Weilroder Gazette Weihnachten/Januar/Februar 2019
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38 <strong>Weilroder</strong> <strong>Gazette</strong> · <strong>Weihnachten</strong> / <strong>Januar</strong> / <strong>Februar</strong> <strong>2019</strong><br />
Finsternthal und seine gräfliche Herrschaft:<br />
Wie das Geschenk zum Schenker zurückkam<br />
Die Geschichte um die Ersterwähnung von Finsterhal -anfangs „Vindringdale“ genannt, ist äußerst wechselvoll<br />
Finsternthal. In den bisherigen<br />
Folgen dieser Reihe<br />
zu den <strong>Weilroder</strong> Ersterwähnungen<br />
sind uns schon<br />
viele hohe Herrschaften<br />
begegnet: Das Altmünsterkloster<br />
in Mainz, das Kloster<br />
Walsdorf, das Kloster<br />
Seligenstatt und die Grafen<br />
von Diez bzw. Weilnau. Von<br />
Nassau jedoch war bisher<br />
noch keine Rede, obwohl die<br />
Grafen, Fürsten und Herzöge<br />
von Nassau die längste<br />
Zeit der hiesigen Geschichte<br />
bestimmt hatten. Das ist<br />
nicht verwunderlich, denn<br />
der Aufstieg dieses Grafenhauses<br />
zur Regionalmacht<br />
begann erst im 13. Jahrhundert.<br />
Bei der Ersterwähnung<br />
von Finsternthal, um die es<br />
hier geht, begegnen uns nun<br />
erstmals die Grafen von Nassau<br />
als Herren im Taunus.<br />
Konkret begegnet uns als erster<br />
Herr über Finsternthal<br />
Graf Heinrich II. von Nassau,<br />
auch „Heinrich der<br />
Reiche“ genannt, was die<br />
Bedeutung seiner Persönlichkeit<br />
unterstreicht. Reich<br />
war Heinrich, weil er als letzter<br />
Graf von Nassau alle Besitzungen<br />
des Hauses hatte.<br />
Nach seinem Tod teilten 1255<br />
die Söhne Walram und Otto<br />
den Besitz und begründeten<br />
die bis heute bestehenden<br />
nassauischen Hauptlinien:<br />
die Ottonische Linie, zu der<br />
das niederländische Königshaus<br />
gehört, und die Walramische<br />
Linie, die heute über<br />
das Großherzogtum Luxemburg<br />
regiert. Der Reichtum<br />
des Grafen Heinrich, der in<br />
seiner langen Regierungszeit<br />
die Nassauische Herrschaft<br />
ausbaute, bildete auch eine<br />
Grundlage dafür, dass später<br />
Finsternthal, hier das offizielle<br />
Wappen, hieß bei seiner Ersterwähnung<br />
noch „Vinsdrindale“.<br />
sein Enkel Adolf sogar nach<br />
der römisch-deutschen Königskrone<br />
greifen konnte.<br />
Bei der Ersterwähnung von<br />
Finsternthal begegnet uns<br />
Heinrich der Reiche nicht<br />
als Erwerber, sondern als<br />
Schenker. Der Ortsname<br />
Finsternthal taucht in einer<br />
langen Reihe von Besitzungen<br />
auf, die er verschenkte:<br />
Frickhofen, Mühlbach<br />
und Thalheim im heutigen<br />
Landkreis Limburg-Weilburg;<br />
Hambach, Ober- und<br />
Niederauroff, Wörsdorf,<br />
Nieder- oder Steinfischbach<br />
und Walsdorf im Rheingau-<br />
Taunus-Kreis; Dotzheim bei<br />
Wiesbaden; Breitscheid und<br />
Erdbach im Lahn-Dill-Kreis<br />
und eben „Vinstrindale“ –<br />
Finsternthal. Die Abgaben<br />
aus diesen Orten erhielt das<br />
„Spital der seligen Jungfrau<br />
Maria des Deutschen Hauses<br />
in Jerusalem“, der „Deutsche<br />
Orden“. Der Deutsche Orden<br />
war 1190 bei der Belagerung<br />
von Akkon im Heiligen<br />
Land zur Pflege von Kranken<br />
und Verwundeten entstanden<br />
und bald in einen Ritterorden<br />
umgewandelt worden.<br />
Der Orden traf den Geist der<br />
Zeit, denn schon seit Beginn<br />
des 13. Jahrhunderts konnte<br />
er sich um zahlreiche Schenkungen<br />
und Stiftungen freuen,<br />
mit denen seine Arbeit<br />
unterstützt wurde. In unserer<br />
Region war der Orden prominent<br />
vertreten. 1221 erhielt<br />
er das Spital in Sachsenhausen<br />
– eine Anlage, die dem<br />
Orden bis heute gehört; und<br />
nach dem Tod der heiligen<br />
Elisabeth von Thüringen 1231<br />
übernahmen die Ritter auch<br />
das von ihr gegründete Spital<br />
in Marburg, wo sie die Elisabethkirche<br />
erbauen ließen.<br />
Was die Grafen von Nassau<br />
angeht, fanden im Engagement<br />
für den Deutschen<br />
Orden Frömmigkeit und Politik<br />
zusammen. Zu Beginn<br />
des 13. Jahrhunderts musste<br />
sich Heinrich der Reiche die<br />
Regierung noch mit seinem<br />
Bruder Ruprecht teilen. Beide<br />
standen dem Deutschen<br />
Orden nahe, jedenfalls übertrugen<br />
sie ihm im Jahr 1215<br />
das Patronatsrecht über die<br />
Kirche zu Wiesbaden. Als<br />
Ruprecht Witwer geworden<br />
war, entschloss er sich sogar,<br />
dem Orden selbst beizutreten<br />
und künftig ein Leben<br />
als Ordensritter zu führen.<br />
Das mag zum einen aus tiefer<br />
Frömmigkeit heraus geschehen<br />
sein; zum anderen bot es<br />
für Heinrich die Chance, seinen<br />
Bruder als Mitregenten<br />
loszuwerden. Mit dem Eintritt<br />
in den Deutschen Orden<br />
verzichtete Ruprecht auf alle<br />
Herrschafts- und Besitzansprüche,<br />
Die reichen Schenkungen,<br />
die Heinrich an den<br />
Deutschen Orden tätigte,<br />
sind daher auch als Abfindung<br />
zu verstehen, ein „Goldener<br />
Handschlag“, der dem<br />
Bruder innerhalb des Deutschen<br />
Ordens weiterhin ein<br />
standesgemäßes Leben ermöglichte<br />
und künftige Ansprüche<br />
unterbinden sollte.<br />
In der Finsternthaler Ersterwähnungs-Urkunde,<br />
deren<br />
Original im Hauptstaatsarchiv<br />
in Wiesbaden liegt, wird<br />
der Eintritt des Grafen Ruprecht<br />
in den Deutschen Orden<br />
als Anlass für die Schenkung<br />
genannt. Leider trägt<br />
die Urkunde kein Datum –<br />
ein immer wiederkehrendes<br />
Problem bei Ersterwähnungsfragen.<br />
Aber: Es gibt<br />
noch zwei weitere Deutschordens-Urkunden<br />
des Grafen<br />
Heinrich, die glücklicherweise<br />
datiert sind. 1231<br />
schenkte er dem Orden das<br />
Patronatsrecht zu Herborn,<br />
und im selben Jahr die Kirchen<br />
von Bleseberg und<br />
Zeuzheim (beide im Landkreis<br />
Limburg-Weilburg).<br />
Wir können davon ausgehen,<br />
dass die Schenkung von Finsternthal<br />
im selben Zusammenhang<br />
steht, weshalb ihre<br />
Datierung meist mit „um<br />
1230/31“ angegeben wird.<br />
Wie es den Finsternthalern<br />
unter Deutschordensherrschaft<br />
ergangen ist, wissen<br />
wir nicht – denn aus den<br />
folgenden 200 Jahren gibt es<br />
keine Urkunden zur Dorfgeschichte.<br />
Der Orden scheint<br />
Finsternthal jedoch nicht allzu<br />
lange besessen zu haben.<br />
Im Spätmittelalter gehörte<br />
Finsternthal zum Treisberger<br />
Gericht rund um den<br />
Landstein – und mit diesem<br />
gelangte es schließlich wieder<br />
zurück an die Nachfahren<br />
Heinrichs des Reichen.<br />
Das Geschenk kam an den<br />
Schenker zurück. gm