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TITELTHEMA<br />
Ungläubige Blicke von unbeteiligten<br />
Fußgängern: „Was ist eigentlich so<br />
schlimm an Uber?“<br />
ZWISCHEN<br />
DESINTERESSE<br />
UND<br />
UNVERSTÄNDNIS<br />
Die Münchner <strong>Taxi</strong>demo sollte auf die Anliegen des<br />
Gewerbes aufmerksam machen. Doch wie viel davon<br />
kommt bei den Passanten auf der Straße an?<br />
An Botschaften hat es nicht gefehlt.<br />
Viele Fahrer hatten Poster und<br />
Transparente an ihren Fahrzeugen<br />
angebracht. Die Aussage: <strong>Taxi</strong> bringt<br />
Service und eine verlässliche Dienstleistung,<br />
während neue Anbieter wie Uber kein<br />
wirklicher Ersatz sind. Doch verstehen die<br />
Passanten, die den Tross der <strong>Taxi</strong>s beobachten,<br />
worum es bei dieser Demo geht?<br />
Am größten war der Zuspruch noch in<br />
Bahnhofsnähe. Fußgänger winkten oder<br />
zückten gleich ihre Smartphones, um das<br />
Ereignis zu filmen und festzuhalten. Doch<br />
mit der Solidarität<br />
war es spätestens<br />
DIENSTAG, 09.10.<strong>2018</strong><br />
2 TAGE NACH DEM<br />
OKTOBERFEST<br />
„Zuhause“ ist in diesem Fall<br />
die Langbürgener Straße. Preis<br />
einer <strong>Taxi</strong>fahrt: ca. 70 Euro.<br />
nach der Komplettsperre<br />
der Ludwigstraße<br />
nicht mehr<br />
weit her. Einen<br />
Gesprächspartner<br />
für ein Kurzinterview<br />
zu finden,<br />
unmöglich: „Ach<br />
du Fresse! Habt<br />
ihr nichts Besseres<br />
zu tun?“<br />
„Was ist denn<br />
so schlecht an<br />
Uber?“, wollte<br />
eine Frau wissen.<br />
Geduldig<br />
hörte sie sich<br />
die Litanei eines<br />
engagierten Kollegen<br />
an. Uber<br />
gefährdet das<br />
Gewerbe. Uber<br />
kostet Steuergelder.<br />
Uber schadet der Gesellschaft. Die<br />
Ausführungen quittierte sie mit einem<br />
ehrlich klingendem „Ach, das wusste ich<br />
ja alles gar nicht!“.<br />
»Was ist denn so<br />
schlecht an Uber?«<br />
Passantin vor der Aufklärung<br />
So dürfte es den meisten unfreiwilligen<br />
Beobachtern der <strong>Taxi</strong>-Demo gegangen sein.<br />
Ob man mit einem <strong>Taxi</strong> oder mit Uber fährt,<br />
macht für viele keinen großen Unterschied.<br />
Mit beiden kommt man von A nach B und<br />
Uber ist angeblich billiger. Beide Anbieter<br />
scheinen so auf den ersten Blick austauschbar.<br />
Genauso, wie es letzten Endes unerheblich<br />
ist, ob man seinen Hamburger dort<br />
kauft, wo er Big Mac heißt, oder da, wo er<br />
Whopper genannt wird.<br />
Angebote wie Uber bestimmen mehr<br />
und mehr unsere Einkaufsgewohnheiten.<br />
Man bestellt bei Amazon, auch dann, wenn<br />
man weiß, dass lokale Buchhändler darben.<br />
Man kauft Schuhe bei Zalando, auch<br />
wenn der Schuhladen im Viertel dabei<br />
pleitegeht. Man mietet Wohnungen bei<br />
AirBnB, auch wenn längst bekannt ist, dass<br />
so dringend benötigter Wohnraum zweckentfremdet<br />
wird. Man fährt Uber, weil die<br />
eine komfortable App haben und billiger<br />
sein sollen, auch wenn das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
ums Überleben kämpft. Bequemer, billiger,<br />
digital, modern – die Gründe, diese Angebote<br />
in Anspruch zu nehmen, sind zahlreich.<br />
Dass das schlechte Gewissen dabei<br />
mitkauft, mitwohnt oder mitfährt, nimmt<br />
man billigend in Kauf. Wenn es überhaupt<br />
geweckt wurde. Es machen doch schließlich<br />
alle so, oder?<br />
Die Kolleginnen und Kollegen in Spanien<br />
haben lange gebraucht, um dafür zu<br />
sorgen, dass alle im Land die Probleme<br />
erkennen, die Uber & Co. dem Gewerbe<br />
bereiten. Da ist es nicht mit einer Demo<br />
pro Jahr getan, bei der man sich auch<br />
noch bemüht, für möglichst wenig Behinderung<br />
zu sorgen, aus Angst, man könnte<br />
die Kunden vergraulen. In Spanien waren<br />
dazu zahlreiche Streiks und schließlich ein<br />
Dauerstreik notwendig.<br />
»Das wusste ich<br />
gar nicht.«<br />
Passantin nach der Aufklärung<br />
An den Münchner Passanten ging diese<br />
<strong>Taxi</strong>-Veranstaltung vorbei. Um die Bevölkerung<br />
mit den Anliegen des Gewerbes zu<br />
erreichen, müsste mehr passieren. Nur<br />
wenige haben den Durchblick, um so komplexe<br />
Zusammenhänge auf die Schnelle zu<br />
begreifen. So bleibt für jede <strong>Taxi</strong>kollegin und<br />
jeden <strong>Taxi</strong>kollegen kaum etwas anderes<br />
übrig, als zur Botschafterin, zum Botschafter<br />
des <strong>Taxi</strong>gewerbes zu werden. Dabei muss<br />
nicht zwingend mit jedem Fahrgast über<br />
Uber gesprochen werden. Es würde schon<br />
reichen, wenn jeder seine beste Leistung<br />
bringt. Täglich. Bei jedem Kunden. tb<br />
10 NOVEMBER / <strong>2018</strong> TAXI<br />
FOTOS: Tom Buntrock