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TOBIAS GROSS<br />
Tobias Groß hat sich bei der Neuinterpretation eines Bauhaus-Möbels für<br />
den Teetisch von Erich Brendel entschieden. Ein auf den ersten Blick zurückhaltendes<br />
Möbel. Warum sprach es Dich an?<br />
Tobias Groß: Wir arbeiten als Gestalter schon lange<br />
mit Tecta zusammen. Im Laufe dieser Zusammenarbeit fiel mir dieser<br />
ungewöhnliche und zugleich zurückhaltende Teetisch mehr und mehr ins<br />
Auge. Er drängt sich nicht auf und bekam in der Kommunikation bisher<br />
noch keine große Bühne. Die Begeisterung wuchs, als wir uns näher<br />
mit ihm beschäftigten. Brendels Gestaltung ist reduziert und klar wie<br />
das Bauhaus. Sie verkörpert Reduktion, Funktionalität, aber auch das<br />
Verspielte und den Humor. Dinge, die stark mit dem „Heute“ verbunden<br />
sind.<br />
Welcher konstruktive Blick gefiel an diesem Möbel?<br />
TG: Es ist ein Tisch, der sich zurücknimmt, aber im<br />
nächsten Augenblick extrovertiert, großzügig und raumgreifend erscheinen<br />
kann. Durch die Möglichkeit des Ausklappens erhält er immer wieder<br />
eine neue Form. Mit einer ausgeklappten Seite verkörpert er das<br />
Auskragende und damit den engen Bezug zu Tecta. Mit jeder geöffneten<br />
Seite gewinnt er an Dimension. Der Tisch ist ein geniales Möbel, bei<br />
dem man die Flächen verdoppeln, verdrei- oder vervierfachen kann.<br />
Was wurde mit der Neuinterpretation verändert?<br />
TG: Eigentlich hat man vor dem Bauhaus-Möbel so<br />
viel Respekt, dass man gar nichts verändern will. BauhausNowhaus hat<br />
uns in die Karten gespielt bei der „erlaubten“ Fragestellung: an welcher<br />
Stelle kann man das Möbel noch verbessern? Wir merkten, dass man<br />
es noch weiter reduzieren kann. Die Grundform des Kubus haben wir in<br />
den Mittelpunkt gestellt, aber das Podest weggenommen, weil es eine<br />
Veränderung des Kubus in die Vertikalen mit sich brachte. Erich Brendel<br />
wollte den Tisch damit auf Höhe bringen, wir brauchten die Höhe aber<br />
nicht für die ausdifferenzierte Form.<br />
INTERVIEW<br />
zum Marketing-Objekt oder Grafik-Würfel degradieren. Man will alles mit<br />
Sinn und Verstand tun, mit Blick auf die Konstruktion. Wir arbeiten nicht<br />
mit Effekthascherei, dafür steht auch unser Studio für Gestaltung nicht.<br />
Für wen könnte sich der M10 heute eigenen?<br />
TG: So wie er sich jetzt zeigt, zum Beispiel für kleinere<br />
Wohnungen, in denen man ein flexibles Möbel braucht. Er ist nicht festlegt<br />
auf eine bestimmte Verwendung und Handlung, sondern ein Möbel,<br />
das sich vielseitig präsentiert. Man könnte ihn als Hocker nutzen, wenn<br />
man ihn aus der Ecke schiebt. Die meisten Produkte sind auf eine bestimmte<br />
Handlung hin gestaltet. Das gibt zwar Orientierung beim Kauf,<br />
aber mit mehr Flexibilität hat man später den Riesenvorteil, dass das<br />
Produkt vielseitig einsetzbar ist und eine deutlich höhere Nutzbarkeit<br />
hat.<br />
Was wäre das nächste Produkt, für das sich dass Studio für Gestaltung<br />
interessieren könnte?<br />
TG: Wir sind Fans von Peter Keler. Der D1, der an die<br />
hundert Jahre alt ist, ist Sinnbild eines rollenden Sessels in seiner kubistischen<br />
Grundform. Man könnte hier viel mit dem Thema Materialität<br />
anstellen. Es wäre darüber hinaus eine tolle Idee, mit den rollenden<br />
Tecta-Tischen und Sesseln ein „rollendes Tecta-Popup-Café“ zu eröffnen,<br />
in dem nichts fest steht. Jede Stunde sieht es anders aus, weil die<br />
Besucher alles neu stellen und verändern können – ob zu zweit, zu viert<br />
oder zu zehnt. Das wäre ein freudvolles Projekt (lacht).<br />
Ist der Teetisch heute noch für seinen Einsatz als Five o´clock-Möbel gedacht?<br />
TG: Ich denke ihn als Beistelltisch, nicht mehr als Teetisch.<br />
Ich habe ihn zu Hause ausprobiert, aber in seiner alten Dimension<br />
war er eher störend. Für moderne, junge Wohnwelten haben wir seine<br />
Maße bewusst reduziert. Flächen und Stützen sind filigraner gestaltet,<br />
so erreichen wir ein leichteres, flexibleres Möbel als zuvor.<br />
Was sollte an dem neuen Tisch betont und zeitgemäß nach vorne getragen<br />
werden?<br />
TG: Wir wollten den konstruktiven Moment des Möbels<br />
betonen. Die Scharniere sind sichtbar, alles Konstruktive ablesbar.<br />
Durch die bewusste farbliche Betonung der Profilkanten lenken wir den<br />
Blick auf den eigenwilligen Charakter des Möbels und unterstreichen<br />
ihn. Die neue Zweifarbigkeit lässt das Möbel zeitgemäß erscheinen. In<br />
der Fläche arbeiten wir mit ruhigen, gedeckten Farben: Oliv, Rot und<br />
Blau. Die Kanten stechen durch frische Pastelltöne hervor. Sie verlaufen<br />
um den Tisch und geben ihm je nach Stellung der Tischplatten ein neues,<br />
überraschendes Erscheinungsbild.<br />
Denkt man als Grafiker Produkte eigentlich anders?<br />
TG: Als Grafiker haben wir zu Beginn irre Entwürfe<br />
auf die Flächen des M10 gelegt. Bauhaus-Muster, Pop-Art-Farben, Memphis-Grafiken<br />
– wir haben alles Denkbare ausprobiert. Aber wir haben<br />
uns dagegen entschieden, weil es zu laut gewesen wäre. Es ist beim<br />
Kubus eine Menge möglich. Aber wir wollten das Bauhaus-Produkt nicht