07.10.2018 Aufrufe

VNW-Magazin - Ausgabe 1/2018

Das VNW-Magazin erscheint fünf Mal im Jahr. Neben Fachartikeln enthält es Berichte und Reportagen über die Mitgliedsunternehmen des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen - den Vermietern mit Werten.

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Inbegriff von Solidarität<br />

Raiffeisen<br />

MONIKA BÖHM<br />

Vorstandsmitglied der Wohnungs genossenschaft<br />

von 1904 eG in Hamburg<br />

Monika Böhm blickt auf 34 Jahre Erfahrung im genossenschaftlichen Wohnungs wesen<br />

zurück. Seit 18 Jahren ist sie Vorstandsmitglied der Wohnungsgenossenschaft von 1904 eG<br />

in Hamburg, 2016 wurde sie zur Vorstandsvorsitzenden des Arbeitskreises Hamburger<br />

Wohnungsbaugenossenschaften gewählt – und hat damit ihren Ruf gefestigt: im besten<br />

Sinne streitbar für die Genossenschaftsidee im Allgemeinen und das genossenschaftliche<br />

Hamburger Wohnungswesen im Besonderen.<br />

Am 30. März <strong>2018</strong> jährt sich der Geburtstag von von Friedrich Wilhelm Raiffeisen zum 200. Mal.<br />

Für Genossenschaftler ein bedeutsames Datum. Als einer der Väter der Genossenschaftsidee hat<br />

er den Grundstein für Millionen von Genossenschaften weltweit gelegt. Aber agieren wir noch<br />

im Sinne von Raiffeisen?<br />

Genossenschaft ist ansteckend. Das weiß ich aus eigener<br />

Erfahrung. Anders als viele Mitglieder bin ich nicht in<br />

eine Genossenschaft hineingeboren. Erst nach meinem<br />

beruflichen Wechsel zu einer Wohnungsbaugenossenschaft in<br />

Schleswig-Holstein und schließlich zur Wohnungsgenossenschaft<br />

von 1904 eG in Hamburg kam ich hautnah mit der Genossenschaftsidee<br />

in Berührung – und war sofort fasziniert.<br />

Ein Wirtschaftsunternehmen, das nicht nach Gewinnmaximierung<br />

strebt und über alle Köpfe hinweg entscheidet. Stattdessen<br />

auf demokratische Grundsätze baut, den Menschen in den<br />

Mittelpunkt stellt, Verantwortung übernimmt und seine Ziele<br />

und sein gesamtes unternehmerisches Handeln danach ausrichtet<br />

– solidarisch zum Wohle aller.<br />

Das ist einzigartig und scheint allen marktwirtschaftlichen<br />

Gesetzen zu widersprechen. Aber: Es funktioniert, sogar hervorragend!<br />

Das beweisen weltweit Millionen von Genossenschaften<br />

seit Jahrzehnten, viele seit weit über 100 Jahren. Trotzdem ist<br />

Genossenschaft kein alter Hut. Im Gegenteil: In Zeiten, in denen<br />

sich Weltkonzerne wie Feudalherren aufführen und sich von<br />

jeglicher Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und dem<br />

Individuum freisprechen, ist die Genossenschaftsidee aktueller<br />

denn je.<br />

Nur Gewissensberuhigung?<br />

Über eine Milliarde Menschen sind weltweit in Genossenschaften<br />

organisiert. Stetig werden neue gegründet und das nicht nur<br />

in den klassischen Bereichen Finanzen, Wohnungsbau, Konsumgüter<br />

und Landwirtschaft. Spätestens seit der Novellierung des<br />

Genossenschaftsgesetzes entdecken speziell in Deutschland auch<br />

immer mehr Dienstleister diese Unternehmensform.<br />

Schließlich verheißt Genossenschaft Selbstverantwortung, Hilfe<br />

in der Not, ein gewisses Maß an Wohlstand und vor allem aufgehoben<br />

sein in einer Gemeinschaft. Aber seien wir mal ehrlich: Ist<br />

es wirklich so? Oder tragen wir als Genossenschaftler dieses Bild<br />

nur zur eigenen Gewissensberuhigung vor uns her, wie es uns<br />

einige Kritiker in jüngster Zeit vorwerfen?<br />

Nun, eines ist sicher: Die Genossenschaften von heute sind<br />

anders als die zu Raiffeisens Lebzeiten. Das ist nicht schlechter.<br />

Das ist nicht besser. Das ist notwendig. Die Welt hat sich weitergedreht,<br />

die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen<br />

haben sich völlig geändert und mit ihnen die Menschen und<br />

ihre Bedürfnisse. Zwangsläufig musste sich die Unternehmensform<br />

Genossenschaft verändern. Andernfalls wäre sie zu einem<br />

abgeschlossenen Kapitel der Wirtschaftslehre verkommen.<br />

Davon bin ich absolut überzeugt. Nicht zuletzt, da ich während<br />

meiner beruflichen Laufbahn einen Wandel miterlebt habe, der<br />

einschneidend und zukunftsweisend war.<br />

1990 befreite uns der Gesetzgeber von den Ketten der Gemeinnützigkeit.<br />

Ich gebe zu, das klingt patethisch. Aber das ist<br />

doch genau das Gefühl, das sich bei vielen Wohnungsgenossenschaften<br />

einstellte. Endlich waren wir nicht mehr gezwungen,<br />

unsere Aktivitäten allein auf das Modernisieren und Bauen von<br />

Wohnungen zu beschränken. Wir bauten unsere Serviceleistungen<br />

massiv aus. Wir schafften Beratungs- und Hilfsangebote,<br />

richteten Nachbarschaftstreffs ein, bauten betreute Senioren-<br />

Wohnanlagen, gründeten Stiftungen und, und, und.<br />

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29

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