Leo Januar/Februar 2019
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GESUNDHEIT<br />
PRÄVENTION<br />
PrEP- Der Stand der Dinge<br />
Häufig wird auf unseren<br />
Social-Media-Kanälen der<br />
Vorwurf gemacht, wir würden die<br />
PrEP zu sehr beachten und ihr einen<br />
zu hohen redaktionellen Stellenwert<br />
einräumen. Dem widersprechen<br />
wir deutlich: Die aktuellen HIV-<br />
Neuinfektionszahlen zeigen, dass<br />
das Kondom alleine nicht ausreicht,<br />
um die HIV-Epidemie zu beenden.<br />
Dass Kondome gegen HIV schützen,<br />
ist Lesern bekannt, wie die gleichen<br />
Kommentare in PrEP-Diskussionen<br />
beweisen, und außerdem ist es Bestandteil<br />
fast jeder Berichterstattung<br />
über PrEP. Aktuelle Umfragen<br />
unter Schwulen zeigen zudem, dass<br />
mehr Informationen gewünscht<br />
sind und der Kenntnisstand eben<br />
lange noch nicht das gewünschte<br />
Niveau erreicht hat, damit die Präexpositionsprophylaxe<br />
ihre Wirkung<br />
voll entfalten kann.<br />
Also: Mehr Infos für alle – los geht’s!<br />
ANLASSBEZOGEN SICHER<br />
Wir waren im Sommer 2018 für euch bei<br />
der „AIDS 2018“ – der größten HIV-Konferenz<br />
der Welt. Zwei sehr beeindruckende<br />
Ergebnisse bezüglich medikamentöser<br />
HIV-Prävention wurden vorgestellt: Beim<br />
Schutz durch Therapie kam es in einer<br />
Studie bei über 77.000 Sexkontakten zwischen<br />
einem HIV-Positiven unter Therapie<br />
und einem HIV-Negativen zur keiner einzigen<br />
HIV-Übertragung. Die Wissenschaft<br />
tat in der Folge etwas, das sie nur sehr<br />
selten tut: Sie verzichtet auf ein Sternchen,<br />
eine Fußnote, eine Relativierung. Sie<br />
sagt: Kondomloser Sex mit einem HIV-<br />
Positiven unter der Nachweisgrenze hat<br />
ein Übertragungsrisiko von null Prozent.<br />
Zero. Nicht vorhanden.<br />
Nicht ganz so beeindruckend, aber nicht<br />
minder wichtig, war die Vorstellung erster<br />
Ergebnisse aus der französischen Studie<br />
Prevenir. Sie untersucht zurzeit die Alltagstauglichkeit<br />
der PrEP, weil es theoretisch<br />
ja doch einen Unterschied machen<br />
kann, ob eine Präventionsmethode nur<br />
unter streng wissenschaftlichen Vorgaben<br />
funktioniert oder auch im täglichen Gebrauch<br />
durch Otto-Normal-Sexler. Prevnir<br />
will bis 2020 insgesamt 3.000 Personen<br />
beobachten, die PrEP so nutzen, wie sie es<br />
persönlich für richtig halten. Über die Hälfte<br />
dieser Zahl ist bereits dabei und davon<br />
nehmen 45,4 Prozent die PrEP täglich ein,<br />
54,6 Prozent bei Bedarf (zwei Pillen am<br />
Tag vor dem Sex, je eine 24 Stunden und<br />
48 Stunden danach). Die Ergebnisse nach<br />
über einem halben Jahr Laufzeit lassen<br />
sich sehen: Keiner brach die PrEP wegen<br />
Nebenwirkungen ab, rund ein Fünftel<br />
nutzte zusätzlich zur PrEP noch Kondome.<br />
Die beste Nachricht: Wenn man die<br />
zugrunde liegenden Fallzahlen ohne die<br />
PrEP sieht, hätte man statistisch 85 Neuinfektionen<br />
mit HIV erwartet. Und wie viele<br />
gab es nun bei Prevenir? Null! Das geht gar<br />
nicht besser.<br />
ROMEO UND BERLIN<br />
Sodom und Gomorrha? Nun, zwei<br />
Erhebungen – beide nicht repräsentativ,<br />
aber durchaus aussagekräftig – räumen<br />
ein bisschen mit Vorurteilen auf. ROMEO<br />
fragte seine User nach ihren Erfahrungen<br />
und Meinungen zu Safer Sex und PrEP, der<br />
Dermatologe Ricardo Niklas Werner und<br />
der Gesundheitswissenschaftler Matthew<br />
Gaskins von der Charité Berlin taten<br />
Ähnliches mit den Kunden und Patienten<br />
Berliner Schwerpunktpraxen und Beratungsstellen.<br />
In Berlin, der Welthauptstadt<br />
des gelebten Homosexes, nehmen der<br />
letzteren der beiden Erhebungen nach 17,2<br />
Prozent der Befragten die PrEP. Das liegt<br />
nur wenig über dem Ergebnis der weltweiten<br />
ROMEO-Befragung, wo 16 Prozent<br />
angaben, die PrEP zu nutzen. Diese Zahlen<br />
könnten massiv steigen, denn der Grund,<br />
die PrEP nicht zu nehmen, ist mangelnde<br />
Information. Bei den Berlinern fühlte sich<br />
nur knapp die Hälfte der Befragten gut<br />
informiert, auch bei ROMEO gaben knapp<br />
vierzig Prozent an, nicht genug über die<br />
Prävention mit Emtricitabin/Tenofovir zu<br />
wissen, aber durchaus an dieser Präventionsart<br />
interessiert zu sein. Wir bleiben<br />
dran! *ck<br />
www.blu.fm/topics/prep