11-2018 HEINZ MAGAZIN Essen
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AUSSTELLUNGEN | ÜBERSICHT<br />
Gerhard Richter, Scheich mit Frau, 1966<br />
©von der Heydt-Museum Wuppertal<br />
ORDNUNGIMHISTORISCHEN CHAOS<br />
Blockbuster -Museum<br />
WieAusstellungen entstehen,das<br />
zeigtMuseumsleiterGerhardFinckh<br />
abschließend.Erpräsentiertdie hochwertigeSammlungneu:von<br />
Gefäßen<br />
(2500 v. Chr.)bis hinzuMonet, Jawlensky,Beckmann,Dix,Picasso,Francis<br />
Bacon,<br />
Beuys, GerhardRichterund Neo<br />
Rauch. Zugleich blickenBesucher hinterdie<br />
Kulissen,konfrontiert mit der<br />
Frage: kann man„durchAusstellungen<br />
eine Ordnung schaffenund diePhänomene<br />
der Welt einStückweit erklären?“Die<br />
Bausteine: Ideen, Recherche,<br />
Restaurierung, Vermittlung, Finanzen.<br />
Subtil verweist die Schau aufein kulturpolitischesDebakel,<br />
die abgesagte<br />
Schauzur Aufklärung in Frankreichim<br />
18. Jahrhundert:„Wassind“ so Finckh,<br />
in dessen Museumhunderttausende<br />
Besucher kamen, „und waswollen,<br />
sollen undkönnenMuseenfür eine<br />
moderne Gesellschaft leisten?“. bws<br />
❚ BLOCKBUSTER –MUSEUM vonder<br />
Heydt-Museum Wuppertal,<br />
www.von-derheydt-museum.de<br />
MUSEUM DEROBSESSIONEN<br />
Harald Szeemann<br />
Adressenlisten, Fotos, Stempel,<br />
Postkarten, Vorträge und immerwieder<br />
Möbelund Objekte,Bilderund<br />
Zeichnungenvon Psychiatrieinsassen.<br />
Dasalles im Museum. Demexperimentellenund<br />
extravagantenSchaffendes<br />
Berner Ausstellungsmacher<br />
Harald Szeemann(1933-2005) istes<br />
wohl zu verdanken, dass es überhaupt<br />
das Berufsbild eines Kurators gibt.Gegen<br />
alle Gewohnheiten und Konventionen<br />
arbeiteteereng mitOutsider-<br />
Künstlern zusammen, richtete seinen<br />
Blick auch aufdie Randbezirke des<br />
Kunstbetriebs oderder Gesellschaft.<br />
DieKunsthallezeigt jetztSammlung<br />
undArchivdes leidenschaftlich Kunstbesessenen.Außerdemgibt<br />
es die Wiederaufführungeiner<br />
Ausstellung, die<br />
Szeemann seinem Großvater Etienne<br />
gewidmet hatte, einem Pionier derFriseurbranche.<br />
kb<br />
❚ HARALDSZEEMANN. MUSEUM DER<br />
OBSESSIONEN ;Kunsthalle Düsseldorf;Dauer: bis<br />
20.1. 2019; www.kunsthalle-duesseldorf.de<br />
HaraldSzeemann hält einen Vortrag vor Werk Nr.003 von<br />
Emma Kunz, o.D., ©Anton C. Meier<br />
Claudia Heinrich<br />
Moderne Kunst, global<br />
DerWesten definiert,was Kunstist,<br />
wasKunst wert istund wiesie gezeigt<br />
und vermittelt wird.Ist so. Dasspiegeln<br />
die Sammlungspräsentationenin<br />
jedem großen deutschen Museum. In<br />
Zeitender allgemeinenGlobalisierung<br />
isthier wohl malein Perspektivwechsel<br />
angesagt,zumal Sammlungen der Klassischen<br />
Moderne mittlerweile nurnoch<br />
mit Gratiseintrittund museumspädagogischemBohei<br />
Besucher locken.Hängung<br />
und Werke–alles sattsam bekannt.<br />
Einenfrischen Blicküber den<br />
westlichen Tellerrand initiierte und fördertseit2017<br />
dieKulturstiftung des<br />
Bundes mit ihremForschungsprogramm„MuseumGlobal“<br />
in vier großendeutschen<br />
Museen –unteranderem<br />
in Düsseldorf:Die Kunstsammlung<br />
NRW–K20Grabbeplatz hatsich nun<br />
kritisch mit der eigenenSammlung,<br />
dem eigeneneurozentrischen Blickund<br />
natürlichauchder eigenenZukunft beschäftigtund<br />
lädt ab 10.<strong>11</strong>. zu „Mikrogeschichten<br />
einerex-zentrischen Moderne“.<br />
Die Ausstellung mit dem spröden<br />
Titel erzähltaus fernen Ländernund<br />
Zeitenund zeigtOutputvon Künstlern<br />
z. B. ausGeorgien, Indien,Brasilien<br />
oderdem Libanon –was eben dieeigene<br />
Sammlung hergibtannicht-westlicher<br />
Kunstproduktionzwischen 1910 und<br />
1960. Eine Frischzellenkur also, dank<br />
globaler Perspektive–ein offenerAustausch<br />
mit vielen Unbekannten. Ein<br />
Hintergedanke spieltfür das Museum<br />
sicher auch eine Rolle:die Sammlungserweiterung.Klassikerder<br />
europäischen<br />
Moderne sind mittlerweile unbezahlbar,<br />
Werkeaus MexikooderNigeria nicht.<br />
Noch nicht.<br />
ClaudiaHeinrich<br />
Blick in die Ausstellung, Copyright: Ruhr Museum ©Rainer Rothenberg<br />
ZWISCHENVEREHRUNG UND VERBOT<br />
BildMacht Religion<br />
KLANGKUNST IM KÜNSTLERHAUS<br />
mexhibition<br />
„Ist dasweg? Oder kann dasMusik?“<br />
Klar,imKünstlerhausspielt dieMusik,<br />
auch wenn man sie nichtsofortals<br />
solche erkennt:Inder „mexhibition“<br />
versammeln sich elfkünstlerische Positionen<br />
aufder Schnittstellezwischen<br />
Kunstund neuer Musik–mit Hang zu<br />
Experimentenrund um Alltagsgeräusche.<br />
Spielerisch betrachtetwirdaus<br />
KrachOhrenschmaus –und auch das<br />
Auge isst mit: DieRaumZeitPiraten,<br />
Bilderzum Niederknien?Nun, zumindest<br />
nichtimreligiösen Sinne.Die<br />
Ausstellung,die dasKunstmuseum<br />
gemeinsam mitdem Centrum fürReligionswissenschaftliche<br />
Studien der<br />
RUB konzipierte,beleuchteteherdas<br />
Gegenteil:Bildersturm,Zerstörung,<br />
Verhüllung –und diegrundlegende<br />
Frage allerWeltreligionen,obund wie<br />
man sich ein Bild vomHeiligsten machen<br />
kann oder darf.Abstraktesveranschaulichen,<br />
dasist dieNahtstelle<br />
zur Kunst.Die Schau zeigtneben historischen<br />
Ikonen Werkevon rund 40 zeitgenössischenKünstlern,die<br />
Themen<br />
der (vorrangigchristlichen) Religion<br />
kritisch, analytisch, ironisch bearbeiten:<br />
Variationenvon Leonardos„Abendmahl“<br />
neben Beuys‘ Filzkreuz undKippenbergers<br />
gekreuzigtem Frosch,Hula-Hoopmit<br />
Dornenkrone (Video)nebenDorotheevon<br />
Windheims<br />
„Schweißtuch“-Galerie.<br />
ch<br />
❚ BILD MACHTRELIGION Kunstmuseum Bochum<br />
Dauer: bis24.2.2019; www.kunstmuseumbochum.de<br />
RaumZeitPiraten: InstruMentalGespinst 2015 ©Tobias Daemgen<br />
RUHRGEBIETSFOTOGRAFIEN<br />
Albert Renger-Patzsch<br />
MitRenger-Patzsch zeigtdas Ruhr<br />
Museumeinen stilprägenden Meister<br />
derhistorischen Ruhrgebietsfotografie,der<br />
dieRegion –andersals Fotoreporterwie<br />
Chargesheimer undHauser<br />
–aus eigenem Antrieb undüber vier<br />
Jahrzehnte hinweg ablichtete.Ab<br />
1929 lebteder Fotograf in <strong>Essen</strong>, bis<br />
1944seinAtelier im MuseumFolkwang<br />
Bomben zum Opfer fiel.Der<br />
passionierte Autofahrer „erfuhr“ die<br />
Regionauch noch in derNachkriegszeit<br />
und dokumentierte,präzisekomponiert<br />
im Stil derNeuenSachlichkeit,<br />
dasWesen der Industrielandschaft–<br />
als „Zwischenstadt“:nichtmehr Natur,<br />
noch nicht Stadt.ImZentrum stehen<br />
100Ruhrgebietslandschaftenaus dem<br />
Fotoarchiv der Münchner Pinakothek.<br />
DieKabinetträumezeigen Auftragsarbeiten:<br />
Industrie,Architektur oder<br />
Kunstaus Renger-PatzschsZeit als<br />
Folkwang-Fotograf.<br />
ch<br />
❚ ALBERT RENGER-PATZSCH RuhrMuseum,<strong>Essen</strong>,<br />
Dauer: bis3.2.2019; www.ruhrmuseum.de<br />
Bart Marisund Kallabris ertüfteln originelle<br />
Instrumentemit skulpturaler<br />
Anmutung. Akustische Sensationen<br />
entstehen maldurch rappelndeApparaturen,mal<br />
aufBewegung des Betrachters.Odereines<br />
Flusses:Rolf Julius<br />
beschalltedie Weser mit Auto-LautsprechernamUfer–dieeigens<br />
komponierte<br />
Mu¬sik flossdahinwie die<br />
Strö¬mungimStrom.Inder Ausstellung<br />
lädt einSonic Chair zum entspanntenZuhören<br />
ein.<br />
ch<br />
❚ MEXHIBITION KünstlerhausDortmund, Dauer:<br />
bis 18.<strong>11</strong>.; www.kh-do.de<br />
Dorothee von Windheim: Salve Sancta Facies 1980<br />
©VGBildKunst Bonn <strong>2018</strong> /Dorothee von Windheim<br />
46| <strong>HEINZ</strong> |<strong>11</strong>.<strong>2018</strong>