im Landtag hin die Schule in<br />
staatliche Regie zurückgenommen.<br />
Zwischen 1933 und 1940 gab es noch mehrere organisatorische<br />
Veränderungen an der Schule, die dann die Bezeichnung<br />
„Oberschule für Jungen„ führte, obwohl sie auch von Mädchen<br />
besucht wurde. Das Abitur mußte aber weiterhin in Lübeck<br />
oder Grevesmühlen abgelegt werden.<br />
Zum Ende des II. Weltkrieges wurde die Realschule, wie viele<br />
öffentliche Gebäude in Deutschland, zum Lazarett
umgewandelt. Während nach Kriegsende viele dieser Gebäude<br />
relativ schnell wieder ihren ursprünglichen Zwecken zugeführt<br />
wurden, blieb der Lohmeier-Bau bis 1955 in der Nutzung der<br />
Garnison der Roten Armee. Dann wurde er wieder Schule,<br />
wenn auch keine höhere mehr. Die hatte inzwischen ihren Platz<br />
im Domänenpächterhaus gefunden.<br />
Nach der II. Schulreform der DDR 1959, die den 10-jährigen<br />
Schulbesuch obligatorisch machte, diente das Haus am<br />
Oberteich der Polytechnischen Oberschule „Rudolf Hartmann“<br />
als Unterrichtsgebäude für die Klassen 1 bis 4, während die<br />
ehemalige Bürgerschule am Goetheplatz die Klassen 5 bis 10<br />
aufnahm. Die Schülerzahl stieg auf ca. 1200, womit die beiden<br />
Gebäude, die, jedes zur Zeit seiner Erbauung, vorbildliche<br />
Schulhäuser waren, hoffnungslos überfüllt waren. Der Bau<br />
einer weiteren Schule war dringend notwendig und erfolgte in<br />
den Jahren 1979/80 an der Dassower Straße. Alle Kinder der<br />
POS „Rudolf Hartmann“ erhielten nun den Unterricht im Haus<br />
am Goetheplatz; die alte Bürgerschule am Oberteich wurde<br />
Hortgebäude für die Schüler der Unterstufe.<br />
Nach der Wende und der nach dem Beitritt der DDR zur<br />
Bundesrepublik erfolgten Schulreform wurde das alte Haus<br />
wieder zur Schule; zusammen mit der ehemaligen<br />
Knabenschule ist es die „Grundschule am Oberteich“.<br />
Das Schulhaus am Amtsplatz, wie die Bezeichnung auf<br />
Lohmeiers Zeichnung ist, steht seit Jahrzehnten unter<br />
Denkmalschutz und ist einer der wenigen unverfälscht<br />
erhaltenen Bauten dieses Landbaumeisters, dem die<br />
<strong>Schönberg</strong>er auch ihren sehr eigenwilligen Kirchturmabschluß<br />
verdanken. Im Jahre 2001 steht das Haus 175 Jahre, in denen<br />
es doch überwiegend zu Schulzwecken diente.<br />
Im Laufe dieser vielen Jahrzehnte haben Lehrer an dieser<br />
Schule unterrichtet, die bedeutende Wissenschaftler wurden,<br />
und es haben Schüler die Bänke gedrückt, die in ihrem späteren<br />
Leben bewiesen haben, daß sie für ihr Leben Gutes gelernt<br />
hatten. Zu den ersteren gehört der schon erwähnte Gottlieb
Matthias Karl Masch (1794 - 1878), der schon in seinen<br />
<strong>Schönberg</strong>er Jahren sein Hauptwerk „Die Geschichte des<br />
Bistums Ratzeburg„ 1835 veröffentlichte. 1838 wurde er bis zu<br />
seinem Tode Pastor in Demern bei Rehna, und dort ist er auch<br />
begraben Angeblich soll er bestimmt haben, daß große Teile<br />
seiner Bibliothek mit ihm ins Grab kommen, und lange Zeit<br />
blieben viele Anekdoten über ihn lebendig. Er arbeitete u. a.<br />
über mecklenburgische Adelswappen, sammelte und<br />
veröffentlichte Gesetze und Verordnungen für das Fürstentum<br />
Ratzeburg, forschte über die Geschichte der Domänen und<br />
schrieb zahlreiche Beiträge für die Jahrbücher des Vereins für<br />
Mecklenburg.<br />
Geschichts- und Altertumskunde, darunter 1837 „Der Bauer im<br />
Fürstentume Ratzeburg„ mit einer genauen Beschreibung von<br />
Land und Leuten, Sitten und Gebräuchen und dem Alltag der<br />
Menschen. Er war ein im In- und Ausland geschätzter<br />
Historiker, und seine Bedeutung als Altmeister der<br />
mecklenburgischen Geschichtsschreibung ist bis heute<br />
unumstritten.<br />
Masch war noch Rektor und Lehrer der Bürgerschule gewesen.<br />
Lehrer an der Realschule wurde 1874 der Kandidat der<br />
Theologie Friedrich Wilhelm Konow (1842 - 1908), der<br />
Mathematik und Naturwissenschaften unterrichtete. Schon<br />
1878 übernahm er die Pfarrstelle in Fürstenberg, später in<br />
Teschendorf. Er widmete sich „nebenbei“ der Erforschung<br />
zunächst der Kerbtiere, später der Hautflügler, stand mit vielen<br />
Sammlern und naturwissenschaftlichen Museen in aller Welt in<br />
Verbindung und veröffentliche in allen einschlägigen<br />
Zeitschriften. Er wurde bald international als Autorität<br />
anerkannt und gab eine eigene Fachzeitschrift heraus, die<br />
allerdings nach seinem Tod einging. Nach dem 1. Weltkrieg<br />
wurde in Wien eine neue Zeitschrift aufgelegt, die ihm zu<br />
Ehren „Konowia„ genannt wurde.<br />
Der berühmteste Schüler der Schule am Oberteich war auch<br />
mit einer der ersten. Werner Siemens, dessen Vater die
Domäne Menzendorf gepachtet hatte, besuchte 1828 die<br />
Schule, bis seine Geschwister herangewachsen waren und ein<br />
Hauslehrer engagiert wurde. In seiner Autobiografie berichtet<br />
er sehr launig über seine Kämpfe mit den <strong>Schönberg</strong>er Jungen,<br />
die ihm den Nachhauseweg versperrten, und mit denen er<br />
mitsamt den Menzendorfer Bauernsöhnen, die ihm zur Hilfe<br />
eilten, so manche Prügelei lieferte. Nur bei schlechtem Wetter<br />
bekam er für den Schulweg, der damals noch ein unbefestigter<br />
Landweg war, ein Pony, sonst wurde der Weg von dem<br />
Zwölfjährigen zu Fuß zurückgelegt. Werner Siemens wurde<br />
später zum Begründer der Elektrotechnik, ohne die unser<br />
modernes Leben heute nicht vorstellbar wäre. Die Büste, die<br />
auf der Diele des Schulhauses ihres Platz wieder hat, wurde<br />
von der Familie von Siemens zur Erinnerung an den berühmten<br />
Schüler geschenkt.<br />
Schüler der Realschule war auch Wilhelm Weltner (1854 -<br />
1917) aus Rümnitz, das damals noch zum Fürstentum gehörte.<br />
1874 verließ er die Schule und studierte Naturwissenschaften.<br />
1885 wurde er Assistent am Zoologischen Museum in Berlin,<br />
dessen Kustos er 1892 wurde. Seine Lebensarbeit wurde die<br />
Erforschung von Flora und Fauna des Süßwassers. Die Liste<br />
seiner Arbeiten umfaßt 127 Veröffentlichungen. Von 1904 bis<br />
1910 leitete er die Redaktion des „Archivs für<br />
Naturgeschichte“, einer wissenschaftlichen Zeitschrift, die<br />
noch heute besteht.<br />
Im Gegensatz zu den Kindheitsjahren in der „Vaterstadt“<br />
Ratzeburg sind die Jahre des Aufenthalts Ernst Barlachs (1870<br />
- 1938) in <strong>Schönberg</strong> relativ unbekannt. Zwei Etappen seiner<br />
Kindheit, einmal von 1872 bis 1875 und dann, nach dem Tode<br />
des Vaters, von 1884 bis 1888, verlebte Barlach in der<br />
Maurinestadt. Hier war er Ostern 1875 in der Knabenschule<br />
eingeschult worden. In den vier Jahren seines zweiten<br />
Aufenthalts besuchte er die Realschule; die Schulprogramme<br />
weisen ihn als Klassenbesten aus. Als Fritz Buddin 1929 über<br />
Barlachs Jugend in <strong>Schönberg</strong> veröffentlichte, bedankte sich
Barlach in einem freundlichen Brief und schenkte dem<br />
Museum einen seiner Holzschnitte Beides ist noch heute im<br />
Bestand des Volkskundemuseums. Buddin war ein großer<br />
Verehrer der Kunst Barlachs, und ließ sich auch durch die<br />
Verfemung des Künstlers durch die Nationalsozialisten nicht<br />
beirren.<br />
In seinem „Selbsterzählten Leben„ berichtet Barlach von<br />
seinen Kindheitsjahren in <strong>Schönberg</strong>, von den mißglückten<br />
Versuchen, Geld für Naschwerk zu erlangen, wie er fast im<br />
Oberteich ertrunken wäre und von allerhand kleinen Streichen.<br />
Auch von seinen ersten künstlerischen Versuchen, die vom<br />
Steinmetzen Busch unterstützt wurden, ist zu lesen und auch<br />
davon, daß sein alter Zeichenlehrer (Schär) sein Talent<br />
erkannte und den Besuch der Kunstgewerbeschule in Hamburg<br />
befürwortete.<br />
Der Artikel wird im nächsten <strong>Heft</strong> fortgesetzt.<br />
Der „Fall Toll / Raban“<br />
Eine politische „Säuberungs“-Aktion an der<br />
<strong>Schönberg</strong>er Oberschule im Jahre 1950<br />
Darstellung und Dokumente<br />
Von Klaus-Peter Hoepke<br />
Die hier beschriebenen Vorgänge veranschaulichen eins von<br />
den vielen Mitteln, zu denen die SED griff, um die<br />
vielbeschworene „antifaschistisch-demokratische Ordnung“<br />
und die Schaffung eines „Arbeiter- und Bauern-Staates“<br />
durchzudrücken. Die unter diesen Stichworten stehenden<br />
Umwälzungen setzten bereits während der Ostzonen-Phase ein<br />
und wurden nahtlos nach Ausrufung der Deutschen<br />
Demokratischen Republik im Oktober 1949 fortgesetzt.<br />
Den Kurs musste eine abwegige und hysterisch wiederholte<br />
Begründung rechtfertigen: „US-Imperialisten“ samt ihrem
itischen und westdeutschen Anhang stünden im Begriff,<br />
gegen das sowjetisch dirigierte „Weltfriedenslager“ einen<br />
dritten Weltkrieg anzuzetteln.<br />
Eine aufdringliche Propaganda sollte die Bevölkerung glauben<br />
machen, dass alle Umwälzungen, die die SED-Führung auf<br />
jedwedem Gebiet ausführte, in letzter Konsequenz das<br />
„Weltfriedenslager“ stärken und besagte Kriegspläne zu<br />
durchkreuzen helfen würden.<br />
Die SED beließ es nicht bei entsprechenden Propaganda-<br />
Kampagnen, sondern rundete sie mehr oder minder gezielt<br />
durch Einschüchterungsaktionen ab. Anders gesagt: Es war<br />
gefährlich, an den SED-Eingebungen vernehmbar Kritik oder<br />
auch nur Zweifel zu äußern. Wer es sich dennoch herausnahm,<br />
sah sich mit einem dialektischen Dreh leicht als „Helfershelfer“<br />
und „Steigbügelhalter“ westlicher Kriegstreiber angeklagt. Die<br />
Folgen dieser Knebelpolitik sind bekannt: öffentliche<br />
Diskriminierungen, Verhaftungen, Prozessserien mit<br />
drakonischen Strafen, ein Flüchtlingsstrom in westlicher<br />
Richtung.<br />
Das <strong>Schönberg</strong>er Ereignis gehörte sowohl diesem allgemeinen<br />
Zusammenhang an als auch einem speziellen - nämlich dem<br />
der „Demokratisierung des Schulwesens“, wie die SED sie<br />
verstand. So etwa wirkten an den Gymnasien und Oberschulen<br />
immer noch Lehrkräfte, die der SED mittlerweile unerwünscht<br />
waren. Es handelte sich dabei um Frauen und Männer, die einst<br />
zum nationalsozialistischen Zeitgeist deutlichen Abstand<br />
gehalten hatten; insoweit waren sie politisch makellos.<br />
Anderseits ging ihnen aber auch die „neue Zeit“ erkennbar<br />
gegen den Strich. Folglich gehörten sie an die Luft gesetzt.<br />
Unter entgegengesetztem Vorzeichen waren solche abseits<br />
Stehenden schon der nationalsozialistischen Schulpolitik ein<br />
Ärgernis gewesen. Seiner-<br />
zeit entledigte man sich ihrer, indem man das Beamtenrecht<br />
änderte, d. h. gewisse Handhaben zur Zwangspensionierung
einführte, und alles Übrige auf relativ unauffälligen<br />
Amtswegen besorgte. Anders die SED: Sie verwendete derlei<br />
personelle Flurbereinigungen gern dazu, um auch in der<br />
Öffentlichkeit, bei den „Massen“, mit viel Getöse<br />
mobilisierende oder furchteinflößende Effekte zu erzielen.<br />
Die <strong>Schönberg</strong>er Schulaffäre war denn auch nur eine unter<br />
vielen, die sich damals nach diesem Muster an den Höheren<br />
Schulen der DDR zutrugen i . An der <strong>Schönberg</strong>er Oberschule<br />
gerieten gleich zwei Lehrer ins Fadenkreuz der SED:<br />
Studienrat Walter Raban (Jg. 1889), der hier seit 1922 Latein<br />
und Deutsch unterrichtete, und Studienrat Albert Toll (Jg.<br />
1893), der 1933 als Biologie- und Erdkundelehrer nach<br />
<strong>Schönberg</strong> versetzt worden war. Beide traten Ende 1945 bzw.<br />
Anfang 1946 der CDU bei. Toll wurde bei Wiedereröffnung<br />
der Schule im Herbst 1945 als kommissarischer Schulleiter<br />
eingesetzt; er versah das Amt bis 1948. - In ihren<br />
Unterrichtsstunden räumten sie der Heiterkeit gern einen<br />
willkommenen Platz ein; folglich mochten die Schüler sie. In<br />
den vergleichsweise engen und überschaubaren Verhältnissen<br />
von <strong>Schönberg</strong> und Umgebung waren beide Männer bekannte<br />
Erscheinungen, und unstreitig zählten sie auch nach den Kriege<br />
noch zu den „Honoratioren“ und „Autoritätspersonen“ der<br />
Kleinstadt.<br />
Das sichtliche Missfallen der örtlichen SED hatten sie schon<br />
früher mindestens einmal erregt: Es mag wohl im Herbst 1948<br />
gewesen sein, als Lehrer und Schüler der Oberschule ins „Haus<br />
der Einheit“ (August-Bebel-Str. 16) einberufen wurden. Um<br />
was es dort genau ging und wer dort sprach, lässt sich nicht<br />
mehr ermitteln. Sicher ist, dass es sich um eine Art von<br />
politischer Paroleausgabe drehte. Jedenfalls erhoben sich<br />
mitten in einer Rede Toll und Raban - sie saßen in der ersten<br />
Reihe - und verließen demonstrativ, d. h. sichtlich empört,<br />
doch wortlos den Saal. Tags darauf prangte im SED-<br />
Schaukasten ein Schmähartikel. Unter der Überschrift „IST<br />
DAS NICHT TOLL?“ geißelte ein nicht näher bekanntes
"Parteiaktiv der SED" diese Missfallensgeste der Toll und<br />
Raban. - Nebenbei bemerkt: In der folgenden Nacht wurde die<br />
Scheibe des Schaukastens eingeschlagen und der Artikel<br />
entfernt - von zwei oder drei Oberschülern, die außerdem der<br />
FDJ angehörten. - Es ist heute nicht mehr erkennbar, ob Toll<br />
und Raban unmittelbar nachteilige Folgen zu spüren bekamen.<br />
Soviel zu den beiden Lehrern, die 1950 scheinbar überraschend<br />
an den Pranger gestellt und entlassen wurden. In der Affäre<br />
taten sich zwei weitere Personen hervor, als Drahtzieher<br />
allerdings. Zum einen Wilhelm John, der Toll in der<br />
Schulleitung gefolgt war. Sein bisheriger Lebenslauf, besonders<br />
sein beruflicher Werdegang, und die Gründe seiner<br />
<strong>Schönberg</strong>er Bestallung blieben mindestens den Schülern ein<br />
Rätsel, zumal John wegen seines ungepflegten Äußeren und<br />
seiner cholerischen Ausfälle alles andere als einnehmend war.<br />
Auch erscheint der Zusatz angebracht, dass ihn Auftreten und<br />
Äußeres krass von seinem Amtsvorgänger Toll unterschieden;<br />
der trat stets denkbar korrekt gekleidet auf und neigte zum<br />
Gravitätischen.<br />
Überflüssig zu betonen, dass John der SED angehörte. Ihm war<br />
denn auch der Geschichtsunterricht anvertraut, der in Richtung<br />
"Rotlicht-Bestrahlung", d. h. einer marxistisch-leninistischen<br />
Schulung abtrieb. Doch welche politischen Ansichten er in<br />
seiner Brust bewegte, ob man seine gelegentlichen kritischen<br />
Anspielungen für bare Münze annehmen durfte - das wagt bis<br />
heute keiner seiner damaligen Schutzbefohlenen zu<br />
beurteilen. Weitaus eher fiel er durch Linientreue auf. Alles in<br />
allem gab es genug Gründe, John zu meiden. Im Fall<br />
Toll/Raban nun musste John, ob er wollte oder nicht, seiner<br />
Stel- lung entsprechend eine tragende Rolle spielen.<br />
Offenkundig wollte er sie spielen.<br />
Bei der zweiten Person, die übrigens zu John in<br />
undurchschaubarer Tuchfühlung stand, handelt es sich um<br />
Klaus Nitsch aus der Abiturklasse. Das Gerücht wollte wissen,<br />
dass er John „in der Hand“ habe. Ursprünglich CDU-Mitglied
und zuzeiten Tolls „junger Mann“, hatte Nitsch sich<br />
inzwischen zu einem radikalen SED-Mann gemausert und<br />
stand der <strong>Schönberg</strong>er FDJ-Schulgruppe als 1. Vorsitzender<br />
vor. Die Funktion bot seinem bedenkenlos und erforderlichenfalls<br />
hinterhältig eingesetzten Machtstreben ein frühes<br />
und seiner politischen Karriere förderliches Betätigungsfeld. Es<br />
machte ihm offenkundig nichts aus, über Leichen zu gehen.<br />
Nach Lage der Dinge wurde unvermeidlich auch die FDJ-<br />
Schulgruppe in die Affäre hineingezogen. Zum Zeitpunkt der<br />
Affäre gehörte ihr die überwiegende Mehrheit der <strong>Schönberg</strong>er<br />
Oberschüler an. Die FDJ war im März 1946 ausdrücklich als<br />
überparteiliche Jugendorganisation ins Leben getreten. Doch<br />
besaß man in <strong>Schönberg</strong> noch keine rechte Vorstellung davon,<br />
wohin ihre Reise ging und wo sie bereits angelangt war. Es<br />
blieb unter den Schülern weitestgehend unbekannt, dass die<br />
SED auf allen FDJ-Leitungsebenen CDU- und LDPD-nahe<br />
Funktionäre ausmanövrierte, ihre eigenen Vertrauensleute<br />
durchboxte und sich im Laufe des Jahres 1949 die exklusive<br />
Führungsgewalt über die FDJ aneignete. Deren offizielle<br />
Erhebung zur SED-Nachwuchs-Organisation war seit Mitte<br />
1949 nur noch eine Frage der Zeit und nicht mehr des Prinzips.<br />
Rührende Ahnungslosigkeit überwog also unter den<br />
<strong>Schönberg</strong>er Oberschülern. Selbst ein starker Verdacht gegen<br />
den wahren Charakter der FDJ bildete eine allzu niedrige<br />
Barriere, die vom FDJ-Beitritt abhalten konnte. Hinzu kam,<br />
dass die <strong>Schönberg</strong>er FDJ-Schulgruppe ein nahezu isoliertes<br />
Sonderleben außerhalb der lokalen und regionalen FDJ-<br />
Organisationsstrukturen führte. Dies und ein weiterer, sehr<br />
einladender Umstand kam dem Wachstum der Schulgruppe<br />
zugute: Die Oberschule verfügte über ein Orchester, einen<br />
Chor, eine Volkstanzgruppe und eine Theatertruppe. Sie alle<br />
brauchten Vergleiche mit gleichartigen Aktivitäten an anderen<br />
Schulen und in Betrieben nicht zu scheuen. Die Mitglieder der<br />
<strong>Schönberg</strong>er Ensembles gehörten anfangs durchaus nicht<br />
durchweg der FDJ an. Aber die Ensembles wuchsen
unmerklich und widerspruchslos zur „FDJ-Kulturgruppe“ und<br />
somit zu Bestandteilen eben der FDJ-Schulgruppe heran.<br />
Kurzum: Die Politisierung der Schulgruppe steckte erst in ihren<br />
Anfängen. In ihrem Vorstand allerdings konzentrierten sich<br />
bereits Gefolgsleute der SED. Aber, wohlgemerkt, auch die<br />
Standhafte-sten derjenigen, die gegen diese Entwicklung<br />
opponierten oder die für die beiden fraglichen Lehrer Partei<br />
ergriffen, gehörten der Schulgruppe an, zum Teil sogar zu<br />
deren Funktionären oder zu sonstigen schulischen<br />
Amtsinhabern wie beispielsweise Klassensprechern.<br />
Der Coup, dem Toll und Raban unwiderruflich zum Opfer<br />
fallen sollen, bahnte sich wahrscheinlich Ende Januar und<br />
Anfang Februar 1950 an. An der Oberschule, die im<br />
einladenden „Herrenhaus“ des Bauhofs untergekommen war,<br />
rumorte es bedenklich und politische Misstöne wurden laut.<br />
Freilich war die weitere Entwicklung oder gar deren Ausgang<br />
nicht sogleich abzusehen, und es ist wenig wahrscheinlich, dass<br />
die Kunde von diesen Anfangsstadien nennenswert aus der<br />
Oberschule hinausdrang.<br />
Das öffentliche Interesse an den innerschulischen<br />
Zwistigkeiten erregte vermutlich erst ein giftiger Artikel aus<br />
<strong>Schönberg</strong>, den die SED-gelenkte Landeszeitung (LZ) am 21.<br />
Februar auf ihrer Grevesmühlener Kreisseite brachte iii . Bemüht<br />
harmlos las sich die Überschrift „Lehrer und FDJ-Gruppe<br />
haben gleiche Interessen“, dagegen ließ der Untertitel „aber<br />
Studienrat Toll ist anderer Meinung“ Unheil ahnen. Der<br />
anonyme <strong>Schönberg</strong>er Gewährsmann (oder waren mehrere<br />
Gewährsleute am Werk ?) ging denn auch sofort zum Angriff<br />
über:<br />
Ein Vorfall, der hoffentlich nicht ohne Nachspiel bleibt,<br />
ereignete sich anlässlich der Leitungswahl der zentralen FDJ-<br />
Schulgruppe der Oberschule <strong>Schönberg</strong>. Neben der<br />
Mitgliedschaft waren auch einige Lehrer als Gäste anwesend.<br />
Da die Neuwahl etwa sechs Stunden dauerte, gingen einige<br />
Lehrer bereits vor Schluss nach Hause. An sich wäre hiergegen
nichts einzuwenden, aber in der Diskussion wurde von einem<br />
Jugendfreund iiii erklärt, dass das vorzeitige Verlassen der<br />
Konferenz die Interesselosigkeit dieser Lehrer an der Arbeit<br />
der FDJ zum Ausdruck bringe. Der Kreisvorsitzende der FDJ<br />
sagte in seinem Schlusswort, man könne die Einstellung eines<br />
Lehrers zur FDJ nicht daran messen, wie oft und wie lange er<br />
an unseren Versammlungen teilnimmt, sondern daran, was er<br />
für die FDJ bisher getan hat. Damit wäre die Angelegenheit<br />
erledigt gewesen, wenn nicht Studienrat Toll in der Klasse 11<br />
während des Unterrichts den Jugendfreunden eine<br />
„Moralpredigt“ gehalten hätte. Er wagte zu behaupten, die<br />
FDJ hätte Schuld daran, dass die Lehrerin Fuhrmann wegen<br />
eines Herzanfalls vier Wochen zu Bett liegen müsse. Die<br />
Lehrerin Estrid Petrewiz [!], die vom Lehrerkollegium<br />
einstimmig als Vertreterin der Lehrerschaft in den Vorstand<br />
der zentralen Schulgruppe gewählt wurde, wurde von Herrn<br />
Toll beschuldigt, sie habe auf der Jahreshauptversammlung<br />
[der FDJ-Schulgruppe] nicht die Interessen des Kollegiums,<br />
sondern die der FDJ vertreten. Damit sei sie von der<br />
Lehrerschaft als feige ent-<br />
larvt (!). Es dürfte interessant sein festzustellen, was Herr Toll<br />
hiermit meint und welcher Art die „Interessen des Kollegiums“<br />
sind. Ganz aus dem Häuschen geriet Herr Toll, als ein anderer<br />
Lehrer ihn fragte, warum er der ganzen Angelegenheit solche<br />
große Bedeutung beimesse, denn es wäre doch bekanntlich so,<br />
und das sagt ein altes Sprichwort: Wem der Schuh passt, der<br />
zieht ihn sich an.<br />
Der Lehrer Rabach [!] offenbarte seine antidemokratische<br />
Einstellung, indem er den stolzen Millionenverband der FDJ<br />
beschimpfte und die freche Behauptung aufstellte, die FDJ sei<br />
noch schlechter als die nazistische Hitlerjugend. Auch die<br />
Ferienordnung des Ministeriums passt ihm nicht. Als sich Herr<br />
Rabach [!] infolge seines nicht ganz nüchternen Zustandes<br />
einmal um eine Stunde verspätete, musste die fällige<br />
Schulstunde ausfallen. Trotzdem wurde diese aber von Herrn
Rabach [!] als gegeben ins Klassenbuch eingetragen. Es ist an<br />
der Zeit, dass die Schulbehörde und der Kreisausschuss der<br />
Nationalen Front hier nach dem Rechten sehen. Wir können die<br />
jungen Menschen nicht zu aufrechten Demokraten und<br />
Mitstreitern der Nationalen Front des demokratischen<br />
Deutschland für Frieden, Einheit und Unabhängigkeit erziehen,<br />
wenn solche Elemente sich als Erzieher betätigen.<br />
Die Absicht des anonymen Angreifers war unverblümt<br />
ausgedrückt: Mit einem Streich sollte nicht allein Toll, sondern<br />
auch Raban zu Fall gebracht werden. Was von diesem Beitrag<br />
zur antifaschistisch-demokratischen Neuordnung sachlich zu<br />
halten war, werden wir im geeigneten Zusammenhang erörtern.<br />
Indes, was immer darin an Richtigem und Falschem behauptet,<br />
was immer auch verschwiegen sein mochte: Um die Bedeutung<br />
des Artikels zu ermessen, bedurfte es 1950 keiner<br />
Prophetengabe: Die schulpolitisch federführende SED hatte die<br />
beiden Lehrer gleichsam „zum Abschuss freigegeben“.<br />
Im Grunde reifte der „Fall Toll / Raban“ auf einem<br />
abgelegenen, unpolitischen Feld heran. Dem Schulleiter John<br />
nämlich war - nach eigenem Bekunden - Anfang Februar<br />
„zufällig“ zu Ohren gekommen, dass sein Kollege Raban am<br />
28. Januar erst gegen Ende der 1. Stunde die Klasse betreten,<br />
jedoch im Klassenbuch eine voll erteilte Unterrichtsstunde<br />
vermerkt habe. Folgt man John weiter, rüffelte er zwar die<br />
Schülerin, die für das Klassenbuch verantwortlich war, weil sie<br />
ihn nicht geschweige denn unverzüglich auf Rabans<br />
irreführenden Eintrag hingewiesen hatte. Nun sollte man<br />
annehmen, dass wenigstens John unverzüglich gehandelt und<br />
den Kollegen Raban zur Rede gestellt hätte. Doch solche<br />
Annahme erscheint unbegründet: Weder in Johns eigenen<br />
Auslassungen noch in anderen einschlägigen Darlegungen<br />
gibt es einen Anhaltspunkt, der darauf hindeuten würde.<br />
Vielmehr scheint John in dieser Richtung erst wieder tätig<br />
geworden zu sein, nachdem die LZ Raban dem öffentlichen
Gerede überantwortet hatte. - Soviel zur ältesten Wurzel des<br />
Falles.<br />
Auf die zweite Wurzel des Falles Toll/Raban deutet der LZ-<br />
Artikel hin: Es war dies die Jahreshaupt- und<br />
Wahlversammlung, die die FDJ-Schulgruppe am 5. Februar,<br />
einem Sonntag, abgehalten hatte. Dort waren tatsächlich wohl<br />
(außer John, der anderwärts verpflichtet war, aber auf sein<br />
Ersuchen hin) alle Lehrer als Gäste erschienen. Und tatsächlich<br />
sorgte das langatmige Organisationsritual dafür, dass die<br />
meisten Lehrer - angeblich bis auf zwei - vorzeitig aufbrachen.<br />
In Bezug auf die sonstigen Vorgänge erweist sich der LZ-<br />
Schreiber als höchst unzuverlässiger Erzähler, um nicht zu sagen,<br />
als ein übler Verfälscher von Tatsachen.<br />
So, wenn der Eindruck erzeugt wird, als sei die Empörung, die<br />
einem Schüler zu den abgezogenen Lehrern einfiel, vom FDJ-<br />
Kreis-vorsitzenden Gerd Rossow leichthin als unsinnig abgetan<br />
worden, und damit Punktum. Nun mag der etwas pedantische<br />
Rossow durchaus ein schlichtendes Wort gesprochen haben -<br />
aber das doch wohl bezogen auf ein mehrstimmig<br />
ausgetragenes Wortgefecht darüber, wie das Verhalten der<br />
Lehrer im vorliegenden Fall und im Allgemeinen zu beurteilen<br />
sei.<br />
Gar völlig unterschlagen wird in dem Artikel etwas ungleich<br />
Schwererwiegendes, das mit der Versammlung zusammenhing:<br />
Eben jener Vorwurf war es, der zu einer Kampfansage an die<br />
eigene Lehrerschaft verarbeitet wurde, und diese Kampfansage<br />
wiederum wird tags darauf folgenschwere Kettenreaktionen<br />
auslösen: Gemeint ist ein sogenanntes „Begrüßungsschreiben“,<br />
das dem DDR-Volksbildungsminister Paul Wandel geschickt<br />
wurde:<br />
Wir bitten Sie, Herr Minister, die Ausbildung der Lehrkräfte<br />
für Oberschulen weitgehend [!] beschleunigen zu wollen, da<br />
wir besonders im Lande Mecklenburg einen großen Mangel an<br />
Lehrern an Oberschulen zu verzeichnen haben. Wir hoffen,<br />
dass damit auch unsere Schule neue Lehrkräfte bekommt, so
dass unsere Schule auch von einem fortschrittlichen<br />
Lehrkörper getragen wird ivv .<br />
Was anders herum gewendet heißt: Das <strong>Schönberg</strong>er<br />
Lehrerkollegium sei bis auf den Tag rückständig.<br />
Es war schon ein dreistes Stück, den LZ-Lesern diese Pointe<br />
vorzuenthalten und ihnen damit zu verschleiern, woher<br />
eigentlich das aufreizende Echo der Versammlung stammte. -<br />
Überdies ist zu fragen, auf welchem Wege das<br />
„Begrüßungsschreiben“ zustande kam. Wurde es mehrheitlich<br />
beschlossen oder war es ein eigenmächtiger Akt des<br />
neugewählten Schulgruppen-Vorstands? Nach allem, was wir<br />
von der Stimmung innerhalb der Schulgruppe wissen, dürfte<br />
ein Alleingang des Vorstands vorliegen. Solche Vermutung<br />
legt schon eine Erläuterung nahe, die der „starke Mann“ im<br />
und hinter dem Vorstand, Klaus Nitsch, unter dem 1. März<br />
gegenüber dem Kreisschulamt abgab. Er schrieb, bei dem<br />
fraglichen Text habe es sich - entgegen wiederholten<br />
Behauptungen und Vermutungen Dritter - keineswegs um eine<br />
„Resolution“ gehandelt, sondern eben um ein<br />
„Begrüßungsschreiben“. Offensichtlich hatte der Vorstand sich<br />
einen autoritären Führungsstil angewöhnt („demokratischer<br />
Zentralismus“ nannten Leninisten das). Mit einsam gefassten<br />
Beschlüssen gemeinster Art sollte der Vorstand auch wenig<br />
später noch aufwarten.<br />
Wie auch immer der Sachverhalt beschaffen war - in der<br />
Schülerschaft breitete sich Unruhe aus, denn anders ist<br />
schwerlich zu erklären, weshalb während der nächsten Tage in<br />
ungewohnt dichter Folge Sitzungen verschiedener<br />
Schulgruppen-Gremien stattfanden v . Und die vergiftete<br />
Atmosphäre griff auf das Lehrerkollegium über. Am<br />
Montagvormittag hatte man dort noch keinerlei Kenntnis vom<br />
abschließenden Verlauf der Schulgruppen-Versammlung, lies:<br />
von der vermeintlichen „Resolution“ bzw. vom<br />
„Begrüßungsschreiben“. Erst am Dienstagmorgen gab es im<br />
Lehrerzimmer einen handfesten Kollegenkrach, bei dem auf
die junge Russischlehrerin Estrid Petrewitz ein Hagel von<br />
Vorwürfen niederprasselte - und dies nicht grundlos: Sie<br />
nämlich hatte die spektakuläre Versammlung bis zum Schluss<br />
miterlebt, ohne ihren Kollegen gegenüber darüber bisher ein<br />
Wort verloren zu haben.<br />
Wie gesagt, nicht grundlos traf Frau Petrewitz die<br />
Kollegenschelte. Hierzu muss man wissen, dass sie sich wegen<br />
ihrer kameradschaftlichen Umgangsformen (nicht zu<br />
verwechseln mit Kumpel-Allüren) bei den Schülern großer<br />
Beliebtheit erfreute; und sie gehörte der FDJ an. Beide<br />
Umstände hatten sie ihren Kollegen für das Amt einer<br />
„Verbindungslehrerin“ zur FDJ-Schulgruppe empfohlen. Wir<br />
tun ihr gewiss nicht Unrecht, wenn wir ihr vorhalten, dass sie<br />
ihr Kollegium nicht schon am Montag vom Geschehenen<br />
informierte; es ist nicht unbillig, das von einer<br />
Verbindungslehrerin zu erwarten. Denkbar wäre, dass sie die<br />
Anfeindungen, die dort gegen das Kollegium (und zwar<br />
ausnahmslos das gesamte?!) laut geworden waren, für irrwitzig<br />
und daher für unerheblich hielt. Indes war die "Resolution"<br />
ebenso sehr eine deftige Form von Vertrauensentzug. Einmal<br />
angenommen, dass auch nur ein kleiner Teil der Schülerschaft<br />
dahinter stand - auf die leichte Schulter nehmen sollte eine<br />
Lehrkraft das trotzdem nicht.<br />
An besagtem Dienstagmorgen wurde Frau Petrewitz im<br />
Lehrerzimmer zuerst von ihrer empfindsamen Kollegin Ilse<br />
Fuhrmann (Deutsch, Englisch) in einen heftigen, nicht näher<br />
beschriebenen Wortwechsel verwickelt; in dessen Verlauf<br />
brach Frau Fuhrmann in einen Weinkrampf aus. (Tags darauf<br />
sollte sie einen Nervenzusammenbruch erleiden.) Inzwischen<br />
war Toll hinzugetreten, wollte dabei erstmals von der<br />
„Resolution“ erfahren haben und warf Frau Petrewitz Feigheit<br />
vor, weil sie mit ihrer Kenntnis hinter dem Berge gehalten<br />
hatte. Diese Aussage Tolls weicht in einer Hinsicht von den<br />
ausführlicheren Angaben ab, die Frau Petrewitz über ihren<br />
Zusammenstoß mit Toll zu Protokoll gab. Demnach hatte Toll
ihr „heftige Vorwürfe“ gemacht, weil sie es auf der<br />
Versammlung unterlassen hatte, die „Interessen der<br />
Lehrerschaft“ gegen die Aufmüpfigen zu vertreten.<br />
Kommentierend fügte sie hinzu, es sei ihr „völlig unklar<br />
[gewesen], was er [Toll] eigentlich unter Interessen der Lehrerschaft<br />
versteht“.<br />
Das ist nun ein verblüffend naives Gegenargument, um nicht<br />
von „Ausrede“ zu sprechen. Nicht weniger naiv als ihr<br />
Einwand, mit dem sie - wäre sie nur zu Wort gekommen - Toll<br />
in die Parade fahren wollte: Dass nämlich auf der<br />
Versammlung sowieso schon „ein Teil der Schüler“ [!] für die<br />
Lehrer eingetreten sei. - Zugunsten von Frau Petrewitz lässt<br />
sich allenfalls unterstellen, dass ihre geringe<br />
„Geschäftsroutine“, dass die spannungsgeladene Situation und<br />
dass die naheliegende Sorge, zwischen den politischen Fronten<br />
zerrieben zu werden, ihr Handlungsvermögen einfach<br />
überforderten.<br />
In das Für und Wider griffen, vermutlich ebenfalls an diesem<br />
Dienstagmorgen, auch Raban sowie der Mathematiker<br />
Studienrat Ernst Gotzhein und Schulleiter John ein. Wie John<br />
behauptet, erfuhr er gleichfalls erst bei dieser Gelegenheit, was<br />
sich auf der FDJ-Versammlung zugetragen hatte vv . - Raban<br />
dürfte in etwa Tolls Standpunkt eingenommen haben. Gotzhein<br />
dagegen nannte die „Resolution“ „eigentlich eine belanglose<br />
Sache“, die diese Aufregung nicht wert sei. Auch John will zur<br />
Besonnenheit aufgefordert haben, zumal der Wortlaut der<br />
Resolution noch unbekannt sei. Im Übrigen hielt er Raban vor,<br />
die Lehrer seien am Zwiespalt unter der Jugend selbst schuld,<br />
weil sie sich nicht um die jungen Leute gekümmert hätten.<br />
Alsdann will John bei der Schulgruppe das<br />
Versammlungsprotokoll angefordert haben - am 26. Februar<br />
wartete er noch immer darauf. Zwecks Erörterung der ganzen<br />
Angelegenheit eine gesonderte Lehrerkonferenz einzuberufen,<br />
sei ihm nicht möglich gewesen, da in jenen Tagen vier Lehrer<br />
fehlten. - Johns Bericht vermittelt den Anschein, als hätte er die
Angelegenheit tagelang als in der Schwebe befindlich<br />
vermutet, jedoch: „Ich war daher äußerst erstaunt“, am 21.<br />
Februar den publizistischen Frontalangriff der LZ auf Toll und<br />
Raban zu lesen. Wie noch zu zeigen sein wird, unterliegen die<br />
Arglosigkeit und die unparteiische Korrektheit, die John mit<br />
diesen Worten zur Schau stellte, begründeten Zweifeln.<br />
Ebenso wenig scheint der Schluss erlaubt, dass ihn die<br />
Forderung nach Ausbootung der Toll und Raban empört hätte.<br />
Die Tatsachenbehauptungen, die der Artikel enthielt, können<br />
ihn jedenfalls kaum in äußerstes Erstaunen versetzt haben. Es<br />
war nur wenig, was ihm - vielleicht - solange entgangen war.<br />
Etwa, dass Toll im Unterricht gewisse Scharfmacher der<br />
Schulgruppe mit einer „Moralpredigt“ eingedeckt, Frau<br />
Petrewitz des Verrats an ihren Kollegen bezichtigt und vor<br />
Schülern von einem seelischen Zusammenbruch der Frau<br />
Fuhrmann fabuliert habe. Oder etwa über Raban, der FDJ und<br />
Hitlerjugend, erstere herabsetzend, miteinander verglichen und<br />
in alkoholisierter Verfassung unterrichtet habe. (Erstere<br />
Behauptung mochte John neu sein, die zweite nachweislich<br />
nicht.) Und dass Raban rundum undemokratisch gesinnt sei,<br />
konnte Johns ideologisch geschliffenem Scharfsinn dank einiger<br />
vorangegangener Kontroversen mit Raban schwerlich<br />
verborgen geblieben sein.<br />
Nein, über diese wie die zuvor erwähnten „Enthüllungen“ der<br />
LZ erstaunt oder empört waren andere - allen voran Mitglieder<br />
des Lehrerkollegiums und das Gros der Schüler. Das nicht<br />
minder Schockierende: Die anonyme öffentliche<br />
Anschwärzerei ging unbezweifelbar auf jemanden zurück, der<br />
sich im Innenleben der Oberschule gut auskannte. Der oder die<br />
LZ-Zuträger wurden im Schulgruppenvorstand vermutet -<br />
höchstwahrscheinlich zu Recht. Die Offenherzigkeit, in der<br />
man in der kleinen Schulgemeinschaft mit-einander<br />
umzugehen pflegte, war übel missbraucht worden. Denn<br />
mochte der Wahrheitsgehalt des Artikels hoch oder gering sein:<br />
wenn er in der LZ erschien, zeichnete ihn gewissermaßen die
SED mit ihrem unanfechtbaren Gütesiegel aus, war also auch<br />
die verlangte Entfernung von Toll und Raban eine<br />
beschlossene Sache. Die öffentliche Hatz konnte beginnen.<br />
Das Kesseltreiben gegen Toll und Raban setzte nunmehr auf<br />
zwei Ebenen ein. Zum einen auf der disziplinarrechtlichen mit<br />
den üblichen Stationen des behördlichen Geschäftsgangs, der<br />
Schulleitung, dem Kreisschulamt und dem Ministerium. Zum<br />
anderen auf der agi-tatorischen Ebene, die wir in Gestalt der<br />
Nationalen Front (Kreisausschuss <strong>Schönberg</strong>), des Kreistags<br />
und des FDJ-Schulgrup-penvorstands vorfinden. Beide Ebenen<br />
waren wirkungsvoll mit-einander vernetzt, weil hier wie dort<br />
SED-Leute an den strategisch wichtigen Hebeln saßen. Auf der<br />
agitatorischen Ebene entstand prompt die beabsichtigte<br />
Emsigkeit, und die Einzelaktionen griffen fugenlos<br />
ineinander. Es fällt schwer, an ein zufälliges Zusammenspiel zu<br />
glauben; man wird den Verdacht nicht los, dass das Ineinander<br />
zwar jeweils kurzfristig, aber gleichwohl umsichtig vorbereitet<br />
war.<br />
Zuerst einmal zu Schulleiter John, zu seinem Tun und<br />
Unterlassen. Da uns ein Blick hinter die Kulissen verwehrt ist,<br />
bleibt offen, wie er sich während der Ruhephase verhielt, die<br />
anscheinend nach dem Krach im Lehrerzimmer (am 7. 2.)<br />
wieder eingezogen war. In unserem Blickfeld erscheint John<br />
erst wieder am 20. Februar. Da griff er die oben erwähnte<br />
Unterrichtsverspätung Rabans erneut auf - mit dem Ziel<br />
herauszufinden, ob Raban damals alkoholisiert gewesen war.<br />
Zu diesem Zweck führte er bei Schülern mehrerer Klassen<br />
Zeugenvernehmungen durch.<br />
Die Summe der Aussagen ergab ein undeutliches Bild: Die<br />
etwa 17/18-jährigen Insassen der 11. Klasse, vor denen Raban<br />
gegen Ende der ersten Stunde erschienen war, hatten laut<br />
Befragungsprotokoll nichts Auffälliges bemerkt. Unter den<br />
wenigen, die immerhin eine Alkoholfahne bemerkten, fügte<br />
mindestens einer einschränkend hinzu, dass Raban freilich<br />
nicht den Eindruck machte, angetrunken zu sein. Anders
lautete das Befragungsergebnis, das er bei den etwa 15/16-<br />
Jährigen der 9. Klasse zutage förderte. Raban hatte sie in der<br />
dritten Stunde unterrichtet. Die (alle?) Mädchen und ein Junge<br />
sagten „übereinstimmend“ aus, Raban habe „stark nach<br />
Alkohol gerochen“. Vier andere Jungen „wollen nichts“<br />
gerochen haben, „geben jedoch zu, dass Herr Raban in recht<br />
lustiger Stimmung gewesen ist“. - Wir würden nicht zu kurz<br />
greifen mit der Meinung, dass schlimmstenfalls eine<br />
Alkoholfahne dingfest zu machen war - was recht verstanden<br />
nicht dasselbe ist wie ein alkoholisierter bzw. angetrunkener<br />
Zustand.<br />
Wie immer man Ergebnisse und Schlussfolgerungen<br />
formuliert, ist (und war!) letzthin nebensächlich. Vielmehr<br />
wüssten wir gerne, ob John rein zufällig ausgerechnet am 20.<br />
Februar seine Alkohol-Untersuchung vornahm. Denn das<br />
Datum lag auffallend in zeitlicher Nähe zu der Bombe, die tags<br />
darauf in der LZ gezündet wurde. Vor allem lag sie auch<br />
auffallend nahe bei der dramatisch verlaufenen<br />
Kreistagssitzung vom 22. Februar, auf der etliche Personen<br />
abermals über Toll und Raban herfielen. Nur, wenn es kein<br />
unverdächtiger Zufall war, was beabsichtigte John dann mit der<br />
Untersuchung?<br />
Ähnlich wichtig wäre es zu wissen, ob jene Kreistagssitzung<br />
bewusst in die Richtung gesteuert wurde, die Form eines<br />
Scherbengerichts über Toll und Raban anzunehmen, oder ob<br />
sich das aus einer Verkettung von Zufällen so ergab. Doch der<br />
Reihe nach.<br />
Mit Datum vom 13. Februar wurden die Kreistagsmitglieder<br />
zur turnusmäßigen Sitzung auf den 22. Februar eingeladen.<br />
Zum Tagungsort war das „Haus der Einheit“ in <strong>Schönberg</strong><br />
bestimmt worden; die Tagesordnung lautete „Die Jugend im<br />
heutigen Staat“ und bestand aus zwei Punkten. Der erste hatte<br />
„Die Aufgabe der FDJ“ zum Gegenstand; das entsprechende<br />
Eingangsreferat hatte man dem FDJ-Kreisvorsitzenden (und<br />
SED-Mann) Gerd Rossow übertragen. - Darüber hinaus waren
die FDJ-Mitglieder des Kreises eingeladen, der Sitzung<br />
beizuwohnen. Wer nun diese Einladung aussprach und zu<br />
welchem Zeitpunkt, ist noch ungeklärt. Immerhin liegt das<br />
Beschlussprotokoll der Kreisratssitzung vom 20. Februar vor,<br />
das den diesbezüglich betriebenen Aufwand erhellt. Dort heißt<br />
es u. a.: „Zur Durchführung der Beköstigung von etwa 400<br />
Jugendlichen der FDJ, die am Kreistag teilnehmen, werden<br />
500.- M bewilligt.“ vivi<br />
Unter den tatsächlich zahlreich erschienenen Zuhörern saßen<br />
Gäste einer besonderen Sorte, allen voran Schulleiter John. Ihn<br />
zog es dorthin, weil er sich aufgrund des LZ-Artikels ein klares<br />
Bild verschaffen wollte, wie er nichtssagend ausdrückte vivii .<br />
Aber das reichte ihm nicht, und er verordnete noch der<br />
gesamten Lehrer- und Schülerschaft die Teilnahme. Wiederum<br />
ist zu fragen, was bezweckte John damit? Ahnte er oder wusste<br />
er sogar, welche Richtung die Sitzung einschlagen würde?<br />
Oder wünschte er vielleicht, dass Toll und Raban dort der<br />
Prozess gemacht würde? Ein jedes dieser drei denkbaren<br />
Motive ließe sein Vorgehen plausibel erscheinen.<br />
Über die Kreistagssitzung gibt ein Sitzungsprotokoll eine erste<br />
Auskunft ix . Um es gleich vorwegzunehmen: Wie immer sich<br />
die Sitzung gestaltet haben mag, nachweislich nahm sie einen<br />
anderen Verlauf, als das Protokoll annehmen lässt. Es enthält<br />
zunächst das ganze Rossow-Referat. Inwieweit es auch die<br />
wortgetreue Fassung seines Vortrags ist, muss dahingestellt<br />
bleiben. Demnach redete Rossow am Thema weit vorbei und<br />
erging sich in rhetorischen Stilübungen über Konfliktherde der<br />
aktuellen Weltpolitik. Vorausgesetzt, dass wir es mit dem<br />
authentischen Redetext zu tun haben, kam ihm kein Wort zum<br />
brandaktuellen und doch immerhin FDJ-relevanten Fall<br />
Toll/Raban über die Lippen.<br />
Nach der Mittagspause begann die Aussprache über das<br />
Rossow-Referat. Aus dem Aufgebot der Debatteredner führt<br />
das Protokoll außer Rossow nur 6 FDJ-Mitglieder namentlich<br />
auf; drei von ihnen gehörten der <strong>Schönberg</strong>er Schulgruppe an.
Ihre Redebeiträge sind zu dem Satz zusammengefasst, sie<br />
hätten „mit großer Begeisterung von ihrer [FDJ-]Arbeit“<br />
berichtet und die Abgeordneten gebeten, sie im Hinblick auf<br />
das bevorstehende Berliner Deutschlandtreffen der FDJ zu<br />
unterstützen. Wiederum fiel also kein Wort zum Fall<br />
Toll/Raban!? Doch dann erschien Nitsch. Unter Berufung auf<br />
den LZ-Artikel ver-<br />
langte er, sofort diejenigen aus dem Schuldienst zu entfernen,<br />
die die Jugenderziehung behinderten. Daran anschließend wird<br />
der Oberschüler Stawitzki mit der Entgegnung zitiert, in dem<br />
Artikel seien „einige ... Behauptungen unwahr“. Auch Rossow<br />
äußerte sich spätestens jetzt dazu und gab bekannt, das zu der<br />
Angelegenheit gesammelte Material werde der Schulbehörde<br />
zur Prüfung übergeben und gerecht geprüft. (Ob das eine<br />
Prophezeiung war oder bereits ein Hinweis auf etwas, das<br />
schon im Gange war, geht aus dem Protokoll nicht eindeutig<br />
hervor.)<br />
Danach ging laut Protokoll nur noch ein einziger auf den Fall<br />
ein: der SED-Abgeordnete Heinrich („Hein“) Belz. Ihm lag<br />
dröhnendes Auftrumpfen für gewöhnlich mehr als das<br />
bedächtige Argumentieren, so dass man hinter der milden<br />
Kurzfassung seiner Ausführungen schon ein mächtiges<br />
Donnerwetter vermuten darf: Es sei „unbedingt nötig, dass<br />
unsere Oberschule von diesen reaktionären Kräften befreit<br />
wird“.<br />
Der Artikel wird im nächsten <strong>Heft</strong> fortgesetzt.<br />
___________________________<br />
i Um den Lesefluss nicht übermäßig stark zu stören, wurden die Quellen-<br />
angaben auf das geringst mögliche Maß begrenzt. Die zitierten Schrift-<br />
stücke stammen größtenteils aus dem Landeshauptarchiv Schwerin; es<br />
handelt sich um die Bestände „Ministerium für Volksbildung 1946-<br />
53“,<br />
Lehrerpersonalakten Walter Raban (Nr. 3590) und Albert Toll (Nr.<br />
4730) sowie um den Bestand „Rat des Kreises <strong>Schönberg</strong>/Greves-<br />
mühlen“, Sitzungsprotokolle des Kreisrats (Band 25) und des Kreis<br />
tags. Darüber hinaus stellten die Herren Helmut Drechsler, Erwin Pohl
und Georg Stawicki ihre Unterlagen zur Verfügung. Nicht zuletzt stützt<br />
sich die Darstellung auf mündliche und schriftliche Auskünfte damali-<br />
ger <strong>Schönberg</strong>er Oberschüler.<br />
ii Im LZ-Bestand des <strong>Schönberg</strong>er Heimatmuseums fehlt die betreffende<br />
Seite. Erfreulicherweise ist der Artikel enthalten in der Lehrerpersonal-<br />
akte Albert Toll, wie Anm. 1<br />
iii "Jugendfreund" bzw. "Jugendfreundin" war die gängige Anredeform<br />
unter FDJ-Mitgliedern.<br />
iv Lehrerpersonalakte Albert Toll: Hier und im folgenden Zentraler Vor<br />
stand der FDJ-Schulgruppe, i.V. Nitsch, an das Kreisschulamt, 1.3 1950<br />
v Tagebuch 1959/50 von Herrn Rechtsanwalt Helmut Drechsler/Rehna,<br />
Eintragungen vom 6.7. und 8. Februar 1950<br />
vi Bericht Wilhelm Johns zum LZ-Artikel im Falle Toll, 26.2.1950<br />
vii Landeshauptarchiv Schwerin: Bestand Rat des Kreises <strong>Schönberg</strong>/ Gre-<br />
vesmühlen, Nr. 25, Bl. 17, TOP 1<br />
viii Wie Anm.6<br />
ix Anm. 7: Protokolle der Kreistagssitzungen Bd. 4, 6.12-1.15, Bll. 60 ff.
Das Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife <strong>2002</strong> erhielten:<br />
Klasse 13 a<br />
01. Stefanie Benz 23942 Dasow<br />
02. Christine Bussa 23923 <strong>Schönberg</strong><br />
03. Alexandra Kessler 23942 Dassow<br />
04. Elisabeth Klamt 23923 Ollndorf<br />
05. Melanie Krause 23923 Neuleben<br />
06. Claudia Meyer 23923 Selmsdorf<br />
07. Dorina Qualmann 23923 <strong>Schönberg</strong><br />
08. Christin Ringkewitz 23923 Menzendorf<br />
09. Claudia Wiechmann 23942 Dassow<br />
10. Kristin Wydmuch 23923 <strong>Schönberg</strong><br />
11. Christopher Berner 23923 Selmsdorf<br />
12. René Bohnsack 23942 Dassow<br />
13. Christian Bühring 23923 Herrnburg<br />
14. Daniel Gecht 23923 <strong>Schönberg</strong><br />
15. Sebastian Howe 23923 Menzendorf<br />
Klasse 13 b<br />
01. Diana Arnold 23948 Hohen <strong>Schönberg</strong><br />
02. Astrid Becker 23923 Wahrsow<br />
03. Nicole Behrendt 23923 Selmsdorf<br />
04. Diana Kniep 23923 Sülsdorf<br />
05. Vroni Lembke 23923 <strong>Schönberg</strong><br />
06. Elisabeth Lorenz 19217 Utecht<br />
07. Anne Mecklenburg 23923 Selmsdorf<br />
08. Karolin Möller 23923 Selmsdorf<br />
09. Wencke Schorn 23923 Roduchelstorf<br />
10. Franziska Schümann 23923 <strong>Schönberg</strong><br />
11. Judith Taudien 23923 <strong>Schönberg</strong><br />
12. Sabina Urbschat 23923 Lüdersdorf<br />
13. Bianca Wolter 23923 <strong>Schönberg</strong><br />
14. Sebastian Hack 23923 Selmsdorf<br />
15. Michael Hut 23923 <strong>Schönberg</strong><br />
16. Christoph Kühn 23923 Selmsdorf<br />
17. Stefan Saß 23923 <strong>Schönberg</strong><br />
18. Tino Tertocha 23948 Hohen <strong>Schönberg</strong>