MEINE STRASSE, MEIN ZUHAUSE, MEIN PARK 58 / KULTURA /
Die Medien schreiben über sie, die Anrainer beschweren sich und die Polizei beobachtet sie mit Argusaugen. Aber wer sind die Wiener Park-Kids wirklich und welche Regeln gelten in ihrer Welt? Von Jelena Pantić-Panić, Fotos gregorbuchhaus.com und Park-Kids Die hoarten Jungs aus dem Park Knockout. Ein Körper liegt am Boden, der Täter sprüht mit Kreide die Umrisse der Silhouette auf den Asphalt. Was wie eine Folge von Law & Order beginnt, ist in Wahrheit ein harmloses Straßentheater im Fiakerpark im dritten Wiener Gemeindebezirk. Die beiden Protagonisten Sabine Maringer (im Stück Shugga X) und Arno Uhl (Angelo A.) haben den „Fightclubfuture“ ins Leben gerufen, ein interaktives Stück über Versagensängste, den Wunsch nach Anerkennung - In der einzigen Sprache, die die Jugendlichen berührt: Rap. Mit Texten wie „egal wie die anderen ticken, lass dir deinen Kopf nicht ficken“, will die Compania Tétaté zu den Jugendlichen durchdringen, mit ihnen das „Park Life“ feiern und sie bestärken. Zuerst muss sie aber in ihre Köpfe blicken. Monatelang beschäftigten sich die beiden Streetartists Sabine und Arno mit dem Mikrokosmos Park und den Lebensrealitäten Jugendlicher, die sieben Stunden täglich dort verbringen. WIE FUNKTIONIERT EIGENTLICH EIN PARK? Aber: Park ist nicht gleich Park. Jeder Park ist räumlich verschieden unterteilt, was das soziale Gefüge maßgeblich formt. Eine mögliche Einteilung könnte so aussehen: In der einen Ecke spielen ältere Männer Karten, im Käfig spielen Jugendliche Fußball, auf den Bänken ruhen sich Passanten aus, am Spielplatz rutschen kleine Kinder, die Mütter sitzen in der Nähe, passen auf und plaudern und irgendwo am Rand trinken ein paar Alkoholiker ihr Bier. Änderungen können hier eine große Wirkung haben. Zum Beispiel eine Baustelle in der Alko-Ecke drängt die Trinker näher an die Kinder - wie verändert sich dann das Gefüge? „Die Kinder wissen ganz genau wer in welche Ecke gehört und wo sie sich aufhalten dürfen und wo nicht“, erklärt Theaterpädagogin und Straßenkünstlerin Sabine. Insgesamt sind Parks nach den vorgesehenen Tätig- Den größten Zündstoff im Stück bietet die starke Frauenrolle. keiten getrennt, manchmal aber auch nach Nationalitäten oder Geschlecht. NO GIRLS ALLOWED Apropos Geschlecht: Den größten Zündstoff im Stück bietet die starke Frauenrolle. Die Burschen halten es teilweise schwer aus, dass Shugga X im Streit ihrem Spielpartner widerspricht und er sich am Ende sogar bei ihr entschuldigt. „Was ist das für ein Mannsweib? Hau ihr doch eine rein, wenn sie sich so aufführt!“, tönt es aus dem Käfig. Gerade der Park ist für Burschen ein Raum, an dem sie ihre Männlichkeit reproduzieren und zur Schau stellen. Mädchen sind hier deutlich eingeschränkter. Bereits eine Studie aus 2002 zur Freizeitsituation jugendlicher MigrantInnen in öffentlichen Räumen thematisiert strenge Verhaltensvorschriften, Regulierungen und eine Formulierung sozialen Verhaltens, die bestimmen wie Mädchen sich zu benehmen haben. Halten sie diese Vorgaben nicht ein, werden sie mit Gerüchten, Klatsch und Ausschluss bestraft. Je älter sie werden, je später die Tageszeit und je kälter das Wetter, desto weniger Mädchen <strong>fin</strong>den sich in Parks. Doch auch Mädels untereinander machen es sich nicht einfach. Mädchengruppen brechen leichter und der Umgang in der Gruppe ist teilweise brutaler als bei Burschen. Diese haben eine wesentlich unkompliziertere Gruppenbildung, während Mädchen aus ihrer viel schneller rausfliegen. Einen Sonderstatus im Park erreicht ein Mädchen, wenn einer der Burschen in sie verliebt ist - dann wird sie von allen beschützt. Das und vieles mehr beschreibt Danila Mayer in ihrem Buch „Park Youth in Vienna“, wo sie den Mikrokosmos Park mit allen seinen Besonderheiten untersucht und zeigt, dass das Sozialverhalten in Parks eine regelrechte Wissenschaft ist. WER SIND DIE PARK-KIDS? Um zum Stück zurückzukehren: Während manche Burschen von der starken Frauen- / KULTURA / 59