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BIBER 09_18 Ansicht fin

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Die Medien schreiben<br />

über sie, die Anrainer<br />

beschweren sich und die<br />

Polizei beobachtet sie mit<br />

Argusaugen. Aber wer<br />

sind die Wiener Park-Kids<br />

wirklich und welche Regeln<br />

gelten in ihrer Welt?<br />

Von Jelena Pantić-Panić, Fotos gregorbuchhaus.com und Park-Kids<br />

Die hoarten Jungs aus dem Park<br />

Knockout. Ein Körper liegt am Boden, der Täter<br />

sprüht mit Kreide die Umrisse der Silhouette<br />

auf den Asphalt. Was wie eine Folge von Law<br />

& Order beginnt, ist in Wahrheit ein harmloses<br />

Straßentheater im Fiakerpark im dritten Wiener<br />

Gemeindebezirk. Die beiden Protagonisten Sabine Maringer (im<br />

Stück Shugga X) und Arno Uhl (Angelo A.) haben den „Fightclubfuture“<br />

ins Leben gerufen, ein interaktives Stück über<br />

Versagensängste, den Wunsch nach Anerkennung - In der<br />

einzigen Sprache, die die Jugendlichen berührt: Rap.<br />

Mit Texten wie „egal wie die anderen ticken, lass dir deinen<br />

Kopf nicht ficken“, will die Compania Tétaté zu den Jugendlichen<br />

durchdringen, mit ihnen das „Park Life“ feiern und sie<br />

bestärken. Zuerst muss sie aber in ihre Köpfe blicken. Monatelang<br />

beschäftigten sich die beiden Streetartists Sabine und<br />

Arno mit dem Mikrokosmos Park und den Lebensrealitäten<br />

Jugendlicher, die sieben Stunden täglich dort verbringen.<br />

WIE FUNKTIONIERT EIGENTLICH<br />

EIN PARK?<br />

Aber: Park ist nicht gleich Park. Jeder Park ist räumlich verschieden<br />

unterteilt, was das soziale Gefüge maßgeblich formt.<br />

Eine mögliche Einteilung könnte so aussehen: In der einen<br />

Ecke spielen ältere Männer Karten, im Käfig spielen Jugendliche<br />

Fußball, auf den Bänken ruhen sich Passanten aus, am<br />

Spielplatz rutschen kleine Kinder, die Mütter sitzen in der Nähe,<br />

passen auf und plaudern und irgendwo am<br />

Rand trinken ein paar Alkoholiker ihr Bier.<br />

Änderungen können hier eine große Wirkung<br />

haben. Zum Beispiel eine Baustelle in der<br />

Alko-Ecke drängt die Trinker näher an die<br />

Kinder - wie verändert sich dann das Gefüge?<br />

„Die Kinder wissen ganz genau wer in welche<br />

Ecke gehört und wo sie sich aufhalten dürfen<br />

und wo nicht“, erklärt Theaterpädagogin<br />

und Straßenkünstlerin Sabine. Insgesamt<br />

sind Parks nach den vorgesehenen Tätig-<br />

Den größten<br />

Zündstoff im<br />

Stück bietet<br />

die starke<br />

Frauenrolle.<br />

keiten getrennt, manchmal aber auch nach Nationalitäten oder<br />

Geschlecht.<br />

NO GIRLS ALLOWED<br />

Apropos Geschlecht: Den größten Zündstoff im Stück bietet<br />

die starke Frauenrolle. Die Burschen halten es teilweise schwer<br />

aus, dass Shugga X im Streit ihrem Spielpartner widerspricht<br />

und er sich am Ende sogar bei ihr entschuldigt. „Was ist das für<br />

ein Mannsweib? Hau ihr doch eine rein, wenn sie sich so aufführt!“,<br />

tönt es aus dem Käfig. Gerade der Park ist für Burschen<br />

ein Raum, an dem sie ihre Männlichkeit reproduzieren und zur<br />

Schau stellen. Mädchen sind hier deutlich eingeschränkter.<br />

Bereits eine Studie aus 2002 zur Freizeitsituation jugendlicher<br />

MigrantInnen in öffentlichen Räumen thematisiert strenge<br />

Verhaltensvorschriften, Regulierungen und eine Formulierung<br />

sozialen Verhaltens, die bestimmen wie Mädchen sich zu<br />

benehmen haben. Halten sie diese Vorgaben nicht ein, werden<br />

sie mit Gerüchten, Klatsch und Ausschluss bestraft.<br />

Je älter sie werden, je später die Tageszeit und je kälter<br />

das Wetter, desto weniger Mädchen <strong>fin</strong>den sich in Parks. Doch<br />

auch Mädels untereinander machen es sich nicht einfach.<br />

Mädchengruppen brechen leichter und der Umgang in der<br />

Gruppe ist teilweise brutaler als bei Burschen. Diese haben<br />

eine wesentlich unkompliziertere Gruppenbildung, während<br />

Mädchen aus ihrer viel schneller rausfliegen. Einen Sonderstatus<br />

im Park erreicht ein Mädchen, wenn einer der Burschen<br />

in sie verliebt ist - dann wird sie von allen<br />

beschützt. Das und vieles mehr beschreibt<br />

Danila Mayer in ihrem Buch „Park Youth in<br />

Vienna“, wo sie den Mikrokosmos Park mit<br />

allen seinen Besonderheiten untersucht und<br />

zeigt, dass das Sozialverhalten in Parks eine<br />

regelrechte Wissenschaft ist.<br />

WER SIND DIE PARK-KIDS?<br />

Um zum Stück zurückzukehren: Während<br />

manche Burschen von der starken Frauen-<br />

/ KULTURA / 59

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