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Die Medien schreiben<br />
über sie, die Anrainer<br />
beschweren sich und die<br />
Polizei beobachtet sie mit<br />
Argusaugen. Aber wer<br />
sind die Wiener Park-Kids<br />
wirklich und welche Regeln<br />
gelten in ihrer Welt?<br />
Von Jelena Pantić-Panić, Fotos gregorbuchhaus.com und Park-Kids<br />
Die hoarten Jungs aus dem Park<br />
Knockout. Ein Körper liegt am Boden, der Täter<br />
sprüht mit Kreide die Umrisse der Silhouette<br />
auf den Asphalt. Was wie eine Folge von Law<br />
& Order beginnt, ist in Wahrheit ein harmloses<br />
Straßentheater im Fiakerpark im dritten Wiener<br />
Gemeindebezirk. Die beiden Protagonisten Sabine Maringer (im<br />
Stück Shugga X) und Arno Uhl (Angelo A.) haben den „Fightclubfuture“<br />
ins Leben gerufen, ein interaktives Stück über<br />
Versagensängste, den Wunsch nach Anerkennung - In der<br />
einzigen Sprache, die die Jugendlichen berührt: Rap.<br />
Mit Texten wie „egal wie die anderen ticken, lass dir deinen<br />
Kopf nicht ficken“, will die Compania Tétaté zu den Jugendlichen<br />
durchdringen, mit ihnen das „Park Life“ feiern und sie<br />
bestärken. Zuerst muss sie aber in ihre Köpfe blicken. Monatelang<br />
beschäftigten sich die beiden Streetartists Sabine und<br />
Arno mit dem Mikrokosmos Park und den Lebensrealitäten<br />
Jugendlicher, die sieben Stunden täglich dort verbringen.<br />
WIE FUNKTIONIERT EIGENTLICH<br />
EIN PARK?<br />
Aber: Park ist nicht gleich Park. Jeder Park ist räumlich verschieden<br />
unterteilt, was das soziale Gefüge maßgeblich formt.<br />
Eine mögliche Einteilung könnte so aussehen: In der einen<br />
Ecke spielen ältere Männer Karten, im Käfig spielen Jugendliche<br />
Fußball, auf den Bänken ruhen sich Passanten aus, am<br />
Spielplatz rutschen kleine Kinder, die Mütter sitzen in der Nähe,<br />
passen auf und plaudern und irgendwo am<br />
Rand trinken ein paar Alkoholiker ihr Bier.<br />
Änderungen können hier eine große Wirkung<br />
haben. Zum Beispiel eine Baustelle in der<br />
Alko-Ecke drängt die Trinker näher an die<br />
Kinder - wie verändert sich dann das Gefüge?<br />
„Die Kinder wissen ganz genau wer in welche<br />
Ecke gehört und wo sie sich aufhalten dürfen<br />
und wo nicht“, erklärt Theaterpädagogin<br />
und Straßenkünstlerin Sabine. Insgesamt<br />
sind Parks nach den vorgesehenen Tätig-<br />
Den größten<br />
Zündstoff im<br />
Stück bietet<br />
die starke<br />
Frauenrolle.<br />
keiten getrennt, manchmal aber auch nach Nationalitäten oder<br />
Geschlecht.<br />
NO GIRLS ALLOWED<br />
Apropos Geschlecht: Den größten Zündstoff im Stück bietet<br />
die starke Frauenrolle. Die Burschen halten es teilweise schwer<br />
aus, dass Shugga X im Streit ihrem Spielpartner widerspricht<br />
und er sich am Ende sogar bei ihr entschuldigt. „Was ist das für<br />
ein Mannsweib? Hau ihr doch eine rein, wenn sie sich so aufführt!“,<br />
tönt es aus dem Käfig. Gerade der Park ist für Burschen<br />
ein Raum, an dem sie ihre Männlichkeit reproduzieren und zur<br />
Schau stellen. Mädchen sind hier deutlich eingeschränkter.<br />
Bereits eine Studie aus 2002 zur Freizeitsituation jugendlicher<br />
MigrantInnen in öffentlichen Räumen thematisiert strenge<br />
Verhaltensvorschriften, Regulierungen und eine Formulierung<br />
sozialen Verhaltens, die bestimmen wie Mädchen sich zu<br />
benehmen haben. Halten sie diese Vorgaben nicht ein, werden<br />
sie mit Gerüchten, Klatsch und Ausschluss bestraft.<br />
Je älter sie werden, je später die Tageszeit und je kälter<br />
das Wetter, desto weniger Mädchen <strong>fin</strong>den sich in Parks. Doch<br />
auch Mädels untereinander machen es sich nicht einfach.<br />
Mädchengruppen brechen leichter und der Umgang in der<br />
Gruppe ist teilweise brutaler als bei Burschen. Diese haben<br />
eine wesentlich unkompliziertere Gruppenbildung, während<br />
Mädchen aus ihrer viel schneller rausfliegen. Einen Sonderstatus<br />
im Park erreicht ein Mädchen, wenn einer der Burschen<br />
in sie verliebt ist - dann wird sie von allen<br />
beschützt. Das und vieles mehr beschreibt<br />
Danila Mayer in ihrem Buch „Park Youth in<br />
Vienna“, wo sie den Mikrokosmos Park mit<br />
allen seinen Besonderheiten untersucht und<br />
zeigt, dass das Sozialverhalten in Parks eine<br />
regelrechte Wissenschaft ist.<br />
WER SIND DIE PARK-KIDS?<br />
Um zum Stück zurückzukehren: Während<br />
manche Burschen von der starken Frauen-<br />
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